Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff "Eltern". 18. Lebensjahr. Bedarf für den Lebensunterhalt. Unterbringung
Orientierungssatz
1. Der eindeutige Wortlaut der Bestimmungen der AusbFöAnO (§§ 10, 11, 12, 13, 16) läßt nur den Schluß zu, daß unter den Begriff "Eltern", in diesen Bestimmungen nur die natürlichen Eltern fallen. Eine anderweitige Unterbringung gemäß AusbFöAnO § 11 Abs 5 liegt daher immer dann vor, wenn der Kläger nicht im Haushalt seiner Eltern untergebracht ist. Deshalb ist grundsätzlich in diesen Fällen auch AusbFöAnO § 11 Abs 1 S 2 anzuwenden.
2. Die einschränkende Bestimmung des AusbFöAnO § 11 Abs 1 S 2 ist auf Auszubildende, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht mehr anzuwenden (Festhaltung BSG 1978-12-05 7 RAr 40/77 = SozR 4440 § 11 Nr 3). Sie ist insoweit nicht durch die Ermächtigung des AFG § 39 gedeckt.
Normenkette
AFG § 39 Fassung: 1969-06-25, § 40 Abs 1 Fassung: 1975-12-18; AusbFöAnO § 11 Abs 1 S 2 Fassung: 1974-02-28; AusbFöAnO § 11 Abs 5 Fassung: 1969-10-31; BGB § 2 Fassung: 1974-07-31; AusbFöAnO § 15 S 2 Fassung: 1974-06-06
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 07.12.1977; Aktenzeichen L 12 Ar 114/77) |
SG Köln (Entscheidung vom 03.03.1977; Aktenzeichen S 10 Ar 50/76) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Dezember 1977 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) streitig, die dem Kläger nach Vollendung des 18. Lebensjahres zusteht.
Der Kläger ist am 18. Februar 1959 geboren und ledig. Er wurde ab 1. August 1975 in S, seinem Wohnort, als Kraftfahrzeugmechaniker ausgebildet. Seine Eltern sind geschieden. Der Aufenthaltsort seines Vaters ist unbekannt. Seine Mutter ist wieder verheiratet und lebt mit ihrem zweiten Ehemann gleichfalls in S. Der Kläger wohnt seit frühester Kindheit bei seiner Großmutter. Sein Stiefvater will ihn nicht aufnehmen.
Mit Bescheid vom 24. September 1975 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine BAB von 60,- DM monatlich für die Zeit vom 1. August 1975 bis 31. Juli 1976. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 1976). Während des Klageverfahrens wurde die BAB durch den Bewilligungsbescheid vom 23. August 1976 für die Zeit vom 1. August 1976 bis 31. Juli 1977 auf 33,- DM monatlich festgesetzt. Hierbei legte die Beklagte gemäß § 11 Abs 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (BA) über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A-Ausbildung) als Bedarf für den Lebensunterhalt denjenigen eines unverheirateten Auszubildenden zugrunde, der das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und bei den Eltern untergebracht ist, nämlich 305,- DM.
Das Sozialgericht (SG) Köln hat mit Urteil vom 3. März 1977 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23. August 1976 verurteilt, bei der Berechnung der BAB ab 18. Februar 1977 einen Bedarf von 520,- DM nach § 12 Abs 1 und 5 A-Ausbildung zugrundezulegen. Die weitergehende Klage hat das SG abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 7. Dezember 1977 das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage auch für die Zeit ab 18. Februar 1977 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen folgendes ausgeführt: Zutreffend sei das SG davon ausgegangen, daß der Bescheid vom 23. August 1976 gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden sei. Für den im zweiten Rechtszug ergangenen Änderungsbescheid vom 14. März 1977, in dem die Beklagte die BAB für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1977 neu berechnet und aufgrund von § 11 Abs 1 A-Ausbildung idF der 11. Änderungsanordnung vom 16. Dezember 1976 als Bedarf für den Lebensunterhalt monatlich 350,- DM zugrunde gelegt hat, gelte entsprechendes. Die Beklagte gehe für die noch streitige Zeit zutreffend von dem Lebensunterhalt aus, der sich aus § 11 Abs 1 Satz 1 A-Ausbildung ergebe. Der Kläger wohne zwar nicht bei seiner Mutter. Er sei jedoch wie ein Auszubildender untergebracht, der im Haushalt seiner Eltern oder eines Elternteils lebe. Seine Großmutter habe durch die Aufnahme des Klägers in ihren Haushalt kurz nach seiner Geburt und die ihm tatsächlich gewährte Erziehung und Pflege vor dem Hintergrund einer gegebenenfalls bestehenden gesetzlichen Unterhaltspflicht die Elternstelle eingenommen. Einen höheren Bedarf für den Lebensunterhalt könne der Kläger auch nicht deshalb geltend machen, weil er am 18. Februar 1977 volljährig geworden sei. Der klare Wortlaut des § 12 Abs 1 A-Ausbildung könne nur so verstanden werden, daß es allein auf das tatsächliche Erreichen des 21. Lebensjahres ankomme. Die Volljährigkeit sei dort nicht aufgeführt. Die durch die 3. Änderungsanordnung vom 16. Dezember 1971 in § 12 Abs 1 A-Ausbildung vorgenommene Änderung der Formulierung "Volljährigkeit" in "Vollendung des 21. Lebensjahres" spreche gegen eine Gleichsetzung dieser Begriffe.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger mit näherer Begründung sinngemäß eine Verletzung von § 40 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit §§ 11 und 12 A-Ausbildung durch das LSG. Er ist ferner der Auffassung, dem angefochtenen Urteil könne auch insoweit nicht gefolgt werden, als es das Vorliegen einer unbilligen Härte gemäß § 15 Satz 2 A-Ausbildung verneint habe. Es habe nicht berücksichtigt, daß erst dann, wenn der gesamte Lebensunterhalt gesichert sei, in eine berufliche Ausbildung eingetreten werden könne. Andernfalls müsse der Betroffene als ungelernter Arbeiter sofort mehr Geld verdienen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Dezember 1977 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 3. März 1977 zurückzuweisen sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. März 1977 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit ab 1. April 1977 eine Berufsausbildungsbeihilfe zu zahlen, bei der als Bedarf für den Lebensunterhalt 520,- DM monatlich zugrundezulegen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Anordnungsgeber habe eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er in § 12 A-Ausbildung nicht eine an der Regelung des Volljährigkeitsalters orientierte Altersgrenze schaffen wollte. Er habe vielmehr unabhängig davon als maßgebendes Kriterium die Vollendung des 21. Lebensjahres festgesetzt.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt ( § 124 Abs 2 SGG ).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet.
Streitig ist die Höhe der BAB für die Zeit vom 18. Februar 1977 bis 31. Juli 1977, und zwar vor allem im Hinblick darauf, welcher Bedarf für den Lebensunterhalt des Klägers zugrundezulegen ist. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger nach seinem Revisionsantrag die Festsetzung eines höheren Bedarfs für die Zeit ab 18. Dezember 1977 begehrt. Hierbei handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler, an den der Senat gemäß § 123 SGG nicht gebunden ist. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich, daß er eine höhere BAB ab Eintritt seiner Volljährigkeit begehrt. Das ist der 18. Februar 1977.
In zeitlicher Hinsicht ist der Streitgegenstand dadurch begrenzt, daß das LSG zutreffend nur über die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 23. August 1976 und 14. März 1977 entschieden hat. Denn gegen die weitergehende Klageabweisung durch das SG hat der Kläger keine Berufung eingelegt. In dem Bescheid vom 23. August 1976 ist dem Kläger die BAB für die Zeit vom 1. August 1976 bis 31. Juli 1977 bewilligt worden. Der Änderungsbescheid vom 14. März 1977 betraf lediglich die Erhöhung des Bedarfs für den Unterhalt für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1977.
Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß beide Bescheide Gegenstand des Verfahrens gemäß § 96 SGG geworden sind. Der Bescheid vom 23. August 1976 hat zwar den Bescheid vom 24. September 1975 weder abgeändert noch ersetzt. Jedoch gebietet es der Zweck dieser Vorschrift, eine möglichst schnelle und umfassende Entscheidung über den gesamten Streitstoff zu treffen, daß sie auch dann angewendet wird, wenn ein neuer Verwaltungsakt im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses ergeht und das streitige Rechtsverhältnis für einen Zeitraum regelt, der an den von dem ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakt erfaßten Zeitraum anschließt ( BSGE 34, 255, 256 f; SozR Nr 14 zu § 96 SGG). Der Bescheid vom 14. März 1977 hat den Bescheid vom 27. August 1976 hinsichtlich der Höhe der BAB für die Zeit vom 1. April 1977 geändert. Er ist nach Erlaß des Urteils des SG und vor Einlegung der Berufung ergangen. Mit Einlegung der Berufung war er auch Gegenstand des zweitinstanzlichen Verfahrens geworden. Über ihn hatte das LSG als erste Instanz zu entscheiden ( BSGE 18, 233, 234 ). Dies hat es auch getan. Es hat zwar in dem Tenor seiner Entscheidung die Klage gegen den Bescheid vom 14. März 1977 nicht ausdrücklich abgewiesen. In dem Ausspruch, die Klage werde auch für die Zeit ab 18. Februar 1977 abgewiesen, ist jedoch eine dahingehende Entscheidung enthalten. Das ergibt sich auch aus den Entscheidungsgründen, die zur Auslegung der Urteilsformel heranzuziehen sind. Hiernach ist das LSG davon ausgegangen, daß der Bescheid vom 14. März 1977 Gegenstand seines Verfahrens war.
Nicht entschieden hat das LSG allerdings über den Bescheid vom 22. September 1977, der an die Mutter des Klägers gerichtet war und in dem ihm BAB für die Zeit vom 1. August 1977 bis 31. Juli 1978 bewilligt wurde. Ob dieser Bescheid gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, kann dahingestellt bleiben. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist nicht gerügt worden und nicht von Amts wegen zu beachten ( §§ 202 SGG , 559 Abs 2 Zivilprozeßordnung - ZPO -).
Nach § 40 Abs 1 AFG idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113), das ab 1.1.1976 gilt, gewährt die BA Auszubildenden BAB für eine berufliche Ausbildung in Betrieben oder überbetrieblichen Ausbildungsstätten sowie für die Teilnahme an Grundausbildungs- und Förderungslehrgängen und anderen berufsvorbereitenden Maßnahmen, soweit ihnen die hierfür erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Die BAB wird als Zuschuß oder Darlehen gewährt. Aufgrund der in § 39 AFG erteilten Ermächtigung hat der Verwaltungsrat der BA die Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A-Ausbildung) vom 31. Oktober 1969 ( ANBA 1970, 213 ) erlassen, in der auch die Bewilligung der BAB geregelt ist. Diese bemißt sich ua nach dem Bedarf für den Lebensunterhalt. Dieser wird in § 11 A-Ausbildung nach dem Bedarf eines unverheirateten Auszubildenden, der das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und in § 12 A-Ausbildung nach dem Bedarf eines Auszubildenden, der verheiratet ist oder das 21. Lebensjahr vollendet hat, festgelegt. Nach § 11 Abs 1 A-Ausbildung in der hier zunächst maßgeblichen Fassung der 6. Änderungsanordnung vom 28. Februar 1974 (ANBA S. 597) war als Bedarf für den Unterhalt eines unverheirateten Auszubildenden, der das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte und im Haushalt der Eltern untergebracht war, ein Betrag von monatlich 305,- DM zugrundezulegen. Dies war auch dann der Fall, wenn der Auszubildende zwar nicht im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils untergebracht war, er die Ausbildungsstätte jedoch von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus in angemessener Zeit erreichen könnte. Nach Abs 5 dieser Vorschrift (bereits seit der Fassung vom 31. Oktober 1969) erhöhte sich bei anderweitiger Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts seiner Eltern oder eines Elternteils der vorstehend genannte Betrag um 40,- DM zuzüglich bis zu 120,- DM monatlich für die Kosten der Unterkunft. Außerdem war Taschengeld in Höhe von 50,- DM gemäß § 11 Abs 6 A-Ausbildung idF vom 28. Februar 1974 zugrundezulegen. Nach § 12 Abs 1 und 5 A-Ausbildung idF der 9. Änderungsanordnung vom 30. Juli 1975 ( ANBA 1975 S. 993 ) - in Kraft ab 11. November 1975 - war für einen Auszubildenden, der das 21. Lebensjahr vollendet hatte, als Bedarf für den Lebensunterhalt sowohl bei Unterbringung im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils als auch bei anderweitiger Unterbringung ein Betrag von 520,- DM zugrundezulegen.
Zutreffend ist das LSG zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger seinen Anspruch nicht auf diese Regelung des § 12 A-Ausbildung stützen kann, da er das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Für die Zubilligung eines höheren am Verbrauch orientierten Bedarfs für den Lebensunterhalt der Auszubildenden, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, besteht entgegen der Auffassung des SG und des Klägers ein sachgemäßer Grund. Wie der Senat in seinem Urteil vom 5. Dezember 1978 ( 7 RAr 40/77 ) entschieden hat, brauchte die Beklagte für die Gruppe der achtzehn bis einundzwanzigjährigen Auszubildenden nicht den Maßstab zugrundezulegen, den sie für die Zeit nach Vollendung des 21. Lebensjahres angelegt hat, da sich die BAB am späteren Verdienst ausrichtet. Eine große Zahl junger Menschen im Alter zwischen 18 und 21 Jahren steht ebenfalls noch nicht voll im Berufsleben. Weiter hat der Senat in dem vorstehend genannten Urteil hierzu ausgeführt:
"Viele Kinder werden erst im Laufe des siebenten Lebensjahres eingeschult, so daß sie die Schule bei neunjähriger Schulzeit im Laufe des 16. Lebensjahres verlassen und eine dreijährige Ausbildung in ihrem 19. Lebensjahr abschließen können. Nach dem 15monatigen Grundwehrdienst ( § 5 des Wehrpflichtgesetzes idF vom 8. Dezember 1972 - BGBl I 2278) werden sie dann häufig schon im 21. Lebensjahr stehen, bevor sie voll in ihren Beruf treten. Es ist weiterhin nicht sachwidrig, mögliche Hindernisse zu berücksichtigen, die den Termin des Eintritts in den Beruf noch verzögern. Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, wenn die BA Personen, die aus welchen Gründen immer über das 18. Lebensjahr hinaus in Ausbildung stehen, erst von der Vollendung des 21. Lebensjahres an die am späteren Verdienst orientierte höhere BAB gewährt. Mit zunehmendem Alter treten immer mehr junge Menschen nach Abschluß der Ausbildung in eine Beschäftigung mit vollem Verdienst. Es ist nicht sachfremd, dieser Entwicklung durch eine einmalige Stufung mit der Vollendung des 21. Lebensjahres Rechnung zu tragen.
Die Bestimmungen der §§ 11 und 12 der A-Ausb verstoßen auch nicht insoweit gegen die Ermächtigungsnorm des § 39 AFG oder gegen Art 3 Abs 1 GG , als sie den Bedarf für den Lebensunterhalt von 18 bis 21 Jahre alten Auszubildenden in gleicher Höhe festsetzen wie den Bedarf der jüngeren Auszubildenden. Es läßt sich nicht sagen, daß der Bedarf für den Lebensunterhalt iS der §§ 11 und 12 A-Ausb - dh für den Unterhalt ohne Ausbildungskosten - bei Auszubildenden nach Vollendung des 18. Lebensjahres allgemein höher wäre als vorher.
Die Regelunterhaltsverordnung vom 27. Juni 1970 (BGBl I 1010 - zuletzt geändert durch Regelbedarfsverordnung 1976 vom 30. Juli 1976 BGBl I 2042) bestimmt den Regelunterhalt des nichtehelichen Kindes bis zur Vollendung des sechsten, vom siebenten bis zur Vollendung des zwölften und vom dreizehnten bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres jeweils in steigender Höhe. Auch die Düsseldorfer Tabelle zur Ermittlung des angemessenen Unterhalts nach § 1610 Abs 1 BGB enthält nur Aussagen über den Bedarf von Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, danach bestimmt sich der Unterhalt nach den Umständen des Einzelfalles ( NJW 1977 S. 289 ). Andere Tabellen sehen allerdings für 19 bis 25 Jahre alte Kinder schematisch einen Unterhalt vor, der um etwa 15 bis 20 vH über dem Bedarf für 13- bis 18jährige Kinder liegt ( Berliner Tabelle , NJW 1977 S. 289 ; Kölner Tabelle bei Brühl, Unterhaltsrecht, 3. Aufl RdNr 355). Wenn eine solche schematische Bemessung aber überhaupt möglich ist, so werden sich jedenfalls die Kosten für Ernährung und Bekleidung der über 18jährigen von denjenigen der 13 bis 18 Jahre alten Kinder nur wenig unterscheiden. Dagegen können sich die Aufwendungen für Wohnung und Ausbildung bei den über 18 Jahre alten beträchtlich erhöhen (Brühl aaO RdNr 358). Gerade diese Kosten werden aber nach §§ 11, 12 und 13 A-Ausb besonders berücksichtigt und rechtfertigen keine Erhöhung des allgemeinen Lebensbedarfs. In der Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (Regelsatzverordnung) vom 20. Juli 1962 idF vom 10. Mai 1971 (BGBl I 451) sind die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige vom Beginn des 16. bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres mit 90 vH, die von älteren Haushaltsangehörigen mit 80 vH des Regelsatzes des Haushaltsvorstandes angesetzt. Wie dargelegt, werden viele Auszubildende, wenn sie nach dem vorgesehenen neunjährigen Schulbesuch die Ausbildung beginnen, im 16. Lebensjahr stehen. Deshalb kann es im Hinblick auf die Regelsatzverordnung keinesfalls als sachfremd angesehen werden, wenn die A-Ausb die Auszubildenden nach Vollendung des 18. Lebensjahres nicht bessergestellt als die jüngeren Auszubildenden und stattdessen allen Auszubildenden bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres BAB nach einem einheitlich festgesetzten Bedarf für den Lebensunterhalt zubilligt."
Hiernach berechnet sich also der Unterhaltsbedarf des Klägers nach § 11 A-Ausbildung . Im Gegensatz zur Auffassung des LSG ist aber für die Zeit ab 18. Februar 1977 der Bedarf des Klägers für den Lebensunterhalt nicht mit dem Betrag von 305,- DM nach § 11 Abs 1 Satz 1 A-Ausbildung anzusetzen. Der Kläger ist nicht im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils, sondern "anderweitig" gemäß § 11 Abs 5 A-Ausbildung untergebracht. Hierbei ist nicht entscheidend, daß seine Großmutter praktisch die Stelle eines Elternteils eingenommen hat. Der eindeutige Wortlaut der Bestimmungen der A-Ausbildung (§§ 10, 11, 12, 13, 16) läßt nur den Schluß zu, daß unter den Begriff "Eltern" in diesen Bestimmungen nur die natürlichen Eltern fallen. Eine anderweitige Unterbringung gemäß § 11 Abs 5 A-Ausbildung liegt daher immer dann vor, wenn der Kläger nicht im Haushalt seiner Eltern untergebracht ist. Deshalb ist grundsätzlich in diesen Fällen auch § 11 Abs 1 Satz 2 A-Ausbildung anzuwenden. Hiernach ist der Betrag von 305,- DM auch dann zugrundezulegen, wenn der Auszubildende nicht im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils untergebracht ist, er die Ausbildungsstätte jedoch von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus in angemessener Zeit erreichen könnte. Dabei kommt es, wie der Senat bereits entschieden hat, nicht darauf an, ob der Auszubildende in der elterlichen Wohnung tatsächlich wohnen kann ( BSG vom 21. März 1978 - 7 RAr 84/76 -). Bei der Frage, ob die Kosten einer anderweitigen Unterbringung übernommen werden können, steht das Verursachungsprinzip im Vordergrund. Hiernach sind Kosten für eine anderweitige Unterbringung nach dem mit der Ausbildungsförderung verfolgten Zweck nur dann zu berücksichtigen, wenn sie durch die Ausbildung verursacht sind. Der Auszubildende soll dann so gestellt werden, als ob er im elterlichen Haushalt untergebracht wäre. Das trifft auch bei dem Kläger zu. Die Kosten für eine anderweitige Unterbringung bei seiner Großmutter sind nicht wegen seiner Ausbildung entstanden, sondern deshalb, weil ihn sein Stiefvater nicht aufnehmen will. Da der Kläger von der Wohnung seiner Mutter aus seine Ausbildungsstätte nach seinen Angaben vor dem LSG erreichen kann, wäre als Bedarf für seinen Lebensunterhalt ein Betrag von 305,- DM anzusetzen. Das gilt jedoch nur für die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Die einschränkende Bestimmung des § 11 Abs 1 Satz 2 A-Ausbildung ist, wie der Senat in seinem Urteil vom 5. Dezember 1978 - 7 RAr 40/77 - dargelegt hat, auf Auszubildende, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, nicht mehr anzuwenden. Sie ist insoweit nicht durch die Ermächtigung des § 39 AFG gedeckt. Der Senat hat hierzu folgendes ausgeführt:
"Nach § 39 AFG bestimmt die BA durch Anordnung das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung der beruflichen Bildung nach §§ 33 bis 49 AFG . Bei der individuellen Förderung sind ua die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller zu berücksichtigen. Zu diesen Verhältnissen gehört der Eintritt der Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres gem § 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Volljährige begründet gem § 7 Abs 1 BGB durch ständige Niederlassung an einem Ort seinen Wohnsitz. Solange hingegen der Auszubildende noch minderjährig und unverheiratet ist, kann er ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters keinen Wohnsitz begründen ( § 8 Abs 1 BGB ). Deshalb können die Eltern als gesetzliche Vertreter verlangen, daß ihr minderjähriges, unverheiratetes Kind bei ihnen wohnt, solange sie damit nicht ihr Sorgerecht mißbrauchen. Wenn das Kind aber das 18. Lebensjahr vollendet hat, entfällt dieses Recht der Eltern. Der Volljährige kann seinen Wohnsitz selbst bestimmen. Wenn der volljährige Auszubildende davon Gebrauch macht und seinen Wohnsitz außerhalb des Elternhauses nimmt, muß die BA diese persönlichen Verhältnisse in der A-Ausb berücksichtigen. Sie kann dem Volljährigen wegen seines Rechtes, den Wohnsitz selbst zu bestimmen, nicht die Forderung entgegenhalten, er müsse bei seinen Eltern wohnen. Seine Unterbringung außerhalb des Elternhauses muß sie als notwendig hinnehmen.
Allerdings können Eltern, die einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren haben, die Art der Unterhaltsgewährung bestimmen ( § 1612 Abs 2 BGB ). Sie müssen also auch dem Volljährigen den Unterhalt nicht in vollem Umfang als Geldrente, sondern können ihn in Form von Unterkunft und Verpflegung in der elterlichen Wohnung gewähren. Auf die Unterhaltsgewährung in Natur dürfen Eltern ihre unverheirateten Kinder schon deshalb verweisen, weil sie dadurch wirtschaftlich entlastet werden und eine nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen sonst unvermeidliche Einschränkung des eigenen Lebenszuschnitts ganz vermeiden oder mildern ( OLG Karlsruhe, NJW 1977 S. 681 ). Diese wirtschaftliche Begründung kann sich aber die BA gerade nicht zu eigen machen. Sie kann sich zumindest im Einzelfall nicht darauf berufen, daß sie eine bestimmte Maßnahme nicht finanzieren könne. Vielmehr muß sie ihre begrenzten Mittel immer unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einsetzen und im Fall von Anordnungen aufgrund von § 39 AFG die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers beachten. Soweit es zum Zweck des § 1612 Abs 2 BGB weiterhin gehört, den Eltern einen angemessenen Einfluß auf Handlungs- und Lebensweise ihrer volljährigen Kinder zu sichern (OLG Karlsruhe aaO), ist dieser Zweck für die BA bei der Gewährung von BAB unbeachtlich. Ob die Eltern Einfluß auf Handlungs- und Lebensweise ihrer volljährigen Kinder ausüben wollen, ist allein ihrer Entscheidung vorbehalten. Die BA kann nicht aus diesem Grunde die Finanzierung einer Unterbringung außerhalb des Elternhauses verweigern.
Daraus folgt, daß für den volljährigen Auszubildenden, der das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, die Bestimmung des § 11 Abs 1 Satz 2 A-Ausb nicht anzuwenden ist. Der Bedarf des Klägers für den Lebensunterhalt ist daher nach § 11 Abs 1 iVm Abs 5 A-Ausb zu berechnen."
Da das LSG die Kosten der Unterkunft des Klägers für die Zeit vom 18. Februar 1977 bis 31. März 1977 nicht festgestellt hat, kann der Senat nicht entscheiden, in welcher Höhe der Bedarf für den Unterhalt des Klägers anzusetzen ist. Das LSG wird diese tatsächlichen Feststellung nachzuholen haben.
Da nach § 11 Abs 1 iVm Abs 5 und 6 A-Ausbildung in der hier maßgeblichen Fassung allenfalls ein Bedarf von 515,- DM für den Lebensunterhalt in Ansatz kommen kann (305,- DM gemäß Abs 1, 40,- DM zuzüglich bis zu 120,- DM gemäß Abs 5 und 50,- DM gemäß Abs 6), und der Streit um die Höhe der BAB geht, ist auch zu prüfen, ob auf den Bedarf das Einkommen des Klägers in vollem Umfang anzurechnen ist. Nach § 15 Satz 2 A-Ausbildung kann hiervon abgewichen werden, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist. In dieser Hinsicht hat das LSG verkannt, daß der Beklagten insoweit kein Ermessensspielraum eingeräumt wird. Eine solche Ermächtigung kann weder daraus hergeleitet werden, daß in § 15 Satz 2 A-Ausbildung das Wort "kann" gebraucht wird, noch daß die Abweichung von der vollen Anrechnung des Einkommens des Klägers nur zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt sein soll. § 40 Abs 1 AFG gewährt den Berechtigten einen Rechtsanspruch auf die dort vorgesehenen Leistungen. Diesen Rechtsanspruch kann die Beklagte nicht im Wege einer Anordnung gemäß § 39 AFG in eine Ermessensleistung umwandeln (vgl BSG SozR 4100 § 47 Nr 1, § 40 Nr 18). Schließlich läßt sich auch nicht aus §§ 40 , 39 AFG iVm § 15 Satz 2 A-Ausbildung eine Ermächtigung der Beklagten herleiten, verbindlich über das Vorliegen eines Härteausgleichs zu entscheiden. Ein solcher Beurteilungsspielraum besteht nur dann, wenn die entscheidende Stelle aufgrund persönlichen Eindrucks, besonderer Erfahrung und Sachkunde für die Beurteilung außerrechtlicher Gesichtspunkte in erster Linie berufen erscheint, verbindliche Qualifikationen vorzunehmen (vgl BSGE 43, 153 = SozR 4100 § 19 Nr 2; BSGE 44, 71 = SozR 4100 § 19 Nr 3; SozR 4100 § 40 Nr 18). Eine solche Eigenschaft kommt der Beklagten nicht zu, wenn es um die Beantwortung der Frage geht, ob von der vollen Anrechnung des Einkommens des Auszubildenden abgewichen werden kann, damit unbillige Härten vermieden werden. Sinn dieser Vorschrift ist, solches Einkommen des Auszubildenden unberücksichtigt zu lassen, das durch besondere Bedürfnisse gebunden ist, die typischerweise sonst nicht auftreten. Zu denken wäre in diesem Zusammenhang an Kosten, die dem Auszubildenden aus gesundheitlichen Gründen entstehen, zB wegen der Einhaltung einer Diät oder für die Beschaffung orthopädischen Schuhwerks. Daß entsprechende besondere Bedürfnisse des Klägers vorliegen, ist nicht vorgetragen worden. Eine Härte liegt aber allein nicht schon deshalb vor, weil, wie der Kläger meint, er auf keine weiteren Einkünfte als die BAB und die Ausbildungsvergütung zurückgreifen kann. Das ist eine für die Regelung typische Folge. Sie steht auch im Einklang mit der Ermächtigung gemäß § 39, 40 AFG. Denn der Bedarf für den Lebensunterhalt (ohne Kosten für eine anderweitige Unterbringung) liegt mit 305,- DM im Rahmen des allgemeinen angemessenen Lebensbedarfs (vgl Berliner und Düsseldorfer Tabelle in NJW 1977 S. 289 ).
Für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1977 steht dem Kläger eine BAB zu, bei der als Bedarf für den Lebensunterhalt ein Betrag von monatlich 550,- DM zugrundezulegen ist. Der Bescheid vom 14. März 1977 ist insoweit rechtswidrig. Das folgt aus der Fassung, die § 11 Abs 5 durch die 11. Änderungsanordnung zur A-Ausbildung vom 16. Dezember 1976 ( ANBA 1977 S. 219 ) erhalten hat. Diese Änderungsanordnung gilt nach ihrem Artikel 3 ab 1. April 1977. Hiernach werden bei anderweitiger Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Hauses der Eltern oder eines Elternteils als Bedarf für den Lebensunterhalt 550,- DM monatlich zugrunde gelegt. Da der Kläger jedoch nur die Berücksichtigung von 520,- DM monatlich beantragt hat, war es dem Senat verwehrt, die Beklagte zur Berücksichtigung des darüber hinausgehenden Betrages zu verurteilen. § 123 SGG berechtigt das Gericht nicht, einem Beteiligten mehr zuzusprechen, als er selbst beantragt hat. Daß der Kläger entgegen der insoweit klaren Fassung seines Antrages einen höheren Bedarf für den Lebensunterhalt begehrt, ist auch seinem übrigen Vorbringen nicht zu entnehmen.
Eine teilweise Entscheidung in der Sache erschien dem Senat jedoch untunlich ( § 170 Abs 2 Satz 2 SGG ). Er hat deshalb das Urteil des LSG aufgehoben und den Rechtsstreit insgesamt an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Urteil des Landessozialgerichts vorbehalten.
Fundstellen