Leitsatz (amtlich)
Hat ein Handwerker, der nach seiner Einberufung in den Kriegsdienst nicht in der Handwerksrolle gelöscht worden ist, während seines Kriegsdienstes Beiträge geleistet, so ist diese Zeit keine Ersatzzeit; die entrichteten Beiträge sind Pflichtbeiträge, sie können nicht als Beiträge der Höherversicherung angerechnet werden.
Leitsatz (redaktionell)
Beiträge, die von einem in die Handwerksrolle eingetragenen und damit versicherungspflichtigen Handwerker während seines Kriegsdienstes im 2. Weltkrieg entrichtet wurden, sind als Pflichtbeiträge anzusehen und zwar ungeachtet des Umstandes, daß die Beitragspflicht in dieser Zeit nach 1. DV HVG vom 1939-07-13 § 5 Abs 1 und Abs 3 S 1 geruht hat. Die Voraussetzungen des ArVNG Art 2 § 15 Abs 2 S 1 iVm HwVG § 1 Abs 5 sind damit nicht erfüllt. Eine Anrechnung des Kriegsdienstes als Ersatzzeit iS des RVO § 1251 Abs 1 stehen die Vorschriften des RVO § 1251 Abs 2 S 1 und HwVG § 3 Abs 3 entgegen.
Orientierungssatz
Unter "Beiträgen" iS von HwVG § 3 Abs 3 sind Pflichtbeiträge zu verstehen.
Normenkette
ArVNG Art. 2 § 15 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1251 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23, Abs. 2 S. 1 Fassung: 1957-02-23; HwAVGDV § 5 Abs. 1 Fassung: 1939-07-13; HwVG § 3 Abs. 3 Fassung: 1960-09-08; HwAVGDV § 5 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1939-07-13; HwVG § 1 Abs. 5 Fassung: 1960-09-08
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 7. September 1967 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der am 22. Dezember 1899 geborene Kläger ist seit dem 1. Juli 1927 als Malermeister selbständig erwerbstätig. Seit Januar 1939 gehört er der Handwerkerversicherung an. Am 12. September 1939 wurde er zum Wehrdienst einberufen und nahm bis Ende 1944 am Krieg teil. Im Anschluß daran war er bis zum 29. November 1948 in Kriegsgefangenschaft.
Sein Handwerksbetrieb lag in den Zeiten des Kriegsdienstes und der anschließenden Kriegsgefangenschaft still. Seine Ehefrau entrichtete für ihn bis Ende 1944 monatlich Beiträge der Klasse C zur Handwerkerversicherung.
Der Kläger beantragte am 23. November 1964 die Gewährung von Altersruhegeld. Die Beklagte erkannte in dem Rentenbescheid vom 8. Juni 1965 lediglich die Zeit der Gefangenschaft mit nachfolgender Krankheit des Klägers als Ersatzzeit an, während sie die Zeit des Kriegsdienstes von September 1939 bis Ende 1944 als Beitragszeit wertete und der Rentenberechnung die in diesen Jahren geleisteten Beiträge der Klasse C zugrunde legte.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht (SG) Berlin mit Urteil vom 6. Oktober 1966 ab: Der Kläger sei in der strittigen Zeit weiterhin in der Handwerksrolle eingetragen gewesen, seine Versicherungspflicht habe daher fortbestanden; der Anrechnung dieser Zeit als Ersatzzeit stünden die geleisteten Pflichtbeiträge entgegen.
Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin vertrat in seinem Urteil vom 7. September 1967 gleichfalls die Ansicht, die Zeit des Wehrdienstes im 2. Weltkrieg sei als Ersatzzeit nicht anrechenbar; der Wortlaut des § 3 Abs. 3 des Handwerkerversicherungsgesetzes (HwVG) vom 8. September 1960 verbiete die Anrechnung von Ersatzzeiten, wenn der Handwerker in diesen Zeiten Beiträge entrichtet habe. Die gezahlten Beiträge könnten mithin auch nicht als Beiträge der Höherversicherung berücksichtigt werden; denn Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) vom 23. Februar 1957 setze voraus, daß in Ersatzzeiten "freiwillige Beiträge" entrichtet worden seien; solche Beiträge habe der Kläger nicht geleistet. Diese Vorschrift aus dem Jahre 1957 sei dem Gesetzgeber bei Erlaß des HwVG im Jahre 1960 bekannt gewesen; wenn er also Beiträge, die der eingetragene Handwerker in Ersatzzeiten geleistet habe, als freiwillige Beiträge im Sinne des Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 ArVNG hätte gelten lassen wollen, hätte es einer besonderen Regelung bedurft. Der Kläger habe die Beiträge auch tatsächlich nicht freiwillig entrichtet; denn seine Ehefrau habe die Beiträge in der irrtümlichen Annahme der fortbestehenden Beitragspflicht gezahlt. Im übrigen seien diese Beiträge nach damaligem Recht als Pflichtbeiträge aufzufassen (§ 5 Abs. 3 der Ersten Durchführungsverordnung - DVO - vom 13. Juli 1939 zum Gesetz über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk - HVG - vom 21. Dezember 1938).
Das LSG ließ die Revision zu. Der Kläger legte fristgemäß und formgerecht Revision ein. Er beantragte,
das Urteil des LSG Berlin vom 7. September 1967 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 12. September 1939 bis 31. Dezember 1944 als Ersatzzeit sowie die in dieser Zeit gezahlten Beiträge als Beiträge der Höherversicherung anzurechnen.
Der Kläger rügte, das LSG habe § 3 Abs. 3 HwVG und Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 ArVNG sowie § 1422 der Reichsversicherungsordnung (RVO) verletzt. Der Grundgedanke des Gesetzes sei, dem Handwerker wie jedem anderen Pflichtversicherten in Ersatzzeiten den Versicherungsschutz ungeschmälert zu erhalten und in diesen Zeiten geleistete Beiträge der Höherversicherung zuzurechnen, gleichgültig ob es sich hierbei um Pflicht- oder freiwillige Beiträge handele. Die Frage, ob der Versicherte freiwillige Beiträge oder Pflichtbeiträge leiste, dürfe überdies nicht von seiner subjektiven Vorstellung abhängen; sie sei allein aus dem Gesetz zu beantworten. Danach könnten die von ihm - dem Kläger - entrichteten Beiträge aber mangels Vorliegens einer Beitragspflicht nur als freiwillige Beiträge behandelt werden. Selbst wenn man jedoch unterstelle, daß er nach Einberufung zum Wehrdienst nicht in der Handwerksrolle gelöscht worden sei, könne darauf nicht der Fortbestand der Versicherungspflicht hergeleitet werden, da der Eintragung keine rechtsbegründende Wirkung zukomme. Das LSG habe im übrigen bei der Feststellung, daß die Eintragung des Handwerksbetriebs in der Handwerksrolle nicht gelöscht worden sei, die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht verletzt (§ 103 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), da es seine Ehefrau nicht zu dieser Frage vernommen habe.
Die Beklagte beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision des Klägers ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sie ist jedoch unbegründet.
Der Kläger begehrt, unter Berücksichtigung der Zeit seines Wehrdienstes vom 12. September 1939 bis 31. Dezember 1944 als Ersatzzeit die in dieser Zeit zur Handwerkerversicherung entrichteten Beiträge als Beiträge der Höherversicherung anzurechnen. Das SG und das LSG haben dieses Begehren zutreffend zurückgewiesen.
Nach Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 ArVNG, der nach der allgemeinen Verweisungsvorschrift des § 1 Abs. 5 HwVG grundsätzlich auch auf die Versicherungsverhältnisse der selbständigen Handwerker Anwendung findet, gelten freiwillige Beiträge, die in der Zeit vor dem 1. Januar 1957 neben Pflichtbeiträgen (1. Alternative) oder in Ersatzzeiten (2. Alternative) entrichtet sind, als Beiträge der Höherversicherung. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Daß er Pflichtbeiträge und freiwillige Beiträge nebeneinander gezahlt habe (1. Alternative), hat der Kläger selbst nicht vorgetragen; im Streit sind allein Beiträge, die der Kläger während seines Wehrdienstes geleistet hat; er meint, damit in "Ersatzzeiten" Beiträge entrichtet zu haben, er beruft sich also auf die 2. Alternative der Vorschrift.
In der Rentenversicherung der Arbeiter sind Zeiten des militärischen Dienstes als Ersatzzeiten anrechnungsfähig (§ 1251 RVO). Dies gilt auch für die Handwerkerversicherung, soweit das HwVG nichts Abweichendes bestimmt (§ 1 Abs. 5 HwVG). Eine abweichende Regelung enthält jedoch § 3 Abs. 3 HwVG, wonach einem auf Grund der Eintragung in die Handwerksrolle versicherungspflichtigen Handwerker Ersatzzeiten des § 1251 RVO nur angerechnet werden können, wenn für diese Zeiten Beiträge nicht entrichtet wurden. Der Kläger hat während seines Wehrdienstes im 2. Weltkrieg unstreitig Beiträge gezahlt. Er war in dieser Zeit nach den Feststellungen des LSG auch noch in der Handwerksrolle eingetragen; die von ihm behauptete Löschung der Eintragung hat das LSG nicht als erwiesen angesehen. An diese Feststellung ist der Senat gebunden, da zulässige Revisionsgründe hiergegen nicht vorgebracht worden sind (§ 163 SGG). Der Kläger hat in bezug auf diese Feststellungen zwar mangelnde Sachaufklärung gerügt; es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob diese Rüge zutrifft; sie ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 164 SGG erhoben worden ist (Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Anm. 3 zu § 163 SGG).
Der Senat muß daher bei der Beurteilung des Sachverhalts davon ausgehen, daß der Kläger nach seiner Einberufung zum Kriegsdienst nicht in der Handwerksrolle gelöscht worden ist. Auf Grund seiner Eintragung in der Handwerksrolle ist der Kläger während des Kriegsdienstes versicherungspflichtig geblieben, und zwar ohne Rücksicht auf die faktische Stilllegung seines Betriebs und den damit verbundenen Wegfall seines Arbeitseinkommens. Der Einwand der Revision, die Eintragung in die Handwerksrolle habe keine rechtsbegründende Wirkung, geht fehl. Nach § 1 Abs. 2 HVG vom 21. Dezember 1938 - nunmehr § 1 Abs. 1 Satz 1 HwVG - waren alle Handwerker versicherungspflichtig, die in der Handwerksrolle geführt wurden. Das bedeutet nach altem wie nach neuem Recht, daß die Versicherungspflicht nur mit der Eintragung entsteht; zum anderen aber, daß sie solange fortbesteht, bis der Handwerker in der Handwerksrolle gelöscht wird. Ob die Eintragung zu Recht erfolgt ist oder fortbesteht, ist dabei - wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat - für das Versicherungsverhältnis ohne Bedeutung (BSG 24, 13, 15; SozR Nr. 3 zu § 1 HwVG; ferner Kahmann/Jahn/Hoernigk § 1 Abs. 2 HVG Anm. 8). Für diese Auslegung spricht auch der Wortlaut des § 6 der 1. DVO zum HVG vom 13. Juli 1939 (RGBl I 1255) - heute § 3 Abs. 1 HwVG -, wonach Arbeitslosigkeit im Sinne der Handwerkerversicherung nur vorliegt, wenn und solange der Handwerker in der Handwerksrolle gelöscht ist. Diese Bestimmung bestätigt, daß das Gesetz die für den Bestand der Pflichtversicherung bedeutsamen Rechtswirkungen an den Tatbestand der Eintragung knüpft. Das Merkmal der Eintragung dient in der Handwerkerversicherung zwar einerseits der Abgrenzung des versicherungspflichtigen Personenkreises, ihm kommt aber auch entscheidende rechtliche Bedeutung für Entstehung und Fortbestand des Versicherungsverhältnisses zu.
Die auf Grund der Eintragung fortbestehende Versicherungspflicht des Klägers war auch nicht mit der Einberufung zum Wehrdienst erloschen; nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 der 1. DVO zum HVG vom 13. Juli 1939 ruhte für die Zeit des Kriegsdienstes lediglich seine Beitragspflicht, die Versicherungspflicht wurde hierdurch nicht berührt.
Der Fortbestand der Versicherungspflicht steht im allgemeinen der Berücksichtigung von Ersatzzeiten entgegen; das eine schließt das andere nach § 1251 Abs. 2 RVO aus. Bei Anwendung dieser Bestimmung könnte die Wehrdienstzeit des Klägers also schon deshalb nicht als Ersatzzeit angerechnet werden, weil der Kläger in dieser Zeit versicherungspflichtig geblieben ist. Jedoch ist insoweit die Sonderregelung des § 3 Abs. 3 HwVG zu beachten, die für Handwerker eine Vergünstigung darstellt (Spohr, HwVG, in Deutsches Bundesrecht V E 55 zu § 3 Abs. 3; Kahmann/Jahn/Hoernigk § 3 HwVG Anm. 3; Schriftl. Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik, BT-Drucks. III/1379, S. 4); sie ermöglicht die Anrechnung von Ersatzzeiten ungeachtet der auf Grund der Eintragung fortdauernden Versicherungspflicht. Voraussetzung ist jedoch, daß der Handwerker Beiträge für diese Zeit nicht entrichtet hat. Diese Einschränkung entspricht dem Wesen der Ersatzzeit, die nach dem Willen des Gesetzgebers eine Ausgleichsfunktion erfüllt: sie soll Beiträge ersetzen, an deren Entrichtung der Versicherte infolge der in § 1251 Abs. 1 RVO bezeichneten außergewöhnlichen Umstände, insbesondere des militärischen und militärähnlichen Dienstes, gehindert war. Hat der Versicherte während einer solchen Zeit gleichwohl Beiträge auf Grund bestehender Versicherungspflicht geleistet, bedarf es des Ausgleichs durch die Bewertung als Ersatzzeit nicht. Sie widerspräche auch dem in einer Reihe von Vorschriften (vgl. §§ 1250 bis 1260, 1233, 1251 Abs. 2 Satz 1 RVO, Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 ArVNG) zum Ausdruck gelangten Grundgedanken des Gesetzes, daß Versicherungszeiten - das sind Beitragszeiten und Ersatzzeiten - nicht doppelt angerechnet werden dürfen.
Welche Art von "Beiträgen" in § 3 Abs. 3 HwVG gemeint ist, läßt der Gesetzeswortlaut nicht erkennen. Nach der Fassung des Gesetzes könnte man sowohl Pflichtbeiträge als auch freiwillige Beiträge darunter verstehen. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes kann es sich dabei aber nur um Pflichtbeiträge handeln; denn freiwillige Beiträge werden, wenn sie - vor 1957 - in Ersatzzeiten "entrichtet" wurden, bereits nach Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 ArVNG als Beiträge der Höherversicherung angerechnet, so daß ihr Zusammentreffen mit Ersatzzeiten keiner weiteren Sonderregelung bedurfte (vgl. Kahmann/Jahn/Hoernigk aaO).
Für diese Auslegung spricht, worauf das LSG zutreffend hinweist, auch § 5 Abs. 3 der 1. DVO zum HVG vom 13. Juli 1939, der ausdrücklich bestimmte, daß Beiträge, die während der Ersatzzeiten entrichtet wurden, für die Erfüllung der Wartezeit als "Pflichtbeiträge" galten. Das HwVG vom 8. September 1960 konnte von einer solchen Bestimmung absehen, da Ersatzzeiten für die Erfüllung der Wartezeit nach neuem Recht ohnehin stets anzurechnen sind. Der Verzicht auf eine derartige Klarstellung besagt jedoch nicht, daß der Bundesgesetzgeber in § 3 Abs. 3 HwVG im Gegensatz zum früheren Recht einen umfassenderen Beitragsbegriff einführen wollte; vielmehr drängt sich der gegenteilige Schluß auf: wie schon bisher sollen nur Pflichtbeiträge der Anrechnung von Ersatzzeiten in der Handwerkerversicherung entgegenstehen.
Die Beiträge des Klägers können - wie das LSG im Ergebnis zutreffend erkannt hat - nicht als freiwillige Beiträge betrachtet werden. Ob Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge entrichtet wurden, hängt freilich nicht in erster Linie von der subjektiven Vorstellung des Versicherten ab. Zunächst ist zu fragen, ob nach dem Gesetz die Beiträge objektiv als Beiträge der freiwilligen Versicherung qualifiziert werden können. Erst wenn diese Frage zu bejahen ist, kommt es auf den Willen des Versicherten an. Im vorliegenden Fall war der Kläger schon wegen der fortbestehenden Pflichtversicherung gehindert, während der Kriegszeit von dem Recht der Selbstversicherung oder freiwilligen Weiterversicherung Gebrauch zu machen; denn die hier maßgeblichen Vorschriften der §§ 1243, 1244 RVO aF i. V. m. § 21 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF setzen einheitlich voraus, daß der Berechtigte nicht oder nicht mehr versicherungspflichtig ist. Bei den von ihm geleisteten Beiträgen kann es sich daher weder um Beiträge der Selbstversicherung noch der freiwilligen Weiterversicherung handeln. Sie gelten auch nicht nach § 1446 RVO aF als solche; denn die Zurechnung von Beiträgen zur freiwilligen Weiterversicherung oder Selbstversicherung, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht entrichtet worden sind, ist nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift davon abhängig, daß in der betreffenden Zeit das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung oder Selbstversicherung bestanden hat; das ist bei dem Kläger nicht der Fall.
Bei dieser Sachlage können seine Beiträge nur als Pflichtbeiträge angesehen werden, d. h. als Beiträge, die auf Grund bestehender Versicherungspflicht geleistet wurden, und zwar ungeachtet des Umstandes, daß die Beitragspflicht des Klägers in dieser Zeit ruhte. Mithin scheidet eine Anrechnung der Zeit des Kriegsdienstes als Ersatzzeit aus.
Das LSG hat zu Recht ausgeführt, daß die Regelung des § 3 Abs. 3 HwVG, die für die versicherungspflichtigen Handwerker im Einzelfall eine Schlechterstellung gegenüber den pflichtversicherten Arbeitern und Angestellten bedeuten kann - zumal wenn sie, wie hier, dazu führt, daß dem versicherten Handwerker nicht die Umwandlung seiner Beiträge in Höherversicherungsbeiträge (Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 ArVNG) zugute kommt -, von dem Gesetzgeber bewußt hingenommen worden sei. Es mag auch rechtspolitisch wünschenswert sein, den Handwerkern die Vergünstigung des Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 ArVNG einzuräumen; zur Vermeidung dieses Ergebnisses hätte es jedoch des ausdrücklichen Hinweises bedurft, daß Art. 2 § 15 Abs. 2 Satz 1 ArVNG entsprechend Anwendung finde. Es darf aber auch nicht übersehen werden, daß allgemein die Regelung des § 3 Abs. 3 HwVG den Handwerkern auf der anderen Seite eine Vergünstigung gebracht hat: im Gegensatz zu anderen Versicherten erhalten sie ohne Rücksicht darauf, ob sie auf Grund der Eintragung in der Handwerksrolle versicherungspflichtig geblieben sind, Ersatzzeiten angerechnet; auch hat es der Gesetzgeber den Handwerkern damit freigestellt, ob sie durch Fortentrichtung hoher Beiträge in diesen Zeiten ihre Rente steigern oder sich mit der Anrechnung von Ersatzzeiten begnügen wollen, denen stets nur eine pauschale Beitragsbewertung zugrunde liegt.
Der Senat hat schließlich auch geprüft, ob die Weigerung der Beklagten, die strittige Zeit als Ersatzzeit anzurechnen und demzufolge die entrichteten Beiträge als Höherversicherungsbeiträge zu berücksichtigen, einen Eingriff in die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie darstellt; er hat diese Frage verneint: Wie das BSG bereits entschieden hat, genießen zwar auch Rentenansprüche gegenüber den Sozialversicherungsträgern grundsätzlich Eigentumsschutz nach Art. 14 des Grundgesetzes - GG - (BSG 9, 127); der Rentenanspruch des Klägers erleidet jedoch durch die Nichtanrechnung der Wehrdienstzeit als Ersatzzeit keine unter dem Blickwinkel des Art. 14 GG beachtliche Schmälerung.
Das BSG hat in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG 1, 277; ferner NJW 1963, 1395) wiederholt ausgesprochen, daß subjektive öffentliche Rechte nur insoweit unter dem Schutz der grundrechtlichen Eigentumsgarantie stehen, als sie auf der eigenen Leistung des Berechtigten beruhen; stets muß es sich um "erdiente" Berechtigungen handeln, staatliche Gewährungen fürsorgerischer Art können nicht als schutzwürdig betrachtet werden (BSG 5, 40, 42 ff; 9, 127). Es ist daher schon zweifelhaft, ob die Anrechnung von Ersatzzeiten in der Rentenversicherung, die vorwiegend auf dem Gedanken des sozialen Ausgleichs beruhen, eine von der Leistung des Versicherten in diesem Sinne abhängige Berechtigung darstellt. Einer abschließenden Stellungnahme zu dieser Frage bedarf es jedoch nicht; denn eine Eigentumsverletzung scheidet im vorliegenden Fall bereits deshalb aus, weil es an einer vom Kläger erworbenen eigentumsähnlichen Rechtsposition fehlt, die ihm hätte entzogen werden können. Ebenso wie § 3 Abs. 3 HwVG vom 8. September 1960 machte § 5 Abs. 3 der 1. DVO zum HVG vom 13. Juli 1939 die Anrechnung von Ersatzzeiten davon abhängig, daß der Handwerker in der fraglichen Zeit keine Beiträge geleistet hatte. Da der Kläger diese Voraussetzung nicht erfüllt, hat er kein Recht auf Anrechnung der Zeit des Kriegsdienstes als Ersatzzeit erlangt. Damit entfällt auch die Möglichkeit, die Beiträge des Klägers als Höherversicherungsbeiträge anzurechnen. Andererseits bleibt ihm der Anspruch auf diesen als Pflichtbeiträge zu behandelnden Beiträgen erhalten. Eine Rechtsbeeinträchtigung ist mithin nicht gegeben.
Nach allem kann dem Kläger die Zeit des Wehrdienstes vom 12. September 1939 bis 31. Dezember 1944 nicht als Ersatzzeit angerechnet werden, mit der Folge, daß die in dieser Zeit entrichteten Beiträge auch nicht der Höherversicherung zugerechnet werden können.
Die Revision des Klägers ist daher als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen