Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsgeld. unbillige Härte

 

Orientierungssatz

1. Nicht schon jede geringe Abweichung vom Normalfall berechtigt zu der besonderen Berechnung des Übergangsgeldes nach RVO § 1241a Abs 2 S 1 Nr 3, sondern nur eine solche Abweichung, die hart ist, also extrem abweicht und deshalb unbillig ist.

2. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des RVO § 1241a Abs 2 S 1 Nr 3 sprechen dafür, daß die Anwendung sich im Ausgleich eines behinderungsbedingten Minderverdienstes erschöpft. Vielmehr sollen die aus der Berücksichtigung eines lange zurückliegenden Arbeitsentgelts als Bemessungsgrundlage entstehenden Verluste ausgeglichen werden.

3. Vergehen bis zur Einleitung der berufsfördernden Maßnahme fast 3 Jahre, ist mit Rücksicht auf die gestiegenen Lebensbedürfnisse eines inzwischen zum Erwachsenen herangereiften Versicherten, die durch eine Gesellenprüfung nachgewiesenen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten und die erhebliche Differenz einer Ausbildungsvergütung zur berufsüblichen Entlohnung eines Fliesenlegers, die Bemessung des Übergangsgeldes unter Zugrundelegung der Ausbildungsvergütung nach RVO § 1241a Abs 1 iVm § 1241 Abs 1 unbillig hart iS des RVO § 1241a Abs 2 S 1 Nr 3.

 

Normenkette

RVO § 1241a Abs 2 S 1 Nr 3 Fassung: 1974-08-07

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 09.01.1979; Aktenzeichen L 5 Ar 610/77)

SG Würzburg (Entscheidung vom 08.11.1977; Aktenzeichen S 4 Ar 397/76)

 

Tatbestand

Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob es "unbillig hart" wäre, das Übergangsgeld des Klägers nach dem letzten, vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielten Entgelt zu berechnen (§ 1241a Abs 2 Satz 1 Nr 3 Reichsversicherungsordnung -RVO-).

Der am 13. März 1956 geborene Kläger, der sich seit August 1971 in der Ausbildung zum Fliesenleger befand, erlitt am 3. Juni 1973 einen nicht von einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigenden Verkehrsunfall, bei dem es ua zu einer inkompletten Querschnittslähmung kam. Am 19. März 1974 legte er die Gesellenprüfung im Fliesenlegerhandwerk ab. Krankengeld bezog er bis zum 30. November 1974 und ab 12. Dezember 1974 Arbeitslosengeld (Alg).

Vom 30. April 1976 bis zum 31. März 1978 wurde der Kläger in einem Berufsförderungswerk auf Kosten der Beklagten zum Verwaltungsangestellten umgeschult. Die Beklagte gewährte ihm mit Bescheid vom 25. März 1976 ab 30. April 1976 Übergangsgeld in Höhe von 481,50 DM monatlich. Der Bemessung dieses Übergangsgeldes wurde gemäß § 1241a Abs 1, 1241 Abs 1, 182 Abs 5 RVO das Entgelt zugrunde gelegt, das der Kläger im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Lohnzahlungszeitraum erzielt hatte. Das waren im Monat Juni 1973 brutto 464,90 DM bzw netto 326,20 DM. Der Betrag von 481,60 DM wurde dabei unter Berücksichtigung der Aktualisierung ermittelt, die durch Art 42 des am 1. Januar 1975 in Kraft getretenen Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl I, 3656, 3673) vorgeschrieben war. Infolge der Dynamisierung gemäß § 1241c RVO wurde der Zahlbetrag ab 1. Juli 1976 auf monatlich 534,90 DM heraufgesetzt. Der dagegen gerichtete Widerspruch des Klägers, mit dem er ein höheres Übergangsgeld erstrebte, blieb erfolglos (Entscheidung der Widerspruchsstelle vom 7. September 1976). Ab 1. Juli 1977 erhöhte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Mai 1977 nach Klageerhebung das Übergangsgeld auf 593,70 DM.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8. November 1977). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte dem Kläger am 9. Juni 1978 einen Bescheid erteilt, worin sie ihm für die im Anschluß an die erfolgreich abgeschlossene Umschulungsmaßnahme liegende Arbeitslosigkeit vom 1. April bis zum 10. Mai 1978 Übergangsgeld gemäß § 1241e Abs 3 RVO und ab 11. Mai 1978 Übergangsgeld im Rahmen der Heilbehandlung gewährte.

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 9. Januar 1979 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und "die Klage gegen den Verwaltungsakt vom 9. Juni 1978" abgewiesen. Es hat ausgeführt, gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei der Bescheid vom 11. Mai 1977 Gegenstand des Klageverfahrens und derjenige vom 9. Juni 1978 Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Das Übergangsgeld des Klägers habe die Beklagte richtig berechnet. Eine "unbillige Härte" im Sinne des § 1241a Abs 2 Nr 3 RVO lasse die Berechnung nicht erkennen. Zwar möge es für den Kläger "hart" sein, daß die Beklagte von der Ausbildungsvergütung und nicht vom Tariflohn eines Fliesenlegers habe ausgehen müssen; der unbestimmte Rechtsbegriff der "unbilligen Härte" bedeute demgegenüber jedoch eine wesentliche Steigerung, die es ersichtlich mache, daß der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine günstigere Bemessung des Übergangsgeldes nur ganz wenigen Ausnahmefällen habe vorbehalten wollen. Nur wenn der Kläger durch ein tatsächlich erzieltes höheres Arbeitsentgelt bereits einen gewissen "Besitzstand" erworben hätte und er sich mit einem weitaus geringeren Übergangsgeld begnügen müßte, weil er infolge der Schädigung oder aus anderen Gründen nur einen Minderverdienst habe erzielen können, seien die Voraussetzungen des § 1241a Abs 2 Nr 3 RVO erfüllt. Hierunter falle nicht, daß der Versicherte infolge der Schädigung außerstande gewesen sei, ein höheres Arbeitsentgelt zu erreichen. Da die Beklagte im Berufsförderungswerk und anschließend im Heilverfahren die Kosten für Verpflegung und Unterkunft des Klägers getragen habe, stelle sich die niedrigere Bemessung des Übergangsgeldes nicht so sehr als "unbillige Härte" dar, als es etwa in der Unfallversicherung und in der Arbeitslosenversicherung der Fall wäre, wo die Verletztenrente bzw das Alg häufig die einzige wirtschaftliche Möglichkeit darstellten, den Unterhalt zu bestreiten.

Der Kläger hat dieses Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Er rügt eine Verletzung des § 1241a Abs 2 Nr 3 RVO. Das LSG habe den Begriff der "unbilligen Härte" im Sinne dieser Vorschrift verkannt. Vielmehr sei die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. Dezember 1977 (- 8 RU 54/77 - SozR 2200 § 568 Nr 1) - obwohl zu § 568 Abs 3 Nr 3 RVO ergangen - für den hier anzuwendenden § 1241a Abs 2 Nr 3 RVO präjudizierend. Beide Vorschriften seien im Wortlaut identisch. Die "unbillige Härte" bestehe darin, daß zwei Jahre nach der Gesellenprüfung für die Höhe des Übergangsgeldes die vor dem Unfall gezahlte Ausbildungsverfügung bestimmend sein solle. Diese sei kein Arbeitseinkommen, das den vollen Unterhalt sichere.

Der Kläger beantragt,

1. das angefochtene Urteil, das Urteil des SG

vom 8. November 1977 sowie den Widerspruchsbescheid

vom 9. September 1976 aufzuheben;

2. die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide

vom 25. März 1976, 11. Mai 1977 sowie 9. Juni 1978

zu verurteilen, dem Kläger vom 30. April 1976

bis zum 10. Mai 1978 ein nach der Leistungsgruppe 1 der Arbeiter außerhalb der Land- und Forstwirtschaft

der Anlagen 1 und 5 zu § 22 Fremdrentengesetz (FRG)

berechnetes Übergangsgeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Die Beklagte hat das Übergangsgeld für die Zeit bis zum 10. Mai 1978, die Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, gemäß § 1241a Abs 2 Satz 1 Nr 3 RVO zu berechnen.

Der Verwaltungsakt der Beklagten vom 9. Juni 1978 ist - selbst wenn er die vorangegangenen Bescheide vom 15. März 1976 und 11. Mai 1977 nicht abändert oder ersetzt - jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 96 Abs 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (vgl BSG in SozR 1500 § 96 Nr 13 mwN). Der neue Bescheid berührt den Streitstoff des bereits anhängigen Rechtsstreits und steht damit in einem inneren Zusammenhang. Auch rechtfertigt der Grundgedanke dieser Vorschrift die Einbeziehung des Verwaltungsaktes vom 9. Juni 1978. Das gilt zumindest, soweit dieser Bescheid die im Anschluß an die Umschulung liegende Zeit der Arbeitslosigkeit vom 1. April bis zum 10. Mai 1978 betrifft. Für das ebenfalls am 9. Juni 1978 gewährte Übergangsgeld im Rahmen der Heilbehandlung bedarf es insoweit keiner Entscheidung, weil der Kläger nach seinem Antrag in der Revisionsinstanz sein Begehren ausdrücklich auf die Zeit bis zum 10. Mai 1978 beschränkt hat (vgl BSG in SozR Nr 15 zu § 96 SGG).

§ 1241a Abs 1 RVO bestimmt, daß das Übergangsgeld nach § 1241 Abs 1 und 4 RVO berechnet wird, sofern bei einer berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation der letzte Tag des Bemessungszeitraumes zu Beginn der Maßnahme nicht länger als drei Jahre zurückliegt. Davon ist die Beklagte im Falle des Klägers ausgegangen. Bemessungszeitraum für die Berechnung des Regellohnes sind nach § 182 Abs 5 RVO, auf den § 1241 Abs 1 RVO verweist, die letzten mindestens vier Wochen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit, für die Lohn abgerechnet worden ist. Das ist beim Kläger der Monat Juni 1973, der bei Beginn der Berufshilfsmaßnahme am 30. April 1976 weniger als drei Jahre zurücklag. Die Beklagte hätte hier aber die Vorschrift des § 1241a Abs 2 Satz 1 Nr 3 RVO anwenden müssen, denn es wäre "unbillig hart", das Arbeitsentgelt nach § 1241 Abs 1 RVO der Bemessung des Übergangsgeldes zugrunde zu legen. Deshalb beträgt das Übergangsgeld nach § 1241a Abs 2 Satz 1 Nr 3 RVO den 450. Teil des Betrages, der sich bei entsprechender Anwendung der Anlagen des Fremdrentengesetzes (FRG) für das bei Beginn der Maßnahme zuletzt angegebene Kalenderjahr ergibt.

Das Gesetz schreibt die Berechnung des Übergangsgeldes unter den in § 1241a Abs 2 Satz 1 Nr 3 RVO genannten Voraussetzungen zwingend vor und räumt dem Versicherungsträger insoweit nicht ein Ermessen ein. Der Begriff der "unbilligen Härte" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Die Frage, was darunter im Sinne der oben genannten Vorschrift zu verstehen ist und ob der Begriff im Einzelfall richtig angewendet worden ist, entzieht sich nicht der gerichtlichen Nachprüfung (vgl BSGE 43, 153, 158f; Urteil des 2. Senats des BSG vom 25. November 1977, BSGE 45, 171, 173 = SozR 2200 § 568 Nr 2).

Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 1241a Abs 2 Satz 1 Nr 3 RVO und der entsprechenden Vorschrift des § 568 Abs 3 Satz 1 Nr 3 RVO im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muß das, was im Sinne dieser Bestimmungen "unbillig hart" ist, letztlich der Würdigung aller Umstände des Einzelfalles überlassen bleiben, denn eine umfassende Definition des Begriffes ist kaum möglich (vgl Urteile des 2. und des 8. Senats aaO sowie des 11. Senats vom 27. April 1978 in BSGE 46, 172, 175 = SozR 2200 § 1241a Nr 1). Von der hier erörterten besonderen Berechnung des Übergangsgeldes ist nur zurückhaltend Gebrauch zu machen (so der 8. Senat aaO). Um einen Fall einer derartigen "unbilligen Härte" handelt es sich nicht schon dann, wenn das der Berechnung des Übergangsgeldes zugrunde zu legende Entgelt des Betreuten im Bemessungszeitraum um etwa 8 vH unter dem Entgelt im Durchschnitt des ganzen letzten Jahres vor Beginn der Maßnahme liegt (so BSGE 47, 172, 175 = SozR 2200 § 1241 Nr 11). Auch die Tatsache, daß die Bemessung des Übergangsgeldes auf der vor Beginn der Berufshilfsmaßnahme bezogenen Ausbildungsvergütung basiert, reicht für § 1241a Abs 2 Satz 1 Nr 3 RVO nicht aus (so der 2. Senat aaO 175). Hat jedoch der Träger der Unfallversicherung die Berufshilfsmaßnahme verspätet eingeleitet und damit erst begonnen, als der Verletzte die ursprüngliche Ausbildung bereits beendet gehabt hätte, so kann eine "unbillige Härte" zu bejahen sein, wenn das Übergangsgeld gegenüber dem alsdann zu erzielenden Arbeitsentgelt extrem niedrig liegt und nicht einmal die Hälfte der auf das Übergangsgeld anzurechnenden Unfallrente beträgt (so der 8. Senat aaO). Dem steht auch eine fehlende Kausalität zwischen der im Bemessungszeitraum erzielten Entgelthöhe und der Behinderung nicht entgegen (11. Senat aaO 173).

Die Berechnung des Übergangsgeldes knüpft in § 1241a Abs 1 RVO an das früher bezogene Entgelt an, weil dieses die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse des Betreuten bestimmt hat und während der berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation weiterbestimmen soll. Davon macht das Gesetz Ausnahmen in solchen Fällen, in denen die Anknüpfung an das zuletzt bezogene Entgelt nicht den wirtschaftlichen Status richtig wiedergibt, den der Versicherte zuletzt erreicht hatte. während die Ausnahmefälle in § 1241a Abs 2 Satz 1 Nrn 1 und 2 RVO typische Tatbestände enthalten, soll es die "unbillige Härte" in Nr 3 ermöglichen, nicht vorhersehbare Fälle zu erfassen, in denen die Anwendung des Berechnungsgrundsatzes aus Abs 1 der Vorschrift nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. In Nr 3 ist somit eine Generalklausel normiert. Allerdings berechtigt nicht schon jede geringe Abweichung vom Normalfall zu der besonderen Berechnung des Übergangsgeldes, sondern nur eine solche Abweichung, die hart ist, also extrem abweicht und deshalb unbillig ist.

Würdigt man die Umstände im Falle des Klägers, dann ist zu berücksichtigen, daß zwischen dem Ende seiner letzten Tätigkeit während der Ausbildung zum Fliesenleger am 3. Juni 1973 und dem Beginn der Umschulung zum Verwaltungsangestellten am 30. April 1976 fast drei Jahre liegen. Seine Lebensverhältnisse haben sich in dieser Zeit insbesondere durch die Ablegung der Gesellenprüfung im erlernten Handwerk am 19. März 1974 geändert und das von der Beklagten bis zum 10. Mai 1978 gewährte Übergangsgeld ist wesentlich geringer als das nach § 1241a Abs 2 RVO zu berechnende. Der 11. Senat (aaO 174) stellt es in diesem Zusammenhang auf einen Vergleich mit anderen Verdiensten und darauf ab, ob das dem Übergangsgeld zugrunde gelegte Arbeitseinkommen des Versicherten seiner bisherigen wirtschaftlichen und sozialen Stellung entspricht. Für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers ist das zu bejahen, denn das Übergangsgeld bewegt sich im Rahmen der Ausbildungsvergütung. Seine soziale Stellung hat sich aber durch die Ablegung der Gesellenprüfung wesentlich verändert, auch wenn er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis als Fliesenleger gestanden und entsprechende Einkünfte erzielt hat.

Nach der Auffassung des LSG sollen die Voraussetzungen des § 1241a Abs 2 Satz 1 Nr 3 RVO nur dann erfüllt sein, wenn der Kläger tatsächlich bereits mehr als die Ausbildungsvergütung verdient und infolge der Schädigung oder aus sonstigen Gründen in dem hier für die Bemessung des Übergangsgeldes maßgebenden Zeitraum ein geringeres Entgelt erzielt hätte. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck dieser Vorschrift sprechen jedoch dafür, daß ihre Anwendung sich im Ausgleich eines behinderungsbedingten Minderverdienstes erschöpft. Der Gesetzgeber war vielmehr bemüht, wie der 2. Senat (aaO 174) dargelegt hat, die aus der Berücksichtigung eines lange zurückliegenden Arbeitsentgelts als Bemessungsgrundlage entstehenden Verluste auszugleichen.

Allerdings hat der Kläger während der streitigen Zeit gewisse Einsparungen infolge der Gewährung von Unterkunft und Verpflegung durch die Beklagte gehabt. Grundsätzlich kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß durch die am Umschulungsort gestellte Unterkunft sämtliche Kosten für die Unterkunft am Wohnort des Betreuten entfallen. Allein die Kosten der Verpflegung gestatten es nicht, die "unbillige Härte", die hier in der Berechnung des Übergangsgeldes nach § 1241a Abs 1 RVO liegt, zu verneinen. Allerdings galt bei Beginn der berufsfördernden Maßnahme im Jahre 1976 § 1241 Abs 4 RVO in der am 1. Juli 1977 in Kraft getretenen Fassung noch nicht (Art 3 § 1 Abs 1 und 2 des 20. Rentenanpassungsgesetzes -RAG- vom 27. Juni 1977 - BGBl I, 1040). Eine Berücksichtigung von Unterkunft und Verpflegung hat der Gesetzgeber nun in dieser Vorschrift vorgesehen und darin bestimmt, wann und in welchem Umfange entsprechende Kürzungen des Übergangsgeldes vorzunehmen sind. Zwar mag vor dem 1. Juli 1977 eine gewisse Überversorgung insbesondere lediger Versicherter durch das Übergangsgeld bei einer Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts entstanden sein. Als geeignetes Korrektiv hat der Gesetzgeber nun eine Kürzung des Übergangsgeldes angeordnet. Das berechtigt im Falle des Klägers nicht dazu, von der vom Senat als rechtmäßig angesehenen Berechnung des Übergangsgeldes anhand der Tabellenwerte abzusehen.

Als Fliesenleger gehört der Kläger nach der Anlage 1 zum FRG in der Rentenversicherung der Arbeiter zur Leistungsgruppe 1 der Arbeiter außerhalb der Land- und Forstwirtschaft. Für diese Gruppe war bei Beginn der Umschulung am 30. April 1976 als zuletzt angegebenes Kalenderjahr in der Anlage 5 zum FRG für 1974 ein durchschnittliches Bruttojahresentgelt von 22.656,-- DM ausgewiesen. Der 450. Teil davon beträgt 50,34 DM, während die Beklagte dem Kläger zunächst 16,05 DM täglich gewährt hat. Dieser Unterschied macht die "unbillige Härte" deutlich.

Auf die Revision des Klägers mußten daher die vorangegangenen Entscheidungen der Tatsacheninstanzen aufgehoben und die angefochtenen Bescheide der Beklagten geändert werden, soweit sie die Zeit bis zum 10. Mai 1978 betreffen. Die Beklagte hat bei der Berechnung des Übergangsgeldes nun nach § 1241a Abs 2 RVO zu verfahren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656535

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