Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenhausbehandlung. Vergütung. Fallpauschale. Hauptleistung bei Behandlung mehrer Erkrankungen
Leitsatz (amtlich)
- Wann unter Geltung der Bundespflegesatzverordnung idF des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 19.12.1998 eine Krankenhausbehandlung vorrangig mit einer Fallpauschale zu vergüten ist, richtet sich danach, ob die in der Fallpauschale erfasste Leistung iVm der darin genannten Diagnose die Hauptleistung des Krankenhauses für den Patienten ist.
- Dafür, welche Leistung bei Behandlung mehrerer Erkrankungen die Hauptleistung einer Krankenhausbehandlung ist, ist entscheidend, in welchem Verhältnis die (betriebswirtschaftlichen) Aufwendungen für die durch die einzelnen Diagnosen während eines Krankenhausaufenthalts veranlassten Leistungen zu einander stehen. Hauptdiagnose ist diejenige Diagnose, die bei nachträglicher Betrachtung den höchsten Aufwand verursacht hat.
Normenkette
BPflV § 14 J: 1994; BPflV 1994 § 14 Abs. 1 S. 3 Hs. 1, Abs. 4 Sätze 1-2; KHG § 16 S. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. März 2002 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 7. Februar 2001 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat der Beklagten deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.
Die bei der Beklagten krankenversicherte K.… befand sich vom 26. März bis 27. April 1999 in dem von der Klägerin betriebenen, als Vertragskrankenhaus nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhaus L.… in stationärer Behandlung. Die Aufnahme erfolgte in der chirurgischen Abteilung wegen eines Oberschenkelbruchs (geschlossene pertrochantäre Fraktur) links. Am Aufnahmetag wurde eine Extension durch Knochendrahtung an der Tibia und am 28. März 1999 eine osteosynthetische Versorgung der Fraktur durchgeführt. Wegen eines danach aufgetretenen Hämatoms erfolgte am 7. April 1999 eine erneute operative Behandlung. Am 14. April 1999 wurde K.… auf die Innere Abteilung des Krankenhauses verlegt. Mit Endrechnung vom 30. April 1999 forderte das Krankenhaus von der Beklagten insgesamt 19.760,43 DM, wobei es neben den Basis- und Abteilungspflegesätzen das Sonderentgelt 17.10 geltend machte. Über die Diagnosen machte es folgende Angaben nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, Verletzungen und Todesursachen in der Fassung der 9. Revision vom 1. Januar 1993 (ICD 9): In der Aufnahmeanzeige vom 26. März 1999 wurde Nr 820.2 (geschlossene pertrochantäre Femurfraktur) als Aufnahmediagnose, in der Verlegungsanzeige wurden als Nachfolge- und Verlegungsdiagnose Nr 576.9 (nicht näher bezeichnete Affektion des Gallensystems) und als weitere Diagnosen Nr 820.2 sowie Nr 998.1 (Blutung oder Hämatom als Komplikation einer ärztlichen Maßnahme), Nr 428.9 (nicht näher bezeichnete Herzinsuffizienz) und Nr 414.0 (Koronararteriosklerose) genannt. In der Entlassungsanzeige vom 27. April 1999 wurde Nr 571.9 (nicht näher bezeichnete chronische Leberkrankheit, ohne Angabe einer Alkoholgenese) als Entlassungsdiagnose angegeben; als Nachfolgediagnosen wurden Nr 428.9 (nicht näher bezeichnete Herzinsuffizienz), Nr 283.9 (nicht näher bezeichnete erworbene hämolytische Anämie) sowie Nr 820.2, Nr 998.1 und Nr 414.0 aufgeführt. Die Verlegungs- und die Entlassungsanzeige enthielten ferner jeweils Operationen-Verschlüsselungen (OPS) für den 26. und den 28. März und für den 7. April 1999.
Mit der Begründung, die Berechnung von Sonderentgelten und tagesgleichen Pflegesätzen sei ausgeschlossen, weil die in der Rechnung angegebene OPS-Ziffer 5.790.58 im Definitionsteil des Fallpauschalen-Katalogs unter der Fallpauschale 17.04 genannt und deshalb die Abrechnung dieser Fallpauschale zwingend sei, zumal die Versorgung des Oberschenkelbruchs Hauptleistung des Behandlungsfalls gewesen sei, zahlte die Beklagte lediglich einen Betrag in Höhe von 11.326,36 DM (entsprechend den Beträgen für die genannte Fallpauschale zuzüglich zwei tagesgleichen Pflegesätzen). Die Klägerin teilte ihr daraufhin mit, bei der Versicherten sei bereits am 29. März 1999 ein erhöhter Bilirubin-Wert aufgefallen, die deswegen bereits für den 6. April 1999 vorgesehene Verlegung auf die Innere Abteilung zur weiteren Abklärung sei jedoch nicht möglich gewesen, weil auf Grund der Leberschädigung eine entsprechende Gerinnungsproblematik vorgelegen habe und es zu einer Hämatombildung gekommen sei, die den operativen Eingriff am 7. April 1999 erforderlich gemacht habe. Die Verlegung sei dann erfolgt, nachdem sich der Zustand der Versicherten nach weiteren sieben Tagen wieder stabilisiert habe. Hauptgrund der Verlegung sei primär nicht die Herzinsuffizienz, sondern vielmehr die problematische Lebersituation der Versicherten gewesen. Es habe somit bei einem Unfallereignis eine Zweiterkrankung vorgelegen, die dringend abklärungsbedürftig gewesen sei. Die für diese Erkrankung notwendige, ambulant nicht durchführbare umfangreiche zusätzliche Diagnostik und Behandlung überschreite den definierten Inhalt der Fallpauschale bei weitem. Daher komme nur die Abrechnung eines Sonderentgelts in Betracht. Nach Prüfung der ihr von der Klägerin zugeleiteten Krankenunterlagen durch den Medizinischen Dienst blieb die Beklagte bei ihrer Auffassung.
Die auf Zahlung von 8.434,07 DM zuzüglich 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. Mai 1999 gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) durch Ur vom 7. Februar 2001 abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 22. Mai 2002 das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verur t, an die Klägerin 4.312,27 € nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 23. Mai 1999 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Vergütungsanspruch der Klägerin richte sich nach der Bundespflegesatzverordnung in der Fassung des Art 6 des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 19. Dezember 1998 (BPflV) und dem Vertrag zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft e.V. und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen vom 25. November 1996. Für die Frage, ob hier die im Fallpauschalen-Katalog der Anlage 1 zur BPflV unter Nr 17.04 für die osteosynthetische Versorgung der pertrochantären Oberschenkelfraktur vorgesehene Fallpauschale oder das in Anlage 2 dafür unter Nr 17.10 vorgesehene Sonderentgelt abrechenbar sei, komme es nach § 11 Abs 1 und 2 iVm § 14 Abs 4 BPflV darauf an, ob es sich bei der Behandlung der Oberschenkelfraktur um die Hauptleistung des Krankenhauses oder nur um einen Leistungskomplex des gesamten Behandlungsfalls gehandelt habe. Welches die im Krankenhaus erbrachte Hauptleistung gewesen sei, ergebe sich im Regelfall aus der im Entlassungsschein genannten Hauptdiagnose. Diese werde vom behandelnden Krankenhausarzt bestimmt und sei grundsätzlich für die Abrechnung maßgebend. Der Krankenhausarzt sei auf Grund seiner Sachnähe im Regelfall besser als externe Ärzte in der Lage, den Schwerpunkt der Behandlung während des stationären Aufenthalts anzugeben. Eine Änderung der Hauptdiagnose durch die Krankenkasse im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung, wie sie § 14 Abs 3 des Vertrags vorsehe, komme deshalb nur bei offensichtlichen Fehlern in Betracht. Darüber hinaus sei eine Korrektur auch dann möglich, wenn sich die Fehlerhaftigkeit der Hauptdiagnose aus sonstigen Umständen offensichtlich aufdränge. Sei dagegen nicht ohne Weiteres erkennbar, welche von mehreren Krankheitsdiagnosen als Hauptdiagnose anzusehen sei, sei die vom Krankenhausarzt gewählte Hauptdiagnose verbindlich (Hinweis auf Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 7. März 2002 – L 5 KR 135/00). Im vorliegenden Fall kämen sowohl die Behandlung des Oberschenkelbruchs als auch die Behandlung der internistischen Erkrankungen, insbesondere der Leber- und Herzerkrankung, als Hauptdiagnosen in Betracht, und die Festlegung der Hauptdiagnose führe, wie sich aus den zahlreichen unterschiedlichen medizinischen Stellungnahmen im Lauf des Verfahrens ergebe, zu erheblichen Schwierigkeiten. Deshalb sei die vom Krankenhausarzt als sachnahem Behandler gewählte Hauptdiagnose (Lebererkrankung) zu Grunde zu legen. Somit stelle die operative Behandlung des Oberschenkelbruchs einen Leistungskomplex des gesamten Behandlungsfalls der Krankenhausbehandlung dar, sodass die Klägerin zu Recht das Sonderentgelt 17.10 und nicht die Fallpauschale 17.04 abgerechnet habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 14 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 BPflV und des § 128 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sowie allgemeiner Auslegungsgrundsätze und des rechtlichen Gehörs. Sie trägt vor, das LSG habe den Begriff der Hauptleistung nicht ausgelegt, es habe vielmehr ausgeführt, dass die für die Abrechnung maßgebliche Bestimmung durch den Krankenhausarzt erfolge. Das Krankenhaus bzw dessen Ärzte seien aber von einem unzutreffenden Begriff der Hauptleistung ausgegangen. Die Hauptleistung könne nicht danach bestimmt werden, ob und inwieweit einzelne Erkrankungen eines multimorbiden Patienten für sich betrachtet eines stationären Aufenthalts bedürften. Eine isolierte Betrachtung von Einzelerkrankungen besage nichts über das Verhältnis der erbrachten Leistungen zueinander. Keineswegs sei die Fallpauschale 17.04 auf eine eng begrenzte Multimorbidität beschränkt. Da bei der Ermittlung der Fallpauschalen sowohl leichte als auch schwere Krankheitsfälle in die Erhebungen einbezogen worden seien, könne die Fallpauschale nur bei besonders schweren Fällen von Multimorbidität nicht berechnet werden, in denen eine Hauptleistung nicht bestimmbar sei oder mehrere Leistungen annähernd gleich aufwändig seien. Auch könne es nicht darauf ankommen, ob der hier erforderliche Behandlungsaufwand aus Sicht der Klägerin im Rahmen der Fallpauschale nicht üblich erscheine, weil es ihr regelmäßig gelinge, Patienten weit unterhalb der kalkulierten Verweildauer zu entlassen. Da in dem “Fallmix” der Pauschale sowohl leichte als auch schwere Fälle Kalkulationsgrundlage gewesen seien, könnten nicht die einfachen, Gewinn bringenden Fälle das Maß des Üblichen sein. Gegenüber der Behandlung der Oberschenkelfraktur sei vorliegend die stationäre Behandlung auf der internistischen Station eindeutig als untergeordnet anzusehen und daher – wie vom SG zutreffend festgestellt – die zuerst genannte Behandlung die Hauptleistung, wie auch ein pauschalierter Aufwandsvergleich für die Fallpauschalenleistung (Operationsvorbereitung, Operationsnachbehandlung inklusive Hämatomausräumung) und die internistische Erkrankung ergebe. Das LSG habe die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung überschritten, wenn es auf die Sachnähe des behandelnden Arztes bzw des Krankenhausarztes abgestellt habe; denn “der” behandelnde Arzt sei hier – im Gegensatz zu Verfahren, die die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung beträfen – eine reine Fiktion. Anders als bei der Beurteilung der Behandlungsnotwendigkeit, bei der die Krankenkassen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) an die Beurteilung des (jeweils) behandelnden Krankenhausarztes nur dann nicht gebunden seien, wenn dieser vorausschauend (“ex ante”) hätte erkennen können, dass die geklagten Beschwerden nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, sei hier eine “ex post”-Betrachtung vorzunehmen, dh der gesamte stationäre Krankenhausaufenthalt sei rückblickend (bei der Entlassung) zu betrachten. Dabei sei “der” Krankenhausarzt nicht existent; im Verlaufe der Behandlung seien verschiedene Ärzte auf verschiedenen Stationen tätig. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der letztbehandelnde Arzt den gesamten für die Pauschalenleistung relevanten Zeitraum des stationären Aufenthalts sachnäher beur en könnte als ein Arzt des Sozialmedizinischen Dienstes, den die Beklagte gerade deswegen eingeschaltet habe, weil auf Grund der umfangreichen Fallpauschalenleistung ein vergleichbarer Behandlungsaufwand nicht plausibel gewesen sei. Soweit das LSG meine, dass § 14 Abs 3 des Landesvertrags, wonach Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden können, eine Berichtigung der Hauptdiagnose nur bei offensichtlichen Fehlern zulasse und deshalb die vom Krankenhaus gewählte Hauptdiagnose für die Krankenkasse verbindlich sei, habe das LSG allgemeine Auslegungsgrundsätze und gleichzeitig das rechtliche Gehör verletzt; der eindeutige Wortlaut des Vertrags sehe eine solche Beschränkung nicht vor, und seine Auslegung sei bisher nicht Gegenstand der Erörterungen gewesen. Da eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen sei, ihren Zweck nur erfüllen könne, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt werde und keinen Spielraum für weitere Bewertungen oder Abwägungen belasse, könne nicht maßgebend sein, ob sich die Fehlerhaftigkeit der Festlegung der Hauptdiagnose offensichtlich aufdränge. Die Durchschnittskalkulation führe dazu, dass das Krankenhaus in einfach gelagerten Fällen auf Grund der pauschalen Vergütung Gewinne erziele, in schweren Behandlungsfällen aber höhere Kosten entstehen könnten, als über die Fallpauschale vergütet werde. Gerade in diesen Fällen sei daher auch eine Bestimmung der Hauptleistung durch Abgrenzung zu anderen Leistungen erforderlich; dafür nicht einmal eine Plausibilitätskontrolle zuzulassen, sondern die Prüfmöglichkeiten auf reine Evidenzkontrollen zu reduzieren und nach erfolgter Prüfung substantiierte Einwendungen für unbeachtlich zu erklären, komme einer Einladung zur “Abrechnungsoptimierung” gleich mit der Folge, dass letztlich die der Kalkulation zu Grunde liegende Bandbreite der Fallpauschale einseitig zu Lasten der Krankenkasse verkürzt werde. Ein schutzwürdiges Interesse, die Prüfmöglichkeiten derart einzuschränken, bestehe selbst für Krankenhäuser, die ggf nur schwer kranke Patienten behandelten (sog Schiefverteilung im Patienten-Mix) nicht; denn für diese Krankenhäuser könne unter den Voraussetzungen des § 11 Abs 3 Satz 2 BPflV ein Zuschlag vereinbart werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. Mai 2002 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 7. Februar 2001 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das Urteil des LSG sei rechtmäßig. Nach dessen Feststellungen hätten bei der Versicherten zwei unterschiedliche Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Behandlungsfeldern vorgelegen, einmal die osteosynthetische Versorgung einer pertrochantären Oberschenkelfraktur sowie die Behandlung der chronischen Leberkrankheit. Dass die Versicherte unter mehreren schwereren internistischen Erkrankungen und Symptomen gelitten habe, dass dies im Laufe ihrer Versorgung auf der chirurgischen Fachabteilung erstmals festgestellt worden sei, dass insbesondere bereits am 29. März 1999 ein erhöhter Bilirubinwert aufgefallen sei, und dass wegen dieses umfangreichen und schweren Krankheitsbildes, insbesondere des Risikos des Auftretens einer akuten hämolytischen Krise oder einer akuten hepatitischen Insuffizienz eine weitere diagnostische Klärung, eine engmaschige Verlaufskontrolle und Therapie unter stationären Bedingungen habe erfolgen müssen, sei von der Beklagten im Laufe des Rechtsstreits nicht bestritten worden und müsse also als unstreitig angesehen werden. Nur wenn die Versorgung der pertrochantären Oberschenkelfraktur die Hauptleistung sei, werde die Fallpauschale abgerechnet. Trete aber, wie im vorliegenden Fall, eine weitere Erkrankung (chronische Leberkrankheit) hinzu, könne nicht die Hauptleistung bestimmt werden, sodass die Abrechnung der Fallpauschale ausscheide. Insoweit verkenne die Beklagte, dass es nicht um die Behandlung einer “multimorbiden” Patientin gegangen sei, sondern während des stationären Krankenhausaufenthalts eine weitere, schwer wiegende und unbedingt behandlungsbedürftige Krankheit festgestellt worden sei, somit zwei verschiedene Behandlungsfelder vorgelegen hätten und die Behandlung der im Laufe des stationären Aufenthalts festgestellten chronischen Leberkrankheit zu der Behandlung der Oberschenkelfraktur hinzugetreten sei, wobei zwischen der ersten Erkrankung und der hinzugetretenen weiteren Erkrankung auch kein innerer Zusammenhang bestanden habe. Nicht zu beanstanden sei auch der Ansatz des LSG, wonach der Krankenhausarzt anhand der Entlassungsdiagnose die Hauptleistung bestimme. Dies entspreche der stRspr des BSG (zB BSG Urteil vom 21. August 1996 – 3 RK 2/96), wonach im Bereich der Krankenhausbehandlung dem Krankenhausarzt eine “Schlüsselstellung” zukomme. Denn das zugelassene Krankenhaus und dessen Ärzte seien auf Grund des Sachleistungsprinzips gesetzlich ermächtigt, mit Wirkung für die Krankenkasse über die Aufnahme sowie die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen und damit konkludent auch über den Leistungsanspruch des Versicherten zu entscheiden; die Krankenkasse sei dann grundsätzlich an diese Entscheidung gebunden. Wegen dieser Schlüsselstellung hätten primär die behandelnden Krankenhausärzte in Kenntnis des gesamten Behandlungsverlaufs zum Zeitpunkt der Entlassung zu beurteilen, welche Leistung die Hauptleistung sei. In zeitnaher Beurteilung des konkreten Behandlungsfalls hätten sie hier mehrere Diagnosen festgelegt, die überwiegend dem internistischen Bereich zuzuordnen seien, nämlich Entlassungsdiagnose 571.9; weitere Diagnosen: 428.9; 283.9; 414.0 nach ICD 9. Die Leistungsdefinition der Fallpauschale 17.04 verlange, dass neben dem OPS-301 auch 820.2 ICD 9 als Hauptdiagnose erfüllt werde. Daraus folge, dass die Hauptleistung durch den 820.2 ICD 9 (geschlossene pertrochantäre Fraktur) mitbestimmt werde. Da die Hauptleistung von den behandelnden Krankenhausärzten zum Zeitpunkt der Entlassung mit einer internistischen Hauptdiagnose (ICD 9 571.9) festgelegt worden sei, sei die Leistungsdefinition der Fallpauschale 17.04 nicht erfüllt.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Der Senat lässt dahinstehen, ob dem LSG bei seiner Entscheidung die von der Beklagten gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind und ob insbesondere seine Auslegung des Vertrags zwischen den Krankenhäusern und Krankenkassen im Saarland (Vertrag gem § 112 Abs 1 SGB V und zu § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V zwischen der Saarländischen Krankenhausgesellschaft e.V. und ua der Beklagten über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung, festgesetzt durch den Schiedsspruch der Landesschiedsstelle vom 25. November 1996) mit allgemeinen Auslegungsgrundsätzen vereinbar ist. Denn auch bei der vom LSG vorgenommenen Auslegung ist die Beklagte nicht verpflichtet, den geforderten Betrag zu zahlen. Das LSG hätte daher die Berufung der Klägerin zurückweisen müssen.
1. Bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage des Trägers eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (BSG Urteile vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R – BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1 und vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R – zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Umdruck S 4). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.
2. Die Höhe des – dem Grunde nach unstreitigen – Vergütungsanspruchs der Klägerin für die durchgeführte Krankenhausbehandlung richtet sich nach den Vorschriften der von der Bundesregierung auf Grund des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) erlassenen BPflV vom 26. September 1994 (BGBl I, S 2750) in der für die durchgeführte Krankenhausbehandlung hier maßgeblichen Fassung durch das Gesetz zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 19. Dezember 1998 (BGBl I, S 3853) und den nach Maßgabe dieser Vorschriften getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.
a) Das KHG ermächtigt in seiner bis zur Änderung durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I, S 2626) zum 1. Januar 2000 gültigen Fassung durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 23. Juni 1997 (BGBl I, S 1520) in § 16 Satz 1 Nr 1 die Bundesregierung, mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften über Krankenhauspflegesätze zu erlassen, mit denen die Leistungen des Krankenhauses durch die Benutzer oder deren Kostenträger vergütet werden, und enthält in § 17 nähere Bestimmungen zur Regelung der Pflegesätze in Form von tagesbezogenen Entgelten und/oder Fallpauschalen und anderen pauschalierten Entgelten und zur schrittweisen Einführung von Fallpauschalen und Sonderentgelten mit Vorgabe bundeseinheitlicher Bewertungskriterien (§ 17 Abs 2 Nr 1, Abs 2a Satz 1 KHG). Die Entgelte sind danach bis zum 31. Dezember 1997 in der Rechtsverordnung nach § 16 Satz 1 Nr 1 KHG zu bestimmen und danach durch die Spitzenverbände der Krankenkassen und den Verband der privaten Krankenkassen gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Vertragspartner) zu vereinbaren und weiterzuentwickeln (§ 17 Abs 2a Satz 2 und 3 KHG), wobei die Entgeltkataloge für diejenigen Krankenhausträger, die Mitglied einer Landeskrankenhausgesellschaft sind, unmittelbar verbindlich und andernfalls die Entgeltkataloge der Pflegesatzvereinbarung zu Grunde zu legen sind sowie die in der Rechtsverordnung nach § 16 Satz 1 Nr 1 bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte ab 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart gelten (§ 17 Abs 2a Satz 6 und 7 KHG). Mit der Fallpauschale werden die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet (§ 17 Abs 2a Satz 10 KHG). Zur Vergütung der Leistungen des Krankenhauses, die nicht durch Fallpauschalen und Sonderentgelte vergütet werden, sind Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlasste Leistungen vorzusehen (§ 17 Abs 2a Satz 12 KHG).
b) Die von der Klägerin während ihres Krankenhausaufenthalts bei der Versicherten K.… durchgeführte “Osteosynthetische Versorgung einer pertrochantären Oberschenkelfraktur” ist sowohl in den zuletzt durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung vom 9. Dezember 1997 (BGBl I, S 2874) geänderten, als Anlagen zur BPflV aF bekannt gemachten bundesweiten Entgeltkatalogen als auch in dem durch die Vertragspartner gemäß § 17 Abs 2a Satz 3 KHG mit Wirkung zum 1. Januar 1999 vereinbarten “Aktualisierten bundesweit geltenden Fallpauschalen- und Sonderentgeltkatalog” (KH 1998, Sonderbeilage zu Heft 10) sowohl als Fallpauschale als auch als Sonderentgelt enthalten. Sie ist mit identischen Operationen- und Diagnoseschlüsseln sowie identischer Leistungsbeschreibung als Nr 17.04 im Fallpauschalenkatalog der Anlage 1 zu § 11 Abs 1 BPflV aF Nr 17.04 – “Pertrochantäre Oberschenkelfraktur, geschlossen” – und als Nr 17.09 im Sonderentgeltkatalog der Anlage 2 zu § 11 Abs 2 BPflV aF aufgeführt, wobei unter den Bewertungsrelationen für die Fallpauschale eine mittlere Verweildauer von 20,33 Tagen und eine Grenzverweildauer von 31 Tagen angegeben ist. Mit welchem Entgelt der Behandlungsfall zu bezahlen ist, richtet sich hier ausschließlich nach § 14 Abs 1 Satz 3 BPflV iVm den Abrechnungsbestimmungen, die ursprünglich in § 14 Abs 4 Satz 1 und 2 BPflV enthalten und seit der Fünften Verordnung zur Änderung der BPflV dem Fallpauschalen-Katalog vorangestellt sind. Dass der vom LSG herangezogene Vertrag für das Saarland davon abweichende Regelungen enthält, hat das LSG nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich.
Nach § 14 Abs 1 Satz 3 erster Halbsatz BPflV ist die Berechnung von Sonderentgelten und tagesgleichen Pflegesätzen ausgeschlossen, wenn die Berechnung einer Fallpauschale “möglich” ist und keiner der in § 14 Abs 6 Nr 1 und 2 BPflV geregelten – hier nicht einschlägigen – Fälle vorliegt, in denen für die Behandlung eine Fallpauschale und ein Sonderentgelt bzw teilweise Pflegesätze abgerechnet werden. Nach den Abrechnungsbestimmungen, an denen sich insoweit infolge der Weiterentwicklung durch die Selbstverwaltung nichts geändert hat, werden Fallpauschalen für die im Entgeltkatalog bestimmten Behandlungsfälle berechnet, wenn diese die Hauptleistung des Krankenhauses für den Patienten sind und der Patient am Tag der Aufnahme das 14. Lebensjahr vollendet hat (Nr 1 Satz 1 der Abrechnungsbestimmungen, der dem früheren § 14 Abs 4 Satz 1 BPflV entspricht), wobei maßgebend für die Zuordnung eines Patienten zu einer Fallpauschale und damit für deren Abrechenbarkeit die im Entgeltkatalog ausgewiesene Leistung in Verbindung mit der genannten Hauptdiagnose für den Krankenhausaufenthalt oder einer entsprechenden Diagnose ist (Nr 2 Satz 1 der Abrechnungsbestimmungen, der dem früheren § 14 Abs 4 Satz 2 BPflV entspricht).
c) Die BPflV und die genannten Abrechnungsbestimmungen enthalten keine weiteren Erläuterungen dazu, unter welchen Voraussetzungen bei Vorliegen mehrerer Krankheiten eine dieser Krankheiten Hauptdiagnose des Krankenhausaufenthalts und damit für das Tatbestandsmerkmal der Hauptleistung des Behandlungsfalls bestimmend ist. Da es bei den Abrechnungsbestimmungen um die Vergütung von Leistungen geht, kann es insoweit aber nicht darauf ankommen, ob eine Diagnose aus ärztlicher Sicht besonders schwer wiegend ist oder eine Krankenhausbehandlung unabhängig von den anderen Diagnosen erfordert (so aber Mohr/Kröger/Globig, Praktiker-Handbuch zur BPflV 95 und zur LKA, 2. Aufl, 1995, S 79, allerdings mit der Einschränkung, dass in einem solchen Fall “vieles dafür spreche”, die weiteren Leistungen zusätzlich abzurechnen oder die Abrechnung einer Fallpauschale ganz zu verneinen), oder – wie die Klägerin auch meint – ob es sich um eine vorbestehende oder erst im weiteren Verlauf der Krankenhausbehandlung hinzutretende stationär behandlungsbedürftige Erkrankung handelt (in diesem Sinn wohl Rochell/Engelke/Stapf in KH 1998, 742, 743). Entscheidend kann vielmehr nur sein, in welchem Verhältnis die betriebswirtschaftlichen Aufwendungen für die durch die einzelnen Diagnosen veranlassten Leistungen des Krankenhauses zueinander stehen. Hauptdiagnose ist demnach diejenige Diagnose, die den höchsten Aufwand verursacht hat. Dies wird auch von den zur Fortentwicklung der Entgeltkataloge und Abrechnungsbestimmungen nach § 17a Abs 2 KHG berufenen Vertragspartnern so gesehen. So ist in den Übergangsregelungen für die Abrechnung gemäß BPflV der Deutschen Kodierrichtlinien, die im Zusammenhang mit der Einführung des Diagnosis-Related-Groups (DRG)-basierten Vergütungssystems im Rahmen des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vereinbart wurden, ausgeführt, dass – anders als bei dem DRG-basierten System – im Fallpauschalen- und Sonderentgeltsystem gemäß BPflV zur Hauptdiagnose des gesamten Krankenhausaufenthalts diejenige Diagnose wird, “die mit dem höchsten Ressourcenverbrauch einhergeht” (ebenso Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 1996, § 14 BPflV Anm 3.1a; Schmucker in BKK 2003, S 182).
Bei der Bestimmung der Hauptdiagnose ist von den tatsächlich erbrachten (insgesamt von der Vergütung durch Pflegesätze erfassten) Leistungen des Krankenhauses auszugehen, jedenfalls, solange deren Notwendigkeit – wie hier – nicht in Frage gestellt ist. Lässt sich der überwiegende Aufwand des Krankenhauses für einen Behandlungsfall der in einer Fallpauschale genannten Diagnose zuordnen, hat dies zur Folge, dass der gegenüber dieser Diagnose geringere Aufwand, den andere Erkrankungen während desselben Krankenhausaufenthalts veranlasst haben, durch die Fallpauschale für die Hauptleistung mit abgegolten ist. Daran ändert sich nichts, wenn der in der Fallpauschale liegende Verlustbereich zwischen der mittleren und der Grenzverweildauer erst durch eine weitere Erkrankung erreicht bzw überschritten wird; dies ergibt sich schon daraus, dass die Verweildauer nur eine der Größen ist, die den Umfang der Leistungen und damit den auf eine Erkrankung entfallenden Vergütungsanspruch bestimmen.
Für dieses Ergebnis sprechen auch die weiteren Regelungen in § 14 BPflV. So wird nach § 14 Abs 5 Satz 1 Nr 1 BPflV eine Fallpauschale nicht berechnet, wenn der Patient vor Abschluss des bestimmten Behandlungsfalls verlegt wird, es sei denn, eine Berechnung der Pflegesätze nach den Absätzen 2 und 3 (also mit tagesgleichen Pflegesätzen und Sonderentgelt) ergibt einen höheren Gesamtbetrag. Nach § 14 Abs 4 Nr 2 BPflV wird die Fallpauschale ferner nicht abgerechnet, wenn die Behandlung vor Erbringung der Hauptleistung beendet wird. § 14 Abs 6 BPflV führt diejenigen Fälle auf, in denen zusätzlich zur Fallpauschale ein Sonderentgelt, ein teilstationärer Pflegesatz oder ein Zuschlag berechnet wird. § 14 Abs 7 BPflV schließlich bestimmt, dass für den weiteren Krankenhausaufenthalt die tagesgleichen Pflegesätze nach Absatz 2 berechnet werden, wenn die im Fallpauschalenkatalog ausgewiesene Grenzverweildauer überschritten wird. Ein zusätzlicher Leistungsaufwand wegen einer oder mehrerer weiterer Diagnosen wird demnach zusätzlich zur Fallpauschale nur vergütet, wenn er explizit aufgeführt ist oder soweit dadurch die Grenzverweildauer überschritten wird. Dementsprechend kann die Abrechnung der für eine Leistung vorgesehenen Fallpauschale allenfalls nur ausnahmsweise dann entfallen, wenn bei gegebener Multimorbidität der Leistungsaufwand für die verschiedenen Diagnosen annähernd gleich ist, sodass sich keine Hauptdiagnose bestimmen lässt (Tuschen/Quaas, BPflV, Komm, 5. Aufl 2001, Erl zu § 14 Abs 4 Satz 1 und 2, S 334).
Die Begründung zu § 14 Abs 4 BPflV (BR-Drucks 381/94) lässt sich nicht gegen dieses Ergebnis anführen. Dort heißt es: “Satz 1 regelt die Voraussetzungen für die Berechnung einer Fallpauschale. Diese ist nur für die Hauptleistung für den Patienten möglich. Wird der Patient wegen verschiedener Erkrankungen behandelt, wird die Hauptleistung bei der Entlassung festgelegt. Bei Patienten mit verschiedenen schweren und aufwändig zu behandelnden Erkrankungen, die nicht in der Fallpauschale berücksichtigt sind, kann der Patient nicht der Fallpauschale zugeordnet werden. Bei alten Patienten, die häufig multimorbid sind, ist dies bereits in der Kalkulation der Fallpauschale berücksichtigt, soweit dies bei bestimmten Hauptleistungen häufig der Fall ist.” Die Ausführungen machen deutlich, dass bei Behandlung mehrerer Erkrankungen die Hauptleistung erst bei Beendigung des Krankenhausaufenthalts festgestellt werden kann; erst dann kann nämlich beurteilt werden, welche Erkrankung den höchsten Aufwand verursacht hat. Der Hinweis auf die Kalkulation der Fallpauschalen kann nicht dahin verstanden werden, es müsse zur Festlegung der Hauptleistung nachgeprüft werden, ob bei dem der Kalkulation der Fallpauschale zu Grunde liegenden Fallmaterial entsprechende weitere Erkrankungen vorhanden waren. Für eine solche, die Anwendung der Abrechnungsbestimmungen in der Praxis regelmäßig überfordernde Vorgehensweise findet sich im Gesetzes- und Verordnungstext und in den Abrechnungsbestimmungen kein Anhalt. Abgesehen davon wäre bei der hier in Rede stehenden Fallpauschale die Multimorbidität auch erfasst (vgl die Ausführungen in: Kalkulation von Fallpauschalen und Sonderentgelten für die Bundespflegesatzverordnung 1995, Band 45 der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit, Teilbericht III A 2.3, S 17 sowie die Angaben zur Altersstruktur in der diesem Teilbericht beigefügten Anlage 2 zur Fallpauschale Nr 17.04).
3. Ausgehend von dem unter 2 c) dargelegten Verständnis der Hauptleistung ergibt sich aus den Feststellungen, die das LSG in tatsächlicher Hinsicht zur Behandlung der Versicherten getroffen hat, dass es sich bei der Oberschenkelfraktur um die Hauptleistung des Behandlungsfalls gehandelt hat, durch die zumindest Aufwendungen für die Leistungen des Krankenhauses auf der chirurgischen Station verursacht waren, wobei für die anteilige Bewertung hinsichtlich des Gesamtaufwands vor allem die längere Verweildauer und die Kosten für die operativen Leistungen ins Gewicht fallen. Dahinter bleibt der Aufwand für die Leistungen auf der internistischen Station zurück, selbst wenn er vollständig nur der Lebererkrankung zugerechnet wird. Dafür, dass die internistische Erkrankung besonders kostenträchtige Leistungen erfordert hätte, die diejenigen für die Oberschenkelfraktur überstiegen, ergeben sich weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus den von ihr vorgelegten Krankenakten irgendwelche Anhaltspunkte. Einer Zurückverweisung zur weiteren Sachaufklärung hinsichtlich des für den vorliegenden Behandlungsfall auf die einzelnen Diagnosen entfallenden Aufwands bedarf es daher nicht.
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob – wie die Klägerin meint – entsprechend der Rechtsprechung des BSG zur “Schlüsselstellung” des Krankenhausarztes bei ärztlichen Entscheidungen über die medizinische Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung und deren Dauer (vgl dazu BSG Urteile vom 21. August 1996 – 3 RK 2/96 – SozR 3-2500 § 39 Nr 4, S 19 f, vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 33/99 R – BSGE 86, 166; 169 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1, S 4 und vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R – BSGE 89, 104, 106 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 2, S 12) die von dem Krankenhausarzt als sachnahem Behandler gewählte Hauptdiagnose zu Grunde zu legen ist, wenn die Festlegung der Hauptdiagnose zu erheblichen Schwierigkeiten führt. Solche Schwierigkeiten ergeben sich hier bei richtigem Verständnis der Hauptdiagnose nicht. Die ärztlichen Stellungnahmen, auf die das LSG verweist, nehmen keine voneinander abweichende Zuordnung der Krankenhausleistungen zu den genannten Diagnosen vor; dem pauschalen Leistungsvergleich der Beklagten hat die Klägerin nicht widersprochen.
Im Übrigen hat nach der Rechtsprechung des BSG die Beurteilung des Krankenhausarztes über Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung im Verhältnis des Krankenhauses zur Krankenkasse nur die Wirkung eines Anscheinsbeweises, der im Einzelfall durch substantiierte Einwendungen der Krankenkasse erschüttert werden kann, mit der Folge, dass nunmehr das Krankenhaus begründen muss, warum die Beurteilung seines Arztes zutrifft (vgl BSG Urteile vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R – BSGE 89, 104, 108 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2, S 12, 15 und vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R – zur Veröffentlichung vorgesehen, Umdruck S 6, 8). Für die durch den Krankenhausarzt festgelegte Hauptdiagnose könnte nichts anderes gelten. Ein dadurch begründeter Anscheinsbeweis für deren Richtigkeit wäre hier jedoch bereits durch substantiierte Einwendungen der Beklagten erschüttert worden. Wie sich aus dem mit der Klage vorgelegten Schriftwechsel ergibt, der sich in den vom LSG in Bezug genommenen Gerichtsakten befindet, hatte die Beklagte bereits mit ihrem Schreiben vom 10. Mai 1999 und damit auch innerhalb der vertraglichen Zahlungsfrist (vgl dazu BSG Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R – BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr 3, S 21 und vom 28. Mai 2003 – B 3 KR 10/02 R – zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, ≪zur Pflegesatzvereinbarung zwischen den Krankenkassen und Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz bzw Sachsen-Anhalt≫) von 14 Tagen unter Hinweis auf die weiteren Angaben des Krankenhauses geltend gemacht, Hauptleistung des Behandlungsfalls sei bei der vorgenommenen Abrechnung die Oberschenkelfraktur. Dazu hatte sich die Klägerin nur mit Ausführungen eingelassen, in denen sie lediglich ihren Standpunkt zur Abrechnung einer Fallpauschale bei Hinzutreten einer weiteren Erkrankung erläuterte, aber keine Angaben dazu gemacht, inwiefern der höchste Anteil des Aufwands für Leistungen während des Krankenhausaufenthalts der Versicherten deren Lebererkrankung geschuldet gewesen wäre. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das LSG allgemeine Auslegungsgrundsätze verletzt hat, wenn es die für die Beteiligten im Saarland maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen dahin ausgelegt hat, dass danach auch im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung durch die Krankenkasse eine Korrektur der Hauptdiagnose nur möglich sei, wenn sich deren Fehlerhaftigkeit aus sonstigen Umständen aufdränge.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes (6. SGGÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl I, S 2144) vom 2. Januar 2002 geltenden Fassung. Diese Vorschrift ist hier anwendbar, da es sich um ein Verfahren nach § 197a SGG neuer Fassung handelt, das vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts rechtshängig geworden ist (Art 17 Abs 1 Satz 2 6. SGGÄndG).
Fundstellen
Haufe-Index 1090956 |
ArztR 2004, 384 |
SozR 4-5565 § 14, Nr. 4 |
KHuR 2004, 45 |