Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung - Satzungsbestimmung - eigenständige Leistungsvorschrift - gesetzliche Ermächtigung
Leitsatz (amtlich)
Eigenständige Leistungsvorschriften darf die Satzung einer Krankenkasse nur enthalten, soweit das Gesetz hierzu ausdrücklich ermächtigt. Vorschriften über Art und Umfang der bereits durch Gesetz bestimmten Leistungen sind allenfalls in Form einer Bezugnahme durch wörtliches Gesetzeszitat zulässig.
Normenkette
SGB V § 194 Abs. 1 Nr. 3, § 195 Abs. 2 S. 1, § 194 Abs. 2 S. 2
Beteiligte
Bundesrepublik Deutschland, handelnd durch das Bundesversicherungsamt |
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 2000 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich gegen Bescheide der Beklagten, in denen Änderungen der Satzung der Klägerin angeordnet werden; sie begehrt ferner die Genehmigung einer von ihr beschlossenen Satzungsänderung.
Die klagende Betriebskrankenkasse ist zum 1. Januar 1997 aus einer Vereinigung zweier Betriebskrankenkassen entstanden; sie hat sich bundesweit geöffnet. Während die ursprüngliche Fassung von § 13 ihrer Satzung („Leistungen”) entsprechende Ausführungen nicht enthielt, beantragte die Klägerin unter dem 26./27. Mai 1997 die Genehmigung der vom Verwaltungsrat am 22. Mai 1997 als „Nachtrag Nr 2 zur Satzung” mit Wirkung ab 1. Mai 1997 beschlossenen Satzungsänderung, wonach in die Satzung ein § 13 Abs 2 folgenden Wortlauts eingefügt werden sollte:
„Soweit Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden müssen, gehören zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen:
- Leistungen, die von der Schulmedizin wissenschaftlich allgemein anerkannt sind,
- Leistungen der anerkannten besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, anthroposophische Medizin, Phytotherapie, Naturheilkunde).
Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen und dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung zu entsprechen. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.”
Diesen Satzungsnachtrag genehmigte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Mai 1997 mit der Maßgabe, dass § 13 Abs 2 der Satzung nach Änderung von Satz 2 und Anfügung von Satz 4 der Antragsfassung wie folgt lautete:
„Soweit Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden müssen, gehören zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen:
- Leistungen, die von der Schulmedizin wissenschaftlich allgemein anerkannt sind,
- Leistungen der anerkannten besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, anthroposophische Medizin, Phytotherapie, Naturheilkunde).
Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Soweit im Einzelfall innerhalb der Regelung zur vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung eine medizinisch notwendige Leistung nicht erbracht werden kann und als letztes und einziges Mittel eine geeignete Leistung außerhalb des Vertragssystems angeboten wird, kann nach Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ein Anspruch des Versicherten auf Erstattung der Kosten einer außervertraglichen Leistung bestehen.”
Dieser Bescheid ist von der Klägerin nicht angefochten worden.
Mit weiterem Bescheid vom 30. Juni 1997 ordnete die Beklagte eine Änderung von § 13 Abs 2 der Satzung der Klägerin an; diese sei bis zum 31. August 1997 vorzunehmen. Die Vorschrift sei wie folgt zu fassen:
„Soweit Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden müssen, gehören zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen:
- Leistungen, die von der Schulmedizin wissenschaftlich allgemein anerkannt sind,
- Leistungen der anerkannten besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, anthroposophische Medizin, Phytotherapie, Naturheilkunde).
Leistungen der besonderen Therapierichtungen im Sinne der Nr. 2 dieser Bestimmung dürfen jedoch nur dann gewährt werden, wenn
sie im Rahmen der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen ausdrücklicher Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind
oder
- sie im Einzelfall nach Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung die einzige Möglichkeit bieten, die medizinisch notwendige Versorgung zu gewährleisten. Dabei kommt die Leistungspflicht der Krankenkasse nur dann in Betracht, wenn sich die Wirksamkeit der Behandlungsmethode auf Grund wissenschaftlich geführter Statistiken in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen nachweisen lässt und gegen die Qualität der Methode – auch unter Berücksichtigung evtl. Nebenwirkungen – keine durchgreifenden Bedenken bestehen.
Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.”
Während des hiergegen eingeleiteten Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Lübeck hat die Klägerin unter dem 7. Oktober 1998 um Genehmigung des vom Verwaltungsrat am selben Tage beschlossenen Nachtrags Nr 5 zur Satzung gebeten, wonach § 13 Abs 2 folgende Fassung erhalten solle:
„Soweit Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden müssen, gehören zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen:
- Leistungen, die von der Schulmedizin wissenschaftlich allgemein anerkannt sind,
- Leistungen der anerkannten besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, anthroposophische Medizin, Phytotherapie, Naturheilkunde).
Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.”
Mit Bescheid vom 3. November 1998 hat die Beklagte – nach vorheriger Anhörung der Klägerin – gemäß § 195 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) angeordnet:
„§ 13 Abs 2 der Satzung ist zu streichen.”
Die Änderung sei bis zum 30. November 1998 vorzunehmen. Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, auch die besonderen Therapierichtungen müssten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen; demgegenüber vertrete die Klägerin die Theorie der sog „Binnenanerkennung”, die besage, dass eine Heilmethode bzw ein Therapieverfahren zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen gehöre, wenn die Anerkennung der Vertreter der jeweiligen Fachrichtung vorliege. Diese Auffassung sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Klägerin lehne die Vorgabe des Gesetzes ab; sie gewähre Leistungen der Homöopathie, der anthroposophischen Medizin, der Phytotherapie sowie der Neuraltherapie sowie weiterer Therapien, indem sie den Versicherten auf von diesem vorgelegten Arztrechnungen nach der Gebührenordnung der Ärzte Erstattungen nach festgelegten Sätzen gewähre, ohne den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung heranzuziehen. Das Wettbewerbsverhalten der Klägerin sei auf die rechtswidrige Gewähr von Leistungen der besonderen Therapierichtungen ausgerichtet; diese würden als besonderes Leistungsmerkmal der Kasse herausgestellt. Hierbei berufe sie sich auf § 13 Abs 2 ihrer Satzung. Diese Regelung werde jedoch den notwendigen Anforderungen, die an die Satzungsklarheit und – richtigkeit zu stellen sind, nicht gerecht. Die Regelung sei missverständlich. Zum Schutze der Versicherten sei geboten, § 13 Abs 2 der Satzung zu streichen. Die Anordnung vom 30. Juni 1997 entspreche nicht mehr der aktuellen Rechtslage und müsse daher abgeändert werden. Der Klägerin fehle der Wille, die Vorgaben des Gesetzes und der Rechtsprechung sowohl durch die Verwendung einer den gesetzlichen Anforderungen gerecht werdenden Satzungsregelung als auch im Rahmen ihres Leistungsverhaltens, ihrer Öffentlichkeitsarbeit und ihres Wettbewerbsverhaltens zu verdeutlichen. Dies zeige sich auch darin, dass sie mit Schreiben vom 7. Oktober 1998 die Satzungsregelung in lediglich leicht modifizierter Form erneut zur Genehmigung vorgelegt habe. Die Gefahren des Missbrauchs würden durch die vorgelegte Satzungsfassung nicht beseitigt. Nach alledem sei zum Schutz der Versicherten und der Mitbewerber im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung der vollständige Wegfall des § 13 Abs 2 der Satzung unerlässlich. Die Vorgehensweise entsprechend der Anordnung vom 30. Juni 1997 habe sich als ungeeignet erwiesen, da sie bei jeder durch die Rechtsprechung oder den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen veranlassten Änderung der Rechtslage angepasst werden müsste. Auf die Anordnung im Rahmen des der Beklagten nach § 195 Abs 2 SGB V eingeräumten Ermessens zu verzichten, sei im vorliegenden Fall schon deshalb nicht möglich, weil die Klägerin ihre rechtswidrige Auslegung des § 13 Abs 2 ihrer Satzung weiterhin aufrecht erhalte. Die angeordnete Änderung habe zur Folge, dass die Klägerin oder Dritte die Satzungsregelung nicht mehr zu rechtswidrigem Wettbewerbsverhalten missbrauchen könnten; ferner würden Bewerber, die entsprechende Leistungen im Rahmen eines Modellvorhabens in zulässiger Weise anböten, nicht mehr diskriminiert.
Die – entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung dieses Bescheides – hiergegen erhobene Klage hat das SG auf sonstige Art erledigt, nachdem es die Beteiligten darauf hingewiesen hatte, dass der Bescheid vom 3. November 1998 den im bereits anhängigen Klageverfahren angefochtenen Bescheid vom 30. Juni 1997 abändere, sodass er gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Verfahrensgegenstand dieses Verfahrens geworden sei.
Mit Urteil vom 31. August 1999 hat das SG die Klage abgewiesen.
Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 13. Juni 2000 (veröffentlicht in: Breithaupt 2000, 989; NZS 2001, 367; E-LSG KR-182) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Gegenstand der Klage sei nicht nur das Begehren der Klägerin, die Bescheide der Beklagten vom 30. Juni 1997 und 3. November 1998 aufzuheben, sondern auch ihr Antrag, die Beklagte zu verpflichten, den 5. Satzungsnachtrag zu genehmigen. Der Bescheid vom 3. November 1998 enthalte auch die Ablehnung einer entsprechenden Genehmigung. Die Beklagte habe hierin eine völlige Aufhebung des § 13 Abs 2 der Satzung angeordnet, nachdem sie ausweislich ihrer Verwaltungsakten bereits den Antrag auf Genehmigung des 5. Satzungsnachtrags vorliegen gehabt habe; sie habe ihn auch zum Gegenstand des Bescheides vom 3. November 1998 gemacht. Die Klage sei jedoch in vollem Umfang unbegründet. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, dem 5. Satzungsnachtrag der Klägerin die nach § 34 Abs 1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) iVm § 195 Abs 1 SGB V erforderliche Genehmigung zu versagen. Der Satzungsnachtrag sehe Leistungen vor, die das SGB V nicht zulasse und die den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung widersprächen (§ 194 Abs 2 SGB V). § 13 Abs 2 Satz 1 Nr 2 idF des 5. Nachtrages widerspreche der Regelung des § 2 SGB V. Es könne offen bleiben, ob die in § 33a Abs 2 Satz 3 und Abs 6 Satz 2 sowie in § 92a Abs 6 Satz 1 SGB V nicht genannte Naturheilkunde in der Satzung ergänzend genannt werden dürfe. Im ausdrücklichen Widerspruch zum Gesetz stehe jedenfalls, dass nach der Satzung Leistungen durch die Klägerin erbracht würden, deren Qualität und Wirksamkeit lediglich den medizinischen Fortschritt berücksichtigten, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich seien und das Maß des Notwendigen nicht überschritten. Denn es fehle die in § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V enthaltene Voraussetzung, dass die Leistungen dem „allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse” zu entsprechen hätten. Diese Voraussetzung gelte umfassend und nicht nur bezogen auf die sog Schulmedizin (Hinweis auf Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 16. September 1997, BSGE 81, 54, 71). Mit der Erwähnung der besonderen Therapierichtungen in § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V habe keine umfassende Leistungspflicht ohne weitere Prüfung bestimmt werden sollen. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des BSG müssten auch die besonderen Therapierichtungen auf einer allgemeinen Akzeptanz größerer Teile der Ärzteschaft beruhen. Dem trage der 5. Nachtrag der Satzung der Beklagten nicht ausreichend Rechnung. Zwar sei in Nr 2 der Regelung der Begriff der anerkannten besonderen Therapierichtungen enthalten; dies reiche jedoch als nicht näher konkretisierte Einschränkung nicht aus, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass in der Literatur zB die sog Binnenanerkennung, auf die auch die Satzungsregelung der Klägerin zunächst abgestellt habe, teilweise als ausreichend angesehen werde. Zu Recht habe ferner die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden die Änderung der Satzung bzw die Streichung von § 13 Abs 2 der Satzung angeordnet. Denn die Satzungsregelung des § 13 Abs 2 idF des Bescheides vom 30. Mai 1997 habe in ihrem Satz 1 und den Nr 1 und 2 eine mit dem 5. Nachtrag identische Fassung und deshalb, wie ausgeführt, nicht den Rechtmäßigkeitserfordernissen nach § 194 Abs 2 SGB V entsprochen. Darüber hinaus habe die Regelung der Satzung idF des Bescheides der Beklagten vom 30. Juni 1997 in Satz 1 Nr 2 und in Satz 2 Bestimmungen enthalten, die vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BSG so zumindest missverständlich gewesen seien. Entsprechendes gelte für die Satzungsregelung idF des Bescheides vom 30. Mai 1997. Im zusätzlichen Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz der Normenklarheit, der auch für Satzungsregelungen gelte (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 324 Nr 2), sei die Beklagte berechtigt gewesen, die streitige Satzungsregelung aufzuheben und nicht verpflichtet, die Satzungsregelung gesetzeskonform abzuändern. Die Aufstellung und Formulierung der Satzung sei Aufgabe und Befugnis allein der entsprechenden Körperschaft und obliege nicht der Aufsichtsbehörde.
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt eine Verletzung von § 195 Abs 2 und § 194 Abs 2 SGB V. Die Beklagte sei nicht befugt gewesen, § 195 Abs 2 SGB V anzuwenden; solange und soweit sich die Beklagte für die angefochtenen Bescheide darauf berufe, die Klägerin mache von der Satzung rechtswidrigen Gebrauch oder sie halte sich nicht an die Satzung, gebe ihr das keinen Anspruch nach § 195 Abs 2 SGB V, sondern führe nur zu den Möglichkeiten des Aufsichtsrechts im Rahmen des § 89 SGB IV. Da es für Ermessensentscheidungen, wie nach § 195 Abs 2 SGB V, kein Nachschieben von Gründen gebe, könne das Gericht seine Entscheidung ebenfalls nicht auf die angebliche Rechtswidrigkeit der Satzung stützen, da die angefochtenen Bescheide nicht hierauf, sondern auf das angeblich rechtswidrige Verhalten der Klägerin gestützt gewesen seien. Im Übrigen sei entgegen der Annahme des LSG der Satzungstext selbst nicht rechtswidrig gewesen. Für die beanstandete Erwähnung der Naturheilkunde folge dies bereits daraus, dass der Satzungstext von der Beklagten selbst genehmigt worden sei. Auch sei die Satzung nicht rechtswidrig, soweit in ihr nicht ausgeführt werde, die Leistungen müssten dem „allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse” entsprechen. Die Klägerin gehe im Gegensatz hierzu davon aus, dass die Leistungen – lediglich – dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der jeweiligen Therapierichtung entsprechen müssten. Dies folge bereits daraus, dass in einer besonderen Therapierichtung nicht die allgemeinen Erkenntnisse allein maßgebend sein könnten. Auch die von der Beklagten angeordnete Fassung verzichte auf einen Hinweis auf den „allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse”; im Übrigen gelte, wenn ein derartiger Hinweis fehle, unverändert das Gesetz. Da die Klägerin nicht verpflichtet sei, das Gesetz in der Satzung lückenlos zu wiederholen, könne im Fehlen jenes Zusatzes nicht die Rechtswidrigkeit der Satzung gesehen werden. Entsprechendes gelte für die mit der Verpflichtungsklage begehrte Genehmigung der beantragten Satzungsänderung. Wenn die Beklagte von der Klägerin keine Klausel über den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse fordere, halte sich die Klägerin im zulässigen Rahmen, wenn sie in ihrem eigenen Antrag auf Satzungsänderung auf diesen Zusatz verzichte. Die rechtliche Würdigung werde durch den von der Beklagten in das Verfahren eingeführten Bescheid vom 3. November 1998 bestimmt. Soweit hierin die Sätze 1 bis 3 des § 13 Abs 2 der Satzung aufgehoben würden, betreffe dies eine anerkanntermaßen gesetzmäßige Fassung. Auch die Klägerin gehe im Übrigen davon aus, dass Satz 4 zumindest inzwischen unzutreffend geworden sei und aufgehoben werden müsse. Diese Regelung sei jedoch der Klägerin durch die Beklagte aufgezwungen worden; die Notwendigkeit, sie aufzuheben, könne deshalb der Klägerin (im Rahmen der sonst ohnehin rechtswidrigen Gesamtaufhebung) nicht entgegengehalten werden.
Die Klägerin beantragt,
- das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 2000 und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 31. August 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. November 1998 aufzuheben,
- die Beklagte zu verurteilen, § 13 Abs 2 der Satzung der Klägerin idF des 5. Nachtrags zu genehmigen.
Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt des Weiteren vor, Gegenstand der angefochtenen Bescheide sei allein die streitige Satzungsvorschrift des § 13 Abs 2 gewesen. Diese erwecke bei einem unvoreingenommenen Adressaten den irreführenden Eindruck, alle Leistungen der dort genannten Therapierichtungen gehörten uneingeschränkt zum Leistungsumfang, der von der Klägerin im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt werden dürfe. Dies sei mit der objektiven Rechtslage bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht in Einklang zu bringen. Damit verstoße die Bestimmung gegen die Grundsätze der Satzungswahrheit und -klarheit und sei nach § 195 Abs 2 SGB V zu korrigieren gewesen. Der Gebrauch des Satzungstextes durch die Klägerin habe dazu geführt, dass der Beklagten die Missverständlichkeit der Satzungsbestimmung bewusst geworden sei; er sei damit nur Auslöser für das Tätigwerden nach § 195 Abs 2 SGB V gewesen und sei darüber hinaus lediglich im Rahmen des Entschließungsermessens berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet.
1. In der Sache zu entscheiden ist lediglich über den Bescheid der Beklagten vom 3. November 1998, der, wie das LSG zu Recht unterscheidet, sowohl
(a) den Antrag der Klägerin vom 7. Oktober 1998 auf Genehmigung der Neufassung des § 13 Abs 2 ihrer Satzung in der Gestalt des 5. Nachtrages zur Satzung ablehnt als auch
(b) die Klägerin anweist, § 13 Abs 2 in der bisher geltenden Fassung des 2. Satzungsnachtrages, genehmigt unter Maßgabe durch Bescheid der Beklagten vom 30. Mai 1997, zu streichen.
Da sich der Bescheid hinsichtlich des Regelungsinhalts zu (b) als rechtmäßig erweist, erledigt sich gleichzeitig das Klagebegehren zu (a), den Bescheid der Beklagten vom 3. November 1998 aufzuheben und sie zu verpflichten, die beantragte Satzungsänderung zu genehmigen (eine solche Genehmigung ist im Verhältnis zum Versicherungsträger ein Verwaltungsakt: BSG 1. Senat vom 16. Juli 1996, SozR 3-2200 § 700 Nr 1 S 2 f). Denn die Neufassung der Satzungsbestimmung stimmt mit den Sätzen 1 bis 3 mit der Fassung des 2. Satzungsnachtrags überein. Die Beklagte verlangt zu Recht, § 13 Abs 2 vollständig (mit seinen Sätzen 1 bis 4) zu streichen, da diese Vorschrift zu höherrangigem Recht in Widerspruch steht; bereits hieraus ergibt sich, dass auch die Neufassung nicht genehmigungsfähig ist.
2. Die Anordnung der Beklagten, die Klägerin habe § 13 Abs 2 ihrer Satzung zu streichen, findet ihre Rechtsgrundlage in § 195 Abs 2 SGB V. Abs 1 dieser Vorschrift bestimmt (in Übereinstimmung mit § 34 Abs 1 Satz 2 SGB IV), dass die Satzung einer Krankenkasse der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. Nach Abs 2 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Krankenkasse innerhalb einer bestimmten Frist eine erforderliche Änderung der Satzung vornimmt, wenn sich nachträglich ergibt, dass eine Satzung nicht hätte genehmigt werden dürfen. So aber liegt der Fall hier.
a) Der Bescheid der Beklagten vom 3. November 1998 erweist sich formell als rechtmäßig. Wie im BSG-Urteil vom 10. Mai 1995 (BSGE 76, 93, 94 = SozR 3-2500 § 242 Nr 2) kann offen bleiben, ob eine Anordnung nach § 195 Abs 2 SGB V als Sondervorschrift gegenüber § 89 Abs 1 SGB IV eine vorherige Beratung nicht voraussetzt. Denn die Beklagte hat dem Beratungserfordernis genügt, indem sie die Klägerin angehört hat.
b) Sowohl in Anwendung des Abs 1 wie des Abs 2 des § 195 SGB V ist die Aufsichtsbehörde auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Bei der Genehmigung der Satzung von Krankenkassen hat die Aufsichtsbehörde keine Zweckmäßigkeitsprüfung vorzunehmen, sondern ist auf eine Rechtskontrolle beschränkt (BSG vom 26. Februar 1992, BSGE 70, 149, 150, SozR 3-2500 § 240 Nr 8 sowie eingehend BSG vom 7. November 2000, SozR 3-3300 § 47 Nr 1). Durch den Genehmigungsvorbehalt – und die Möglichkeit der nachträglichen Korrektur fehlerhafter Genehmigungen – soll sichergestellt werden, dass sich die Satzung mit dem Gesetz und dem sonstigen für die Krankenkassen maßgebenden Recht in Einklang befindet. Die frühere Genehmigung einer Satzung hindert die Aufsichtsbehörde rechtlich nicht, seinerzeit ungerügt gebliebene Rechtsverletzungen zu beanstanden. Die aufsichtsrechtliche Genehmigung einer Satzung bildet zwar die formelle Voraussetzung der Gültigkeit, kann jedoch weder inhaltliche Mängel der Satzung heilen (BSG vom 21. Februar 1990, SozR 3-1500 § 54 Nr 1 S 2 f) noch insoweit einen Vertrauensschutz begründen (BSG vom 16. Juli 1996, SozR 3-2200 § 700 Nr 1 S 2). Dies folgt im vorliegenden Fall im Übrigen bereits aus dem Wortlaut des § 195 Abs 2 Satz 1 SGB V („Ergibt sich nachträglich, dass eine Satzung nicht hätte genehmigt werden dürfen, …”).
Im Sinne dieser Vorschrift hätte § 13 Abs 2 der Satzung (idF des Nachtrags Nr 2 zur Satzung, dieser idF des Genehmigungsbescheides vom 30. Mai 1997) nicht genehmigt werden dürfen. Denn diese Bestimmung widerspricht höherrangigem Recht.
3. a) Der nach dem SGB V zulässige Inhalt von Satzungen der Krankenkassen ist in § 194 SGB V geregelt. Nach Abs 1 der Vorschrift muss die Satzung insbesondere Bestimmungen enthalten, deren Inhalte in Nr 1 bis 11 dieser Regelung aufgeführt werden; hierzu zählen (aaO, Nr 3) „Art und Umfang der Leistungen, soweit sie nicht durch Gesetz bestimmt sind”. § 194 Abs 2 Satz 1 SGB V („Die Satzung darf keine Bestimmungen enthalten, die den Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung widersprechen”) grenzt den zulässigen Satzungsinhalt negativ ein; für den im vorliegenden Fall einschlägigen Bereich der Leistungen der Krankenkasse regelt § 194 Abs 2 Satz 2 SGB V: „Sie (die Satzung) darf Leistungen nur vorsehen, soweit dieses Buch (dh das SGB V) sie zulässt.”
Die Vorschriften des § 194 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 Satz 2 SGB V, die auf der Unterscheidung von Satzungs-Leistungen und Gesetzes-Leistungen beruhen, ergänzen sich; ihnen kommt in der gebotenen Zusammenschau folgender Regelungsgehalt zu:
Zum einen darf die Krankenkasse Satzungs-Leistungen (nach früherer Rechtslage – § 179 Abs 3 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ –: „Mehrleistungen”) nur einführen, wenn und soweit das SGB V hierzu ausdrücklich ermächtigt. Derartige Ermächtigungen enthalten zB § 23 Abs 9 (Schutzimpfungen als medizinische Vorsorgeleistungen) und § 37 Abs 2 Satz 2 SGB V (Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als häusliche Krankenpflege). Zum anderen aber darf die Satzung Bestimmungen über Leistungen ausschließlich hinsichtlich jener Leistungen nach Abs 1 Nr 3 enthalten, die nicht bereits durch Gesetz bestimmt sind. Entgegen der Meinung der Klägerin und auch entgegen der Rechtsansicht der Beklagten, wie sie aus ihrem Bescheid vom 30. Juni 1997 hervorgeht, ermächtigt Abs 2 Satz 2 die Krankenkasse nicht, in ihre Satzung eigenständige Bestimmungen zu den Gesetzes-Leistungen (früher – § 179 Abs 3 RVO –: „Regelleistungen”) aufzunehmen.
Denn § 194 Abs 2 Satz 2 SGB V bezieht sich lediglich auf die Satzungs-Leistungen nach Abs 1 Nr 3, nicht jedoch auf die im Gesetz bereits bestimmten Leistungen. Dies ergibt sich mit der erforderlichen Deutlichkeit bereits aus dem Wortlaut der Norm: Es kann nur insofern davon ausgegangen werden, dass das SGB V Leistungen „zulässt”, als sie den Krankenkassen nicht bereits von Gesetzes wegen zwingend vorgeschrieben (iS des Abs 1 Nr 3 „bestimmt”) sind. Wäre § 194 Abs 2 Satz 2 SGB V umfassender gemeint, hätte ein Oberbegriff für „zulassen” und „bestimmen” (zB „enthalten” oder das bereits in Abs 2 Satz 2 genannte „vorsehen”) gewählt werden müssen. Zum Erlass weiterer Leistungsvorschriften in der Satzung als nach § 194 Abs 1 Nr 3, Abs 2 Satz 2 SGB V ermächtigt das Gesetz nicht. Es enthält damit weder eine Befugnis, in Form einer Satzungsregelung die Vorschriften über die Gesetzes-Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu erläutern oder auszulegen, noch, auf diese Weise die das Leistungsrecht interpretierende Rechtsprechung (zB zu den besonderen Therapierichtungen oder zur Naturheilkunde) zur Geltung zu bringen. Die Klägerin kann daher nicht per Satzung eine Gleichstellung von Schulmedizin und Naturheilkunde herbeiführen.
b) Die Beschränkung der Befugnis des Satzungsgebers im Leistungsrecht auf die Möglichkeit, lediglich die nicht bereits im Gesetz nach Art und Umfang bestimmten Leistungen zu regeln, hindert ihn allerdings nicht, auf gesetzliche Regelungen Bezug zu nehmen. Dies kann theoretisch durch bloßen Hinweis auf gesetzliche Bestimmungen erfolgen; eine erlaubte Bezugnahme kann jedoch auch die Form eines wörtlichen Zitats annehmen. Ob die Satzung im Einzelfall den einen oder den anderen Weg wählt, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit. Die Literatur geht vielfach davon aus, dass die Wiedergabe der gesetzlich bestimmten Leistungen in der Satzung aus Gründen der Transparenz des Rechts wünschenswert (so Hauck in: Hauck, SGB V, K § 194 RdNr 8 Fn 4 – Stand: 1996) bzw zum besseren Verständnis des Satzungsinhalts vielfach auch geboten sein kann, weil einzelne – konstitutiv wirkende – Satzungsregelungen oft nur im Zusammenhang mit den dazu gehörigen gesetzlichen Vorschriften hinreichend verständlich sind (Baier in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 194 SGB V RdNr 3 – Stand: 1996); ferner wird angeführt, dass sich die Aufnahme derartiger deklaratorischer Vorschriften, die bereits gesetzlich vorgesehene Regelungen wiederholten, aus redaktionellen Gründen empfehle, um das Regelungswerk verständlich und lesbar zu gestalten (Bloch in: Gemeinschafts-Kommentar SGB V, § 194 RdNr 5 – Stand: 1997). Derartige Satzungsteile, die keine eigenständige Regelung enthalten, sondern ihren Normencharakter durch das Gesetz erhalten („Pseudo-Satzungsbestimmungen”), haben sich eingebürgert (Peters in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 194 SGB V, RdNr 7 f – Stand: 1992).
Die Bezugnahme durch Gesetzeswiederholung findet ihre Grenze jedoch dort, wo der Gesetzeswortlaut verlassen wird und die eigenständige Wiedergabe des Gesetzesinhalts bzw seine Auslegung beginnt. Wird die Genehmigung entsprechender Satzungsteile beantragt (oder sind sie Gegenstand eines Verfahrens nach § 195 Abs 2 SGB V), so ist nicht etwa zu prüfen, ob die Satzungsbestimmung mit dem durch Auslegung zu findenden oder in der Rechtsprechung bereits gefundenen Inhalt des Gesetzesrechts übereinstimmt. Vielmehr sind entsprechende Satzungsteile bereits dann unzulässig, wenn sie vom Gesetzestext abweichen. Ohne Belang ist deshalb, ob eine derartige Bestimmung das Leistungsrecht des SGB V zutreffend wiedergibt. Der Satzungsgeber hat weder die Aufgabe noch auch nur die Befugnis, etwa die Rechtsprechung zum Leistungsrecht auf tragende allgemeine Aussagen zu analysieren und in der Satzung (in gedrängter Form) wiederzugeben.
c) Für die Rechtsauffassung des Senats sprechen nicht nur die angeführten Erwägungen aus Wortlaut und Sinnzusammenhang des § 194 Abs 2 Satz 2 SGB V, sondern spricht auch der Grundsatz der Normenklarheit (vgl hierzu BSG vom 8. Dezember 1988, SozR 2200 § 324 Nr 2 S 2 f). Es wird vermieden, dass die Satzung – durch Umformulierung des Gesetzeswortlauts, durch Verwendung gesetzesfremder Begriffe oder durch eine bestimmte Auswahl der wiedergegebenen Vorschriften – den Anschein erweckt, es solle eigenes Recht gesetzt werden, das das Gesetz nicht nur wiedergibt, sondern interpretiert und damit einschränkt oder ausdehnt. Die darin liegende Irreführung der Normunterworfenen führt zur Rechtswidrigkeit solcher Bestimmungen. Praktischen Belangen der Krankenkassen und Aufsichtsbehörden entspricht, dass diese nicht verpflichtet sind, fortwährend überprüfen zu müssen, ob die Satzung den gegenwärtigen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch zutreffend wiedergibt. Der Auffassung des Senats steht schließlich nicht entgegen, dass bereits die Auswahl der wiedergegebenen gesetzlichen Vorschriften und uU sogar die wörtliche Wiederholung eines Gesetzestextes irreführend wirken können. Sollte ein solcher Fall eintreten, wären entsprechende Satzungsteile wegen Verstoßes gegen das Gesetz der Satzungsklarheit zu beanstanden.
Besteht ein Bedarf der Versicherten an eingehenderer Unterrichtung über (Gesetzes- oder Satzungs-) Leistungen der Krankenkasse, so kann dieser über Merkblätter (s § 196 Abs 2 SGB V) gedeckt werden.
d) Soweit das BSG zur RVO – ohne dies jedoch zu problematisieren – noch die Meinung vertreten hatte, Satzungsbestimmungen zu Regelleistungen seien zulässig („überflüssig, aber unschädlich”), wenn sie eine ohnehin kraft Gesetzes bestehende Rechtslage (nicht wörtlich, sondern) inhaltlich richtig wiedergeben (BSG vom 11. August 1966, BSGE 25, 142, 145 = SozR Nr 20 zu § 205 RVO; vom 28. Februar 1980, BSGE 50, 44, 47 = SozR 2200 § 187 Nr 7; offen gelassen in BSG vom 7. August 1991, BSGE 69, 170; 171 f = SozR 3-2200 § 321 Nr 1), so ist dies unter Geltung des SGB V nicht mehr maßgeblich. Abgesehen davon, dass das SGB V den Komplex der (früheren) Regel- und Mehrleistungen (s hierzu oben) insgesamt abweichend zur RVO geregelt hat, sah insbesondere § 321 Abs 1 Nr 2 RVO (die Vorläufervorschrift zu § 194 Abs 1 Nr 3 SGB V) als Teil des Mindestinhalts der Krankenkassen-Satzung noch die Regelung von „Art und Umfang der Leistungen” vor, ohne die in § 194 Abs 1 Nr 3 SGB V enthaltene Einschränkung „soweit sie nicht durch Gesetz bestimmt sind” anzuführen.
4. Die Vorschrift des § 13 Abs 2 der Satzung der Klägerin (idF des Bescheides der Beklagten vom 30. Mai 1997), dessen Streichung die Beklagte mit Bescheid vom 3. November 1998 angeordnet hat, steht auf dieser Grundlage mit höherrangigem Recht in Widerspruch:
Sie enthält keine Regelungen zu Satzungs-Leistungen (die entsprechenden Vorschriften befinden sich in § 13 Abs 3 ff und §§ 14 ff der Satzung), sondern lediglich zu den der Klägerin obliegenden Gesetzes-Leistungen; derartige Bestimmungen sind jedoch grundsätzlich nicht als Satzungsinhalt zugelassen. § 13 Abs 2 der Satzung beschränkt sich auch nicht auf eine Bezugnahme auf das Gesetz in Form wörtlicher Zitate. Die Sätze 1 bis 3 der Vorschrift enthalten zwar Formulierungen, die zum Teil wörtlich Wendungen des Gesetzes (in § 2 Abs 1 Satz 1, 2 und 3, § 12 Abs 1 sowie § 34 Abs 2 Satz 3 SGB V) entnommen sind. Gleichzeitig wird jedoch der Gesetzesinhalt teilweise nur unvollständig wiedergegeben; so wird zB der Wortlaut des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V („Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen”) auseinander gerissen und findet sich in Teilen sowohl in Satz 1 Nr 1 als auch in Satz 2 der Satzung wieder. Ferner gibt es im SGB V keine „anerkannten” besonderen Therapierichtungen, sondern nur solche, die das Gesetz nennt. Insbesondere aber vermengt § 13 Abs 2 der Satzung der Klägerin den Gesetzeswortlaut mit Begriffen, die das SGB V nicht kennt. Der Begriff „Schulmedizin” kommt im SGB V nicht vor und ist deshalb im Zusammenhang mit der Umschreibung der zu gewährenden gesetzlichen Leistungen unzulässig. Auch die Erwähnung der Naturheilkunde als besondere Therapierichtung verstößt gegen das Gesetz, weil das Gesetz diesen Begriff nicht erwähnt. Die hierzu in der Rechtsprechung des BSG angestellten Erwägungen sind insoweit irrelevant.
Vollends aus dem Rahmen des gesetzlich Vorgeprägten fällt der (auf die Beklagte zurückgehende) Satz 4 des § 13 Abs 2 der Satzung der Klägerin in der geprüften Fassung.
Aus diesem Prüfungsergebnis folgt, dass § 13 Abs 2 der Satzung der Klägerin (idF des Bescheides vom 30. Mai 1997) insgesamt höherrangigem Recht widerspricht, ohne dass Teile der Bestimmung (wobei es sich nur um Fragmente handeln könnte) von diesem Befund ausgenommen werden könnten. Damit aber erweist sich die Anordnung der Streichung des gesamten § 13 Abs 2 der Satzung im angefochtenen Bescheid als rechtmäßig. Wie nach den genannten Maßstäben eine Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen zu den Regelleistungen im Einzelnen aussehen könnte, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
5. An der mit der Abweisung der Klage verbundenen Bestätigung des angefochtenen Bescheides vom 3. November 1998 ist der Senat auch nicht dadurch gehindert, dass § 195 Abs 2 SGB V eine Ermessensnorm wäre. Auch der Senat lässt offen, ob § 195 Abs 2 SGB V wegen des darin verwendeten Wortes „kann” die Beklagte zur Ermessensbetätigung verpflichtet oder ob die Vorschrift im Anschluss an den bis zum 31. Dezember 1988 geltenden § 326 RVO, dem sie nach der Gesetzesbegründung inhaltlich entspricht (BT-Drucks 11/2237 S 218 zu § 204 Abs 2), als reine Ermächtigungsnorm aufzufassen ist (hierzu bereits in BSG vom 10. Mai 1995, BSGE 76, 93, 100 f = SozR 3-2500 § 242 Nr 2). Denn die Beklagte ist ausweislich der Begründung des Bescheides von einem Ermessen ausgegangen und hat es – ohne dass insoweit Fehler ersichtlich wären – iS der angefochtenen Entscheidung ausgeübt. Ebenso wenig widerspricht die Entscheidung des Senats dem Grundsatz, dass bei Ermessensentscheidungen ein so genanntes Nachschieben von Gründen nicht möglich sei. Denn entgegen der Meinung der Klägerin stützt sich der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 3. November 1998 (zumindest auch) darauf, dass § 13 Abs 2 der Satzung höherrangigem Recht widerspreche – und nicht nur, wie von der Revision behauptet, darauf, dass die Klägerin von einer an sich rechtmäßigen Satzung rechtswidrigen Gebrauch mache oder sich nicht daran halte.
6. Die im angefochtenen Bescheid für die Streichung des § 13 Abs 2 der Satzung gesetzte Frist bis zum 30. November 1998 hat inzwischen keine Bedeutung mehr; das heißt jedoch nicht, dass die Anordnung insgesamt durch Zeitablauf gegenstandslos geworden wäre. Denn sie ist nicht so zu verstehen, dass die darin auferlegte Verpflichtung mit Ablauf der gesetzten Frist erlöschen soll. Vielmehr muss die Klägerin auch jetzt noch ihre Satzung mit dem übergeordneten Recht in Einklang bringen (vgl BSG vom 10. Mai 1995, BSGE 76, 93, 100 = SozR 3-2500 § 242 Nr 2).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs 4 SGG (idF vor dem 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001, BGBl I 2144; s Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 197a RdNr 1).
Fundstellen
Haufe-Index 747388 |
BSGE 89, 227 |
BSGE, 227 |
FA 2002, 396 |
NZS 2003, 374 |
SozR 3-2500 § 194, Nr. 1 |