Leitsatz (amtlich)
Eine Krankenhauspflege ist dann erforderlich, wenn die medizinische Versorgung des Kranken nur mit Hilfe der besonderen Mittel des Krankenhauses durchgeführt werden kann, also eine ambulante Behandlung nicht ausreicht (Anschluß an und Ergänzung von BSG 1978-10-10 3 RK 81/77).
Leitsatz (redaktionell)
1. Zum Begriff des Pflegefalls bei stationärer Krankenhausunterbringung auf längere Zeit.
2. Bei der Abgrenzung zwischen einem Behandlungsfall und einem Pflegefall ist im allgemeinen darauf abzustellen, ob die erforderlichen Pflegemaßnahmen lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen, oder ob sie Teil einer ärztlichen Behandlung sind; als Teil der ärztlichen Behandlung kommen Pflegemaßnahmen durch Krankenschwestern, Pfleger, Sozialarbeiter, Psychologen, Beschäftigungstherapeuten usw nur dann in Betracht, wenn die pflegerische Tätigkeit der ärztlichen Behandlung untergeordnet ist.
3. RVO § 216 Abs 1 Nr 4 ist in der Rentnerkrankenversicherung nur bei dauernder Unterbringung zur Pflege anzuwenden; soweit Krankenhauspflegebedürftigkeit besteht, findet diese Vorschrift keine Anwendung.
Normenkette
RVO § 184 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1973-12-19, § 216 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1956-06-12
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 17.08.1978; Aktenzeichen L 16 Kr 41/77) |
SG Detmold (Entscheidung vom 03.02.1977; Aktenzeichen S 10 Kr 76/74) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. August 1978 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die beklagte Krankenkasse dem Kläger die Kosten des Krankenhausaufenthaltes seiner Ehefrau für die Zeit vom 1. Januar 1974 bis zu deren Tod am 20. August 1975 zu erstatten hat.
Der Kläger ist als Rentner Mitglied der Beklagten. Seine 1904 geborene Ehefrau, für die ihm Anspruch auf Familienkrankenhilfe zustand, wurde 1967 wegen eines psychotischen Zustandsbildes in das Westfälische Landeskrankenhaus G eingewiesen. Dort blieb sie - von kurzfristigen Beurlaubungen abgesehen - bis zu ihrem Tode.
Anfang 1974 stellte das Landeskrankenhaus bei der Beklagten den Antrag, die Kosten der Unterbringung zu übernehmen: Der Kläger, der zuletzt für die Kosten aufgekommen sei, habe eine erneute Leistungsverpflichtung der Krankenkasse aufgrund des am 1. Januar 1974 in Kraft getretenen Leistungsverbesserungsgesetzes geltend gemacht. Gemäß Bescheinigung der behandelnden Ärztin Dr. R vom 25. Januar 1974 sei eine zielstrebige medikamentöse Heilbehandlung erforderlich und mit einer (weiteren) stationären Behandlung von einem halben Jahr zu rechnen gewesen. Der Vertrauensärztliche Dienst nahm zunächst am 15. Februar 1974 nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt Dr. S einen Behandlungsfall an, weil die Patientin unter Wahnideen gelitten habe und einer Schocktherapie unterzogen worden sei. Am 8. Mai 1974 berichtigte der Vertrauensärztliche Dienst (Medizinaldirektor Dr. S) seine Ansicht dahingehend, daß es sich bereits seit April 1971 um einen Pflegefall gehandelt habe. Daraufhin lehnte die Beklagte dem Kläger gegenüber eine Kostenübernahme ab: Die Unterbringung zur Pflege falle nicht in den Aufgabenbereich der Krankenversicherung. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.
Nach Einholung einer gutachtlichen Äußerung der behandelnden Ärztin Dr. R und eines Gutachtens der Ärzte Dr. H und Dr. K vom Westfälischen Landeskrankenhaus G hat das Sozialgericht (SG) Detmold unter Abweisung der Klage im übrigen die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten zu erstatten, die durch die Krankenhausbehandlung seiner Ehefrau in der Zeit vom 1. Januar 1974 bis 8. Mai 1974 angefallen sind. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei auch nach Änderung des § 184 der Reichsversicherungsordnung (RVO) weiter von dem bisherigen Begriff der Krankenhausbehandlung auszugehen und zwischen Pflege- und Behandlungsfällen zu unterscheiden. Die Ehefrau des Klägers sei vom 1. Januar 1974 bis 8. Mai 1974 ein Behandlungsfall gewesen, was durch die damaligen ärztlichen Stellungnahmen und die Notwendigkeit einer Schocktherapie bewiesen werde. Da die Ärztin Dr. R im Bericht vom 25. Januar 1974 eine Behandlung von sechs Monaten als voraussichtlich erforderlich angesehen und Dr. S am 8. Mai 1974 festgestellt habe, daß nunmehr ein Pflegefall vorliege, sei bis zum 8. Mai 1974 ein Behandlungsfall anzunehmen.
Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Beklagten hat es das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen: Der vom Kläger erhobene Anspruch auf Krankenhauspflege gemäß § 184 RVO sei auch für die Zeit vom 1. Januar bis 8. Mai 1974 nicht gegeben. Dem Klagebegehren stehe die Ruhensvorschrift des § 216 Abs 1 Nr 4 RVO entgegen. Danach ruhe die Krankenhilfe für Rentenbezieher und ihre anspruchsberechtigten Familienangehörigen, solange sie in einer Anstalt dauernd zur Pflege untergebracht sind, in der sie im Rahmen ihrer gesamten Betreuung Krankenpflege erhalten. Die Ehefrau des Klägers sei in einer "Anstalt" untergebracht gewesen, denn unter diesen Begriff fielen neben Heil- und Pflegeanstalten auch Krankenhäuser. Auch habe es sich um eine dauernde Unterbringung zur Pflege gehandelt. Während sich die Krankenhauspflege im Sinne des § 184 RVO typischerweise im Rahmen eines zielstrebigen, auf die Beendigung der stationären Behandlung gerichteten Heilplanes vollziehe, liege eine Unterbringung zur Pflege im Sinne des § 216 Abs 1 Nr 4 RVO dann vor, wenn die Anstaltspflege auf Dauer im wesentlichen um ihrer selbst willen durchgeführt werde und Maßnahmen mit dem Ziel der Beendigung der Unterbringung fehlten. Die "Unterbringung zur Pflege" schließe eine ärztliche Betreuung nicht aus. Entscheidend sei vielmehr, daß diese gegenüber der pflegerischen Versorgung in den Hintergrund trete und nicht auf die Entlassung aus der stationären Unterbringung gerichtet sei. Ein solcher Fall liege hier vor, denn in der strittigen Zeit ab 1. Januar 1974 habe die Unterbringung der Pflege gedient und eine ärztliche Behandlung mit dem Ziel der Beendigung der Unterbringung nicht mehr stattgefunden. Selbst wenn Anfang 1974 - was keineswegs bewiesen sei - eine Schocktherapie durchgeführt worden sei, könne diese nur als eine wegen der Verschlimmerung der Symptomatik gewährte, in den Rahmen der Gesamtbetreuung eingefügte Krankenpflege bewertet werden, wie sie § 216 Abs 1 Nr 4 RVO voraussetze.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt Verstöße gegen die Denkgesetze und eine Verletzung der §§ 184 Abs 1, 216 Abs 1 Nr 4 RVO. Nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft gebe es keine Pflegebedürftigkeit allein aufgrund des Alters, sondern nur aufgrund von Krankheit, so daß eine Unterscheidung zwischen reinen Pflegefällen und reinen Behandlungsfällen sachlich unrichtig und unzulässig sei. Keinesfalls könne es bei einer solchen Unterscheidung darauf ankommen, ob sich später ergibt, daß die ärztliche Behandlung nicht zum Erfolg geführt habe. Daß bei seiner Ehefrau ärztliche Behandlung notwendig gewesen sei, und daß diese Behandlung zum größten Teil auch das Ziel gehabt habe, die Leiden zu beseitigen, zumindest aber zu lindern, ergebe sich aus der Vielzahl der Erkrankungen und Leiden, die hier vorgelegen hätten. Nach den vom Bundessozialgericht (BSG) in der Sache 3 RK 81/77 aufgestellten Grundsätzen müßten die Krankenkassen auch dann für den Krankenhausaufenthalt eines Versicherten aufkommen, wenn die Krankheit nicht mehr zu heilen sei und die stationäre Behandlung lediglich die Beschwerden lindere. Das LSG habe auch nicht berücksichtigt, daß die Ruhensvorschrift des § 216 Abs 1 Nr 4 RVO nur von Krankenpflege (§ 182 RVO) spreche, Krankenhauspflege (§ 184 RVO) daher nicht erfasse.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts in vollem Umfang und das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 3. Februar 1977 insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen worden ist,
außerdem die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des Aufenthalts der Ehefrau des Klägers im Landeskrankenhaus G für den Zeitraum vom 1. Januar 1974 bis 20. August 1975 zu erstatten,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht in Essen zurückzuverweisen,
weiter hilfsweise,
dem Kläger die Kosten zu erstatten, die durch die Behandlung seiner Ehefrau im Westfälischen Krankenhaus G in der Zeit vom 1. Januar 1974 bis 8. Mai 1974 angefallen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Im Falle des § 216 Abs 1 Nr 4 RVO ruhe der Anspruch auf Krankenhilfe. Dieser umfasse nicht lediglich die in § 182 RVO beschriebene ambulante Behandlung, sondern auch die in § 184 RVO vorgesehenen Leistungen (stationäre Behandlung).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Streitsache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung der §§ 184, 216 Abs 1 Nr 4 RVO. Die Vorinstanz geht zu Unrecht davon aus, einem Rentner stehe für sich und für seine Angehörigen ein Anspruch auf Krankenhauspflege nur dann zu, wenn die Behandlung mit dem Ziele der Beendigung der Unterbringung durchgeführt wird. Auch bei einer stationären Unterbringung auf Dauer handelt es sich nicht stets um einen Pflegefall, der Leistungsansprüche gegen die Krankenkasse nicht begründet oder nach § 216 Abs 1 Nr 4 RVO zum Ruhen bringt.
Nach § 184 RVO in der hier anzuwendenden Fassung des am 1. Januar 1974 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (Leistungsverbesserungsgesetz - KLVG -) vom 19. Dezember 1973 (BGBl I 1925) ist Krankenhauspflege zu gewähren, wenn die Aufnahme in ein Krankenhaus erforderlich ist, um die Krankheit zu erkennen oder zu behandeln oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Senat hat bereits zum früheren Recht, das eine Krankenhauspflege nur als Ermessensleistung vorgesehen hatte, wiederholt entschieden, daß es bei der Frage, ob eine Krankenhauspflege notwendig ist, auf die medizinische Notwendigkeit ankommt. Diese ist jedoch nicht nur dann gegeben, wenn eine Heilung oder Besserung zu erwarten ist, sondern auch dann, wenn die Behandlung eine Verschlimmerung verhüten, das Leben verlängern oder Krankheitsbeschwerden lindern soll. Wird die Anstaltspflege nur noch um ihrer selbst willen durchgeführt, so ist die Krankenkasse nicht leistungspflichtig (vgl BSGE 28, 199 ff; BSG SozR Nrn 23 und 30 zu § 184 RVO; BSG vom 18. November 1969 - 3 RK 24/68 - DOK 1970, 173).
Bei der Abgrenzung der Anstaltspflege in diesem Sinne von der Krankenhauspflege im Sinne des § 184 RVO wird - wie der Senat in seinem Urteil vom 10. Oktober 1978 (3 RK 81/77 - zur Veröffentlichung vorgesehen) näher dargelegt hat - im allgemeinen darauf abzustellen sein, ob die erforderlichen Pflegemaßnahmen lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen, oder ob sie Teil einer ärztlichen Behandlung sind. Dabei ist zu beachten, daß der Behandlung und Pflege in psychiatrischen Krankenhäusern nach den neueren Auffassungen von Diagnostik- und Therapiemethoden besondere Bedeutung zukommt, wobei die traditionellen Funktionen des Arztes durch andere Mitarbeiter wie zB Schwestern und Pfleger, aber auch durch Sozialarbeiter, Psychologen, Beschäftigungstherapeuten usw ergänzt werden. Von einer Krankenhauspflege kann allerdings in diesem Zusammenhang auch nur dann gesprochen werden, wenn die pflegerische Tätigkeit der ärztlichen Behandlung untergeordnet ist (SozR 2220 § 184a RVO Nr 1 Bl 5 unten). Auch dem § 185 RVO in der Fassung des Krankenversicherungskostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I 1069) ist zu entnehmen, daß außer der ärztlichen Behandlung die erforderliche Pflege durch Krankenpfleger, Krankenschwestern, Krankenpflegehelferinnen oder Kinderkrankenschwestern die Notwendigkeit der Krankenhauspflege begründen kann, die Krankenkasse deshalb bei Undurchführbarkeit der an sich gebotenen Krankenhauspflege zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege verpflichtet ist.
Die Dauer der Unterbringung ist kein Abgrenzungskriterium. Dies ergibt sich bereits daraus, daß ein Anspruch auf Krankenhauspflege nicht nur bei der Behandlung zur Heilung oder Besserung des Leidens besteht, sondern auch dann, wenn von ihr die Verhinderung einer Leidensverschlimmerung, die Verlängerung des Lebens oder die Linderung der Krankheitsbeschwerden erwartet werden kann. Der Senat hat deshalb bereits mit Urteil vom 16. Oktober 1968 - 3 RK 59/65 - (SozR Nr 21 zu § 184 RVO) auch chronische Krankheiten in den Aufgabenbereich der Krankenhäuser einbezogen. Schließlich ist in der seit 1. Januar 1974 geltenden Neufassung des § 184 RVO ausdrücklich bestimmt, daß Krankenhauspflege - beim Vorliegen der medizinischen Notwendigkeit - zeitlich unbegrenzt gewährt wird.
Dieser Anspruch wird grundsätzlich auch nicht durch die Ruhensvorschrift des § 216 Abs 1 Nr 4 RVO beeinträchtigt. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ruht der Anspruch auf Krankenhilfe für die in § 165 Abs 1 Nr 3 RVO bezeichneten Versicherten und deren anspruchsberechtigte Familienangehörige nur, solange sie in einer Anstalt, in der sie im Rahmen ihrer Gesamtbetreuung Krankenpflege erhalten, dauernd zur Pflege untergebracht sind. Entgegen der Auffassung des LSG ist, wie erwähnt, auch ein "Pflegefall" im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung nicht bereits dann anzunehmen, wenn eine ärztliche Behandlung nicht mehr mit dem Ziel der Heilung und Besserung des Leidens und der Beendigung der Unterbringung durchgeführt wird. Nach der Entscheidung des Senats vom 10.Oktober 1978 aaO schließen die anderen medizinischen Gründe, die die Krankenkasse zur Krankenhauspflege verpflichten (Verhütung einer Verschlimmerung, Verlängerung des Lebens und Linderung der Beschwerden), das Vorliegen eines "Pflegefalles" auch in diesem Zusammenhang aus.
§ 216 Abs 1 Nr 4 RVO ist durch das Gesetz über die Krankenversicherung der Rentner vom 12. Juli 1956 (BGBl I 500) in die RVO eingeführt worden. In der amtlichen Begründung dazu heißt es: "Diese Vorschrift ändert das bisher geltende Recht mit dem Ziele einer Besserstellung des Rentners insoweit ab, als das Ruhen der Krankenhilfe während des Aufenthalts in einer Heil- und Pflegeanstalt oder eines nicht nur vorübergehenden Krankenhausaufenthaltes beseitigt wird, wenn der Rentner nicht nur zur Pflege in der Anstalt untergebracht ist" (BT-Drucks Nr 1234/2. Wahlperiode S 11). Das Ruhen soll also in allen Fällen einer Heilbehandlungszwecken dienenden Unterbringung nicht mehr eintreten (vgl Schellhorn, Zeitschrift für das Fürsorgewesen 1956, 355).
Die Ruhensbestimmung des § 216 Abs 1 Nr 4 RVO, bei der es sich zudem um eine eng auszulegende Ausnahmeregelung handelt (vgl auch BSG SozR Nr 39 zu § 184 RVO), findet daher nur auf einen Rentner bzw seinen Angehörigen Anwendung, der dauernd zur Pflege untergebracht ist. Soweit die Einweisung in das Krankenhaus und die Fortdauer des stationären Aufenthaltes auch aus medizinischen Gründen - zur Behandlung der Krankheit oder Linderung der Krankheitsbeschwerden - erforderlich ist, kann sich der Krankenversicherungsträger nicht unter Berufung auf die Ruhensbestimmung des § 216 Abs 1 Nr 4 RVO seiner Verpflichtung zur Krankenhauspflege nach § 184 RVO entziehen.
Da somit das angefochtene Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, ist in der Sache neu zu entscheiden. Zu dieser Entscheidung reichen die vom LSG getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht aus. Ob dem Kläger für seine Ehefrau ab 1. Januar 1974 ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zustand, ggf für welche Zeit, ist vom gesamten Leidenszustand seiner Frau, vor allem von der Art und dem Stadium der Erkrankungen, den Krankheitserscheinungen und Beschwerden sowie den therapeutischen Möglichkeiten abhängig. Das LSG hat insoweit eine Sachaufklärung nicht abgeschlossen. So hat es insbesondere dahingestellt gelassen, ob die zunächst ärztlicherseits bestätigte Schocktherapie tatsächlich Anfang 1974 durchgeführt worden ist. Aufgrund seiner Rechtsauffassung ist es nicht der Frage nachgegangen, ob eine stationäre Behandlung zur Verhinderung einer Leidensverschlimmerung, zur Verlängerung des Lebens oder zur Linderung von Krankheitsbeschwerden erforderlich gewesen ist.
Bei der insoweit veranlaßten Ergänzung der Sachaufklärung ist zu beachten: Ein Anspruch auf Krankenhauspflege setzt ferner voraus, daß sich Krankheit und Krankheitsbeschwerden nur mit den besonderen medizinischen Mitteln eines Krankenhauses beeinflussen lassen. Krankenhauspflegebedürftigkeit ist so lange gegeben, wie eine ambulante Behandlung zur Erreichung des Behandlungszieles in dem vorstehend beschriebenen Sinne nicht ausreicht oder ein Abbruch der Krankenhauspflege den Behandlungserfolg gefährden würde. Von einem Pflegefall ist hingegen auszugehen, wenn ein Dauerleiden vorliegt, das nicht mehr in dem genannten Sinne beeinflußbar ist oder doch in ausreichendem Maße ambulant behandelt werden kann. Dabei kommt es auf die Art der Anstalt, in der der Pflegebedürftige untergebracht ist, nicht an (vgl Schroeder-Printzen, Zeitschrift für Sozialreform 1978, 617 ff - Festschrift für Rohwer-Kahlmann).
Dem Senat ist es verwehrt, die fehlenden Tatsachenfeststellungen selbst nachzuholen. Der Rechtsstreit ist deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LSG zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Fundstellen