Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) die Zahlung einer der Klägerin gemäß § 1735 der Reichsversicherungsordnung (RVO) als vorläufige Leistung gewährten Verletztenrente mit Ablauf des Monats September 1981 beenden durfte.
Die Klägerin war mithelfende Ehefrau des Geschäftsführers einer Gaststätte. Am 9. Oktober 1974 erlitt sie im häuslichen Bereich beim Umsetzen einer Schrankwand, um Platz für eine privateigene, aber auch betrieblich benutzte Hammondorgel zu schaffen, einen Unfall, der einen Bruch des 12. Brustwirbelkörpers zur Folge hatte. Sie begehrte von der Beklagten Verletztenrente, weil es sich bei dem Unfall um einen Arbeitsunfall im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gehandelt habe; zugleich sei sie aber auch zur Rettung des Hausmeisters der Gaststätte tätig geworden, der unter die umstürzende Schrankwand zu geraten drohte, was von ihr verhindert worden sei.
Das Verwaltungsverfahren nahm folgenden Verlauf:
Durch Bescheid vom 10. Februar 1975 lehnte die Beklagte Entschädigungsansprüche der Klägerin ab, weil der Unfall vom 9. Oktober 1974 sich nicht im Zusammenhang mit einer nach § 539 Abs. 1 und 2 RVO versicherten Tätigkeit ereignet habe. Über den von der Klägerin am 10. März 1975 eingelegten Widerspruch wurde von der Beklagten zunächst nicht entschieden.
Auf die von der Beklagten an den beigeladenen Gemeindeunfallversicherungsverband (GUV) gerichtete Anfrage vom 15. August 1975, ob er seine Entschädigungspflicht für das Ereignis vom 9. Oktober 1974 anerkenne, teilte dieser am 30. Dezember 1975 mit, daß die Unfallsache vorbehaltlich der Genehmigung durch seinen Rentenausschuß als Arbeitsunfall (§ 548 RVO i.V.m. § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO) anerkannt werde. Mit weiterem Schreiben vom 29. Juni 1976 legte der Beigeladene der Beklagten dar, daß die Klägerin zur Zeit des Unfalls vorrangig nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versichert gewesen sei. Wegen der Subsidiarität der Versicherung nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO bleibe die Beklagte der zuständige Versicherungsträger.
Durch Bescheid vom 26. November 1976 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 20. Januar 1975 eine Dauerrente nach den §§ 580, 581 und 1585 Abs. 2 RVO sowie § 1735 RVO (vorläufige Fürsorge) in Höhe von 30 v.H. der Vollrente. Dabei erkannte sie einen Arbeitsunfall der Klägerin bei einer Tätigkeit nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 RVO sowie einzelne genannte Folgen des Arbeitsunfalls an. Den von der Klägerin dagegen am 21. Dezember 1976 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 28. März 1977 zurück. Durch Bescheid vom 18. Mai 1979 stellte die Beklagte die Rente der Klägerin ab 1. Juli 1979 in Höhe von 20 v.H. der Vollrente fest, weil in den Unfallfolgen eine wesentliche Besserung eingetreten sei.
Seit 10. Dezember 1976 war zwischen den beiden Versicherungsträgern ein Streitverfahren beim Sozialgericht (SG) Mannheim (S 3/1 U 2369/76) und beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 7 U 979/80) anhängig. In erster Instanz hatte die jetzige Beklagte (BG) als Klägerin die Feststellung begehrt, daß der jetzige Beigeladene (GUV) der zuständige Versicherungsträger für den Arbeitsunfall der jetzigen Klägerin vom 9. Oktober 1974 ist. Das SG hat diesem Antrag entsprochen (Urteil vom 30. März 1979). Die Berufung des jetzigen Beigeladenen (GUV) hatte nur zum geringen Teil Erfolg. Nachdem die jetzige Beklagte (BG) im Berufungsverfahren ihre Klage geändert hatte, hat das LSG den jetzigen Beigeladenen (GUV) verurteilt, der jetzigen Beklagten (BG) die im Rahmen der vorläufigen Fürsorge erbrachten Aufwendungen zu erstatten. Das Feststellungsbegehren der jetzigen Beklagten (BG) wurde abgewiesen. Ferner wurde die Berufung des jetzigen Beigeladenen (GUV) zurückgewiesen, soweit mit ihr die vollständige Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage begehrt worden war. Das LSG hat einen Arbeitsunfall der jetzigen Klägerin weder unter dem Gesichtspunkt der Beschäftigung (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 RVO) noch unter dem Gesichtspunkt einer Hilfeleistung (§ 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO) als erwiesen angesehen. Sonach sei keiner der beiden Versicherungsträger für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls zuständig. Jedoch müsse der jetzige Beigeladene (GUV) sich so behandeln lassen, als habe eine Hilfeleistung nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO vorgelegen mit der Folge, daß er die Aufwendungen der jetzigen Beklagten (BG) zu ersetzen habe.
Dieses Urteil des LSG Baden-Württemberg nahm die Beklagte zum Anlaß, durch Bescheid vom 17. August 1981 die Rentenzahlungen an die Klägerin mit Ablauf des Monats September 1981 zu beenden. Den von der Klägerin dagegen am 27. August 1981 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25. September 1981 (194/81 W) zurück.
Ferner wies die Beklagte nunmehr auch den von der Klägerin gegen den Bescheid vom 10. Februar 1977 eingelegten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 25. September 1981 (19/75 W) zurück.
Mit der beim SG Lübeck erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die Bescheide der Beklagten vom 10. Februar 1975 und 17. August 1981 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. September 1981 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise den Beigeladenen zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Unfalls vom 9. Oktober 1974 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (M.d.E.) um mindestens 20 v.H. zu gewähren. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. Juni 1983). Es hat das Vorliegen eines Arbeitsunfalls verneint. Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und beantragt, 1) das Urteil des SG Lübeck vom 9. Juni 1983 sowie die Bescheide vom 10. Februar 1975 und17. August 1981, beide in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 25. September 1981, aufzuheben, 2) die Beklagte zu verurteilen, ihr einen neuen Bescheid zu erteilen, durch den ihr wegen der Folgen des Unfalls vom 9. Oktober 1974 eine Verletztenrente gemäß einer M.d.E. von mindestens 20 v.H. gewährt wird. Das LSG hat dem Antrag der Klägerin zu 1) auf Aufhebung der Bescheide vom10. Februar 1975 und 17. August 1981 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 25. September 1981 entsprochen, im übrigen die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 4. Juli 1984). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Die Beklagte sei aus keinem Gesichtspunkt heraus berechtigt, die Rentenzahlung an die Klägerin einzustellen. Das ergebe sich aus der Bindungswirkung ihres Bescheides vom 26. November 1976 und ihres Abänderungsbescheides vom 18. Mai 1979. Die in diesen Bescheiden ausgesprochene Anerkennung des Unfalls der Klägerin vom 9. Oktober 1974 als Arbeitsunfall bei einer Tätigkeit nach § 539 Abs. 1 Nr. 9 RVO sei gemäß § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) materiell bindend, also nicht aufhebbar, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist oder soweit nicht die Beklagte im Bescheid einen zulässigen Vorbehalt gemacht habe. Keiner dieser Ausnahmetatbestände liege jedoch hier vor. Die Beklagte habe zwar der Klägerin eine Rente durch Bescheid vom 26. November 1976 als vorläufige Fürsorge gemäß § 1735 RVO gewährt. Jedoch berechtige diese Vorschrift den vorleistenden Versicherungsträger nicht, die ausdrücklich und bindend ausgesprochene Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall wieder aufzuheben, zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn sich die Anerkennung nachträglich als unrichtig herausstelle. Überdies sei die bloße Erwähnung des § 1735 RVO im Bescheid vom 26. November 1976 nicht ausreichend. Die Klägerin sei auf die Möglichkeit eines Wechsels des zuständigen Versicherungsträgers nicht ausdrücklich hingewiesen worden. Die Bezeichnung der Rente als Dauerrente mit dem Zusatz, daß die Rente wegen Änderung der Unfallfolgen allenfalls in Abständen von einem Jahr geändert werden könne, habe bei der Klägerin den Eindruck verstärken müssen, ihr Anspruch könne dem Grunde nach nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Der Änderungsbescheid vom 18. Mal 1979 habe nicht einmal mehr einen Hinweis auf § 1735 RVO enthalten. Die tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 29. Juni 1977 (BSGE 33, 47) ausgesprochen habe, daß der vorleistende Versicherungsträger nach Ablehnung des Entschädigungsanspruches nicht seinerseits diese Entschädigung zu leisten habe, seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Außerdem sei das Urteil des BSG vor dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X) ergangen, dessen §§ 45 Abs. 3 Nr. 2 und 47 Abs. 1. Nr. 1 eine Rücknehmbarkeit oder einen Widerruf in Fällen der vorliegenden Art von einem ausdrücklichen Vorbehalt abhängig machten. Weitere gesetzliche Widerrufs- und Rücknahmemöglichkeiten beständen nicht. Die einer Rentenzahlung entgegenstehenden Bescheide der Beklagten (vom 10. Februar 1975 und 17. August 1981, beide i.d.F. der Widerspruchsbescheide vom 25. September 1981) seien daher aufzuheben. Daneben bedürfe es einer ausdrücklichen Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines neuen Bescheides, durch den der Klägerin wegen der Folgen des Unfalls vom 9. Oktober 1974 Verletztenrente nach einer M.d.E. um mindestens 20 v.H. gewährt werde, nicht. Abgesehen davon sei bereits im Verfahren vor dem LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 24. Juli 1981 (L 7 U 979/80) als entscheidungserhebliche Vorfrage festgestellt worden, daß ein Arbeitsunfall i.S. des § 539 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 RVO nicht vorliege. Zum gleichen Ergebnis sei im vorliegenden Rechtsstreit das SG gekommen. Der Beweiswürdigung dieser Entscheidung sei zu folgen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Durch den Bescheid vom 26. November 1976 und den sich auf diesen Bescheid beziehenden weiteren Bescheid vom 18. Mai 1979 sei der Klägerin gemäß § 1735 RVO Rente als vorläufige Fürsorge gewährt worden. Der die Rentengewährung ablehnende Bescheid vom 10. Februar 1975 sei dadurch nicht aufgehoben worden. Das Ende der vorläufigen Fürsorge hätte entweder dadurch herbeigeführt werden können, daß ihre - der Beklagten - sachliche Zuständigkeit gegenüber der Klägerin festgestellt oder das Rentenbegehren der Klägerin gegen beide Versicherungsträger abgewiesen worden wäre. Das SG habe das Unfallentschädigungsbegehren der Klägerin aus sachlichen Gründen verneint. Eine sachliche Prüfung hätte auch durch das LSG erfolgen und bei Verneinung des Entschädigungsanspruches der Klägerin deren Klage abgewiesen werden müssen. Mit der Verneinung des Entschädigungsanspruches entfalle zwangsläufig auch die vorläufig gewährte Leistung.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 4. Juli 1984 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Lübeck vom 9. Juni 1983 in vollem Umfang zurückzuweisen, hilfsweise das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 4. Juli 1984 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Sie trägt vor, daß das LSG zu Recht ungeprüft habe lassen können, ob ihr Unfall vom 9. Oktober 1974 ein Arbeitsunfall gewesen sei oder nicht. Denn es habe zu Recht entschieden, daß die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt heraus berechtigt gewesen sei, die Rentenzahlungen aufgrund der beiden Bescheide vom 26. November 1976 und 18. Mai 1979 einzustellen. Das LSG habe auch zutreffend dargelegt, daß § 1735 RVO weder ausdrücklich noch dem Sinne nach ein Recht des vorleistenden Versicherungsträgers enthalte, die ausdrücklich und bindend ausgesprochene Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall wieder aufzuheben, zurückzunehmen oder zu widerrufen, und daß auch andere Widerrufs- oder Rücknahmemöglichkeiten nicht gegeben seien.
Der Beigeladene beantragt, unter Abänderung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 4. Juli 1984 die, Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt vor, daß bei der nachträglichen Feststellung des Fehlens eines Arbeitsunfalls die vorläufig gewährte Leistung eingestellt werden dürfe.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 17. August, 23. August, 19. November und 20. November 1984 Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
II
Die Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das Urteil des LSG, soweit es der Berufung der Klägerin stattgegeben hat, aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Die Beklagte war ungeachtet der Tatsache, daß sie durch Bescheid vom 10. Februar 1975 das Vorliegen eines von ihr zu entschädigenden Arbeitsunfalls der Klägerin verneint hat, gemäß § 1735 RVO verpflichtet, der Klägerin vorläufige Leistungen zu gewähren. Nach § 1735 RVO in der ab 1. Januar 1976 geltenden Fassung des Art. II § 4 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I 3015) hat der Unfallversicherungsträger, der der Ansicht ist, daß zwar ein entschädigungspflichtiger Arbeitsunfall vorliegt, die Entschädigung aber nicht von ihm zu leisten ist, vorläufige Leistungen nach § 43 SGB I zu erbringen. Die Beklagte war, wie das LSG festgestellt hat, nach Erlaß ihres Ablehnungsbescheides vom 10. Februar 1975 aufgrund weiterer Ermittlungen zu der Ansicht gelangt, daß die Klägerin am 9. Oktober 1974 einen von dem Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfall bei einer Hilfeleistung i.S. des § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a RVO erlitten hatte. Die Beklagte hat der Klägerin daher durch Bescheid vom 26. November 1976 zu Recht vorläufige Leistungen gewährt (vgl. RVA AN 1917, 530). Der Ablehnungsbescheid vom 10. Februar 1975 wurde dadurch entgegen der Ansicht des LSG nicht aufgehoben. Die Beklagte hat daher auch zu Recht über den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid durch Widerspruchsbescheid vom 25. September 1981 entschieden.
Die Bindungswirkung des Bescheides über die Gewährung vorläufiger Leistungen gemäß § 1735 RVO vom 26. November 1976 reicht nicht so weit, wie das LSG dies im angefochtenen Urteil angenommen hat. Das BSG hat nicht nur in dem vom LSG zitierten Urteil vom29. Juni 1977 (BSGE 33, 47), sondern auch in den Urteilen vom 30. Oktober 1979 - 2 RU 3/78 - (USK 79196) und vom 13. Dezember1984 - 2 RU 47/84entschieden, daß ein Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung begehrender Verletzter durch die Zuwendung von vorläufigen Leistungen gemäß § 1735 RVO noch keine Rechtsposition erlangt, die ihm auch in Zukunft Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlaß seines Unfalls sichert. Denn mit der Zuwendung der vorläufigen Leistungen hat der Unfallversicherungsträger nicht anerkannt, Schuldner des Entschädigungsanspruchs des Verletzten zu sein. Die vom BSG vertretene Rechtsauffassung ist dabei nicht an einen Sachverhalt gebunden, wie er dem Urteil vom 29. Juni 1977 (a.a.O.) zugrunde gelegen hat. Sie wird auch im vorliegenden Fall vertreten (ebenso Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 4. Aufl., § 1735 Rdn. 5).
Die Beklagte ist somit an ihre im Bescheid vom 26. November 1976 zum Ausdruck gekommene Ansicht, die Klägerin habe am 9. Oktober 1974 einen Arbeitsunfall mit näher bezeichneten Folgen erlitten nur in bezug auf die - ihrer Natur nach vorübergehenden - vorläufig gewährten Leistungen nach § 77 SGG gebunden (vgl. zum Vorschuß BSGE 55, 287; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl., Kennzahl 290 S. 2).
Der vorläufige Leistungen gewährende Unfallversicherungsträger ist daher berechtigt, die Gewährung der vorläufigen Leistungen einzustellen, sobald der von ihm als leistungspflichtig angesehene andere Versicherungsträger die Entschädigung des Verletzten übernimmt, aber auch, wenn die Leistungspflicht beider Versicherungsträger endgültig bindend verneint worden ist. Entsprechend dem vorläufigen Charakter der Leistungen gemäß § 1735 RVO gewährenden Bescheides bedarf es zu seiner Zurücknahme oder seinem Widerruf nicht des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 45 und 47 SGB X. Das ist auch deshalb nicht erforderlich, weil der vom Unfall betroffene Verletzte nach Einstellung der vorläufigen Leistungen und Ablehnung seines Entschädigungsanspruchs durch die beteiligten Unfallversicherungsträger seine Rechte auf die endgültigen Leistungen sowohl im Verwaltungsverfahren wie auch im Gerichtsverfahren wahrnehmen kann.
Der Senat teilt nicht die Ansicht des LSG, daß die Beklagte im vorliegenden Verfahren die Bescheide über die Gewährung vorläufiger Leistungen gemäß § 1735 RVO nicht in einer Weise gekennzeichnet hatte, die der Klägerin den vorläufigen Charakter der Leistungen bewußt machte. Bereits in dem Schreiben an die Klägerin vom 3. September 1976 hat die Beklagte die Klägerin darüber unterrichtet, daß die Absicht bestehe, ihr vorläufige Leistungen gemäß § 1735 RVO zu gewähren. Dementsprechend enthielt auch der Bescheid vom 26. November 1976 den Hinweis auf § 1735 RVO (Vorläufige Fürsorge). Nachdem die Klägerin dagegen Widerspruch erhoben hatte, wies die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 28. März 1977 nochmals darauf hin, daß von ihr mit Bescheid vom 26. November 1976 gemäß § 1735 RVO vorläufige Fürsorge gewährt werde und bezüglich der Frage des für die Entschädigung zuständigen Versicherungsträgers eine Feststellungsklage beim SG Mannheim anhängig sei. Der weitere Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 1979, durch die die Rente der Klägerin ab 1. Juli 1979 auf 20 v.H. der Vollrente festgestellt wurde, enthält zwar keinen erneuten Hinweis auf § 1735 RVO. Zu dieser Zeit war jedoch das Streitverfahren über die Frage des zuständigen Versicherungsträgers für die Entschädigung der Klägerin aus Anlaß ihres Unfalls vom 9. Oktober 1974 bereits in zweiter Instanz beim LSG Baden-Württemberg anhängig, zu dem die Klägerin vom SG Mannheim beigeladen worden war. Im Urteil des SG Mannheim vom 30. März 1979, das auch der Klägerin als der damaligen Beigeladenen zugestellt wurde, ist auf Seite 2 erwähnt, daß der jetzigen Klägerin aus Anlaß des Unfalls vom 9. Oktober 1974 von der jetzigen Beklagten Leistungen im Wege der vorläufigen Fürsorge gewährt werden. Dem Urteil, insbesondere dessen Tenor, ist zu entnehmen, daß die beiden Versicherungsträger (die jetzige Beklagte und der jetzige Beigeladene) darum streiten, wer von beiden endgültig für die Entschädigung der Klägerin zuständig ist. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt darüber im Unklaren sein, daß die ihr von der Beklagten gewährten Leistungen nur vorläufig gewährt wurden (vgl. auch BSG SozR Nr. 8 zu § 145 SGG).
Für eine Entscheidung, ob die Klägerin am 9. Oktober 1974 einen Arbeitsunfall erlitten hat und wer von den beiden Unfallversicherungsträgern gegebenenfalls für dessen Entschädigung zuständig ist, reichen die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht aus. In dem beim SG Mannheim und beim LSG Baden-Württemberg anhängig gewesenen Streitverfahren hat zwar das SG festgestellt, daß der jetzige Beigeladene für die Entschädigung des Arbeitsunfalls der jetzigen Klägerin zuständig ist (Urteil vom 30. März 1979). Auf die Berufung des jetzigen Beigeladenen hat das LSG jedoch, nachdem die jetzige Beklagte ihre Klage im Wege der Anschlußberufung geändert hatte, den jetzigen Beigeladenen verurteilt, der jetzigen Beklagten die im Rahmen der vorläufigen Fürsorge (der jetzigen Klägerin) erbrachten Aufwendungen zu erstatten (Urteil vom 23. Juli 1981). Mit dem Begehren, den zuständigen Versicherungsträger festzustellen, war die jetzige Beklagte ohne Erfolg geblieben, weil das LSG das Vorliegen eines Arbeitsunfalls der jetzigen Klägerin nicht als erwiesen angesehen hat und daher keiner der beiden Versicherungsträger für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls zuständig sei. Damit steht jedoch nicht auch schon für das vorliegende Verfahren fest, daß die Klägerin am 9. Oktober 1974 keinen Arbeitsunfall erlitten hat. Denn in dem beim LSG Baden-Württemberg anhängigen Verfahren war die Frage, ob die jetzige Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat, nur eine Vorfrage für den von der jetzigen Beklagten gegen den jetzigen Beigeladenen geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der von ihr im Rahmen der vorläufigen Fürsorge (der jetzigen Klägerin) erbrachten Aufwendungen.
Ungeachtet der Ausführungen des LSG im gegenwärtigen Verfahren zur Frage eines Arbeitsunfalls der Klägerin ist im erneuten Berufungsverfahren zu prüfen und zu entscheiden, ob die Klägerin am 9. Oktober 1974 überhaupt einen Arbeitsunfall erlitten hat, und wenn dies bejaht wird, welcher der beiden Versicherungsträger für dessen Entschädigung zuständig ist. Läßt sich ein Arbeitsunfall der Klägerin nicht feststellen, wäre die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Lübeck vom 9. Juni 1983 zurückzuweisen. Bei einer erneuten Entscheidung ist vom LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.2 RU 53/84
Bundessozialgericht
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