Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsbescheide bei Lehrstellenwechsel werden Gegenstand des Verfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausschluß der Förderung einer zweiten Berufsausbildung nach § 3 Abs 2 AusbFöAnO (Fassung: 1969-10-31) gilt jedenfalls nicht, wenn die erste - abgebrochene - Ausbildung von der Bundesanstalt für Arbeit nicht gefördert wurde.
2. Nach §§ 10, 16 AusbFöAnO (Fassung: 1976-03-23) wird Einkommen der Eltern ohne Rücksicht auf das Alter des Auszubildenden grundsätzlich auf die Berufsausbildungsbeihilfe angerechnet, soweit es die vorgesehenen Freibeträge übersteigt. Damit wird förderungsrechtlich das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs vermutet. Über Einwendungen hiergegen entscheiden die Zivilgerichte. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Unterhaltsanspruch offensichtlich nicht (mehr) besteht (Fortführung von BSG 1977-10-06 7 RAr 77/76 = SozR 4100 § 40 Nr 18).
3. Verweigern Eltern Unterhaltsgewährung für die Dauer einer Berufsausbildung, hat die Bundesanstalt für Arbeit von der Vorleistungsregelung in § 40 Abs 3 AFG Gebrauch zu machen.
4. Zur Frage der Anrechnung von Elterneinkommen nach § 16 AusbFöAnO (Fassung: 1976-03-23) im Falle einer Zweitausbildung des Abkömmlings.
Orientierungssatz
1. Ergehen während des sozialgerichtlichen Verfahrens bei mehrmaligem Stellenwechsel auf entsprechenden Antrag weitere Leistungsbescheide (hier: Berufsausbildungsbeihilfe zur Ausbildung zum Tischler), so werden diese gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens, obwohl sie sich nicht auf den Streitgegenstand im engeren Sinne, das erste Ausbildungsverhältnis, sondern weitere Ausbildungsverhältnisse bei neuen Lehrherren beziehen.
2. Einwände gegen das Bestehen der Unterhaltspflicht nach bürgerlichem Recht können im Rahmen des Bewilligungsverfahrens nach § 40 Abs 1 AFG nicht berücksichtigt werden.
3. Die nach einer 1. Staatsprüfung ohne Ableistung des Vorbereitungsdienstes für eine 2. Staatsprüfung aufgenommene Ausbildung zum Tischler ist eine erstmalige Berufsausbildung.
Normenkette
AFG § 40 Abs 3 Fassung: 1969-06-25; AusbFöAnO § 3 Abs 2 Fassung: 1969-10-31, § 10 Nr 2 Fassung: 1976-03-23, § 16 Fassung: 1976-03-23; BGB § 1610; SGG § 96 Abs 1 Fassung: 1953-09-03; AFG § 40 Abs 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der am 11. Dezember 1952 geborene Kläger hat auf Kosten seiner Eltern Pädagogik studiert. Am 9. Februar 1976 hat er die erste Staatsprüfung für das Lehramt an der Grund- und Hauptschule mit dem Gesamtergebnis "gut" bestanden. Den Vorbereitungsdienst hat er nicht abgeleistet und auch die zweite Staatsprüfung für das Lehramt nicht abgelegt.
Einen am 15. August 1977 gestellten Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für eine Berufsausbildung als Tischler in der Zeit vom September 1977 bis August 1979 bei der Firma S in D wies die Beklagte mit Bescheid vom 20. September 1977 mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht bedürftig. Da das Einkommen seiner Eltern, die in der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A-Ausbildung) vorgesehenen Freibeträge übersteige, müsse sich der Kläger auf seine Unterhaltsansprüche gegen seine Eltern verweisen lassen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 1978). Nachdem der Kläger das Ausbildungsverhältnis bei der Firma S zum 30. November 1977 gelöst hatte, begann er am 1. Dezember 1977 ein neues Ausbildungsverhältnis bei der Firma M in D, das vor Ablauf der Probezeit am 13. Februar 1978 beendet wurde. Den am 16. Dezember 1977 gestellten Antrag auf Zahlung von BAB auch für dieses Ausbildungsverhältnis lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. März 1978 ab. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden. Am 1. März 1978 setzte der Kläger seine Lehre als Tischler bei der Firma K in D fort und beendete sie am 13. Juni 1979 mit der Ablegung der Gesellenprüfung. Den neuen Antrag vom 31. Mai 1978 auf Gewährung von BAB für dieses Ausbildungsverhältnis lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juni 1978 ab; über den hiergegen eingelegten Widerspruch ist ebenfalls noch nicht entschieden.
Die gegen den Bescheid vom 20. September 1977 und den Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 1978 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 30. August 1978 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 20. September 1977, 8. Februar 1978, 10. März 1978 und 27. Juni 1978 verurteilt, dem Kläger für die Zeiten seiner Ausbildung zum Tischlergesellen ab 1. September 1977 BAB ohne Anrechnung vom Einkommen seiner Eltern zu gewähren. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Obwohl das SG nur über den Bescheid vom 20. September 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 1978 entschieden habe, der ein Ausbildungsverhältnis von bis zu 13 Wochen (3 Monaten) Dauer betreffe (1. September 1977 bis 30. November 1977), sei die Berufung ungeachtet des § 144 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach § 150 Nr 2 SGG zulässig. Denn der Kläger habe einen wesentlichen Mangel des Verfahrens gerügt, der auch vorliege. Das SG habe es nämlich unterlassen, über die Bescheide vom 10. März 1978 und 27. Juni 1978 zu entscheiden, die gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden seien (BSGE 34, 255). Diese Bestimmung sei aus Gründen der Prozeßökonomie auch auf die beiden neuen Bescheide anzuwenden. Denn sie seien im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses, der Berufsausbildung zum Tischler, ergangen und hätten jeweils weitere Zeiträume der Berufsausbildung bei zwei weiteren Lehrherren betroffen, die sich aneinander angeschlossen hätten.
Die Berufung sei auch begründet. Der Kläger habe Anspruch auf BAB für die Zeit vom 1. September 1977 bis zur Beendigung seiner Ausbildung. Die allgemeinen Voraussetzungen für einen Anspruch auf BAB (Geeignetheit, arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit) seien erfüllt; die Ausbildung zum Tischler sei Ausbildung iS von § 40 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), weil sie die erste zu einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Abschluß führende Maßnahme der beruflichen Bildung sei. Dies habe für die vorhergehende Ausbildung zum Lehrer an Grund- und Hauptschulen nicht zugetroffen, weil der Kläger trotz des abgeschlossenen Studiums der Pädagogik mangels der vorgeschriebenen weiteren Ausbildung noch nicht die Befähigung zum Lehramt besessen habe.
Die allein streitige Frage, ob dem Kläger die für die Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig zur Verfügung gestanden hätten, bzw ob er auf Unterhaltsansprüche gegen seine Eltern verwiesen werden könne, sei zu verneinen. Daß das Einkommen der Eltern des Klägers die in § 16 A-Ausbildung näher festgesetzten Freigrenzen überschreite, begründe zwar nach dem Sinn dieser Regelung die Vermutung, daß eine -1terhaltsverpflichtung der Eltern bestehe. Unabhängig hiervon sei aber zu prüfen, ob überhaupt ein Unterhaltsrechtsverhältnis zugunsten des Auszubildenden vorliege. Dies sei hier schon aus Rechtsgründen nicht der Fall, weil die Eltern des Klägers ihm bereits eine Berufsausbildung - Studium der Pädagogik - finanziert hätte. Bei ordnungsgemäßer Weiterführung der Ausbildung wäre der Kläger aufgrund der ihm als Referendar gezahlten Unterhaltszuschüsse nicht mehr unterhaltsbedürftig gewesen. Ein Anspruch auf eine zweite Berufsausbildung bestehe grundsätzlich nicht, sofern die Eltern - wie hier - mit der ersten Berufsausbildung ihrer Verpflichtung in angemessener Weise nachgekommen seien. Anhaltspunkte für Tatbestände, bei deren Vorliegen die Rechtsprechung hiervon Ausnahmen zulasse, seien nicht ersichtlich.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 39, 40 AFG iVm den Vorschriften der A-Ausbildung. Entgegen der Auffassung des LSG könne der Kläger auf die Unterhaltsansprüche gegen seine Eltern verwiesen werden. Denn diese hätten ihm noch keine abgeschlossene Berufsausbildung finanziert, weil er nach Beendigung des pädagogischen Studiums noch nicht über einen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Abschluß verfügt habe. Dazu seien die Eltern aber nach § 1610 Abs 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet gewesen. In diesem Zusammenhang könne nicht darauf verwiesen werden, daß der Kläger bei ordnungsgemäßer Weiterführung der Ausbildung wegen des Bezugs von Unterhaltszuschuß als Referendar nicht mehr unterhaltsbedürftig gewesen wäre. Denn in diesem Fall wäre die grundsätzlich weiter bestehende Verpflichtung der Eltern zur Unterhaltsleistung von einem Dritten übernommen worden. Da es zur Gewährung eines Unterhaltszuschusses wegen Abbruchs der Ausbildung nicht gekommen sei, habe die Pflicht der Eltern zur Unterhaltsleistung bis zum Abschluß der Tischlerlehre weiterbestanden.
Auf das Bestehen einer konkreten Unterhaltsverpflichtung nach dem BGB komme es aber letztlich nicht an, weil gem §§ 10, 16 A-Ausbildung unabhängig hiervon das Einkommen der Eltern auf den bedarf anzurechnen sei. Die Anrechnung des Elterneinkommens hänge nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmungen nicht davon ab, ob im Einzelfall eine konkrete Unterhaltspflicht der Eltern bestehe. Es sei auch nicht Aufgabe der Beklagten, das Bestehen einer Unterhaltspflicht im Einzelfall zu prüfen. Wie das Bundessozialgericht - BSG - (Urteil vom 6. Oktober 1977 - SozR 4100 § 40 Nr 18) bereits entschieden habe, seien Einwände nach bürgerlichem Recht gegen den Unterhaltsanspruch nur vom Unterhaltspflichtigen selbst und nur dem Auszubildenden gegenüber geltend zu machen. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der durch die Neufassung des § 40 AFG druch das Haushaltsstrukturgesetz-AFG (HStruktG-AFG) mit Wirkung ab 1. Januar 1976 in Anlehnung an die Regelung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) die elternunabhängige Förderung habe beseitigen wollen. Wegen der Höhe des anzurechnenden Elterneinkommens bestehe daher kein Anspruch auf BAB.
Unabhängig hiervon könne das Urteil des LSG aber schon deshalb keinen Bestand haben, weil § 3 Abs 2 A-Ausbildung die Förderung der Ausbildung des Klägers zum Tischler verbiete. Denn der Kläger habe die Ausbildung zum Lehrer an Grund- und Hauptschulen iS dieser Bestimmung "vorzeitig gelöst". Diese Lösung stelle sich auch als "unbegründet" dar, weil die Fortführung dieser Ausbildung weder unmöglich, unzweckmäßig noch unzumutbar gewesen sei. Die vom Kläger angenommene Verschlechterung der Arbeitsmarktlage für Grund- und Hauptschullehrer sei kein sachgerechter Grund für die vorzeitige Lösung seiner ersten Ausbildung, denn angesichts der guten Examensnote hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er nach Abschluß seiner Ausbildung nicht als Lehrer übernommen worden wäre. Insoweit werde auf das Urteil des BSG vom 15. März 1979, SozR 2200 § 1236 Nr 15, verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. November 1979 aufzuheben und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben. Der Rechtsstreit ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die an sich nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGG ausgeschlossene Berufung gem § 150 Nr 2 SGG zulässig war, weil ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt worden ist, der auch vorgelegen hat. Die Zulässigkeit der Berufung hat das Revisionsgericht bei einer zugelassenen Revision als eine von Amts wegen zu beachtende Verfahrensvoraussetzung zu prüfen (vgl für viele BSG SozR 1500 § 150 Nr 11 und 18 mwN). Das LSG hat zutreffend einen Verfahrensmangel darin gesehen, daß das SG die während des sozialgerichtlichen Verfahrens ergangenen weiteren Bescheide vom 10, März 1978 und 27. Juni 1978 nicht in die Entscheidung mit einbezogen hat. Diese Bescheide sind gem § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, obwohl sie sich nicht auf den Streitgegenstand im engeren Sinne, das erste Ausbildungsverhältnis mit der Firma S, sondern weitere Ausbildungsverhältnisse bei neuen Lehrherren - nach zweimaligem Lehrstellenwechsel - beziehen. Das jedoch mit dem ursprünglichen Bescheid vom 20. September 1977 bis August 1979 insgesamt entschieden worden ist, erweisen sich die infolge Lehrstellenwechsels auf entsprechenden Antrag erteilten weiteren Bescheide vom 10. März 1978 und 27. Juni 1978, die diesen Ausbildungszeitraum betreffen, insoweit als teilweise Ersetzung des ursprünglichen Bescheids. Deshalb erscheint ihre Einbeziehung in den anhängigen Rechtsstreit im Interesse der Prozeßökonomie sinnvoll und geboten. Die Berufung war daher zulässig.
In der Sache ist eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG geboten, weil der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden kann.
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf BAB ist § 40 AFG idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113), das am 1. Januar 1976 in Kraft getreten ist (Art 5 § 1 HStruktG-AFG), iVm der Anordnung des Verwaltungsrates der BA über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung vom 31. Oktober 1969 (ANBA 1970, 213), die hier in der ab 1. September 1977 geltenden Fassung der 12. Änderungsanordnung zur A-Ausbildung vom 19. Juli 1977 (ANBA 1977, 1302) und in der Zeit ab 1. September 1978 idF der 13. Änderungsanordnung zur A-Ausbildung vom 14. Juli 1978 (ANBA 1978, 1089) anzuwenden ist. Nach § 40 Abs 1 AFG gewährt die BA Auszubildenden BAB ua für eine berufliche Ausbildung in Betrieben oder überbetrieblichen Ausbildungsstätten, soweit ihnen die hierfür erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die Ausbildung des Klägers zum Tischler Ausbildung iS dieser Bestimmung ist, weil es sich um die erste zu einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Abschluß führende Maßnahme der beruflichen Bildung handelt. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß Ausbildung iS von § 40 Abs 1 AFG stets die erste zu einem Abschluß führende Bildungsmaßnahme ist (BSG SozR 4100 § 40 AFG Nr 12 mwN); damit wird diese Förderungsart zugleich gegenüber den Förderungsarten Fortbildung und Umschulung nach §§ 41 ff, 47 AFG abgegrenzt (kritisch hierzu Gagel/ Jülicher, Komm zum AFG, 1979, Vorbemerkung zu § 40, RdNrn 3 ff). Das LSG hat insoweit unangegriffen festgestellt, daß der Kläger zwar das Studium der Pädagogik mit der ersten Staatsprüfung erfolgreich abgeschlossen hatte, jedoch nicht die weitere Ausbildungsstufe - Referendarzeit mit abschließender zweiter Staatsprüfung - durchlaufen hat, so daß er mangels Befähigung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen noch keinen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Beruf erreicht hat (vgl BSGE 37, 223, 226; 38, 63, 65; 38, 104, 107; BSG SozR 4100 § 47 Nr 15). An diese Feststellung ist der Senat gebunden (§ 163 SGG). Da er auch sonst keinen durch Berufserfahrung gewonnenen Status erlangt hat, der ihn zur verantwortlichen Ausübung des gewählten Berufs befähigt (BSGE 40, 234, 236; 41, 224, 224 f; BSG SozR 4100 § 40 Nr 12), ist die Ausbildung zum Tischler für ihn daher erstmalige Ausbildung iS von § 40 Abs 1 AFG iVm § 3 Abs 1 A-Ausbildung. Die zuvor abgebrochene Ausbildung zum Lehrer stellt, ebenso wie wenn sie erfolglos (ohne Abschluß) beendet worden wäre, noch keine Ausbildung iS von § 40 Abs 1 AFG dar (vgl BSG Urteil vom 22. Juni 1977 - 7 RAr 73/75 -, vgl AuB 1978, 26), so daß die neue Ausbildung zum Tischler als Ausbildung nach § 40 Abs 1 AFG förderbar ist (vgl Gagel/Jülicher, aaO, Vorbemerkung zu § 40, RdNr 3).
Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, die Förderung der Ausbildung zum Tischler sei gemäß § 3 Abs 2 A-Ausbildung ausgeschlossen, weil der vorzeitige Abbruch der Ausbildung zum Lehrer "unbegründet" erfolgt sei. Nach dieser Bestimmung ist BAB für eine "neue Ausbildung" nur bei "begründeter vorzeitiger Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses" zu gewähren. Diese Bestimmung, die im Zusammenhang mit § 3 Abs 1 A-Ausbildung steht, wonach BAB grundsätzlich nur für die erstmalige Berufsausbildung gewährt wird, kann schon ihrem Wortlaut nach nur so verstanden werden, daß sie sich auf die vorzeitige Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses bezieht, das bereits - als erstmalige Berufsausbildung iS von §§ 40 Abs 1 AFG, 3 Abs 1 A-Ausbildung - gefördert wird oder noch zu fördern ist. Denn § 3 Abs 2 A-Ausbildung läßt - in Ausnahme von dem Grundsatz des § 3 Abs 1 A-Ausbildung - auch die Förderung der neuen Ausbildung zu, wenn die Förderung der erstmaligen Ausbildung durch - begründete - vorzeitige Lösung beendet wird; diese Bestimmung betrifft daher nur den Wechsel aus einem schon geförderten oder (noch) zu fördernden Ausbildungsverhältnis in ein neues Ausbildungsverhältnis. Wäre, wie die Beklagte meint, die Gewährung von BAB stets dann ausgeschlossen, wenn eine zuvor - zu irgendeiner Zeit - begonnene, nicht geförderte Ausbildung unbegründet gelöst worden ist, so würde der Zweck, der mit §§ 33 ff, 40 AFG verfolgt wird, verfehlt. Danach soll BAB grundsätzlich, sofern bestimmt persönliche, fachliche und finanzielle Voraussetzungen vorliegen, allen Bildungswilligen - Jugendlichen oder Erwachsenen - gewährt werden, die bisher, aus welchen Gründen auch immer, noch keine geeignete, zum Abschluß führende berufliche Ausbildung in betrieblichen oder überbetrieblichen Einrichtungen durchlaufen haben oder sonst nicht durch Berufserfahrung zur verantwortlichen Ausübung des gewählten Berufs befähigt sind (vgl dazu Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 40 RdNr 4 f, l Lfg, Stand: August 1972; Gagel/Jülicher, aaO, Vorbemerkung zu § 40 RdNr 3). Für eine zusätzliche Förderungsvoraussetzung, wonach eine einmal begonnene Ausbildung "begründet gelöst bzw abgebrochen worden sein muß, bietet das Gesetz keinen Anhalt. Im Hinblick hierauf sieht § 3 Abs 2 A-Ausbildung lediglich insoweit eine sachgerechte Einschränkung der Ausbildungsförderung vor, als er bei vorzeitiger Lösung des bereits geförderten Ausbildungsverhältnisses eine weitere Förderung des neuen Ausbildungsverhältnisses davon abhängig macht, daß dessen Lösung "begründet war. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob diese Bestimmung von der Ermächtigungsnorm des § 39 AFG iVm § 40 AFG gedeckt ist, soweit sie in diesen Fällen bei unbegründeter Lösung eine Förderung der neuen Ausbildung in vollem Umfang ausschließt. Jedenfalls hätte ihre Erstreckung auf vorzeitig gelöste Ausbildungsverhältnisse, für die eine Förderung noch nicht in Anspruch genommen bzw gewährt worden ist, den Regelungsspielraum der §§ 39, 40 AFG überschritten. Mithin kommt es für den Anspruch des Klägers auf BAB, die für seine erstmalige Berufsausbildung zum Tischler begehrt wird, nicht darauf an, aus welchen gründen die zuvor begonnene, noch nicht geförderte Ausbildung zum Lehrer an Grund- und Hauptschulen vorzeitig beendet worden ist.
Daß der Kläger während seiner Berufsausbildung zum Tischler zweimal die Ausbildungsstätte gewechselt hat und neue Lehrverhältnisse bei neuen Lehrherren eingegangen ist, steht im Hinblick afu § 3 Abs 2 A-Ausbildung einem Anspruch auf Gewährung von BAB für die Dauer der neuen Lehrverhältnisse nicht entgegen. Der Senat kann hier dahingestellt sein lassen, ob § 3 Abs 2 A-Ausbildung überhaupt Anwendung findet, wenn die Berufsausbildung zu einem bestimmten Beruf nicht durch Wechsel des Ausbildungsganges, sondern durch Wechsel der Ausbildungsstätte (vgl hierzu BSG SozR 4100 § 152 Nr 3) unterbrochen wird. Denn das LSG hat insoweit unangegriffen festgestellt, daß jedenfalls für einen "unbegründeten" Wechsel keine Anhaltspunkte gegeben sind
Dem Kläger steht nach § 40 Abs 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung ab 1. Januar 1976 BAB nur zu, soweit ihm die hierfür erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Wann anzunehmen ist, daß Mittel anderweitig zur Verfügung stehen, ist nicht im AFG selbst, sondern im Rahmen der A-Ausbildung näher geregelt. Diese aufgrund der §§ 39, 191 Abs 3 AFG ergangene Anordnung des Verwaltungsrates der BA enthält als autonomes Satzungsrecht Rechtsnormen, an die auch die Gerichte gebunden sind (BSG SozR Nr 1 zu § 40 AFG), soweit sich diese im Rahmen der Ermächtigungsnorm halten. Nach § 10 Nr 2 A-Ausbildung in der hier maßgeblichen Fassung durch die 10. Änderungsanordnung vom 23. März 1976 (ANBA 1976, 481) ist auf den Bedarf des Auszubildenden nach § 9 Satz 1 A-Ausbildung neben seinem eigenen Einkommen Einkommen der Eltern in dem nach § 16 bestimmten Umfang anzurechnen. Nach § 16 Abs 1 bis 5 A-Ausbildung ist Einkommen der Eltern anzurechnen, soweit bestimmte monatliche Freibeträge überschritten werden. Soweit hiernach das die Freibeträge übersteigende Einkommen der Eltern höher ist als der Bedarf des Auszubildenden, kann eine BAB grundsätzlich - vorbehaltlich einer Anwendung der Härteregelung des § 16 Abs 6 A-Ausbildung - nicht gewährt werden. Der Auszubildende ist vielmehr darauf zu verweisen, daß zur Deckung seines Restbedarfs entsprechende Mittel aus Unterhaltsleistungen seiner Eltern zur Verfügung stehen.
Ob und inwieweit Einkommen der Eltern des Klägers nach § 16 A-Ausbildung anzurechnen ist, hat das LSG nicht geprüft; es hat vielmehr eine Anrechnung von Elterneinkommen schon deshalb verneint, weil sie ihrer Unterhaltspflicht bereits genügt hätten. Dem ist der Senat nicht gefolgt. Zwar schließt die Regelung des § 40 Abs 1 AFG, die den Grundsatz des Nachrangs der BAB enthält, und die diesen konkretisierende Regelung des § 16 A-Ausbildung über die Anrechnung des Einkommens der Eltern an das bürgerliche Unterhaltsrecht an. Da jedoch Bestehen und Umfang der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflichten für die Ausbildung von Kindern (§§ 1601 ff, 1603, 1610 BGB) nur unter Berücksichtigung aller Lebensumstände der Berechtigten und Verpflichteten im Einzelfall festgestellt werden können, konnte die gesetzgeberische Absicht, den Nachrang der BAB herzustellen, nicht in der Weise verwirklicht werden, daß die Förderung der Berufsausbildung jeweils an die im Einzelfall bestehende Unterhaltspflicht anknüpft. Der Gesetzgeber bzw Anordnungsgeber hat vielmehr hierfür das gesetzestechnisch zulässige Mittel der Pauschalisierung und Typisierung verwendet, indem er in der eigenständigen Regelung des § 16 A-Ausbildung ua in dessen Abs 1 Nr 1 bis 3, pauschal die Einkommensbeträge bestimmt, die für den angemessenen Lebensunterhalt der Eltern und ihrer Kinder erforderlich erscheinen. Förderungsrechtlich wird daher eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern als bestehend unterstellt, soweit das Einkommen der Eltern die in der A-Ausbildung näher bezeichneten Freigrenzen überschreitet.
Demgemäß hat der Senat bereits zu der bis zum Inkrafttreten des HStruktG-AFG geltenden Fassung des § 40 Abs 1 AFG entschieden, daß im Hinblick auf die eigenständige Regelung der A-Ausbildung über die Anrechnung des Elterneinkommens Einwände gegen den Unterhaltsanspruch des Auszubildenden nach bürgerlichem Recht im Rahmen des Bewilligungsverfahrens nach § 40 Abs 1 AFG nicht berücksichtigt werden können (BAG SozR 4100 § 40 AFG Nr 18 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 3. November 1976 - 7 RAr 160/74 - vgl AuB 1977, 251). Die Entscheidung über Bestand und Umfang des Unterhaltsanspruchs bleibt vielmehr den Zivilgerichten vorbehalten. Weigern sich die Eltern, Unterhalt zu leisten, weil sie der Auffassung sind, ihre Unterhaltspflicht erfüllt zu haben, bietet § 90 Abs 3 AFG die Möglichkeit, dem Auszubildenden die BAB als Vorausleistung ohne Berücksichtigung von Unterhaltsmitteln der Eltern zu gewähren, allerdings mit der sich aus der Verweisung auf § 38 Abs 2 Sätze 1 bis 3 AFG ergebenden Folge, daß die BA durch Überleitung des Unterhaltsanspruchs des Auszubildenden und nachfolgende Inanspruchnahme der Eltern das Nachrangverhältnis der Berufsausbildungsförderung nachträglich wiederherstellt.
An dieser Konstruktion hat sich durch die Neufassung des § 40 AFG durch das HStruktG-AFG im Prinzip nichts geändert. Mit der nunmehr den Nachrang der BAB bestimmenden Formulierung in § 40 Abs 1 AFG "soweit die erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen" statt der bisherigen Formulierung, "soweit ihren Unterhaltsverpflichteten die Aufbringung üblicherweise nicht zugemutet wird", ist, worauf der Wortlaut zunächst schließen lassen könnte, nicht eine Anknüpfung an die konkrete Unterhaltsverpflichtung im Einzelfall beabsichtigt. Vielmehr gibt die Angleichung an den Wortlaut des § 1 des BAföG einen Hinweis darauf, daß auch nach neuem Recht die Anrechnung von Einkommen Unterhaltspflichtiger förderungsrechtlich lediglich die Prüfung erfordert, ob überhaupt ein Unterhaltsrechtsverhältnis zugunsten des Auszubildenden besteht, dh, ob nach objektivem Recht - abstrakt - das Bestehen eines bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruchs in Betracht kommt. Dafür spricht die Begründung zur jetzigen Fassung des § 40 Abs 1 AFG durch das HStruktG-AFG (BR-Drucks 575/75, zu Art 20 § 1 Nr 3), wonach im Interesse einer weiteren Harmonisierung des Förderungsrechts in Anlehnung an die Regelungen des BAföG nunmehr auch bei der Ausbildungsförderung nach dem AFG für die Auszubildenden, die über 21 Jahre alt oder verheiratet sind, das Einkommen der Eltern berücksichtigt werden soll. Darin dokumentiert sich zunächst der Wille des Gesetzgebers, nicht mehr - wie bisher - generalisierend auf die "üblicherweise zuzumutenden" Unterhaltsleistungen abzustellen, dh Unterhaltsleistungen, die über das "üblicherweise Zuzumutende" hinaus erbracht werden unberücksichtigt zu lassen (vgl BSGE 35, 164, 167). Diese Einschränkung ist nach der Neufassung des § 40 Abs 1 AFG weggefallen; demgemäß ist durch die 10. Änderungsanordnung zur A-Ausbildung vom 23. März 1976 (ANBA 1976, 481) die bisherige elternunabhängige Förderung für Auszubildende, die das 21. Lebensjahr vollendet haben oder verheiratet sind, mit Wirkung ab 1. Januar 1976 beseitigt worden. §§ 10 ff, 16 A-Ausbildung übernehmen daher in der ab 1. Januar 1976 geltenden Fassung auch die Funktion, die Unterhaltsverpflichtung der Eltern gegenüber älteren und verheirateten Auszubildenden zu konkretisieren. Damit wird nunmehr generell bei allen Auszubildenden, die eine "erstmalige" Berufsausbildung iS des § 40 AFG erstreben, auf die abstrakte Unterhaltslage nach den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen (§§ 1601 ff BGB) abgestellt, wonach grundsätzlich für - minderjährige wie volljährige - Abkömmlinge eine Unterhaltspflicht (deren Dauer nicht ausdrücklich gesetzlich limitiert ist) besteht; bei ihnen allen wird förderungsrechtlich eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern unterstellt, soweit ihr Einkommen die in der A-Ausbildung vorgesehenen - einheitlichen - Freigrenzen überschreitet. Damit sit es aber auch nach der Neuregelung des § 40 Abs 1 AFG durch das HStruktG-AFG grundsätzlich nicht Aufgabe der Beklagten bzw der Sozialgerichte, die Unterhaltspflicht im einzelnen zu prüfen. Dies bleibt nach der Konstruktion des Gesetzes, die sich auch insoweit mit der des BAföG im wesentlichen deckt, den Zivilgerichten im Rahmen des unverändert gebliebenen § 40 Abs 3 iVm § 38 Abs 2 AFG vorbehalten.
Im Hinblick auf die nunmehr uneingeschränkt elternabhängige BAB ist allerdings eine Anrechnung von Einkommen der Eltern ausnahmsweise dann nicht gerechtfertigt, wenn der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch des Auszubildenden nach objektivem Recht offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl zur sog negativ-Evidenz BVerwG in Buchholz, 436.36 § 37 BaföG Nrn 4 und 12). Denn in diesen Fällen wäre auch eine Überleitung des bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruchs nach § 38 Abs 2 AFG, die rechtskonstruktiv neben den Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen Unterhaltspflichtiger (§§ 10, 16 A-Ausbildung) dazu bestimmt ist, das vom Gesetz gewollte Verhältnis des Nachrangs der Ausbildungsförderung (nachträglich) wiederherzustellen, unwirksam, weil bei offensichtlichem Fehlen eines Unterhaltsanspruchs das mit der Überleitung verfolgte Ziel nicht erreicht werden könnte und diese daher sinnlos und damit rechtswidrig wäre (vgl BVerwG aaO).
Jedoch entfällt im vorliegenden Falle eine Anrechnung von Einkommen der Eltern des Klägers nicht deshalb, weil ihre Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kläger offensichtlich nicht mehr besteht. Diese ist nicht bereits aus dem Grunde offensichtlich entfallen, daß die Eltern bereits eine erste Ausbildung (Studium der Pädagogik) finanziert haben und deshalb zu einer weiteren Ausbildung (zum Tischler) nicht mehr verpflichtet sind. Auch hinsichtlich einer "Zweitausbildung" ist das Fortbestehen einer Unterhaltsverpflichtung der Eltern nicht offensichtlich ausgeschlossen (vgl BVerfG in Buchholz, 436.36 § 37 BAföG Nrn 12 und 13). Der Bundesgerichtshof (BGH) geht in seiner Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht (vgl BGHZ 69, 190 mwN) davon aus, daß Eltern zwar grundsätzlich nicht verpflichtet seien, ihren Kindern nach erfolgreichem Abschluß einer ersten Berufsausbildung noch eine zweite Berufsausbildung zu finanzieren, jedoch könnten sie ua dann zur Finanzierung einer Zweitausbildung verpflichtet sein, wenn der zunächst erlernte Beruf aus Gründen, die bei Beginn der Ausbildung nicht vorhersehbar waren, keine ausreichende Lebensgrundlage bietet. Dies muß grundsätzlich auch dann gelten, wenn eine Ausbildung - wie hier - nach erfolgreich beendeter erster Ausbildungsstufe aus entsprechenden Gründen nicht fortgesetzt bzw abgebrochen wird. Im Hinblick auf diese Rechtslage setzt der Ausschluß einer weiteren Unterhaltspflicht der Eltern eine genaue Sachverhaltsermittlung und rechtliche Abwägungen voraus, deren Ergebnis nicht mehr als "offensichtlich" eingeschätzt werden kann. Es muß vielmehr grundsätzlich den Zivilgerichten vorbehalten bleiben zu prüfen, ob etwa die Eltern des Klägers zur Finanzierung einer zweiten Ausbildung deshalb verpflichtet sein könnten, weil der erstrebte Lehrerberuf infolge zwischenzeitlich verschlechterter Einstellungsbedingungen keine ausreichende Lebensgrundlage mehr bietet.Dies läßt sich angesichts des mit "gutem" Erfolg abgeschlossenen Studiums der Pädagogik weder offensichtlich verneinen noch bejahen. Entgegen der Auffassung des LSG läßt sich aus dem Umstand, daß der Kläger nach erfolgreichem Abschluß des von seinen Eltern finanzierten Studiums der Pädagogik jedenfalls nicht mehr auf Unterhaltsleistungen seiner Eltern angewiesen gewesen wäre, weil sein Unterhalt als Referendar durch einen staatlichen Unterhaltszuschuß sichergestellt gewesen wäre, nicht mit der erforderlichen Offensichtlichkeit darauf schließen, daß eine Unterhaltsverpflichtung seiner Eltern entfallen ist; denn auch wenn die Eltern insoweit die objektiven Voraussetzungen für einen eigenen Unterhaltserwerb des Klägers bereits herbeigeführt haben, ist, wie ausgeführt, ihre Verpflichtung zur Finanzierung einer Zweitausbildung nach bürgerlichem Recht nicht ohne weiteres ausgeschlossen.
Ist mithin die Frage, ob und inwieweit die Eltern dem Kläger Unterhaltsmittel zur Verfügung zu stellen haben, förderungsrechtlich ausschließlich nach §3 10 ff, 16 A-Ausbildung zu beurteilen, so hat das LSG die hierfür erforderlichen Feststellungen, und zwar sowohl hinsichtlich des Bedarfs des Klägers und seines eigenen Einkommens (§§ 12, 15 A-Ausbildung) als auch hinsichtlich des Einkommens seiner Eltern und ihrer Unterhaltspflicht gegenüber weiteren Kindern (§ 16 Abs 1 Nr 1 bis 3 A-Ausbildung) nachzuholen.
Bei Anwendung des § 16 A-Ausbildung wäre allerdings zu erwägen, ob die dort abschließend getroffene Freibetragsregelung ermächtigungsgedeckt ist, bzw die vorgesehenen Freibeträge den Anforderungen an eine sachgerechte Typisierung entsprechen. Die pauschalen Freibeträge des § 16 Abs 1 bis 5 A-Ausbildung stellen ersichtlich auf den Normalfall bzw typischen Lebenssachverhalt einer von den Eltern nach Schulabschluß geschuldeten Finanzierung der Erstausbildung ab. Dies ergibt sich daraus, daß bis 1. Januar 1976 die Freibetragsregelung des § 16 A-Ausbildung nur auf - unverheiratete - Auszubildende bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Anwendung fand, während für ältere Auszubildende - ausgehend von der Annahme, daß unterhaltspflichtige Berufsausbildungen typischerweise bis zu einem Alter von 21 Jahren abgeschlossen zu werden pflegen (vgl hierzu Urteil des Senats vom 17.2.1981 - 7 RAr 86/79 - nicht veröffentlicht) - eine Anrechnung von Einkommen der Eltern nach § 10 Nr 2 A-Ausbildung ausgeschlossen war. nachdem diese Einschränkung mit Wirkung ab 1. Januar 1976 im Hinblick auf die erstrebte harmonisierung mit dem BAföG entfallen ist, ist § 16 A-Ausbildung, der vom Anordnungsgeber im wesentlichen unverändert übernommen worden ist, dazu bestimmt worden, nunmehr auch für die älteren Auszubildenden die Funktion zu übernehmen, die Unterhaltspflicht der Eltern zu konkretisieren, dh durch pauschalierte Freibeträge auszudrücken, wie hoch der Bedarf der Eltern und Geschwister des Auszubildenden ist, den zu unterschreiten ihnen nicht zugemutet wird, um dem Auszubildenden Unterhaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Hierbei ist - abweichend vom BAföG (hier idF des HStruktG vom 18. Dezember 1975 - BGBl I 3091 -) eine Beschränkung der Anrechung auf den bestimmtes Lebensalter des Auszubildenden oder bestimmte Tatbestände - wie in § 11 Abs 3 BAfÖG - sowie die Einräumung höherer Freibeträge vom Einkommen der Eltern - wie in § 25a BAföG - nicht erfolgt. Dies mag insoweit gerechtfertigt sein, als die A-Ausbildung im Gegensatz zu § 10 Abs 3 BAföG auch keine Beschränkung der Förderung auf ein bestimmtes Lebensjahr des Auszubildenden vorsieht und andererseits nach längeren Berufstätigkeiten bzw bereits vorliegendem Berufsabschluß in der Regel Anspruch auf Förderung der - neuen - Ausbildung nach §§ 41 ff, 47 AFG besteht (vgl Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, RdNr 6 zu § 40, 4. Lfg, Stand August 1976). Soweit jedoch in Fällen wie dem vorliegenden eine vom Normalfall abweichende, besondere Belastung der Eltern durch Inanspruchnahme für die Kosten einer weiteren Berufsausbildung besteht, könnte hinsichtlich einer fehlenden Differenzierung in der Höhe der pauschalierten Freibeträge die Grenze überschritten sein, die einer an sachbezogenen Merkmalen zu orientierenden Typisierung durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den insoweit mit ihm verbundenen allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gezogen sind (vgl BVerfG 17, 1, 23; BVerwG in Buchholz, 436.36 § 13 Nr 1 = BVerwGE 55, 54; BVerwG, Urteil vom 9. April 1981 - 5 C 62.79 -). In solchen Fällen besteht keine einheitliche Typik. Unterhaltsrechtlich muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern umso größer sein, je älter der Auszubildende und je höher der von ihm bei Beginn der Ausbildung bereits - im Regelfall von den Eltern finanzierte - Ausbildungsstand ist, um eine weitere Ausbildungsverpflichtung bejahen zu können. Dieser atypischen Bedarfslage der Eltern und Geschwister des Auszubildenden hat der Gesetzgeber im BAföG in Fällen, in denen die besonderen Umstände des Falles die Finanzierung einer weiteren Ausbildung rechtfertigen, durch die besondere Freibetragsregelung des § 25a Abs 1 Nr 4 BAföG (hier idF des 2. BAföGÄndG vom 31. Juli 1974, BGBl I 1649) Rechnung getragen, um der grundsätzlich angestrebten engen Verknüpfung von Förderungs- und Unterhaltsrecht zu genügen (vgl zur Entstehungsgeschichte des § 25a BAföG im Sinne einer "mittleren Stufe einer gelockerten Elternabhängigkeit" Rothe/Blanke, BAföG, Komm, RdNr 2 zu § 25a unter Hinweis auf die Begründung zu Art 1 Nr 22 des Regierungsentwurfs zum 2. BAföGÄndG, BT-Drucks 7/2098 sowie auf den Runderlaß des BMBW vom 16. Januar 1974 über "Grundsätze zur Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsbestimmungen bei der Ausführung des § 37 Abs 1 BAföG").
Wenn die A-Ausbildung trotz der erstrebten Harmonisierung mit dem BAföG für Fälle der Unterhaltspflicht der Eltern für eine "weitere" Ausbildung keine besondere Freibetragsregelung enthält, so würde sich die Gesamtregelung des § 16 A-Ausbildung dennoch nicht als lückenhaft erweisen, wenn Sonderbelastungen der Eltern durch Finanzierung einer weiteren bzw Zweitausbildung im Rahmen der Härteregelung des § 16 Abs 6 A-Ausbildung berücksichtigt werden könnten. Nach dieser Bestimmung kann von der nach Abs 1 vorgesehenen Anrechnung des die Freibeträge nach Abs 1 iVm Abs 3, 4 und 5 übersteigenden Einkommens abgewichen werden, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist (vgl zur Auslegung dieser Bestimmungen BSG SozR 4100 § 40 Nr 18). Diese Vorschrift dient der Berücksichtigung atypischer Umstände. Die Verpflichtung der Eltern zur Finanzierung einer Zweitausbildung kann im Hinblick darauf, daß mit den Freibeträgen nach Abs 1 iVm Abs 3, 4 und 5 des § 16 A-Ausbildung nur der typische Unterhaltsaufwand der Familie bei Finanzierung einer Erstausbildung des Abkömmlings pauschal abgegolten wird, einen solchen atypischen Umstand darstellen, der in Ergänzung der genannten Bestimmungen die Freisetzung weiteren Familienunterhalts von der Anrechnung rechtfertigt.
Bei der Prüfung der Frage, in welcher Höhe weiteres Einkommen der Eltern nach § 16 Abs 6 A-Ausbildung anrechnungsfrei bleiben kann, dürften im Hinblick darauf, daß die Eltern sich auf die Finanzierung einer Zweitausbildung im Regelfall nicht einzustellen brauchen, insoweit die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie - einschließlich finanzieller Belastungen durch freiwillige Unterstützungsleistungen für sonstige Familienangehörige - zu berücksichtigen sein.
Bei Anwendung von § 16 Abs 6 A-Ausbildung wird das LSG auch zu erwägen haben, ob die dort seit 1. Januar 1976 aufgrund der 10. Änderungsanordnung vom 23. März 1976 (aaO) vorgesehene Begrenzung der Härteregelung, wonach von der Anrechnung des die Freibeträge übersteigenden Einkommens nur "bis zu einem Betrag vom 500,-- DM" abgewichen werden kann, von der Ermächtigungsnorm des § 39 AFG iVm § 40 AFG gedeckt ist; es könnte Sinn und Zweck einer afu die Verhältnisse des Einzelfalles abgestellten Härteregelung widersprechen, wenn der Anordnungsgeber in einer derart starren Grenze festgelegt, bis zu welchem Betrag des Einkommens der Eltern sich Härtegesichtspunkte auswirken können und damit Teile ihres Einkommens der Anwendung einer Härteregelung überhaupt entzogen werden.
Sofern das LSG hiernach bei Anwendung des § 16 A-Ausbildung zu dem Ergebnis kommt, daß kein oder nur ein geringerer Betrag des Einkommens der Eltern anrechnungsfähig ist als der, der den Unterhaltsbedarf des Klägers (abzüglich seines eigenen Einkommens) deckt, so stünde dem Kläger BAB in der seinem Bedarf entsprechenden Höhe zu.
Soweit sich kein Anspruch auf BAB nach § 40 Abs 1 AFG iVm § 16 A-Ausbildung ergeben sollte, bedarf es weiterer Feststellung des LSG. Nach § 40 Abs 3 AFG kann die Beklagte BAB ohne Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen gewähren, solange und soweit der Antragsteller Unterhaltsleistungen, auf die er einen Anspruch hat, nicht erhält. Sinn dieser Regelung ist es, wie sich aus dem Zusammenhang mit § 40 Abs 1 AFG ergibt, die berufliche Ausbildung nicht in Fällen zu gefährden, in denen - entgegen der Vermutung der §§ 10, 16 A-Ausbildung - Mittel für die Ausbildung tatsächlich nicht zu Verfügung gestellt werden; in diesen Fällen soll die BA vorleisten, wobei aber im Ausgleich hierfür Ansprüche des Unterhaltsberechtigten gegen die Unterhaltsverpflichteten auf sie überzuleiten sind. § 40 Abs 3 AFG ist daher iS einer Sollvorschrift zu verstehen ( so auch Krebs, AFG, Komm, § 40 RdNr 7; Stand: Oktober 1979; weitergehend - iS einer Mußvorschrift - offenbar Gagel/Jülicher, aaO, § 40 RdNr 28; aA - iS einr Kannvorschrift - Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, § 40 RdNr 11, 1. Lfg, Stand: August 1971; Hoppe/Berlinger, Förderung der beruflichen Bildung, § 40 RdNr 24b, 12. Lfg, Januar 1977). Die BA darf daher Vorausleistungen grundsätzlich nur verweigern, wenn mit der Realisierung des Unterhaltsanspruchs in nahmer Zukunft gerechnet werden kann bzw wenn die Verfolgung bereits titulierter Unterhaltsansprüche zumutbar erscheint. Weigern sich die Eltern, Mittel für die Ausbildung zur Verfügung zu stellen, weil sie ihre Unterhaltspflicht bestreite, so hat die BA grundsätzlich Vorausleistungen zu gewähren. Ob dies hier der Fall ist, läßt sich nach den Feststellungen des LSG nicht entscheiden. Es ist nicht geklärt, ob der Kläger während seiner inzwischen abgeschlossenen Ausbildung zum Tischler von seinen Eltern unterhalten worden ist. Haben sie ihm entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt, so fehlt es an den Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 40 Abs 3 AFG, weil dann für Vorausleistungen kein Raum mehr ist. Haben die Eltern den - nach §§ 10, 16 A-Ausbildung vermuteten - Unterhaltsanspruch nicht befriedigt, ist weiter zu klären, ob der Kläger auf die Inanspruchnahme siener Eltern - im Hinblick auf die zu bewirkende Überleitung seiner Unterhaltsansprüche auf die Beklagte - verzichten wollte. Ist dies nicht der Fall, so wäre die ablehnende Entscheidung der Beklagten über die Gewährung von BAB rechtswidrig, weil sie von ihrem nach § 40 Abs 3 eingeräumten Ermessen, BAB als Vorausleistung zu gewähren, keinen Gebrauch gemacht hätte und daher den Antragsteller in seinem Recht auf Erteilung einer Ermessenentscheidung verletzt hätte. Die Beklagte wäre dann zu verurteilen, über die Gewährung von BAB im Rahmen von § 40 Abs 3 AFG nocht zu entscheiden. Dem stünde nicht entgegen, daß die Ausbildung des Klägers zum Tischler inzwischen abgeschlossen ist. Denn Vorausleistungen nach § 40 Abs 3 AFG können auch nachträglich geleistet werden (vgl zu § 36 BAföG BVerwG in Buchholz 436.36 § 37 BAföG Nr 6). Auch für nachgezahlte Vorausleistungen kann das Nachrangverhältnis durch eine Überleitung des Unterhaltsanspruchs des Auszubildenden gegen seine Eltern hergestellt werden. Die Frage, ob die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Eltern des Auszubildenden mit Unterhaltsansprüchen für die Vergangenheit in Anspruch genommen werden können (vgl dazu Gagel/Jülicher, aaO § 40 RdNr 29) ist wie die Frage, ob die Eltern mit ihren Verpflichtungen in Verzug geraten sind, ggf im Zivilrechtsweg zu entscheiden (vgl BVerwG in Buchholz, 436.36 § 37 Nrn 6, 8 und 12).
Nach allem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen