Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungsbeihilfe. Wirksamkeit des § 10 Nr 2 AusbFöAnO
Orientierungssatz
1. Eine vom Einkommen der Eltern unabhängige Berufsausbildungsbeihilfe wird - ebenso wie die Zubilligung eines höheren Bedarfssatzes - Auszubildenden erst dann gewährt, wenn sie das 21. Lebensjahr vollendet haben.
2. Die Regelung des § 10 Nr 2 AusbFöAnO verstößt nicht gegen die Ermächtigungsnorm des § 39 iVm § 40 Abs 1 oder gegen Art 3 Abs 1 GG, als sie die Anrechnung von Einkommen der Eltern für die Gruppe der 18 bis 21 Jahre alten, volljährigen Auszubildenden in gleiche Weise wie für die Gruppe der jüngeren, minderjährigen Auszubildenden vorsieht.
Normenkette
AFG § 39 Fassung: 1969-06-25, § 40 Abs 1 Fassung: 1969-06-25; AusbFöAnO § 10 Nr 2 Fassung: 1971-12-16, § 11 Fassung: 1971-12-16, § 12 Fassung: 1971-12-16; BGB § 2 Fassung: 1974-07-31; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 28.09.1978; Aktenzeichen L 5 Al 26/77) |
SG Regensburg (Entscheidung vom 12.01.1977; Aktenzeichen S 7 Al 323/75) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für die Zeit vom 1. Januar bis 12. Februar 1975.
Der am 13. Februar 1954 geborene Kläger, der ledig ist, hatte am 18. November 1974 eine Berufsausbildung als Schneider begonnen und diese vorzeitig zum 31. August 1975 abgebrochen. Nachdem die Beklagte zunächst den Antrag auf Bewilligung einer BAB vom 30. Oktober 1974 mit Bescheid vom 9. September 1975 abgelehnt hatte, weil das anzurechnende Einkommen seiner Eltern mit 816,35 DM zuzüglich des Einkommens des Klägers mit 120,-- DM seinen Gesamtbedarf von 368,-- DM (305,-- DM für den Lebensunterhalt und 63,-- DM für die Ausbildung) übersteige, bewilligte sie BAB mit dem auf den Widerspruch erteilten Bescheid vom 5. November 1975 für die Zeit ab Vollendung des 21. Lebensjahres, dem 13. Februar 1975, bis 15. Juli 1975. Den weitergehenden Antrag, die BAB auch für die vorhergehende Zeit vom - 1. Januar bis 12. Februar 1975 - und die nachfolgende Zeit - vom 16. Juli bis 31. August 1975 - zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 1975 ab.
Während des anschließenden Klageverfahrens gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 1976 BAB auch für die Zeit vom 16. Juli bis 31. August 1975.
Bezüglich der noch streitigen Zeit vom 1. Januar bis 12. Februar 1975 hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 12. Januar 1977 die Beklagte verurteilt, dem Kläger BAB dem Grunde nach zu gewähren. Auf die zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 28. September 1978 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. In den Gründen der Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe nicht schon mit der aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters ab 1. Januar 1975 erlangten Volljährigkeit sondern erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres Anspruch auf BAB* , Sowohl die Höhe des bei der Bemessung der BAB zugrunde zu legen. Bedarfs für den Lebensunterhalt als auch die Anrechnung von Einkommen der Eltern richte sich nach §§ 10 bis 12 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A-Ausbildung) idF der 6. Änderungsanordnung vom 28. Februar 1974 allein nach der Altersgrenze des 21. Lebensjahres; auf die Volljährigkeit komme es nicht an. Deshalb habe die Beklagte zu Recht wegen des anzurechnenden Einkommens der Eltern einen Anspruch des Klägers für die streitige Zeit abgelehnt. Nach § 40 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei die Förderung nur zulässig, wenn und soweit dem zu Fördernden oder den nach § 1601 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Unterhalt verpflichteten Verwandten die Finanzierung der beruflichen Ausbildung nicht zumutbar sei. Die Verpflichtung der Eltern zur Förderung einer beruflichen Ausbildung des Kindes ende grundsätzlich nicht mit dessen Volljährigkeit, sondern reiche bis zur Erlangung einer selbständigen Lebensstellung des Kindes. Wenn deshalb der Anordnungsgeber für eine vom Einkommen der Eltern unabhängige Förderung als Voraussetzung die Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes festgelegt habe, so sei dies nicht willkürlich und widerspreche auch nicht der Absicht und dem Zweck des Gesetzes. Zwar habe sich ursprünglich der Bedarf für den Lebensunterhalt eines unverheirateten Auszubildenden sowohl nach der A-Ausbildung vom 31. Oktober 1969 als auch nach der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter vom 2. Juli 1970 (A-Reha) danach gerichtet, ob der Auszubildende minderjährig oder volljährig gewesen sei. Mit Wirkung vom 1. April 1972 sei die A-Ausbildung dahin geändert worden, daß nur noch die Vollendung des 21. Lebensjahres ausschlaggebend sein sollte. Dabei sei ua die Erwägung maßgebend gewesen, den in §§ 40 AFG, 12 A-Ausbildung erfaßten Personen annähernd die gleichen Leistungen zu gewähren wie den nach § 42 AFG im Rahmen der Fortbildung und Umschulung zu fördernden Personen. Da für sie Voraussetzung der Förderung eine angemessene Berufspraxis sei, habe sich die Vollendung des 21. Lebensjahres als Altersgrenze angeboten, denn die in § 42 Abs 1 Nr 2 AFG in der jetzigen Fassung verlangte Mindestzeit von sechs Jahren beruflicher Praxis werde mit 21 Jahren erreicht, weil im allgemeinen die Schulentlassung mit 15 Jahren erfolge. Deshalb sei auch die am 1. Januar 1975 in Kraft getretene Herabsetzung des Volljährigkeitsalters ohne Bedeutung. Daß nach der A-Reha für den Übergangszeitraum vom 1. Januar 1975 bis 30. September 1975 noch auf die Erreichung des Volljährigkeitsalters abgestellt worden sei, rechtfertige angesichts der Besonderheiten der Rechtsentwicklung in diesem Bereich kein anderes Ergebnis. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
Nachdem auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers vom 25. November 1978 mit dem am 18. September 1979 zugestellten Beschluß vom 4. September 1979 die Revision zugelassen worden war, hat der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten mit dem am 15. Oktober 1979 eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und zu ihrer Begründung auf die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz vom 25. November 1978 sowie auf die Ausführungen im Klage- und Berufungsverfahren verwiesen. Mit einem am 15. Januar 1980 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Schriftsatz hat er seine Revisionsbegründung ergänzt.
Er beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts
vom 28. September 1978 aufzuheben und die Berufung
der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts
Regensburg vom 12. Januar 1977 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das LSG habe zutreffend entschieden, daß für den Anspruch des Klägers auf BAB nicht die Minder- oder Volljährigkeit ausschlaggebend sei, sondern allein die Vollendung des 21. Lebensjahres. Zur Frage der Zubilligung eines höheren Bedarfssatzes für den Lebensunterhalt ab Vollendung des 21. Lebensjahres habe das BSG bereits mit Urteilen vom 5. Dezember 1978 (7 RAr 40/77) und vom 22.März 1979 (7 RAr 18/78) im Sinne des angefochtenen Urteils entschieden.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 164 Abs 1 SGG); sie entspricht auch hinsichtlich der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung noch den Voraussetzungen des § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG. Mit der am 15. Oktober 1979 rechtzeitig eingegangenen Revisionsschrift hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers die Revision zugleich begründet, indem er auf die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 25. November 1978 zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bezug genommen und diese zum Sachvortrag auch im Revisionsverfahren gemacht hat. Eine Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde in der Revisionsbegründungsschrift ist ausreichend und zulässig, soweit lediglich die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird (BSG MDR 77, 83; BVerwGE 21, 286, 288; Eyermann-Fröler, VwGO § 139 Anm 19; Meyer-Ladewig, SGG, § 164 Anm 9). Bei der Rüge eines Verfahrensmangels dagegen sind auch die Tatsachen zu bezeichnen, die den Mangel ergeben; hierzu genügt eine Bezugnahme auf die Beschwerdebegründung nicht (vgl BSG SGb 1976, 402). Eine Nachprüfung der dort erhobenen Verfahrensrüge kann deshalb nicht erfolgen. Dies gilt auch für Revisionsrügen, die in dem am 15. Januar 1980 eingegangenen Schriftsatz zur Ergänzung der Revisionsbegründung enthalten sind. Dieser Schriftsatz ist nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist am 18. November 1979, also verspätet, eingegangen. Auch eine Ergänzung der Revisionsbegründung muß innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erfolgen (BSG SozR § 164 SGG Nr 37).
Der zur Begründung der Revision in bezug genommene Schriftsatz zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, mit dem auch die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, reicht inhaltlich gerade noch aus, um als ordnungsgemäße Begründung im Sinne von § 164 Abs 2 SGG angesehen werden zu können.
Die Revision ist jedoch hinsichtlich des allein streitigen Anspruchs auf BAB für die Zeit vom 1. Januar bis 12. Februar 1975 unbegründet. Das LSG hat das Urteil des SG mit Recht aufgehoben und die Klage abgewiesen; denn dem Kläger steht für diese Zeit der geltend gemachte Anspruch auf BAB nicht zu, weil das anzurechnende Einkommen seiner Eltern seinen Bedarf für die Ausbildung und den Lebensunterhalt übersteigt.
Nach § 40 Abs 1 AFG in der hier maßgeblichen bis 31. Dezember 1975 geltenden Fassung gewährt die Bundesanstalt Jugendlichen und Erwachsenen Zuschüsse und Darlehen für Maßnahmen der beruflichen Ausbildung, soweit sie die hierfür erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können und ihren Unterhaltspflichtigen die Aufbringung üblicherweise nicht zugemutet wird. Die Bemessung der BAB ist in der A-Ausbildung vom 31. Oktober 1969 (ANBA 1970, 213) geregelt, die hier idF der 7. Änderungsanordnung vom 6. Juni 1974 (ANBA 1974, 965) anzuwenden ist. Nach dem Bemessungsgrundsatz des § 9 A-Ausbildung bemißt sich die BAB nach dem Bedarf für den Lebensunterhalt (§§ 11 und 12), nach dem Bedarf für die Ausbildung (§ 13) und nach dem Bedarf für sonstige Kosten (§ 14). Auf den Bedarf nach § 9 Satz 1 A-Ausbildung sind in dem nach §§ 15 und 16 bestimmten Umfange ua anzurechnen: 1. das Einkommen des Auszubildenden selbst (§ 10 Nr 1), 2.das Einkommen der Eltern, wenn der Auszubildende unverheiratet ist und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 10 Nr 2). Nach § 11 Abs 1 A-Ausbildung werden als Bedarf für den Lebensunterhalt eines unverheirateten Auszubildenden, der das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils untergebracht ist, 305,-- DM monatlich zugrunde gelegt. Bei anderweitiger Unterbringung im Sinne von § 11 Abs 5 erhöht sich dieser Betrag bis auf 515,-- DM monatlich. Nach § 12 Abs 1 A-Ausbildung wird als Bedarf für den Lebensunterhalt eines Auszubildenden, der verheiratet ist oder das 21. Lebensjahr vollendet hat, bei Unterbringung im Haushalt der Eltern, eines Elternteils oder im eigenen Haushalt monatlich ein Betrag nach Maßgabe der Tabelle zu § 44 Abs 2 AFG zugrunde gelegt, jedoch nicht mehr als 520,-- DM. Der Berechnung ist das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das nach Beendigung der Ausbildung voraussichtlich erreicht wird. Bei anderweitiger Unterbringung im Sinne von § 12 Abs 2 A-Ausbildung wird ebenfalls ein Betrag bis zu 520,-- DM zugrunde gelegt.
Der Kläger hat in der Zeit bis zum 12. Februar 1975, der Vollendung seines 21. Lebensjahres, nur die Voraussetzungen für die Gewährung einer elternabhängigen BAB nach § 10 Nr 2 A-Ausbildung bei Zugrundelegung eines Bedarfs für den Lebensunterhalt nach § 11 A-Ausbildung erfüllt. Er hat bis dahin das 21. Lebensjahr nicht vollendet und war unverheiratet. Deshalb war auf seinen Gesamtbedarf (§§ 9, 11, 13 A-Ausbildung) das Einkommen seiner Eltern in dem nach § 16 A-Ausbildung bestimmten Umfang anzurechnen.
Ob neben dem Bedarf für die Ausbildung (§ 13) für den am 1. Januar 1975 volljährigen Kläger nur der Grundbedarf für den Lebensunterhalt nach § 11 Abs 1 A-Ausbildung (305,-- DM) oder wegen anderweitiger Unterbringung der erhöhte Bedarf nach § 11 Abs 5 A-Ausbildung (bis 515,-- DM) zugrunde zu legen war (vgl SozR 4440 § 11 Nr 3) kann hier offenbleiben. Zwar fehlt es an entsprechenden Feststellungen des LSG, ob der Kläger - wie im Antragsverfahren angegeben - im Haushalt seiner Großmutter untergebracht war und welche Kosten hierdurch entstanden sind. Auch wenn ein erhöhter Bedarf für den Lebensunterhalt im Sinne von § 11 Abs 5 A-Ausbildung neben dem Bedarf für die Ausbildung zu berücksichtigen wäre, steht dem Kläger die BAB nicht zu. Das LSG hat unangegriffen festgestellt, daß dem Kläger wegen des - nach Maßgabe des § 16 A-Ausbildung - anzurechnenden Einkommens seiner Eltern in Höhe von 816,35 DM schon dem Grunde nach keine BAB zusteht.
Eine vom Einkommen der Eltern unabhängige BAB wird - ebenso wie die Zubilligung eines höheren Bedarfssatzes - Auszubildenden erst dann gewährt, wenn sie das 21. Lebensjahr vollendet haben (§§ 10 Nr 2, 12 A-Ausbildung). Der Kläger kann diese Vergünstigungen nicht deshalb verlangen, weil er am 1. Januar 1975 - aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters vom 31. Juli 1974 (BGBl I 1713) - volljährig geworden ist. Seine Meinung, die bei der Bemessung der BAB erfolgte Differenzierung nach der Vollendung des 21. Lebensjahres statt nach dem - herabgesetzten - Volljährigkeitsalter sei willkürlich und verfassungswidrig und verstoße gegen § 39 iVm § 40 AFG, trifft nicht zu.
Sowohl für die Gewährung einer elternunabhängigen BAB als auch für die Zubilligung eines höheren am späteren Verdienst orientierten Bedarfs für den Lebensunterhalt der Auszubildenden, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, besteht ein sachgemäßer Grund. Allerdings rechtfertigt sich die Besserstellung dieser Auszubildenden nicht schon aus den im angefochtenen Urteil angestellten Erwägungen. Es mag zwar seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) am 1. Januar 1976 gerechtfertigt sein, die höheren an § 44 AFG orientierten Leistungen dem Auszubildenden erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres zuzubilligen, da Leistungen nach §§ 41 ff, 44 AFG seither im allgemeinen praktisch erst in diesem Lebensalter beansprucht werden können; denn sie setzen nach § 42 Abs 1 Nr 1 AFG idF des HStruktG-AFG voraus, daß der Antragsteller nach der Berufsausbildung eine dreijährige berufliche Tätigkeit ausgeübt hat. Diese Rechtslage kann aber nicht als sachgemäße Begründung für die Vorschriften der §§ 10 bis 12 A-Ausbildung schon vor dem 1. Januar 1976 herangezogen werden (vgl BSG SozR 4440 § 11 Nr 3).
Auch schon vor Inkrafttreten des HStruktG-AFG hat der Anordnungsgeber die günstigere Bemessung der BAB an der Vollendung des 21. Lebensjahres ausrichten können. Auf die Gruppe der 18 bis 21jährigen Auszubildenden brauchte diese Vergünstigung nicht erstreckt zu werden. Zu § 12 A-Ausbildung hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. Dezember 1978 (BSG SozR 4440 § 11 Nr 3; ebenso im Urteil vom 22. März 1979 - 7 RAr 18/78 -; aA Gagel/Jülicher, AFG, 1979, RdNr 22 zu § 40 AFG) bereits entschieden, daß es nicht sachfremd ist, wenn sich die Bedarfssätze der BAB erst ab Vollendung des 21. Lebensjahres am späteren Verdienst ausrichten, weil junge Menschen nach dem typischen Verlauf ihrer beruflichen Entwicklung üblicherweise erst in diesem Alter in eine Beschäftigung mit vollem Verdienst eintreten, während dies für die Gruppe der 18-21Jährigen häufig noch nicht zutrifft. Hierzu hat der Senat in dem vorstehend genannten Urteil weiter ausgeführt:
wenn sich die Bedarfssätze der BAB erst ab Vollendung des
Lebensjahres eingeschult, so daß sie die Schule bei
neunjähriger Schulzeit im Laufe des 16. Lebensjahres
verlassen und eine dreijährige Ausbildung in ihrem
19. Lebensjahr abschließen können. Nach dem
15monatigen Grundwehrdienst (§ 5 des Wehrpflichtgesetzes
idF vom 8. Dezember 1972 - BGBl I 2278) werden sie dann
häufig schon im 21. Lebensjahr stehen, bevor sie voll
in ihren Beruf treten. Es ist weiterhin nicht sachwidrig,
mögliche Hindernisse zu berücksichtigen, die den Termin des
Eintritts in den Beruf noch verzögern. Jedenfalls ist
es nicht zu beanstanden, wenn die BA Personen, die aus
welchen Gründen immer über das 18. Lebensjahr hinaus in
Ausbildung stehen, erst von der Vollendung des
21. Lebensjahres an die am späteren Verdienst orientierte
höhere BAB gewährt. Mit zunehmendem Alter treten immer
mehr junge Menschen nach Abschluß der Ausbildung in eine
Beschäftigung mit vollem Verdienst. Es ist nicht sachfremd,
dieser Entwicklung durch eine einmalige Stufung mit der
Vollendung des 21. Lebensjahres Rechnung zu tragen".
Die vorgenannten Gründe, wonach für den Kläger nur der Unterhaltsbedarf nach § 11 A-Ausbildung in Betracht kommt, rechtfertigen aber auch bezüglich einer elternunabhängigen Berechnung der BAB ein Abstellen auf die Vollendung des 21. Lebensjahres. Wenn junge Menschen nach dem typischen Verlauf ihrer beruflichen Entwicklung erst in diesem Alter in eine Beschäftigung mit vollem Verdienst treten und damit von Unterhaltsleistungen der ihnen zum Unterhalt Verpflichteten unabhängig werden, ist es nicht sachfremd, wenn der Anordnungsgeber erst von diesem Alter an eine vom Einkommen der Eltern unabhängige Berechnung der BAB vorsieht und jüngeren Personen, die, aus welchen Gründen auch immer, über das 18. Lebensjahr hinaus in Ausbildung stehen, das Einkommen der Eltern nach bestimmten Maßstäben (§ 16 A-Ausbildung) anrechnet. Es verstößt nicht gegen die Ermächtigungsnorm des § 39 AFG, wenn § 10 Nr 2 A-Ausbildung zur Konkretisierung der zeitlichen Grenze, bis zu der Eltern die Aufbringung von Unterhaltsmitteln "üblicherweise zugemutet wird", auf die vorgenannte typische Entwicklung abstellt und erst ab vollendetem 21. Lebensjahr eine Anrechnung von Einkommen der Eltern entfallen läßt.
Die Regelung des § 10 Nr 2 A-Ausbildung verstößt aber auch nicht insoweit gegen die Ermächtigungsnorm des § 39 iVm § 40 Abs 1 AFG oder gegen Art 3 Abs 1 GG, als sie die Anrechnung von Einkommen der Eltern für die Gruppe der 18 bis 21 Jahre alten, volljährigen Auszubildenden in gleicher Weise wie für die Gruppe der jüngeren, minderjährigen Auszubildenden vorsieht.
Zwar sind nach der Ermächtigungsnorm des § 39 AFG bei der individuellen Förderung ua die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller zu berücksichtigen. Zu diesen Verhältnissen gehört zweifelsfrei auch die Volljährigkeit, die nach der geänderten Fassung des § 2 BGB durch das Gesetz vom 31. Juli 1974 seit 1. Januar 1975 mit Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt. Jedoch sind an den Eintritt der Volljährigkeit keine unterhaltsrechtlichen Folgen geknüpft, die es rechtfertigen könnten, volljährige Auszubildende hinsichtlich der Anrechnung des Einkommens der Eltern günstiger zu behandeln als minderjährige Auszubildende. Sowohl für Minderjährige als auch für Volljährige umfaßt nämlich der Unterhaltsanspruch des § 1602 Abs 1 BGB nach § 1610 Abs 2 BGB die "Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf". Das Gesetz zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters vom 31. Juli 1974 hat diesen Anspruch - auf Betreiben des Bundesrates (s BR-Drucks 284/74) - ausdrücklich von der früheren Voraussetzung der Erziehungsbedürftigkeit gelöst, um die unterhaltsrechtliche Schlechterstellung der Jugendlichen durch die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters zu vermeiden (vgl Palandt/Diederichsen, Komm zum BGB, 40. Aufl, Anm 4a zu § 1610 BGB). Damit ist ausdrücklich die Gleichbehandlung zwischen volljährigen und minderjährigen Abkömmlingen klargestellt (vgl Moritz JZ 1980, 16, 17/18). Daher müssen Unterhaltsverpflichtete, insbesondere Eltern, die Berufsausbildungskosten nicht nur für ihre minderjährigen, sondern auch für ihre volljährigen Kinder tragen, wobei der Unterhaltsanspruch mangels einer gesetzlichen Limitierung seiner Dauer dem Auszubildenden jedenfalls grundsätzlich bis zum erfolgreichen Abschluß seiner Ausbildung zusteht (Palandt/Diederichsen, aaO, Anm 4a dd zu § 1610; Moritz JZ 1980, 16, 19). Es ist deshalb nicht sachfremd, wenn § 10 Nr 2 A-Ausbildung in Anknüpfung an die gesetzliche Unterhaltspflicht der Eltern für alle Auszubildenden - gleich ob minderjährig oder volljährig - jedenfalls bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres eine Anrechnung des Einkommens der Eltern vorsieht. Dies entspricht auch den in § 40 Abs 1 AFG festgelegten Grundvoraussetzungen für die Gewährung der BAB, wonach - insoweit dem Grundsatz der Subsidiarität stattlicher Förderungsleistungen folgend - im Prinzip nur eine familienabhängige Förderung zugelassen ist; dieses Prinzip ist - auch hinsichtlich der Dauer der Anrechnung von Einkommen Unterhaltspflichtiger - nur insoweit durchbrochen, als ihnen die Aufbringung der Mittel "üblicherweise nicht (mehr) zugemutet wird". Der § 10 Nr 2 A-Ausbildung hält sich im Rahmen dieser Norm, die einen gewissen Beurteilungsspielraum zur Ausgestaltung des vorgenannten unbestimmten Rechtsbegriffs enthält. Wenn der Unterhaltsanspruch nach §§ 1601 ff, 1610 BGB grundsätzlich bis zum erfolgreichen Abschluß der Ausbildung zu einem Beruf, dh, auch über das 21. Lebensjahr hinaus, besteht, so ist es nicht willkürlich, wenn der Anordnungsgeber die Anrechnung von Einkommen der Eltern generell erst in einem Lebensalter entfallen läßt, in dem Jugendliche üblicherweise nach dem Verlauf ihrer Entwicklung auf Unterhalt durch die Eltern nicht mehr angewiesen sind.
Daß sich die Aufwendungen für Ausbildung bei den über 18 Jahre alten Auszubildenden im Vergleich zu den jüngeren Auszubildenden beträchtlich erhöhen können, hingegen von denjenigen der über 21 Jahre alten Auszubildenden nur wenig unterscheiden mögen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Kosten der Ausbildung werden nach § 13 A-Ausbildung bei der Bemessung des Bedarfs für die Ausbildung - nach dem Maß der objektiv erforderlichen Kosten - besonders berücksichtigt, dh, sie erhöhen den Bedarf, der, soweit er von dem anzurechnenden Einkommen der Eltern nicht gedeckt wird, einen Anspruch auf BAB begründet.
Es verstößt schließlich nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, daß die Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A-Reha) vom 2. Juli 1970 (ANBA 1970, 637) für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. September 1975, in den die hier streitige Zeit fällt, insoweit eine unterschiedliche Regelung enthielt, als dort die Bemessung der Leistungen für Auszubildende sich danach richtete, ob diese minderjährig oder volljährig waren. Diese Regelung beruhte, wie das LSG zutreffend dargelegt hat, auf einer unterschiedlichen Rechtsentwicklung beider Anordnungen, die nur für eine kurze Übergangszeit zu einer Divergenz geführt hat und daher bei der hier anzustellenden Prüfung vernachlässigt werden kann. Ursprünglich richtete sich die Bemessung der Leistungen für Auszubildende sowohl nach der A-Ausbildung vom 31. Oktober 1969 (§§ 10 bis 12) als auch nach der A-Reha vom 2. Juli 1970 (§§ 16 bis 18) gleichermaßen danach, ob der Auszubildende minderjährig oder volljährig war. Während mit Wirkung vom 1. April 1972 die A-Ausbildung dahingehend geändert wurde, daß nicht mehr die Minder- bzw Volljährigkeit, sondern nur noch die Erreichung des 21. Lebensjahres für die Bemessung der BAB ausschlaggebend war (3. Änderungsanordnung zur A-Ausbildung vom 16. Dezember 1971, ANBA 1972, S 255), unterblieb eine entsprechende Änderung der Vorschriften der A-Reha zunächst im Hinblick auf das bereits 1972 im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG). Da das Volljährigkeitsalter erst mit Wirkung ab 1. Januar 1975 auf 18 Jahre herabgesetzt wurde, blieben die unterschiedlichen Bestimmungen bis dahin ohne Auswirkung. Nachdem inzwischen das RehaAnglG vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) am 1. Oktober 1974 in Kraft getreten war, welches eigenständige Anordnungsermächtigung für die Bundesanstalt in § 58 Abs 2 AFG vorsah, mußte eine neue A-Reha erlassen werden. Diese konnte, wie die Beklagte dargelegt hat, erst am 31. Juli 1975 vom Verwaltungsrat verabschiedet werden (ANBA 1975, 994) und ist am 1. Oktober 1975 in Kraft getreten.
Mit deren Regelungen in §§ 24, 27 wonach nunmehr auf das 21. Lebensjahr und nicht auf die Volljährigkeit abgestellt wird, ist gewährleistet, daß seitdem auch Behinderte den Nichtbehinderten hinsichtlich der Bemessung der Leistungen für die Ausbildungsförderung wieder gleichbehandelt werden. Mit dieser - verspäteten - Anpassung an die Regelungen der A-Ausbildung ist klar zum Ausdruck gebracht worden, daß der Anordnungsgeber auch im Bereich der A-Reha die Stufung der Leistungsbemessung nicht am Volljährigkeitsalter orientieren wollte, sondern sein Wille darauf gerichtet war, unabhängig davon die Vollendung des 21. Lebensjahres als maßgeblichen Anknüpfungspunkt festzulegen. Dafür spricht, daß er bereits zu einer Zeit, als sich das Volljährigkeitsalter noch mit der Vollendung des 21. Lebensjahres deckte, durch die 3. Änderungsanordnung zur A-Ausbildung vom 16. Dezember 1971 klargestellt hat, daß nicht die Volljährigkeit, sondern das 21. Lebensjahr Anknüpfungspunkt für die - günstigere - Bemessung der Ausbildungsförderung ist, also beide Begriffe nicht gleichzusetzen sind. Auch wenn davon ausgegangen wird, daß sowohl in der A-Ausbildung als auch in der A-Reha gleiche bzw vergleichbare Sachverhalte geregelt sind, kann dies nicht dazu führen, daß die insoweit eindeutigen Regelungen der A-Ausbildung (§§ 10 bis 12) im Sinne einer anderen - nur aus verfahrensmäßigen Gründen nicht rechtzeitig angepaßten - Regelung auszulegen sind. Gegen eine solche Auslegung spricht eindeutig die nachträgliche Korrektur der entsprechenden Regelungen der A-Reha.
Aus den genannten Gründen war trotz Volljährigkeit des Klägers ab 1. Januar 1975 das die Freigrenzen des § 16 A-Ausbildung übersteigende Einkommen seiner Eltern auf seinen - niedrigeren - Bedarf anzurechnen, so daß ein Anspruch auf BAB schon dem Grunde nach nicht gegeben ist. Die Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen