Leitsatz (amtlich)

Versicherungssummen aus privaten Lebensversicherungen, bei denen die Witwe Bezugsberechtigte ist, sind auf die Witwenausgleichsrente und den Schadensausgleich der Witwe nach § 1 Abs 3 Nr 2 der DV § 33 BVG mit den aus ihnen zu erzielenden Einkünften ("Einkünfte aus Kapitalvermögen") anzurechnen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Wie ist eine Lebensversicherungssumme zu berücksichtigen

Eine vertragsgemäß an die Witwe zur Auszahlung gelangende Lebensversicherungssumme ist deren Kapitalvermögen zuzurechnen. Der Versicherungssumme kommt, was die Berücksichtigung als Einkommen bei der Feststellung des Schadensausgleichs betrifft, gegenüber dem übrigen Kapitalvermögen der Witwe kein Sonderstatus zu (DV § 33 BVG § 1 Abs 3 Nr 2 iVm DV § 33 BVG § 11). Sie kann nicht - wie bei der Feststellung der wiederaufgelebten Witwenrenten - in der Weise berücksichtigt werden, daß sie nach versicherungsrechtlichen Grundsätzen zu kapitalisieren und in eine monatliche Rente umzurechnen ist (anderer Meinung BMA, BVBl 1967, 28).

 

Normenkette

BVG § 33 Abs. 1 Fassung: 1966-12-28, § 40a Abs. 4 Fassung: 1966-12-28, § 41 Abs. 3 Fassung: 1966-12-28, § 33 DV § 1 Abs. 3 Nr. 2 Fassung: 1967-11-09; BVG§33DV § 11 Fassung: 1967-11-09; BVG § 33 DV § 1 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1967-11-09

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz in Mainz vom 3. März 1972 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Die Klägerin bezieht aufgrund des Bescheides vom 18. August 1966 die Witwengrundrente nach ihrem am 15. Januar 1966 an den Folgen anerkannter Schädigungen verstorbenen Ehemann. Dieser hatte zu seinen Lebzeiten zwei Lebensversicherungen abgeschlossen; die Versicherungssummen in Höhe von insgesamt 20.912,50 DM sind nach den Auszahlungsbestimmungen des Vertrages an die Klägerin geleistet worden. Aus den Versicherungssummen errechnete die Versorgungsverwaltung einen monatlichen Rentenbetrag in Höhe von 93,99 DM. Unter Berücksichtigung dieses Rentenbetrages gewährte sie durch Bescheid vom 2. August 1968 eine Witwenausgleichsrente in Höhe von monatlich zunächst 60,- DM und einen Schadensausgleich gemäß § 40 a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in Höhe von monatlich zunächst 115,- DM. Den Widerspruch wies der Beklagte durch Bescheid vom 25. März 1969 zurück: Die beiden Lebensversicherungsverträge hätten zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin gedient; bei der Feststellung der Ausgleichsrente und des Schadensausgleichs sei das Einkommen anzusetzen, das sich aus den Versicherungssummen als monatliche Rente ergebe. Der monatliche Rentenbetrag sei nach den Richttafeln von Heubeck-Fischer unter Zugrundelegung eines Rechnungszinsfußes von 3 1/2 % berechnet worden.

Mit der Klage hat die Klägerin u.a. ausgeführt, nach § 1 Abs. 3 Nr. 7 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 33 BVG könnten nur "Geldrenten" aus privaten Versicherungsverträgen angerechnet werden, nicht aber einmalig gezahlte Versicherungssummen. Durch Urteil vom 5. Februar 1971 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen: Nach dem Leitgedanken der DVO zu § 33 BVG seien alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle oder Rechtsnatur bei einkommensabhängigen Versorgungsleistungen zu berücksichtigen. Bei der Anrechnung der Kapitalsumme bestünden keine Bedenken, für die Verrechnung im einzelnen die Verwaltungsvorschrift Nr. 4 bzw. Nr. 6 zu § 44 BVG aF und nF heranzuziehen, wonach der Betrag als Einkommen anzusetzen sei, der sich bei Anwendung des im Versicherungswesen für die Verrentung eines Kapitals üblichen Verfahrens als monatliche Rente ergäbe.

Die Klägerin hat Berufung eingelegt und sich weiterhin gegen den vom Beklagten ermittelten Rentenbetrag aus den Lebensversicherungen gewendet; diese könnten allenfalls als Kapitalvermögen berücksichtigt und die daraus entstehenden Einkünfte angerechnet werden. Durch Urteil vom 3. März 1972 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur stellten das Einkommen dar, das bei der Feststellung der Ausgleichsrente und des Schadensausgleichs zu berücksichtigen sei, soweit nicht bestimmte Einkünfte nach dem Gesetz und der Verordnung oder anderen Rechtsvorschriften unberücksichtigt zu bleiben hätten. Die bei der Klägerin ausgezahlten beiden Versicherungssummen in Höhe von insgesamt 20.912,50 DM seien als Einkommen anzusehen. Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 1 DVO zu § 33 BVG lägen nicht vor; insbesondere handele es sich nicht um vereinzelt vorkommende Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 26 der DVO zu § 33 BVG, weil eine zur Hinterbliebenenversorgung abgeschlossene Lebensversicherung im allgemeinen der Sicherstellung des Lebensunterhalts diene. Auch § 1 Abs. 3 Nr. 7 der DVO zu § 33 BVG - "Geldrenten aus privaten Versicherungsverträgen" - stehe der Anrechnung der Versicherungssummen nicht entgegen. Denn in § 1 Abs. 1 DVO zu § 33 BVG seien die bei der Bemessung des Schadensausgleichs und der Ausgleichsrente zu berücksichtigenden Einkünfte nicht erschöpfend aufgezählt. Es sei kein Grund ersichtlich, warum der Versicherungsnehmer, der die Kapitalsumme als einmalige Leistung erhalten habe, besser gestellt sein solle als derjenige, der aus dem Versicherungsvertrag laufend eine Rente beziehe. Da bei der Berechnung von einkommensabhängigen Versorgungsleistungen Geldrenten aus privaten Versicherungsverträgen in Höhe der jeweiligen monatlichen Leistungen zu berücksichtigen seien, sei es gerechtfertigt, auch bei Zahlung einer Kapitalsumme in gleicher Weise zu verfahren. Es bestünden keine Bedenken, in Übereinstimmung mit dem Rundschreiben des BMA vom 10. März 1967 (BVBl 1967 S. 52 Nr. 28) für die Verrechnung im einzelnen die Verwaltungsvorschrift Nr. 6 zu § 44 BVG anzuwenden, wonach bei einmaligen Leistungen der Betrag auf die Witwenrente anzurechnen sei, der sich aus dieser einmaligen Leistung als monatlicher Rentenbetrag ergebe.

Die Klägerin hat die Revision eingelegt und beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. März 1972 und das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 5. Februar 1971 aufzuheben sowie den Bescheid des Versorgungsamts L vom 2. August 1968 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts R, Außenstelle L, vom 25. März 1969 abzuändern;

den Beklagten zu verurteilen, bei der Berechnung der Ausgleichsrente und des Schadensausgleichs der Klägerin von der monatlichen Anrechnung einer Rentenleistung aus Privatversicherung in Höhe von DM 93,99 abzusehen.

Sie rügt mit näherer Begründung eine Verletzung der §§ 1 und 2 der DVO zu § 33 BVG und bleibt bei ihrer Ansicht, nach § 1 Abs. 3 Nr. 7 dieser DVO dürften nur Geldrenten aus privaten Versicherungsverträgen angerechnet werden. Auch sei die Zahlung der Lebensversicherungssummen nach § 2 Abs. 1 Nr. 26 dieser DVO nur ein vereinzelt vorkommendes Einkommen. Das LSG habe zunächst die Zweckbestimmung der der Klägerin zugeflossenen Mittel aus den beiden Lebensversicherungen von Amts wegen ermitteln und feststellen müssen. Nach § 60 a Abs. 6 BVG seien Sonderleistungen als Einkommen in den Monaten zu berücksichtigen, in denen sie gezahlt würden.

Der Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die Klägerin hat die durch Zulassung statthafte Revision form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Ihr zulässiges Rechtsmittel mußte insoweit Erfolg haben, als es zur Zurückverweisung der Sache führt.

Streitig ist bei der Feststellung der Witwenausgleichsrente (§ 41 BVG) und des Schadensausgleichs für die Witwe (§ 40 a BVG) die Anrechnung der Summen aus zwei Lebensversicherungen des Ehemannes der Klägerin. Da hier die Anrechnung schlechthin streitig ist, war sie nach Grund und Höhe zu überprüfen, wie die Vorinstanzen zu Recht getan haben. Hinsichtlich der Anrechnung von Einkünften auf beide Leistungen verweist § 41 Abs. 3 BVG auf § 33 BVG, während über § 40 a Abs. 4 BVG die Verordnung der Bundesregierung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG entsprechend anwendbar wird; diese verweist in § 12 ihrerseits auf § 14 der DVO zu § 33 BVG mit der weiteren Verweisung auf §§ 1 bis 12 dieser DVO. Dementsprechend sind für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auch die §§ 1, 2 und 11 der DVO zu § 33 BVG maßgebend.

Zu Recht ist das LSG von § 1 Abs. 1 Satz 1 der DVO zu § 33 BVG ausgegangen. Danach zählen zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur, soweit nicht das BVG, diese DVO oder andere Rechtsvorschriften vorschreiben, daß bestimmte Einkünfte bei der Feststellung der Ausgleichsrente unberücksichtigt bleiben. § 1 Abs. 3 Satz 2 aaO lautet: "Zu den übrigen Einkünften im Sinne des § 33 Abs. 1 BVG gehören insbesondere ... 2. Einkünfte aus Kapitalvermögen ... 7. Geldrenten aus privaten Versicherungsverträgen". Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, handelt es sich bei diesem Katalog nicht um ein ausschließendes, sondern um ein beispielhaftes Aufzählen. Obersatz bleibt stets § 33 Abs. 1 BVG iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 der DVO, wonach zum anzurechnenden Einkommen "alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur" zählen, sofern nicht die Anrechnung ausdrücklich durch eine Rechtsnorm ausgeschlossen ist (vgl. § 2 DVO). Infolgedessen ist es nicht angängig, wie die Klägerin vorträgt, aus Abs. 3 Nr. 7 im Wege des Umkehrschlusses zu folgern, daß aus privaten Versicherungsverträgen nur Geldrenten, nicht aber auch einmalig gezahlte Versicherungssummen berücksichtigt werden könnten. Vielmehr steht § 1 Abs. 3 Nr. 7 DVO in engem systematischen Zusammenhang mit Nr. 2 aaO. Eine privatrechtliche Lebensversicherung kann beim Versicherungsfall zur Auszahlung der Versicherungssumme oder zu einer laufenden Rentenleistung mit der Folge führen, daß beim Ableben des Rentenberechtigten die Versicherungssumme aufgezehrt ist. Bei solchen auf Rentengewährung abgeschlossenen Versicherungsverträgen ist die Versicherungssumme weder in das Vermögen des Versicherungsnehmers noch des zum Rentenbezug berechtigten Hinterbliebenen gelangt. Deshalb können solche Renten nicht unter die "Einkünfte aus Kapitalvermögen" gezählt werden. Aus diesen Gründen und weil durch solche Renten für die Lebensdauer des Rentenberechtigten das ihnen gegenüberstehende Kapital aufgezehrt wird, war es geboten, sie in der DVO gesondert neben den Einkünften aus Kapitalvermögen aufzuführen.

Bei der Auszahlung der Versicherungssummen handelt es sich auch nicht etwa um vereinzelt vorkommende Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 26 der DVO. Der Hinweis der Revision auf § 60 a Abs. 6 BVG geht insoweit fehl. Nach dieser Vorschrift sind Sonderleistungen, wie Weihnachtsgratifikationen, 13. Monatsgehälter und Erfolgsprämien, als Einkommen in den Monaten zu berücksichtigen, in denen sie gezahlt werden. Eine Anwendung dieser Vorschrift entfällt schon deshalb, weil nach den Feststellungen des LSG - was außerdem zwischen den Beteiligten unstreitig ist - die Summen aus den beiden Lebensversicherungen an die Klägerin als vertraglich Bezugsberechtigte ausgezahlt worden sind. Sie waren im Januar 1966, also noch vor der Bewilligung der Witwenversorgung, in Gestalt eines Anspruchs gegen das Versicherungsunternehmen Vermögensgegenstand der Klägerin geworden und können also nicht nach § 60 a BVG einmalig im Monat ihrer Zahlung berücksichtigt werden.

Für die Anrechnung der beiden Versicherungssummen bei der Feststellung der Witwenausgleichsrente und des Schadensausgleichs für die Witwe als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 DVO ist weiter zu prüfen, in welcher Weise die Klägerin durch die Versicherungsverträge berechtigt gewesen ist. Bei den Versicherungssummen handelt es sich um Geldbeträge, welche nicht zum Vermögen des Ehemannes gezählt haben. Die Versicherungsverträge sind Verträge zugunsten eines Dritten, des im Versicherungsvertrag bestimmten Bezugsberechtigten. Der Bezugsberechtigte kann ein gesetzlicher Erbe, kann aber auch eine dritte Person sein. Hier waren zunächst bezugsberechtigt die Klägerin und die beim Tode des Ehemannes noch unter 18 Jahre alten Kinder aus der Ehe. Da beim Versicherungsfall ein weniger als 18 Jahre altes Kind nicht mehr vorhanden war, war die Klägerin allein Bezugsberechtigte. Die Leistungen aus den beiden Lebensversicherungsverträgen sind nach dem Tode des Ehemannes unmittelbar in ihr Vermögen gelangt. Damit sind die beiden Versicherungssummen dem Kapitalvermögen der Klägerin zuzurechnen.

Bei dieser Rechtslage kommt es nicht auf den Zweck an, welchen der Ehemann beim Abschluß der Versicherungsverträge für die Verwendung der Versicherungssummen im Auge gehabt, vielleicht sogar geäußert hat. Derartige Verträge werden aus vielerlei Gründen geschlossen, z.B. für die Ausbildung eines Kindes oder die Ablösung von Hypotheken oder Bankkrediten. Auf diese Zweckbestimmungen oder auf die Sicherstellung des Lebensunterhalts für die Klägerin aber kommt es nicht an, sondern allein auf die Tatsache, in wessen Vermögen auf Grund des Versicherungsvertrages beim Eintritt des Versicherungsfalles die Versicherungsleistung geflossen ist. Infolgedessen geht die Revisionsrüge der Klägerin fehl, das LSG hätte aufklären müssen, für welche Zwecke die Versicherungsleistungen bei Abschluß des Vertrages bestimmt gewesen waren.

Ausgehend von der Tatsache, daß die beiden Versicherungssummen zum Vermögen der Klägerin gehören, muß die Frage beantwortet werden, wie dieses Vermögen bei der Feststellung der Ausgleichsrente und des Schadensausgleichs berücksichtigt werden soll. Verwaltung und Vorinstanzen haben angenommen, dieser Teil des Vermögens müsse nach versicherungsrechtlichen Grundsätzen kapitalisiert und in eine monatliche Rente umgerechnet werden. Der Senat kann diese Art der Anrechnung nicht billigen. Zunächst ist nicht ersichtlich, warum bei der Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 2 DVO bei der Berücksichtigung der Versicherungssummen als Einkommen anders verfahren werden sollte als bei dem übrigen Kapitalvermögen der Witwe. Denn die beiden Versicherungssummen haben keinen Sonderstatus, sondern sind, ebenso wie z.B. Sparkassenbücher, Bankguthaben, Hypothekenforderungen, Aktien, Teile des Kapitalvermögens. Infolgedessen besteht kein Anlaß, sie anders als die übrigen Kapitalien zu behandeln. Dies ist auch nicht etwa deshalb zu rechtfertigen, weil die Witwenausgleichsrente und der Schadensausgleich für die Witwe vom Einkommen des Berechtigten abhängige Leistungen sind. Rechtlich betrachtet haben sie im Gegensatz zur wiederaufgelebten Witwenrente nach § 44 Abs. 2 ff BVG nur eingeschränkt subsidiären Charakter. Denn sie sind eine dem Erwerbsvermögen des Beschädigten nachgeordnete Hilfe (BSG 19, 230, 232), während die wiederaufgelebte Witwenrente eine Leistung darstellt, welche nicht allein vom Einkommen abhängig ist, sondern darüber hinaus einen uneingeschränkt subsidiären Charakter zur Sicherstellung des Unterhalts hat. Bei solchen uneingeschränkt subsidiären Leistungen der öffentlichen Hand ist es gerechtfertigt, von dem Berechtigten zu verlangen, daß er nicht nur die Erträge seines Vermögens zu seinem Unterhalt verwendet, sondern auch die Substanz in dem Sinne angreift, daß das Vermögen zum Zeitpunkt des voraussichtlich eintretenden Todes aufgezehrt ist. Infolgedessen ist für derartige Fälle eine Umrechnung des Kapitals in eine monatliche Rente unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Lebensdauer gerechtfertigt (vgl. BSG 25, 262 ff, SozR Nr. 17 zu § 44 BVG).

Im vorliegenden Fall hingegen muß das Kapital auf andere Weise berücksichtigt werden. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der DVO zu § 33 BVG. In § 1 Abs. 3 Nr. 7 DVO sind ausdrücklich nur "Geldrenten" aus privaten Versicherungsverträgen erwähnt. Es ist nicht angängig, die Versicherungssummen aus Versicherungsverträgen in solche Geldrenten umzurechnen, wie es das LSG getan hat; denn hierdurch würde aus dem Kapitalvermögen der Klägerin ein bestimmter Teil - die beiden Versicherungssummen - herausgenommen und einer Sonderbehandlung zugeführt werden. Vielmehr bleibt entscheidend, daß die Versicherungssummen - wie bereits dargelegt - zum Kapitalvermögen der Klägerin gehören und nach der DVO zu § 33 BVG nicht anzugreifen, sondern lediglich mit den aus ihnen fließenden Einkünften anzurechnen sind (vgl. auch Urteil des BSG vom 24. November 1965 - 9 RV 510/63). Hätte von dieser allgemeinen Regelung abgewichen und für Erträge aus privaten Versicherungsverträgen eine Sonderstellung geschaffen werden sollen, hätte dies in der DVO ausdrücklich geregelt werden müssen. Dies haben die Verwaltung und die Vorinstanzen nicht beachtet.

Dem Vorstehenden steht allerdings das Rundschreiben des BMA vom 10. März 1967 (abgedr. BVBl 1967 S. 52 Nr. 28) entgegen. Dort ist am Schluß des letzten Absatzes ausgeführt:

Ich habe keine Bedenken, in entsprechender Anwendung der VV Nr. 4 Satz 2 und 3 zu § 44 BVG den Betrag als Einkommen (übrige Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 1 BVG) anzusetzen, der sich bei Anwendung des im Versicherungswesen für die Verrentung eines Kapitals üblichen Verfahrens aus der Versicherungssumme als monatliche Rente ergäbe.

Eine Begründung ist für diese Auffassung allerdings nicht gegeben. Ihr kann wegen des oben aufgezeigten Unterschiedes zwischen der Ausgleichsrente für die Witwe und der wiederaufgelebten Witwenrente nicht gefolgt werden.

Dementsprechend müssen die beiden Versicherungssummen bei der Feststellung der Witwenausgleichsrente und des Schadensausgleichs an die Witwe gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 11 DVO als Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Insoweit sind bisher keine Feststellungen getroffen worden. Die Verwaltung und die Vorinstanzen sind zwar im Rahmen der Verrentung von einem Rechnungszinsfuß von 3 1/2 % ausgegangen. Gleichwohl ergibt sich bei der derzeitigen Prozeßlage eine Beschwer für die Klägerin, weil bei dem ihr angerechneten Rentenbetrag neben dem Zinsfuß auch der "Verzehr" des Kapitals (der Versicherungssummen) mit berücksichtigt worden ist.

Die angefochtene Entscheidung konnte daher nicht aufrechterhalten werden. Vielmehr mußte sie aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Dieses wird nunmehr zu prüfen haben, in welcher Höhe Einkünfte aus Kapitalvermögen anzurechnen sind.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Urteil vorbehalten, durch welches das Verfahren abgeschlossen wird.

Da die Voraussetzungen der §§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vorliegen, konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1669497

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