Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldzuschlag. ausländische Einkünfte. Kinderfreibetrag. Grundfreibetrag. Unterhaltsleistungen. Erstattungsanspruch. Doppelbesteuerungsabkommen
Leitsatz (amtlich)
Überwiegende ausländische Einkünfte, die nicht nach dem EStG zu versteuern sind, stehen der Gewährung von Kindergeldzuschlag dann nicht entgegen, wenn sie – zusammen mit dem inländischen – geringer sind als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Normenkette
BKGG § 11a Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 8 S. 4; EStG § 2 Abs. 5, § 22 Nr. 1, § 32 Abs. 6, § 32a Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. November 1991 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung des Zuschlags zum Kindergeld für das Kalenderjahr 1989 streitig.
Der Kläger und seine mit ihm seit 1985 in der Bundesrepublik Deutschland lebende Ehefrau sind koreanische Staatsangehörige, die beide an der Universität G. studier(t)en. Er bezog für ihre beiden 1983 und 1987 geborenen Kinder Kindergeld. Der Unterhalt der Familie wurde außer durch Stipendien, Kindergeld und Wohngeld durch Unterhaltszahlungen der in Südkorea wohnenden Eltern bzw Schwiegereltern bestritten.
Die Beklagte bewilligte – antragsgemäß – den Kindergeldzuschlag für das Kalenderjahr 1989 in Höhe von monatlich 91,00 DM für die beiden Kinder unter Vorbehalt der Rückforderung bis zur endgültigen Feststellung nach dem Vorliegen der Steuerfestsetzung für das maßgebliche Berechnungsjahr.
Mit Bescheid vom 16. Februar 1990 forderte die Beklagte den für 1989 gezahlten Kindergeldzuschlag in Höhe von insgesamt 1.092,00 DM vom Kläger aufgrund des Leistungsvorbehalts zurück, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung des Kindergeldzuschlages nicht vorgelegen hätten. Das Einkommen sei 1989 überwiegend aus den ausländischen Unterhaltszahlungen der Eltern/Schwiegereltern bestritten worden, so daß ein Kinderzuschlag nicht zustehe (§ 11 a Abs. 1 Satz 4 Bundeskindergeldgesetz ≪BKGG≫). Dabei berücksichtigte die Beklagte inländische (nicht steuerpflichtige) Einkünfte in Höhe von 7.254,00 DM sowie Leistungen der Eltern/Schwiegereltern in Höhe von 8.345,00 DM als ausländische Einkünfte.
Der Widerspruch, mit dem geltend gemacht wurde, ein Teil der Zahlung der Eltern in Höhe von 2.175,00 DM sei nicht für 1989 bestimmt gewesen, sondern habe lediglich dem Kontoausgleich für 1988 gedient, war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17. April 1990).
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben, weil der Ausschlußtatbestand des § 11 a Abs. 1 Satz 4 BKGG für die Gewährung des Kindergeldzuschlages nicht vorgelegen habe (Urteil vom 26. September 1990). Nach dem Wortlaut und dem Sinn der Vorschrift solle sie nur auf solche ausländischen Einkünfte angewendet werden, die nur deshalb – insoweit – etwa aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens – nicht versteuert werden, weil sie als ausländische Einkünfte im Inland nicht zu versteuern sind. Dadurch sollten die Bezieher ausländischer Einkünfte, die nur aus diesem Grund im Inland nicht versteuert werden, nicht gegenüber den Beziehern von nur inländischen Einkünften begünstigt werden. Eine derartige Begünstigung könne aber dann nicht vorliegen, wenn es sich um solche ausländischen Einkünfte handele, die auch nach inländischem Steuerrecht nicht zu versteuern seien; hierzu gehören Unterhaltsleistungen von leiblichen Eltern. Dann könne sich der Umstand, daß die Einkünfte im Ausland erzielt worden seien, nicht zugunsten der Kindergeldberechtigten auswirken. Wollte man in diesen Fällen dennoch den Kindergeldberechtigten vom Kindergeldzuschlag ausschließen, wäre es eine ungerechtfertigte Benachteiligung gegenüber den Kindergeldberechtigten, die gleichartige Einkünfte nur im Inland erzielen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die – vom SG zugelassene – Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß die vom Kläger und seiner Ehefrau bezogenen Unterhaltsleistungen von den im Ausland lebenden Eltern/Schwiegereltern nicht als ausländische Einkünfte iS des § 11 a Abs. 1 Satz 4 BKGG anzusehen seien. Nach dem Zweck dieser Vorschrift gebe es nur einen Sinn, wenn es sich um Einkünfte aus Einkunftsarten handele, die nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) versteuert werden müßten, wenn sie im Inland erzielt worden wären. Anderenfalls sei eine Vergleichbarkeit der inländischen Einkünfte mit den im Ausland erzielten nicht gegeben. Es sei mit dem Sinn der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar, daß inländische Studenten, die in der Regel überwiegend von Unterhaltsleistungen der Eltern lebten, anders behandelt werden sollten als vergleichbare ausländische Studenten, die keine ausländischen Einkünfte haben, die zu ihrem Vorteil bei den nach dem EStG zu versteuerndem Einkommen außer Ansatz bleiben müßten (Urteil vom 26. November 1991).
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision macht die Beklagte geltend, die Auslegung des § 11 a Abs. 1 Satz 4 BKGG durch die Vorinstanzen sei mit dem Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschrift nicht zu vereinbaren. Nach dem Steuerrecht seien Unterhaltsleistungen dem Empfänger steuerlich zuzurechnen, wenn der Leistende nur beschränkt steuerpflichtig sei oder der inländischen Steuerpflicht überhaupt nicht unterliege. Die Unterhaltsleistungen der in Korea lebenden, nach dem EStG nicht steuerpflichtigen Eltern und Schwiegereltern seien daher als Einkünfte des Klägers iS des § 2 Abs. 1 EStG zu behandeln. Nach dem deutsch-koreanischen Doppelbesteuerungsabkommen seien die dem Unterhalt dienenden Leistungen der sich vorübergehend im anderen Vertragsstaat aufhaltenden Studenten als grundsätzlich zu versteuernde Leistungen von einer Besteuerung ausgenommen worden. Daran ändere auch die Verwaltungspraxis der Finanzbehörden nichts, wenn sie aus Billigkeitsgründen von der Besteuerung der aus dem Ausland zufließenden Unterhaltsleistungen für Studenten absehen. Wegen der nach dem Gesetzeszweck notwendigen typisierenden Regelungen des BKGG müsse eine Benachteiligung des Klägers gegenüber Personen mit anderen ausländischen Einkünften hingenommen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. November 1991 und das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 26. September 1990 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. November 1991 zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Im Einverständnis der Beteiligten hat der Senat ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen sind zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß der Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 1990 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 17. April 1990 rechtswidrig ist. Denn die Beklagte hat keinen Erstattungsanspruch gemäß § 11 a Abs. 8 Satz 4 BKGG iVm § 11 Abs. 3 Satz 5 BKGG gegen den Kläger, mit welchem sie abweichend von § 51 Abs. 2 Halbs 1 Sozialgesetzbuch – Erstes Buch – (SGB I) bis zu dessen voller Höhe gegen die laufende Kindergeldzahlung aufrechnen konnte (§§ 11 Abs. 3 Satz 6, 23 Abs. 2 BKGG, 51 SGB I). Der vom Kläger für das Jahr 1989 bezogene Kindergeldzuschlag ist mit Recht gezahlt worden.
Zutreffend sind SG und LSG davon ausgegangen, daß die isolierte Anfechtungsklage statthaft war. Im Falle einer Aufhebung der angefochtenen Bescheide wäre der durch den Bescheid vom 3. Februar 1989 über die (vorläufige) Bewilligung des laufenden Kindergeldzuschlages geschaffene Zustand wiederhergestellt, der Eingriff in die Rechte des Klägers beseitigt und sein Klageziel erreicht worden (BSG, 10. Senat vom 15. Dezember 1992, SozR 3-1200 § 51 Nr. 3). Daran hätte auch der Umstand nichts geändert, daß es sich bei dem Vorbehaltsbescheid vom 3. Februar 1989 um einen vorläufigen Verwaltungsakt handelte (BSG, 10. Senat vom 28. Februar 1990, SozR 3-5870 § 11 Nr. 1); denn es geht hier nur um die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.
Die Beklagte hat keinen Erstattungsanspruch, weil dem Kläger der Kindergeldzuschlag gemäß § 11 a Abs. 1 Satz 1 BKGG für das Jahr 1989 zustand. Nach dieser Vorschrift erhöht sich das Kindergeld für Kinder, für die dem Berechtigten der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG zusteht, um den nach § 11 Abs. 6 BKGG bemessenen Zuschlag, wenn das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) des Berechtigten geringer ist als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Der Gesetzgeber hat mit § 11 a BKGG mit Wirkung vom 1. Januar 1986 (Art. 1 Nr. 4 des 11. Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 27. Juni 1985 ≪BGBl I, 1251 ≫) den einkommensabhängigen Zuschlag zum Kindergeld eingeführt. Ihn sollen Eltern als Ausgleich erhalten, die den steuerlichen Kinderfreibetrag wegen der geringen Höhe ihres Einkommens nicht oder nicht in vollem Umfang ausschöpfen können (Begründung zum Entwurf des 11. Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes, Bundestags-Drucksache ≪BT-Drucks≫ 10/2886 S 6), wenn also die beabsichtigte steuerliche Entlastung nicht (in vollem Umfang) realisiert werden kann. Durch diese Regelung wurde eine enge Verbindung der Kindergeldzahlung mit der Möglichkeit der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht hergestellt. Sie soll die Probleme lösen, welche sich im Rahmen des dual angelegten Familienlastenausgleichs zusammen aus steuerlicher Entlastung und dem Kindergeld ergeben (Igl, Kindergeld und Erziehungsgeld, 3. Aufl 1993, § 11 a BKGG Anm. 1). § 11 a BKGG bewirkt somit, daß der Berechtigte – absolut gesehen – den Betrag ausgezahlt bekommt, den § 32 Abs. 6 EStG bei ausreichendem Einkommen als Einkommensteuerersparnis bewirken würde.
Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen des § 11 a Abs. 1 Nr. 1 BKGG. Denn Kindergeldzuschlag steht zu, wenn das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG) geringer ist als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 EStG (1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989 4.752,00 DM, bei Ehegatten nach dem Splitting-Verfahren 9.504,00 DM). Der Kläger hatte im Jahre 1989 überhaupt kein zu versteuerndes Einkommen. Denn bei dem bezogenen Kindergeld, Wohngeld sowie dem seiner Ehefrau gewährten Stipendium handelte es sich um steuerfreie Einnahmen (§ 3 Nrn 24, 58, 11, 44 EStG). Die von den in Südkorea lebenden Eltern bzw Schwiegereltern bezogenen Unterhaltsleistungen in Höhe von 8.345,00 DM waren von der Steuerpflicht nach dem EStG nicht erfaßt.
Diese Leistungen sind Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen iS von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 iVm § 22 Nr. 1 EStG; sie gehören nicht zu den in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten. Nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG sind wiederkehrende Bezüge, die freiwillig oder einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewährt werden, steuerlich nicht dem Empfänger zuzurechnen, wenn der Geber unbeschränkt steuerpflichtig ist. Dieser Grundsatz korrespondiert mit der Vorschrift des § 12 Nr. 2 EStG, welche die steuerliche Abzugsfähigkeit auf der Geberseite bestimmt. Die gesetzlichen Regelungen gehen von dem Grundsatz aus, daß Zuwendungen, die beim Zuwendenden durch Steuern zu belasten sind, beim Empfänger nicht erneut zu besteuern sind und daß umgekehrt, was beim Geber steuerfrei ist, vom Empfänger besteuert werden muß (Brackmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, EStG, Stand Juni 1994, Bd. 4 § 22 RdNr. 27; Schmidt, EStG, 12. Aufl 1993, § 22 Anm. 16). Ist der Geber hingegen nur beschränkt steuerpflichtig oder unterliegt er überhaupt nicht der (inländischen) Steuerpflicht, so sind die Unterhaltsleistungen stets dem Empfänger zuzurechnen (BFHE 111, 33 = BFH BStBl 74 II, 101).
Damit handelt es sich an sich bei den seitens der Eltern/Schwiegereltern des Klägers geleisteten Unterhaltszahlungen, weil sie als in Südkorea wohnhaft nicht der deutschen Steuerpflicht unterliegen (vgl § 1 EStG), steuerrechtlich um den Empfängern zuzurechnende sonstige Einkünfte iS von §§ 2 Abs. 1 Nr. 7, 22 Nr. 1 Satz 2 EStG. Diese Folge würde nicht nur bei „ausländischen”, sondern auch bei „inländischen” Studenten eintreten, wenn die Unterhalt leistenden Eltern ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und die Tatbestände des § 1 Abs. 2–4 EStG nicht zutreffen. Da sich der Kläger und seine Ehefrau seit 1985 in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, sind jedoch die Unterhaltsleistungen im Jahre 1989 nach Art. 2 Abs. 3, 20 Abs. 1 Buchstabe a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Korea zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 21. Februar 1978 (BGBl II 191) von der Steuer befreit. Sie werden damit nicht nach dem Einkommensteuergesetz versteuert. (Falls ein Doppelbesteuerungsabkommen nicht existiert hätte, wären sie nach Abschn 166 Einkommensteuerrichtlinien ≪EStR≫ aus Billigkeitsgründen nicht zur Einkommensteuer herangezogen werden worden.)
Ein Anspruch des Klägers auf den Kindergeldzuschlag für das Jahr 1989 war – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht gemäß § 11 a Abs. 1 Satz 4 BKGG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kommt der Zuschlag nicht für Berechtigte in Betracht, deren Einkommen zuzüglich des Einkommens ihres nicht dauernd von ihnen getrennt lebenden Ehegatten überwiegend ua aus ausländischen Einkünften besteht und insoweit nicht nach dem EStG versteuert wird. Der Zuschlag soll danach zwar nicht für Eltern in Betracht kommen, die ihr hauptsächliches Einkommen nicht im Bundesgebiet versteuern (Bundesrats-Drucksache ≪BR-Drucks≫ 615/84 S 10; BT-Drucks 10/2886 S 7). Sinn der Regelung des § 11 a Abs. 1 Satz 4 BKGG ist aber auch denjenigen Kindergeldberechtigten zu helfen, denen wegen ihres niedrigen Einkommens steuerlich keine Entlastung gewährt wird. Maßgeblich dafür aber, ob und in welchem Umfang der Kinderfreibetrag des EStG genutzt worden ist, ist das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 EStG). Ist dieses nur deshalb geringer als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG, weil das Einkommen überwiegend aus ausländischen, im Inland nicht zu versteuernden Einkünften besteht, dann bleibt der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG nicht wegen des niedrigen Einkommens ganz oder teilweise ungenutzt, sondern weil die ausländischen Einkünfte steuerfrei sind. Es ist aber angesichts der Motivationslage des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt, bei einem derartigen nur scheinbar niedrigen steuerpflichtigem Einkommen den Zuschlag zu gewähren.
So liegen die Dinge beim Kläger jedoch nicht. Bei den Unterhaltsleistungen, die dem Kläger und seiner Ehefrau von ihren in Südkorea lebenden Eltern/Schwiegereltern zugewendet wurden, handelte es sich zwar um ausländische Einkünfte. Das Einkommen des Klägers unterschreitet aber nicht nur deshalb den Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG, weil das Einkommen überwiegend aus ausländischen (nicht nach dem EStG zu versteuernden) Einkünften besteht, sondern auch bei Berücksichtigung der ausländischen Unterhaltsleistungen. Die Gesamtheit seiner Einkünfte liegt auch dann unter dem für die tarifliche Einkommensteuer maßgebenden Freibetrag, wenn die ausländischen Einnahmen berücksichtigt werden. Nach dem Sinn und Zweck des § 11 a Abs. 1 Satz 4 BKGG ist es daher nicht gerechtfertigt, den Kläger von der Kindergeldzuschlagberechtigung auszuschließen. Zur Überzeugung des erkennenden Senats ist diese Vorschrift vielmehr wie folgt zu lesen:
„Satz 1 gilt nicht für Berechtigte, deren zu versteuerndes Einkommen nur deshalb geringer ist als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG, weil ihr Einkommen überwiegend aus ausländischen … Einkünften besteht, die nicht nach dem EStG zu versteuern sind.”
Diese Auslegung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität. Nachdem die Beklagte schon nach dem Wortlaut des § 11 a Abs. 1 Satz 4 BKGG die in- und ausländischen, die zu versteuernden sowie nicht zu versteuernden Einkünfte festzustellen hat, erfordert die Prüfung, ob ausländische Einkünfte ihrer Höhe nach unter dem Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG liegen, keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand.
Die ausländischen Einkünfte des Klägers liegen unterhalb des Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG, so daß ihm für das Jahr 1989 der Kindergeldzuschlag zustand.
Die Vorinstanzen sind damit zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß der Beklagten kein Erstattungsanspruch für den im Jahre 1989 gewährten Kindergeldzuschlag zustand, mit dem sie gegen die laufende Kindergeldzahlung aufrechnen konnte.
Die Revision der Beklagten konnte demnach keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Breith. 1996, 440 |
SozSi 1997, 78 |