rechtskräftig: nein BSG-Az.: B 1 A 4/00 R

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Krankenkasse darf neben der Aufhebung der Versagung einer Satzungsgenehmigung die Verpflichtung der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung beantragen.

2. § 195 SGB V ist gegenüber § 89 SGB IV eine spezielle Ermächtigungsgrundlage betr. das Handeln der Krankenkassen in Form einer Satzung. §§ 45, 48 SGB X finden im Rahmen von § 195 Abs. 2 SGB V keine Anwendung.

3. Die Aufsichtsbehörde darf Satzungsbestimmungen von Krankenkassen die Genehmigung versagen bzw. deren Änderung anordnen, wenn diese bezüglich Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen die Voraussetzungen der Leistungspflicht unvollständig oder missverständlich beschreiben.

 

Normenkette

SGG § 54 Abs. 1, 3; SGB IX § 34 Abs. 1 S. 2, § 89 Abs. 1; SGB V § 194 Abs. 2, § 195 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 12 Abs. 1, §§ 92, § 135 ff.; SGB X §§ 45, 48

 

Verfahrensgang

SG Lübeck (Entscheidung vom 31.08.1999; Aktenzeichen S 7 KR 83/97)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.04.2002; Aktenzeichen B 7/1 A 4/00 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 31. August 1999 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für die zweite Instanz nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Satzung der Klägerin.

Die klagende Betriebskrankenkasse besteht seit 1. Januar 1997 aus einer Zusammenlegung der Betriebskrankenkassen (BKK) T. und R. Die zunächst von der Klägerin am 19./20. November 1996 aufgestellte Satzung genehmigte die Beklagte mit einer für den vorliegenden Rechtsstreit unwesentlichen Änderung am 23. Dezember 1996. Im Februar 1997 bat die Klägerin die Beklagte um die Beratung einer „Satzungsidee” zu dem von ihr beabsichtigten neu aufgestellten Leistungskatalog in § 13 Abs. 2 ihrer Satzung mit insbesondere der Erwähnung von „Leistungen der anerkannten besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, anthroposophische Medizin, Phytotherapie, Naturheilkunde)”, die sie ihren Versicherten gegenüber zu erbringen beabsichtige, wenn bestimmte Voraussetzungen vorlägen (überwiegende Anerkennung in der jeweiligen Therapierichtung, Schulmedizin ausgeschöpft, gleichwertiger Behandlungserfolg wie Schulmedizin zu erwarten). Im April 1997 legte die Klägerin der Beklagten einen Nachtrag Nr. 1 zu ihrer Satzung mit der Bitte um Genehmigung vor. Dieser Nachtrag enthielt u. a. als Leistungskatalog solche als besondere Therapien bezeichneten Leistungen, außerdem „Leistungen der echten Außenseitermethoden”, soweit schulmedizinische Behandlung ausgeschöpft oder nicht vorhanden sind und vor Behandlungsbeginn eine Zusage erteilt worden ist. Den Nachtrag zu § 13 Abs. 2 der Satzung der Klägerin genehmigte die Beklagte nicht (Bescheid vom 28. April 1997). Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe mit dem beantragten Leistungskatalog ärztliche Leistungen, denen größtenteils die wissenschaftliche Anerkennung fehle, zu Regelleistungen aufwerten und satzungsmäßig erbringen wollen. Sie dürfe jedoch nur solche Leistungen bezahlen, deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigten. Das seien die ärztlichen Leistungen, die bereits Eingang in die vertragsärztliche Behandlung bzw. Aufnahme in den Katalog „Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden” gefunden hätten. Die Kostenübernahme für andere Behandlungsformen sei unzulässig. Die Klägerin legte dann eine geänderte Fassung des § 13 Abs. 2 als 2. Satzungsnachtrag vor und bat um Genehmigung. Der neue Absatz 2 lautete jetzt:

„Soweit Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden müssen, gehören zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen:

  1. Leistungen, die von der Schulmedizin wissenschaftlich allgemein anerkannt sind.
  2. Leistungen der anerkannten besonderen Therapierichtungen (Homöopathie, anthroposophische Medizin, Phytotherapie, Naturheilkunde).

Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben den medizinischen. Fortschritt zu berücksichtigen und dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung zu entsprechen. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.”

Mit Bescheid vom 30. Mai 1997 genehmigte die Beklagte den Nachtrag vorbehaltlich einer Änderung der Sätze 2 und 3 wie folgt:

„Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Soweit im Einzelfall innerhalb der Regelung zur vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung eine medizinisch notwendige Leistung nicht erbracht werden kann und als letztes und einziges Mittel eine geeignete Leistung außerhalb des Vertragssystems angeboten wird, kann nach Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ein Anspruch des Versicher...

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