Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht. Einzugsstelle. Rentenversicherungsträger. Zuständigkeit. Abhängige Beschäftigung. Beitragspflicht. Beitragshöhe. Beiladung. Feststellungsklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zuständigkeit nach § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV ist nicht auf Entscheidungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe gegenüber dem Arbeitgeber als dem Schuldner der Beiträge beschränkt, sondern besteht auch, wenn entsprechende Fragen vom Beschäftigten aufgeworfen werden und entschieden werden müssen; die Zuständigkeit der Einzugsstelle hängt nicht davon ab, ob solche Entscheidungen wegen tatsächlicher oder rechtlicher Zweifelsfragen erforderlich werden, und ist auch anzuwenden, wenn es um die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe nur in einem der genannten Zweige der Sozialversicherung geht.
2. Die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers ist auf die Entscheidung über die in § 6 SGB VI geregelten Befreiungstatbestände beschränkt.
3. Die Klage eines abhängig beschäftigten Versicherten gegen den Träger der Rentenversicherung auf Feststellung, dass er nicht rentenversicherungspflichtig oder nicht entsprechend beitragspflichtig ist, ist unzulässig.
4. Im Prozess eines Beschäftigten gegen den unzuständigen Träger der Rentenversicherung kann eine Sachentscheidung zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Rentenversicherung nicht entsprechend § 75 Abs. 5 SGG gegenüber der beigeladenen Einzugsstelle ergehen.
Normenkette
SGB IV § 28h Abs. 2 S. 1, § 28p Abs. 1 S. 5; SGB VI § 6 Abs. 1, 3; SGG § 75 Abs. 2, 5
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Oktober 2001 und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14. Januar 1999 geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1998 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) haben dem Kläger je zur Hälfte die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig sind die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der 1954 geborene Kläger ist abhängig beschäftigt und Vater von drei in den Jahren 1990, 1993 und 1996 geborenen Kindern. Im März 1997 beantragte der Kläger bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), ihm gegenüber auf die Erhebung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu verzichten. Die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung würden künftig weiter steigen, die Leistungen jedoch sinken, sodass die Versicherten privat Vorsorge treffen sollten. Seine fünfköpfige Familie mit einem durchschnittlichen Einkommen sei hierzu jedoch nicht in der Lage. Seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber seinen Kindern lasse ihm für eine Altervorsorge nach dem Kapitaldeckungsprinzip keinen Spielraum. Die Rentengesetzgebung verletze die Generationengerechtigkeit. Der Gesetzgeber habe den ihm im Familienurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Juli 1992 (BVerfGE 87, 1 ff = SozR 3-5761 Allg Nr 1) erteilten Reformauftrag nicht nur nicht erfüllt, sondern die Lage der Familien seither weiter verschlechtert. Die beklagte BfA teilte ihm hierauf unter dem 9. April 1997 formlos mit, Beschäftigte und Bezieher von Lohnersatzleistungen seien kraft Gesetzes versicherungspflichtig. Ein Verzicht auf Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung sei nicht möglich. Der Kläger legte hiergegen “Einspruch” ein. Die BfA teile ihm mit, ihr Schreiben vom 9. April 1997 sei kein Verwaltungsakt, er erhalte jedoch weitere Nachricht.
Mit Schreiben vom 7. Mai 1997 beantragte der Kläger bei seiner Krankenkasse, der Techniker Krankenkasse (TKK) “als verantwortlicher Einzugsstelle der Sozialversicherungsbeiträge”, ihn umgehend von der Beitragspflicht zur Rentenversicherung freizustellen. Die ihm auferlegte Beitragspflicht verstoße gegen Art 2, 3, 6 und 14 Grundgesetz (GG) sowie gegen das Rechts- und Sozialstaatsprinzip. Die TKK leitete dieses Schreiben an die beklagte BfA weiter und teilte dem Kläger die Weiterleitung mit; sie sei zwar Einzugsstelle der Sozialversicherungsbeiträge, über eine Befreiung entscheide jedoch der jeweilige Versicherungsträger selbst. Mit Bescheid vom 31. Juli 1997 lehnte die beklagte BfA den “Antrag auf Freistellung von der Angestelltenversicherungspflicht” ab. Ausnahmetatbestände, die eine Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes zur Folge hätten, oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht erlaubten, seien im Gesetz abschließend geregelt. Darüber hinaus bestehe keine Möglichkeit, über den Eintritt der Rentenversicherungspflicht zu disponieren. Beim Kläger lägen keine Umstände vor, die eine Freistellung von der Angestelltenversicherungspflicht rechtfertigen könnten.
Der Kläger hat hiergegen Klage erhoben. Die Beklagte hat die Klage als Widerspruch angesehen und diesen während des sozialgerichtlichen Verfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1998 zurückgewiesen. Die Beitragsbelastung des Klägers verstoße nicht gegen das GG. Der Kläger hat das Verfahren weitergeführt und zuletzt beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zu verurteilen, ihm gegenüber auf die Erhebung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung zu verzichten (Antrag 1), hilfsweise die beigeladene TKK zu verurteilen, ihm gegenüber auf die Erhebung von Pflichtbeiträgen zu verzichten (Antrag 2). Weiter hat er beantragt, die Beiträge nur in einer Höhe zu erheben, die der tatsächlichen Zahl der geringfügig Beschäftigten bei der Ermittlung des aktuellen Rentenwertes und der den Rentenanpassungen nach § 68 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) Rechnung trägt (Antrag 3), die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, “die Beiträge nur in einer Höhe zu erheben, die die Rentenleistungen abzüglich deren Hinterbliebene aus kinderlosen Ehen geleisteten Hinterbliebenenrenten deckt” (Antrag 4), die Beklagte, hilfsweise die beigeladene TKK zur Erstattung der zu Unrecht erhobenen Beiträge zu verurteilen (Antrag 5), hilfsweise das Verfahren gemäß Art 100 GG auszusetzen (Antrag 6), für den Fall der Nichtvorlage die Sprungrevision zuzulassen (Antrag 7) und weiter hilfsweise eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einzuholen (Antrag 8).
Das Sozialgericht (SG) hat die TKK (Beigeladene zu 1) sowie den Arbeitgeber des Klägers (Beigeladene zu 2) beigeladen und die Klage mit Urteil vom 14. Januar 1999 abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm gegenüber auf die Beitragserhebung zur Rentenversicherung verzichte. Der Kläger sei versicherungs- und beitragspflichtig. Seine Beitragspflicht verstoße nicht gegen das GG. Soweit der Kläger hilfsweise beantragt habe, die beigeladene TKK zu einem Verzicht auf die Erhebung von Pflichtbeiträgen zu verurteilen, sei sein Klageantrag unzulässig. Insoweit fehle es an der vorherigen Durchführung eines Verwaltungsverfahrens. Die Klageanträge zu 3) bis 5) seien ebenfalls unzulässig, da es auch insoweit an einem Verwaltungsverfahren fehle. Vorlagen an das BVerfG oder den EuGH kämen nicht in Betracht, weil die angegriffenen Regelungen weder gegen das GG verstießen noch mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft unvereinbar seien.
Der Kläger hat Berufung eingelegt und zuletzt beantragt, das Urteil des SG abzuändern und festzustellen, dass er Beiträge zur Rentenversicherung nicht oder nicht in jetziger Höhe zu zahlen hat, und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 1) zur Erstattung der zu Unrecht erhobenen Beiträge zu verurteilen, hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG, hilfsweise dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. – Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 22. Oktober 2001 zurückgewiesen. Der Kläger sei im Berufungsverfahren zulässigerweise auf einen Feststellungsantrag übergegangen. Sein Begehren sei auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Beitragspflicht zur Rentenversicherung gerichtet. Auf die Frage, ob ein Anspruch auf den erstinstanzlich geltend gemachten “Beitragsverzicht” selbst bei unterstellter Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlagen zur Beitragserhebung existiere, komme es nicht an. Der Feststellungsantrag sei zulässig, soweit der Kläger die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen für die Beitragserhebung rüge. Es fehle insbesondere nicht am Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger gegen den Beitragseinzug – der als Verwaltungsakt anzusehen sei – Widerspruch und Anfechtungsklage erheben könnte. Denn der Kläger mache einen hiervon unabhängigen und insbesondere nicht auf jede einzelne Beitragserhebung beschränkten grundsätzlichen Anspruch auf beitragsfreie oder beitragsgeminderte Versicherung bei der Beklagten geltend. Diese Frage könne im Rahmen der Anfechtungsklage gegen einen einzelnen Beitragsbescheid nicht dauerhaft geklärt werden. Die Berufung und der zulässige Feststellungsantrag seien jedoch unbegründet. Der Kläger sei sowohl der Beklagten als auch der Beigeladenen zu 1) als Einzugsstelle gegenüber beitragspflichtig zur Rentenversicherung.
Der Kläger hat Revision eingelegt und sein bisherigen Vorbringen vertieft. Im Revisionsverfahren hat der Senat die Beteiligten auf die Zuständigkeit der Einzugsstellen für Entscheidungen nach § 28h Abs 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) und auf Bedenken hingewiesen, § 75 Abs 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf Feststellungsklagen gegenüber einer beigeladenen Einzugsstelle anzuwenden, wenn statt dieser der Rentenversicherungsträger über die Versicherungspflicht entschieden hat. Der Kläger ist der Ansicht, das Bundessozialgericht (BSG) habe eine Sachentscheidung über die Versicherungs- und Beitragspflicht zu treffen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 22. Oktober 2001 aufzuheben und gemäß den vorinstanzlichen Anträgen zu entscheiden.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des LSG im Ergebnis für zutreffend, die Beklagte auch eine Sachentscheidung unter Anwendung des § 75 Abs 5 SGG für zulässig und angezeigt.
Der beigeladene Arbeitgeber hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers hat zum Teil aus formalen Gründen Erfolg. Das LSG hätte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe nicht in der Sache entscheiden dürfen. Insoweit hätte es das Begehren des Klägers aus verfahrensrechtlichen Gründen abweisen müssen.
Auf die Revision des Klägers waren das Urteil des LSG sowie das Urteil des SG zu ändern und der angefochtene Bescheid der beklagten BfA in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben. Insoweit ist die Revision des Klägers begründet. Der Bescheid der beklagten BfA vom 31. Juli 1997 in der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1998 ist rechtswidrig. Die beklagte BfA hat mit diesem Bescheid darüber entschieden, dass der Kläger als abhängig Beschäftigter in der Rentenversicherung versicherungspflichtig ist und für ihn Beiträge in der gesetzlichen Höhe zu zahlen sind. Für eine solche Entscheidung war jedoch nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV nicht die beklagte BfA als Träger der Rentenversicherung, sondern allein die Einzugsstelle zuständig. Einzugsstelle ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird (vgl § 28i SGB IV). Das war beim Kläger die beigeladene TKK (Beigeladene zu 1).
a) Gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid (Halbsatz 2). Das Gesetz trägt mit dieser umfassenden Zuständigkeitszuweisung an die Einzugsstelle dem Umstand Rechnung, dass in den genannten Versicherungszweigen die Versicherungspflicht mit der Anknüpfung an die abhängige Beschäftigung weithin gleichen Grundsätzen folgt und die Beiträge für alle Versicherungszweige einheitlich berechet und als Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt werden. Diese Zuständigkeit nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV ist nicht auf Entscheidungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe gegenüber dem Arbeitgeber als dem Schuldner der Beiträge beschränkt. Sie besteht vielmehr auch, wenn entsprechende Fragen vom Beschäftigten aufgeworfen werden und entschieden werden müssen. Schließlich hängt die Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV nicht davon ab, ob solche Entscheidungen wegen tatsächlicher oder rechtlicher Zweifelsfragen erforderlich werden.
Diese eindeutige Zuständigkeitsreglung ist aus Gründen der Rechtssicherheit auch anzuwenden, wenn es wie hier um die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe nur in einem der genannten Zweige der Sozialversicherung geht (hier der Rentenversicherung, vgl BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 7 S 23). Das Gesetz begründet auch in einem solchen Fall die Zuständigkeit der Einzugsstelle für die Verwaltungsentscheidungen und schließt damit auch insoweit die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers aus. Die im Verhältnis zur Krankenkasse als Einzugsstelle möglicherweise “größere Sachnähe” des Trägers eines anderen Versicherungszweiges (“Fremdversicherungsträger”, hier BfA) für die zu entscheidenden Fragen führt nicht zu dessen Zuständigkeit und zur Unzuständigkeit der Einzugsstelle. Die Belange der Fremdversicherungsträger werden in dem von der Einzugsstelle einheitlich und ausnahmslos durchzuführenden Verwaltungsverfahren durch ihre Hinzuziehung nach § 12 Abs 2 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren ≪SGB X≫) gewahrt (vgl die Begründung des Entwurfs zu § 28h SGB IV in BT-Drucks 11/2221 S 24/25). Nach Erlass eines Bescheides der Einzugsstelle sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die Fremdversicherungsträger klagebefugt und in Prozessen, die von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern angestrengt werden, nach § 75 Abs 2 SGG notwendig beizuladen (BSGE 84, 136 = SozR 3-2400 § 28h Nr 9). Als notwendig Beigeladene können sie unabhängig vom Verhalten der Einzugsstelle selbst Anträge stellen und Rechtsmittel einlegen (§ 75 Abs 4 SGG). Es ist daher gewährleistet, dass die Belange und die Fachkompetenz der Fremdversicherungsträger trotz der für ihren Versicherungszweig fehlenden eigenen Entscheidungszuständigkeit auch unter der “Verfahrensherrschaft” der Einzugsstelle berücksichtigt werden.
Die Beteiligten sind an diese Zuständigkeitsregelung und an die genannte Regelung zum Beteiligungs- und Beiladungsverfahren gebunden. Sie können hierüber nicht disponieren, auch dann nicht, wenn wie hier Kläger, Beklagte und die beigeladene Einzugsstelle der Meinung sind, der beklagte Rentenversicherungsträger sei auf Grund seiner größeren Sachnähe zur Entscheidung über die aufgeworfenen Fragen berufen. Die gesetzliche Zuständigkeitsregelung lässt schließlich auch dann keine Ausnahmen zu, wenn materiell-rechtlich allein um grundlegende, hier verfassungsrechtliche Fragen gestritten wird. Die gegenteilige Ansicht würde, weil zweifelhaft sein kann, was von großer Bedeutung ist, die Beurteilung der Zuständigkeit erheblichen Unsicherheiten aussetzen. Selbst wenn in einem Rechtsstreit wie hier nur verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen werden, entbindet dies weder die zuständige Stelle (hier die Einzugsstelle) noch die Gerichte davon, zunächst alle einfach-rechtlichen Tatsachen des streitigen Rechtsverhältnisses zu ermitteln und festzustellen (hier zB den konkreten Umfang und Ausmaß der behaupteten verfassungswidrigen Belastung) und dabei sowohl die verwaltungsverfahrensrechtlichen als auch die sozialgerichtlichen Regelungen zu beachten. Auch verfassungsrechtliche Fragen sind von den Fachgerichten nicht abstrakt zu entscheiden, sondern jeweils nur in ihrem Zusammenhang mit konkreten, für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Vorschriften, auch denen des Verfahrensrechts.
b) Demnach hatte hier nach § 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV die Einzugsstelle zu entscheiden. Der Kläger ist abhängig beschäftigt und somit gemäß § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI in der Rentenversicherung versicherungspflichtig. Eine der gesetzlich geregelten Ausnahmen von der Versicherungspflicht (§ 5 SGB VI) besteht nicht. Als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer hat der Kläger aus seinem Arbeitsentgelt (vgl § 162 Nr 1 SGB VI) nach dem allgemeinen Beitragssatz (vgl § 158 SGB VI) bis zur jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze (vgl § 161 Abs 1, § 159 SGB VI) Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten. Diese werden von ihm und seinem Arbeitgeber je zur Hälfte getragen (vgl § 168 Abs 1 Nr 1 SGB VI) und vom Arbeitgeber als Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags an die Einzugsstelle gezahlt (vgl § 174 Abs 1 SGB VI, § 28d Satz 1, § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV).
Das Begehren des Klägers kann nicht als bloßer Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 SGB VI aufgefasst werden, über den die Beklagte zu entscheiden gehabt hätte (vgl § 6 Abs 3 SGB VI). Der Kläger hat auf Anfrage des Senats ausdrücklich klargestellt, dass es ihm von vornherein darum gegangen sei, der Rentenversicherung in ihrer gegenwärtigen Form nicht angehören zu wollen, weil diese verfassungswidrig geworden sei. Er wendet sich damit sinngemäß gegen die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe, weil die Vorschriften, auf denen sie beruhen, verfassungswidrig seien. Denn er werde als Vater von drei Kindern gegenüber kinderlosen Versicherten und Versicherten mit weniger Kindern benachteiligt, weil er bereits durch die Erziehung seiner Kinder zur Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung beitrage. Er hat damit eine Rechtmäßigkeitsprüfung hinsichtlich seiner Versicherungspflicht oder jedenfalls der Beitragshöhe zur Rentenversicherung verlangt, nicht jedoch einen Befreiungsgrund im Sinne des § 6 Abs 1 SGB VI geltend gemacht. Ein solcher ist auch in keiner Weise zu erkennen.
Entgegen der Ansicht der beklagten BfA ist ihre Zuständigkeit auf die Entscheidung über die in § 6 SGB VI geregelten Befreiungstatbestände beschränkt. Diese Zuständigkeit kann nicht auf “befreiungsähnliche Vorgänge” ausgedehnt werden. Eine solche Ansicht würde ebenso wie die bereits abgelehnte Ausnahme von der Zuständigkeit der Einzugsstelle in grundlegenden Fragen eines Fremdversicherungszweiges (oben a) die Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit der Einzugsstelle für Entscheidungen über die Versicherungspflicht nach § 28h Abs 2 SGB IV einerseits und Entscheidungen des Fremdversicherungsträgers über Befreiungsanträge andererseits erheblichen Unsicherheiten aussetzen. Die Zuständigkeitsregelung des § 6 Abs 3 SGB VI greift deshalb aus Gründen der Rechtssicherheit nicht ein, wenn ein Versicherter wie hier der Kläger die Versicherungspflicht oder die Beitragshöhe bestreitet, weil die insoweit maßgeblichen Vorschriften nicht mit dem GG vereinbar seien. In einem solchen Fall würde sich eine Befreiung nach § 6 SGB VI auch erübrigen.
c) Die Träger der Rentenversicherung sind zum Erlass von Verwaltungsakten über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung nur im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung nach § 28p SGB IV befugt. Der Bescheid ergeht dann grundsätzlich gegenüber dem Arbeitgeber (vgl § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV). – Ein solcher Ausnahmefall für die sachliche Zuständigkeit zum Erlass eines Verwaltungsakts nach § 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV liegt nicht vor. Der angefochtene Bescheid der beklagten BfA gegenüber dem Kläger als Versichertem ist nicht im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung ergangen. Es kann daher offen bleiben, ob im Rahmen einer solchen Prüfung ein Bescheid auch allein gegenüber einem Arbeitnehmer ergehen kann. Hier jedenfalls war das Einzugsstellenverfahren nach § 28h Abs 2 SGB IV durchzuführen.
d) Dieses Einzugsstellenverfahren hat beim Kläger nicht stattgefunden; die vom Kläger zunächst zutreffend mit der Sache befasste beigeladene TKK hat dieses zu Unrecht an die beklagte BfA abgegeben. Stattdessen hat die Beklagte als unzuständiger Träger der Rentenversicherung gehandelt. Verwaltungsakte sind jedoch rechtswidrig und aufzuheben, wenn sie von einer hierfür nicht zuständigen Behörde erlassen worden sind. Eine Ausnahme lässt § 42 SGB X nur zu, wenn ein Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit vorliegt. Auf die sachliche Zuständigkeit ist § 42 SGB X nicht entsprechend anzuwenden (vgl BSGE 62, 281, 286 = SozR 2200 § 385 Nr 18 für die Entscheidung einer Einzugsstelle über einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge statt einer Entscheidung der BfA oder der Bundesanstalt für Arbeit; BSG SozR 3-3300 § 20 Nr 5 S 22, wenn die Krankenkasse statt der Pflegekasse entschieden hat; KassKomm-Steinwedel § 42 SGB X RdNr 7 mwN, Stand: Mai 2003). Daher waren der Bescheid der beklagten BfA in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die angegriffenen Urteile des LSG und des SG zu ändern, soweit sie die Anfechtungsklage abgewiesen hatten (zu dieser prozessualen Konsequenz vgl BSGE 62, 281, 286 = SozR 2200 § 385 Nr 18; SozR 2200 § 1425 Nr 3 S 3).
- Die Klage eines abhängig beschäftigten Versicherten gegen den Träger der Rentenversicherung auf Feststellung, dass er aus den vorgebrachten Gründen nicht rentenversicherungspflichtig oder nicht entsprechend beitragspflichtig ist, ist unzulässig. Soweit der Senat in der weit zurückliegenden Entscheidung vom 17. Dezember 1985 (BSG SozR 2200 § 1385 Nr 16) eine Feststellungsklage gegen die BfA zur Beitragshöhe nach § 55 Abs 2 SGG für zulässig angesehen hat, hält er hieran nicht fest. Denn sieht man in Fällen wie dem vorliegenden die Feststellungsklage gegen den Rentenversicherungsträger als zulässig an, wird die vorrangige Zuständigkeit der Einzugsstelle und die Pflicht zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens über die Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe nach § 28h Abs 2 SGB IV unterlaufen. Dem hat der Senat in einer Reihe späterer Entscheidungen Rechnung getragen. Er hat es als unzulässig angesehen, dass ein Arbeitnehmer unmittelbar gegen seinen angeblichen Arbeitgeber auf Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht oder auf Zahlung von Beiträgen (vgl BSG Urteil vom 22. Juni 1966 – 3 RK 103/63 – USK 6642 S 163) klagt oder dass Strafgefangene ein Bundesland auf Zahlung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen (BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 4 bis 6). In solchen Fällen hat der Senat vielmehr verlangt, dass zuvor die zuständige Stelle (dort Einzugsstelle) über die Versicherungs- und Beitragspflicht entscheidet. Eine vor einer solchen Entscheidung gegen ein Bundesland oder den angeblichen Arbeitgeber gerichtete Klage auf Beitragszahlung ist unzulässig (vgl BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 4 S 9 f für Strafgefangene; zur Unzulässigkeit der Klage eines Gefangenen gegen das Land als Arbeitgeber gerichteten Klage auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen auf Grund eines Berufsausbildungsverhältnisses vgl BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 5 S 16, oder eines Beschäftigungsverhältnisses während des Maßregelvollzuges vgl BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 6).
Der Senat konnte hier auch gegenüber den beigeladenen Einzugsstellen nicht entscheiden, ob der Kläger Beiträge nicht oder lediglich in geringerer Höhe zu entrichten hat. Eine hilfsweise gegen die Einzugsstellen gerichtete Feststellungsklage ist unzulässig. Auch insoweit darf das Entscheidungsmonopol der Einzugsstelle und das Erfordernis einer von ihr vor Prozessbeginn getroffenen Verwaltungsentscheidung durch eine entsprechende Anwendung von § 75 Abs 5 SGG nicht ausgehöhlt werden.
a) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, dass bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger als leistungspflichtig in Betracht kommt, sind sie nach § 75 Abs 2 SGG beizuladen. Nach seiner Beiladung kann der beigeladene Versicherungsträger gemäß § 75 Abs 5 SGG verurteilt werden. Eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 75 Abs 5 SGG scheidet in Verfahren der vorliegenden Art aus.
§ 75 Abs 5 SGG ermächtigt in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich dazu, einen beigeladenen Versicherungsträger zu einer Leistung oder zum Erlass eines Verwaltungsaktes zu verurteilen. Die Vorschrift soll aus Gründen der Prozessökonomie (vgl BT-Drucks 1/4357 S 26 zu § 24 des Entwurfs einer Sozialgerichtsordnung) die Verurteilung des beigeladenen Versicherungsträgers ermöglichen, wenn für dieselbe Leistung entweder der beklagte oder der beigeladene Versicherungsträger zuständig ist (zB Krankengeld bei zweifelhafter Zuständigkeit von zwei Krankenkassen). Sie ist auch anzuwenden, wenn zwischen zwei Leistungen eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass sie zB auf ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet sind, die eine gegenüber der anderen jedoch vorrangig ist. So kann etwa der beigeladene Versicherungsträger der Unfallversicherung zur Gewährung von Verletztengeld verurteilt werden, wenn sich im Rechtsstreit herausstellt, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall beruht und damit gemäß § 11 Abs 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) Krankengeld von der beklagten Krankenkasse nicht verlangt werden kann.
b) Zwar hat der Senat § 75 Abs 5 SGG auf Entscheidungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht entsprechend angewandt, wenn ein nicht zuständiger Versicherungsträger oder die nicht zuständige Einzugsstelle über die Versicherungspflicht einer Person oder die Beitragshöhe entschieden hatte und der zuständige Träger beigeladen war. So hat er eine Klage gegen den beigeladenen Rentenversicherungsträger auf Feststellung der Versicherungspflicht einer Pflegeperson als zulässig angesehen, nachdem zunächst die hierfür unzuständige Pflegekasse verklagt worden war (BSG SozR 3-2600 § 3 Nr 5; ähnlich BSGE 22, 173, 179 f = SozR Nr 8 zu § 1399 RVO S Aa 11). Ähnlich hat der Senat Fälle behandelt, in denen die Einzugsstelle auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge verklagt, diese für die Erstattung aber nicht zuständig war. Der Senat hat dort in entsprechender Anwendung des § 75 Abs 5 SGG auch eine Verurteilung des beigeladenen Fremdversicherungsträgers in Erwägung gezogen und einen ausdrücklichen Antrag auf Verurteilung des Beigeladenen nicht für erforderlich gehalten, es sei denn, dass der Kläger eine solche Verurteilung abgelehnt hätte (vgl BSGE 62, 281 = SozR 2200 § 385 Nr 18). In den genannten Fällen fehlte es jedoch – anders als hier – an einer ausdrücklichen gesetzlichen Zuständigkeitsreglung darüber, welcher Versicherungsträger über die Versicherungspflicht oder das Erstattungsbegehren zu entscheiden hatte. Klarheit wurde insoweit erst durch die Rechtsprechung des Senats geschaffen. Unter diesen Umständen war es angezeigt, entsprechend dem Zweck des § 75 Abs 5 SGG eine unzutreffende Beurteilung der Zuständigkeit des zunächst angegangenen Trägers nicht in der Weise zu Lasten des Bürgers gehen zu lassen, dass er im Prozess mit seinem Begehren gegen den unzuständigen Träger abgewiesen wurde und ein neues Verfahren gegen den zuständigen Träger anstrengen musste. Vielmehr hat es der Senat bei gesetzlich nicht eindeutig geregelter Zuständigkeit für sachgerecht gehalten, dass ein Kläger nach § 75 Abs 5 SGG schon im ersten Prozess eine Entscheidung über sein Begehren gegen den zuständigen und beigeladenen Träger erreichen konnte.
c) Hiervon unterscheidet sich das vorliegende Verfahren in entscheidungserheblicher Weise. Die Zuständigkeit der Einzugsstellen ist im Gesetz ausdrücklich und seit dem 1. Januar 1989 in § 28h Abs 2 SGB IV für alle Versicherungszweige einheitlich geregelt. Die Krankenkasse als Einzugsstelle ist in dieser Funktion kein (beigeladener) Versicherungsträger iS des § 75 Abs 5 SGG, der auf gleicher Stufe neben dem beklagten Fremdversicherungsträger (hier der BfA) steht. Vielmehr hat die Einzugsstelle eine vorrangige Zuständigkeit für vier Versicherungszweige und insofern eine Monopolstellung, soweit es um die Entscheidung über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe von abhängig Beschäftigten geht (dazu oben 2.). Sie ist kein Versicherungsträger, der nach § 75 Abs 5 SGG alternativ verurteilt werden könnte. Andernfalls könnte jeder Beschäftigte oder jeder Arbeitgeber zur Klärung von Zweifelsfragen außer der Einzugsstelle jeden Fremdversicherungsträger angehen und dieser jeweils für seinen Bereich die versicherungs- und beitragsrechtlichen Fragen entscheiden. Dabei wären divergierende Entscheidungen zu denselben Fragen nicht auszuschließen. Eine solche Aufspaltung der Zuständigkeit kann durch die jeweilige Beteiligung oder Beiladung der Einzugsstelle nicht behoben werden. Vielmehr hat diese vorab und in dem erforderlichen Umfang für alle Versicherungszweige zu entscheiden. Auch wenn es nicht zum Prozess kommt, weil der Beschäftigte oder der Arbeitgeber mit der Entscheidung eines von ihm angegangenen Fremdversicherungsträgers einverstanden ist, ist diese Entscheidung jedenfalls kompetenzwidrig ergangen und damit rechtswidrig. Beschäftigte könnten daher geneigt sein, sich nur an denjenigen Versicherungsträger zu wenden, von dem sie sich eine Entscheidung in ihrem Sinne erhoffen. Vor nahezu unlösbare Probleme würden die Gerichte gestellt, wenn sich Beschäftigte desselben Betriebes an verschiedene Versicherungsträger gewandt, diese dieselbe Frage unterschiedlich entschieden haben und dann immer dieselbe Einzugsstelle beigeladen wird.
d) Auch bei Leistungsklagen und Klagen von Beschäftigten auf Feststellung der Versicherungspflicht gegen einen angeblichen Arbeitgeber hat der Senat die Feststellung der Versicherungspflicht gemäß § 75 Abs 5 SGG gegenüber den beigeladenen Versicherungsträgern nicht erwogen, auch dann nicht, wenn die Einzugsstelle beigeladen war (so in BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 5 und 6). Der Senat hat es vielmehr als unzulässig angesehen, das gesetzlich zwingend vorgeschriebene Verwaltungsverfahren vor der Einzugsstelle gemäß § 28h Abs 2 SGB IV durch eine unmittelbare Feststellungsklage zu umgehen (vgl BSG SozR 3-2400 § 28h Nr 6 S 20). Soweit der 8. Senat des Bundessozialgerichts unter besonderen Umständen (die Bundesknappschaft war Arbeitgeber und zugleich Einzugsstelle) eine Ausnahme zugelassen hat (vgl BSGE 85, 10 = SozR 3-3300 § 58 Nr 1), ist dieses nicht verallgemeinerungsfähig. Soweit der erkennende Senat in sonstigen Fällen bisher eine Feststellung gegenüber beigeladenen Versicherungsträgern erwogen hat, war die Ausgangslage der vorliegenden nicht vergleichbar. In einem Fall hatte die Einzugsstelle eine Erstattung von zu Unrecht entrichteten Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgelehnt, obwohl sie hierfür nicht zuständig war. Der Senat hat ihre ablehnende Entscheidung aufgehoben, jedoch geprüft, ob die in dieser Entscheidung zugleich getroffene Feststellung über den Umfang der Beitragspflicht, für welche die Einzugsstelle eine Entscheidungskompetenz besaß, rechtmäßig war. Einer Feststellung gegenüber den Fremdversicherungsträgern in entsprechender Anwendung § 75 Abs 5 SGG bedurfte es hierfür nicht (vgl BSGE 62, 281, 286 = SozR 2200 § 385 Nr 18). In anderen Fällen hatten Versicherte den Rentenversicherungsträger auf Nachversicherung verklagt, waren damit aber erfolglos, weil sie nicht Beamte, sondern als Angestellte versicherungs- und beitragspflichtig gewesen waren (vgl BSG SozR 3-2940 § 2 Nr 2 und 7 zur einstufigen Juristenausbildung). In jenen Verfahren bestand jedoch eine Zuständigkeit des zunächst angegangenen Rentenversicherungsträgers für die Entscheidung über die Nachversicherung. Erst als sich im Prozess herausstellte, dass ein Nachversicherungsfall nicht vorlag, war als Alternative dazu über die Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung im Angestelltenverhältnis zu entscheiden, wofür die Einzugsstelle zuständig war. Im vorliegenden Verfahren war demgegenüber der Rentenversicherungsträger für die von ihm begehrte Entscheidung von vornherein unzuständig.
Nach allem müssen im Interesse der Rechtssicherheit Erwägungen der Prozessökonomie gegenüber dem Verfahrens- und Entscheidungsmonopol der Einzugsstelle in den ihr nach § 28h SGB IV zugewiesenen Verfahren zurücktreten.
e) Das Gebot eines effektiven Rechtsschutzes verlangt nicht, die Feststellungsklagen gegen den beklagten Rentenversicherungsträger oder die beigeladene Einzugsstelle als zulässig anzusehen und ohne vorherige Durchführung von deren Verwaltungsverfahren über die Versicherungspflicht oder die Beitragshöhe des Klägers eine Sachentscheidung zu den aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zu treffen. Erst wenn durch Normen über prozessuale Zulässigkeitsvoraussetzungen der Weg zu den Gerichten in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert würde, wären sie mit Art 19 Abs 4 GG unvereinbar (vgl BVerfGE 10, 264, 268). Die Rechtsprechung des Senats zur Zulässigkeit von Feststellungsklagen wahrt die gesetzlich vorgesehenen Zuständigkeiten. Sie dient damit dem Interesse der Versicherten daran, dass über ihre Angelegenheiten nicht beliebige, sondern nur die vom Gesetz hierfür bestimmten Stellen entscheiden und damit die Umsetzung des materiellen Rechts nicht dem Belieben der Beteiligten und den Zufälligkeiten des Einzelfalles überlassen wird. Die gesetzlich geregelte Zuständigkeit ist nicht abdingbar und kann in ihrer Beurteilung durch das Revisionsgericht von den Vorinstanzen nicht präjudiziert werden. Das gilt auch bei langer Verfahrensdauer, die gesetzwidrige Zuständigkeiten ebenfalls nicht begründen kann. Im Übrigen hält der Senat, wenn die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung in Zweifel gezogen wird, es wegen der strengen Anforderungen des BVerfG an die Zulässigkeit von Vorlagen nach Art 100 Abs 1 GG (vgl zB BVerfGE 105, 48, 56; 67, 26, 33 = SozR 1500 § 54 Nr 60) für geboten und zumutbar, an die Einhaltung einfachrechtlicher Zuständigkeits- und Formfragen ebenso strenge Anforderungen zu stellen. Der Senat müsste sonst im Falle einer Vorlage damit rechnen, dass diese möglicherweise vom BVerfG als unzulässig angesehen würde, weil die Klärung der verfassungsrechtlichen Frage daran scheitert, dass einfaches Verfahrensrecht nicht beachtet worden ist.
- Soweit der Kläger beantragt hat, die beklagte BfA, hilfsweise die beigeladene Krankenkasse zu verurteilen, ihm die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten, ist die Revision unbegründet. Das LSG hat die Berufung des Klägers insoweit zu Recht zurückgewiesen, denn das SG hatte die Klage mangels Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zutreffend abgewiesen.
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff). Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits sind dem Kläger trotz teilweiser Erfolglosigkeit seiner Revision im vollem Umfang zu erstatten. Die getroffene Kostenentscheidung ist angemessen, weil es die beklagte BfA und die beigeladenen TKK zu vertreten haben, dass eine anfechtbare Entscheidung der zuständigen Einzugsstelle nicht ergangen ist. Soweit sich der Kläger nach Abschluss dieses Verfahrens nunmehr an die zuständige Einzugsstelle wendet, liegt es nahe, sein Begehren im Schreiben vom 7. Mai 1997 als maßgeblichen Antrag anzusehen und über diesen zu entscheiden.
Fundstellen