Verfahrensgang
Tenor
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin höhere Rentenbeträge zustehen und ob diese anzugleichen und anzupassen sind.
Die 1922 geborene Klägerin übte in der DDR auf Grund einer Behinderung keine Beschäftigung aus. Sie bezog eine Invalidenrente aus der Sozialpflichtversicherung in Höhe der Mindestrente von zuletzt 330,00 Mark der DDR. Diese wurde ihr nach Maßgabe des Einigungsvertrags (EV) bis zum 31. Dezember 1991 weitergezahlt. Der Geldwert dieses Rechts auf Rente betrug nach der Aufwertung auf DM zum 1. Juli 1990 und nach den Anpassungen zum 1. Januar 1991 und zum 1. Juli 1991 am 31. Dezember 1991 437,00 DM. Außerdem erhielt die Klägerin nach Beitrittsgebietsrecht einen sog Sozialzuschlag in Höhe von 165,00 DM. Mit (undatiertem) “Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente auf Grund des ab 1. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts” stellte die Beklagte fest, dass “die bisher gezahlte Versichertenrente künftig als Regelaltersrente geleistet wird”. Die monatliche Rente betrage ab 1. Januar 1992 466,89 DM. Seither teilte die Beklagte der Klägerin zu den Anpassungsterminen für Rechte auf Renten aus dem SGB VI jeweils mit, eine Anpassung erfolge nicht.
Am 20. Juni 2000 beantragte die Klägerin, alle Rentenbescheide, die seit dem 1. Juli 1990 wirksam geworden sind, nach § 44 SGB X zu überprüfen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 18. Januar 2001). Den Widerspruch, mit dem die Klägerin die Angleichung und Anpassung des Gesamtzahlbetrages für Juli 1990 aus Invalidenrente und Sozialzuschlag (= 495,00 DM) an “die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet” begehrte, wies die Beklagte zurück; der ab 1. Januar 1992 geleistete Auffüllbetrag sei eine statische Leistung (Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2001).
Das SG hat den Klagen insoweit stattgegeben, als es die vorgenannten Bescheide aufgehoben, den undatierten “Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente auf Grund des am 1. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts” und den “Rentenbescheid” vom 23. November 1994 abgeändert und die Beklagte verurteilt hat, “den am 31. Dezember 1991 besitzgeschützten und um 6,84 % erhöhten Rentenzahlbetrag, der seit dem 1. Januar 1992 in Form eines Auffüllbetrages geleistet wird, ab dem 1. Januar 1992 entsprechend den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen des SGB VI idF des 2. AAÜG-ÄndG zu dynamisieren und der Klägerin rückwirkend ab dem 1. Januar 1992 monatlich den dynamisierten Zahlbetrag zu leisten”. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 5. September 2002). Das SG hat ausgeführt: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Dynamisierung des ihr am 31. Dezember 1991 zustehenden Rentenzahlbetrags. Dies ergebe sich zum einen aus dem in Art 30 Abs 5 Satz 2 EV verankerten Vertrauensschutzgedanken, zum anderen aus den in der Entscheidung des BVerfG vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 – entwickelten Grundsätzen. Die Dynamisierung habe entsprechend dem Urteil des BSG vom 3. August 1999 – B 4 RA 24/98 R – nach der allgemeinen Rentenanpassung zu erfolgen. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Dynamisierung, insbesondere des Sozialzuschlags, bestehe nicht.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte mit wechselseitiger Zustimmung die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt.
Die Klägerin meint, die Renten seien seit dem 1. Juli 1990 anzuheben. Der EV habe nicht vorgesehen, dass die Renten ab 1. Januar 1992 von der Lohn- und Gehaltsentwicklung im Beitrittsgebiet abgekoppelt würden. Ihr sei es bis zum Beitritt nicht möglich gewesen, dem SGB VI entsprechende Rentenanwartschaften, zB in einer geschützten Werkstatt, zu erwerben. Der Gesamtbetrag aus Invalidenrente und Sozialzuschlag, der ab 1. Januar 1992 um 6,84 vH anzuheben sei, müsse nach den für den aktuellen Rentenwert (Ost) maßgeblichen Anpassungsvorgaben angehoben und auch für die Jahre 2000, 2001 und 2002 verfassungsgemäß angeglichen werden. Das SG sei von der falschen Situation nach dem RÜG ausgegangen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen und
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. September 2002 abzuändern und “ihr unter Berücksichtigung der in der DDR rechtmäßig erworbenen Ansprüche, die an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet ab 1. Juli 1990 anzupassen sind, an Stelle der Auffüllbetragsrente eine höhere Rente zuzuerkennen und dazu die Beklagte unter Änderung aller seit dem 1. Juli 1990 erteilten Rentenbescheide in Gestalt des Überprüfungsbescheides und des Widerspruchsbescheides sowie der Rentenanpassungsmitteilungen einschließlich der Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2000, zum 1. Juli 2001 und zum 1. Juli 2002 zu verurteilen, die Rente neu zu berechnen. Dabei sind insbesondere
1.1 die Invalidenrente aus der SV der DDR einschließlich des Sozialzuschlages gemäß der Zahlbetragsgarantie des Art 30 Abs 5 EV wertmäßig ungekürzt und dauerhaft angepasst an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet zu gewähren (Zahlbetragsgarantie des EV für SV – sowie für SV- und FZR-Renten einschließlich der SV-Zuschläge),
1.2 auch die Anpassungen der Rente zum 1. Juli 2000, zum 1. Juli 2001 und zum 1. Juli 2002 an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG sowie der EMRK zur Beibehaltung des realen Wertes des Renteneinkommens der Klägerin vorzunehmen.”
Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Juli 2003 zur Niederschrift durch das Gericht erklärt, sie anerkenne, dass der Klägerin ab 1. Januar 1992 nach der konkret bestehenden Bescheidlage ein dynamisierbares Recht auf Rente zustehe, das ab 1. Januar 1992 entsprechend der Veränderung des aktuellen Rentenwerts (Ost) anpassbar sei, und dass ihr für Bezugszeiten ab 1. Januar 1996 entsprechend höhere Beträge zu zahlen seien.
Im Übrigen beantragt sie,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. September 2002 aufzuheben und die Klagen in vollem Umfang abzuweisen, ferner, die Revision der Klägerin als unzulässig zu verwerfen, soweit sie gegen die Rentenanpassung zum 1. Juli 2002 gerichtet ist, und sie im Übrigen zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das angefochtene Urteil sei zu korrigieren, soweit das SG auch in Bestandskraft erwachsene Bescheide abgeändert und sie zu höheren Zahlungen für Bezugszeiten vor dem 1. Januar 1996 verurteilt habe. Bei dem Antrag der Klägerin im Zusammenhang mit der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2002 handele es sich um eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung. Im Übrigen hält sie die Klageabweisung durch das SG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässigen Revisionen der Beteiligten haben jeweils teilweise Erfolg. Die Revision der Klägerin ist in dem im Urteilsausspruch unter Ziff 1 Buchst a) genannten Umfang, die Revision der Beklagten in dem unter Ziff 1 Buchst b) genannten Umfang begründet. Im Übrigen ist die Revision der Klägerin unbegründet; die erstmals im Revisionsverfahren erhobenen Klagen gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2002 sind unzulässig.
1. Die Revisionen der Beteiligten sind zulässig. Auch die Revisionsbegründung der Klägerin genügt noch den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG. Danach muss die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Norm und soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. In der Begründung muss nach ständiger Rechtsprechung (vgl BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 2; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 65; Urteil des Senats vom 30. Januar 2003 – B 4 RA 9/02 R – mwN) sorgfältig sowie nach Umfang und Zweck zweifelsfrei dargelegt werden, weshalb die Vorinstanz eine Vorschrift des materiellen Rechts nicht oder nicht richtig angewandt hat. Die Angabe der verletzten Norm ist insoweit notwendig, aber nicht hinreichend. Es ist darzulegen, dass und weshalb die Rechtsansicht der Vorinstanz nicht geteilt wird; dies kann nur mit rechtlichen Erwägungen geschehen. Die Revisionsbegründung darf nicht nur die eigene Meinung wiedergeben, sondern muss sich – zumindest kurz – mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils auseinander setzen und erkennen lassen, dass und warum die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Rechts nicht oder nicht richtig angewandt worden ist.
In der Revisionsbegründung vom 29. Dezember 2002 vertritt die Klägerin im Wesentlichen eine eigene Meinung über die vom EV besitzgeschützte Zahlbetragsgarantie und deren Umsetzung im RÜG. Auf Seite 4 der noch innerhalb der Begründungsfrist eingegangenen ergänzenden Begründung vom 29. Januar 2003 hat sich die Klägerin jedoch auch kurz mit den Entscheidungsgründen im Urteil des SG auseinander gesetzt. Die Klägerin rügt auf der Grundlage ihrer Meinung, dass sich das SG nicht mit der Schaffung des Auffüllbetrags und der damit angeblich verbundenen Beseitigung der Zahlbetragsgarantie als Realwertgarantie auseinander gesetzt habe und von der faktischen Situation nach dem RÜG ausgehe, die der Prüfung des BVerfG vermeintlich nicht standgehalten habe. Dementsprechend begehrt sie mit ihrer Revision sinngemäß, ua ihr (an Stelle des Auffüllbetrags) eine höhere Rente zuzuerkennen und diese gemäß der Zahlbetragsgarantie des Art 30 Abs 5 EV an die Lohn- und Einkommensentwicklung im Beitrittsgebiet anzupassen.
2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das Urteil des SG vom 5. September 2002, mit dem dieses den Klagen der Klägerin teilweise stattgegeben hat. Die Beklagte hat bis zur mündlichen Verhandlung mit ihrer Revision die Aufhebung des Urteils und die Abweisung der Klagen begehrt. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision ihr Begehren aus dem Klageverfahren weiter, zusätzlich greift sie die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2002 an.
Gegenstand des Klageverfahrens ist die Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 18. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2001, mit der sie die Rücknahme der bestandskräftigen Entscheidungen über den Wert der der Klägerin ab 1. Juli 1990 zustehenden Rechte sowie der Anpassungsentscheidungen für Bezugszeiten ab 1. Juli 1990, die Neufeststellung höherer dynamisierbarer Werte und die Zahlung entsprechend höherer Beträge abgelehnt hat. Die Klägerin begehrt (§ 123 SGG) die Aufhebung der die Rücknahme ablehnenden Entscheidung, die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme der bestandskräftigen Entscheidungen über den Wert ihres Rechts und über die Anpassung dieses Werts für Bezugszeiten ab 1. Juli 1990, zur Neufeststellung eines höheren dynamisierbaren Werts sowie zur Anpassung des Werts entsprechend dem Anpassungsfaktor des aktuellen Rentenwerts (Ost) und die Verurteilung der Beklagten, entsprechend höhere Beträge zu zahlen. Dieses Begehren ist in Kombination von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässig (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG).
3. Das im Revisionsverfahren weiter verfolgte Begehren der Klägerin hat in dem im Urteilsausspruch unter Ziff 1 Buchst a) genannten Umfang Erfolg. Insoweit war die Beklagte gemäß ihrem in der mündlichen Verhandlung erklärten Teilanerkenntnis nach dem über § 202 SGG entsprechend anwendbaren § 307 Abs 1 ZPO (vgl BSG SozR 1750 § 307 Nr 1 und 2; BSG SozR 6580 Art 5 Nr 4 S 10 f) zu verurteilen. Eines ausdrücklichen Antrags auf Erlass eines Anerkenntnisurteils bedurfte es nicht, weil der Revisionsantrag auch dahin zu verstehen ist, dass dann, wenn die Beklagte den geltend gemachten Anspruch (teilweise) anerkennt, durch (Teil-)Anerkenntnisurteil entschieden werden soll. Dem Erlass eines Teil-Anerkenntnisurteils im sozialgerichtlichen Verfahren steht § 101 Abs 2 SGG nicht entgegen. Diese Vorschrift enthält keine abschließende Spezialregelung für das Anerkenntnis im Sozialgerichtsprozess, sondern ermöglicht, das Gerichtsverfahren ohne Urteil zu beenden, wenn der geltend gemachte Anspruch ganz oder zum Teil (“insoweit”) anerkannt und das Anerkenntnis angenommen wird. Kommt es – aus welchen Gründen auch immer – nicht zur Annahme des (Teil-)Anerkenntnisses, ist eine Entscheidung über den geltend gemachten und einseitig anerkannten Anspruch durch Urteil unausweichlich. Dies ist insbesondere der Fall, wenn – wie hier – die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten ist.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung anerkannt, dass sie nach der konkret bestehenden Bescheidlage der Klägerin ab 1. Januar 1992 an Stelle des bis Ende 1991 nach Beitrittsgebietsrecht zustehenden Rechts auf eine Invalidenrente aus der Sozialversicherung in Höhe von zuletzt monatlich 437,00 DM ein dynamisierbares Recht auf (Regelalters-)Rente in Höhe von 466,89 DM zuerkannt hatte, das ab 1. Januar 1992 entsprechend den Veränderungen des aktuellen Rentenwerts (Ost) anpassbar gewesen ist. Der Klägerin steht deswegen ein Anspruch auf Rücknahme der seit dem 1. Januar 1992 ergangenen (und bindend gewordenen) Festsetzungen der Rentenanpassungsfaktoren (jeweils mit dem Wert 0 vH) und ein Anspruch auf Neufeststellung der Anpassungsfaktoren entsprechend der Veränderung des aktuellen Rentenwerts (Ost) zu (§§ 255a ff SGB VI). Weiterhin hat die Beklagte anerkannt, dass die nach Rücknahme und Neufeststellung höheren und insoweit noch nicht erfüllten monatlichen Zahlungsansprüche für Bezugszeiten ab 1. Januar 1996 zu erfüllen sind. Für die Zeiten davor kann die Klägerin die Zahlung entsprechend höherer Beträge nicht beanspruchen, weil der Rücknahmeantrag erst im Juni 2000 gestellt worden ist, sodass gemäß § 44 Abs 4 SGB X der materiellrechtliche anspruchsvernichtende Einwand der Nachleistungsbegrenzung auf vier Jahre durchgreift (vgl BSG SozR 3-2600 § 99 Nr 5 S 29 f mwN).
4. Die Revision der Beklagten ist in dem im Urteilsausspruch unter Ziff 1 Buchst b) genannten Umfang im Sinne der Aufhebung des Urteils des SG begründet.
a) Das SG hat Bundesrecht verletzt, indem es auf die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage der Klägerin hin den (undatierten) “Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente auf Grund des ab 1. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts” sowie den “Rentenbescheid” vom 23. November 1994 “abgeändert” hat. Denn dem SG ist es generell untersagt, bestandskräftige Verwaltungsentscheidungen aufzuheben oder abzuändern. Im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X – wie hier – hat das SG auf Anfechtungsklage hin nur über die Ablehnung (dh: negative Feststellung) des geltend gemachten Anspruchs auf Rücknahme, der gegen den Verwaltungsträger gerichtet ist, zu entscheiden; auf die damit verbundene Verpflichtungsklage kann ggf nur die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des früheren Verwaltungsaktes und auf die weitere Verpflichtungsklage die Pflicht zur Neufeststellung ausgeurteilt werden, soweit nicht diese zweite Verpflichtungsklage entsprechend § 54 Abs 4 SGG durch eine allgemeine Leistungsklage konsumiert wird. Dies ist von der Klägerin vorliegend sinngemäß auch so begehrt worden (§ 123 SGG). Sie hat mit ihren kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen die die Rücknahme bestandskräftiger Verwaltungsakte ablehnende Entscheidung im Bescheid vom 18. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2001 angefochten und außer deren Aufhebung die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme und Neufeststellung angestrebt (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG). Mit der Abänderung bereits bestandskräftig gewordener Verwaltungsakte ist das SG mithin über dieses Begehren der Klägerin hinausgegangen. Schon deshalb ist nicht darauf einzugehen, dass eine auf Aufhebung bestandskräftiger Verwaltungsakte durch das Gericht gerichtete Klage stets unzulässig ist.
b) Die Revision der Beklagten hat auch insoweit Erfolg, als das SG diese zu Unrecht zu höheren Zahlungen für Bezugszeiten vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1995 verurteilt hat. Den Zahlungsansprüchen der Klägerin für Bezugszeiten vor dem 1. Januar 1996 steht gemäß § 44 Abs 4 SGB X der anspruchsvernichtende Einwand der Nachleistungsbegrenzung auf vier Jahre entgegen (vgl oben unter 3).
5. Die weitergehenden Klagen der Klägerin sind teils unbegründet, teils unzulässig.
a) Soweit die Klägerin mit ihren kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen ua die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme bestandskräftiger Entscheidungen für Bezugszeiten zwischen dem 1. Juli 1990 und 31. Dezember 1991 begehrt, ergibt sich aus ihrem Vorbringen kein Anhaltspunkt dafür, dass diese Entscheidungen anfänglich rechtswidrig waren und ihr deshalb ein Anspruch auf Rücknahme gemäß § 44 Abs 1 und 2 SGB X zusteht (vgl dazu BSGE 88, 75, 81 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20 S 136). Diese Entscheidungen entsprechen den Bestimmungen des Beitrittsgebietsrechts (§ 11 Abs 1 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung – Rentenverordnung – vom 23. November 1979 – GBl I S 401). Der EV hat die Fortgeltung der Rentenverordnung im Beitrittsgebiet als sekundäres Bundesrecht unter bestimmten Maßgaben angeordnet (Art 9 Abs 2 EV iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 6). Danach bezog die Klägerin eine Invalidenrente aus der Sozialpflichtversicherung in Höhe der Mindestrente, die ab 1. Juli 1990 in DM aufgewertet 330,00 DM betrug (vgl auch Art 19 EV). Außerdem erhielt sie zu ihrer Invalidenrente ab 1. Juli 1990 einen Sozialzuschlag nach § 18 Abs 1 des RAnglG vom 28. Juni 1990 (GBl I S 495) in Höhe von 165,00 DM (Differenz zwischen 495,00 DM und 330,00 DM). Dieser war weder Rentenbestandteil noch eine der Art nach durch das Rentenversicherungsrecht der Bundesrepublik Deutschland ersetzbare Rente, sondern eine versicherungsfremde Fürsorgeleistung, die im EV nicht der Rentenüberleitung auf das Beitrittsgebiet unterstellt wurde und längstens bis zum 30. Juni 1995 gezahlt werden sollte (Art 30 Abs 3 EV, Art 9 Abs 2 EV iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 Buchst a). Die Invalidenrente der Klägerin wurde zum 1. Januar 1991 und zum 1. Juli 1991 jeweils um 15 % angepasst (§ 2 der 1. RAV vom 14. Dezember 1990, BGBl I S 2867; § 4 der 2. RAV vom 19. Juni 1991, BGBl I S 1300). Eine Angleichung zum 1. Juli 1990 war für Invalidenrenten, denen – wie hier – keine Arbeitsjahre zu Grunde lagen, nicht vorgesehen (§ 2 RAnglG). Eine Anpassung des versicherungsfremden Sozialzuschlags war ebenfalls nicht vorgesehen. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rentenangleichung und Rentenanpassung nach der 1. und 2. RAV bestehen nicht; der Wert der Invalidenrente der Klägerin stieg dadurch von 330,00 DM auf 437,00 DM, der monatliche Zahlungsanspruch aus dem Recht auf Rente (ohne Sozialzuschlag) erhöhte sich demnach in einem Jahr – zusätzlich zur Aufwertung auf DM – um etwa ein Drittel.
b) Soweit die Klägerin von der Beklagten die Rücknahme der unterlassenen Anpassung des Sozialzuschlags für den Bezugszeitraum vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996 begehrt, steht ihr insoweit ebenfalls wegen fehlender anfänglicher Rechtswidrigkeit der negativen Anpassungsentscheidungen kein Rücknahmeanspruch nach § 44 Abs 1 und Abs 2 SGB X zu. Mit Ablauf des 31. Dezember 1991 ist der zu sekundärem Bundesrecht gewordene § 18 RAnglG außer Kraft getreten (Art 41 Nr 3 RÜG) und ab 1. Januar 1992 durch die Regelung des Art 40 RÜG (Gesetz zur Zahlung eines Sozialzuschlags zu Renten im Beitrittsgebiet – Sozialzuschlagsgesetz –) ersetzt worden (Art 42 Abs 1 RÜG). An dem (im Kern sozialhilferechtlichen) Recht auf einen Sozialzuschlag, das rechtlich keine inhaltliche Beziehung zu den rentenversicherungsrechtlichen Rechten des SGB VI hat, hat sich dadurch nichts geändert (vgl dazu BSG SozR 3-1300 § 42 Nr 5 S 11). Den Sozialzuschlag mussten nunmehr die Rentenversicherungsträger in Auftragsverwaltung für den Bund zahlen, bis das bundesrechtliche Leistungssystem der Sozialhilfe in den neuen Bundesländern aufgebaut war; Art 40 § 1 RÜG sieht deshalb nur für die Zeit bis zum 31. Dezember 1996 ein besonderes Recht auf eine der Übergangsproblematik entsprechend ausgestaltete Sozialhilfeleistung vor. Dementsprechend gibt es im RÜG keine Bestimmung, die wie bei Rechten auf Renten nach dem SGB VI eine Dynamisierung vorsieht. Auch insoweit bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
c) Soweit die Klägerin begehrt, “ihr an Stelle der Auffüllbetragsrente eine höhere Rente zuzuerkennen” und damit die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme des Rechts auf Regelaltersrente und zur Festsetzung eines höheren Geldwerts als 466,89 DM verlangt, sind die Klagen mangels Beschwer unzulässig. Die Verwaltungsentscheidung im undatierten “Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente auf Grund des ab 1. Januar 1992 geltenden neuen Rentenrechts”, ihr ab 1. Januar 1992 ein Recht auf Regelaltersrente zuzuerkennen (“die bisher gezahlte Versichertenrente wird künftig als Regelaltersrente geleistet”), war zwar rechtswidrig. Sie hat die Klägerin jedoch ausschließlich begünstigt. Ihr stand kein Recht auf eine Regelaltersrente zu, denn sie erfüllt mangels gleichstellbarer Vorleistung schon nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Versichertenstatus und allgemeine Wartezeit) für dieses Recht (§§ 35 Nr 2, 50 Abs 1 Nr 1, 51 Abs 1, 55, 248 Abs 3 SGB VI). Es hätte im Übrigen auch keinen Geldwert gehabt, sodass es als “nudum ius” (leeres Recht) nicht entstanden wäre. Diese bindend gewordenen begünstigenden Verwaltungsakte beschweren demnach die Klägerin nicht iS des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG.
6. Soweit die Klägerin mit ihrer Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage erstmals im Revisionsverfahren die Wertfeststellung zum 1. Juli 2002 in der Rentenanpassungsmitteilung angreift, sind die Klagen unzulässig. Es handelt sich insoweit um eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung (§ 168 Satz 1 SGG). Aufgabe der Revisionsinstanz ist es, nach § 162 SGG zu prüfen, ob das angefochtene Urteil auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung gesetzlicher Vorschriften beruht. Die Rechtskontrolle beschränkt sich demnach auf die Entscheidung der Vorinstanz. Das Verbot der Klageänderung in der Revisionsinstanz soll verhindern, dass das Revisionsgericht einen Sachverhalt würdigen muss, der durch die Tatsachengerichte noch nicht beurteilt worden ist und ohne Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht auch nicht beurteilt zu werden brauchte (vgl BSG SozR 3-2500 § 88 Nr 1 S 7; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34 S 67 f). Das SG brauchte sich hier mit der Rechtmäßigkeit der (unterlassenen) Rentenanpassung zum 1. Juli 2002 nicht zu befassen, denn diese wurde ausweislich des im Klageverfahren gestellten Antrags von der Klägerin nicht angegriffen. Sie ist auch nicht kraft Gesetzes nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens vor dem SG geworden. Die Rentenanpassungsmitteilungen enthalten allerdings selbstständig anfechtbare Verwaltungsakte, nämlich die wertmäßigen Fortschreibungen eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente durch Feststellung des Veränderungsfaktors (vgl BSG SozR 3-1300 § 31 Nr 13 S 24, 28; BSG SozR 3-2600 § 248 Nr 8 S 47; BSG SozR 3-2600 § 255c Nr 1 S 2 ff; Urteil des Senats vom 10. April 2003 – B 4 RA 41/02 R –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Diese Feststellungen stehen rechtlich und faktisch neben den Feststellungen des jeweiligen Geldwertes eines Rechts oder Anspruchs, denn insoweit wird nicht über den Geldwert des Rechts auf Rente, sondern ausschließlich über den Grad der Anpassung entschieden. Die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2002 hat demnach weder die Wertfestsetzung im undatierten “Bescheid über die Umwertung und Anpassung der Rente auf Grund des ab 1. Januar 1992 geltenden Rentenrechts”, noch die Rentenanpassungsmitteilungen der vorhergehenden Jahre, noch den hier allein angefochtenen, die Rücknahme früherer bestandskräftiger Entscheidungen ablehnenden Bescheid vom 18. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2001 abgeändert oder ersetzt.
7. Nach alledem war das Urteil des SG abzuändern und die Beklagte in dem im Urteilsausspruch vorgesehenen Umfang zu verurteilen. Im Übrigen waren die Klagen der Klägerin abzuweisen, die weitergehende Revision der Klägerin zurückzuweisen und die erstmals im Revisionsverfahren erhobenen Klagen gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2002 (als unzulässig) abzuweisen.
8. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG und beruht auf der Erwägung, dass die Klägerin in dem Rechtsstreit zum überwiegenden Teil obsiegt hat.
Fundstellen