Entscheidungsstichwort (Thema)
Überführung der Zusatzversorgung der früheren DDR-Parteien in die Rentenversicherung – Feststellungen durch den Versorgungsträger – Bestandsrentner – Neufestsetzung des Rentenwerts – Klagebefugnis
Leitsatz (amtlich)
Bei der Überführung der Zusatzversorgungen der früheren DDR-Parteien kann ein Bestandsrentner vom Rentenversicherungsträger die Festsetzung eines höheren Wertes seiner SGB 6-Rente frühestens dann beanspruchen, wenn der zuständige Versorgungsträger bindend entschieden hat, ob nach beitrittsgebietsrechtlichem Zusatzversorgungsrecht ein Recht auf Zusatzversorgung gegen diesen Träger vor dem Zeitpunkt der Überführung bestanden hat, und wenn der Versorgungsträger außerdem in einem sogenannten Entgeltbescheid bindend die nach originärem Bundesrecht gemäß den §§ 5 bis 8 AAÜG möglicherweise rechtserheblichen Daten festgestellt hat (Fortführung von ua BSG vom 4.5.1999 – B 4 RA 6/99 R = SozR 3-8570 § 8 Nr 3).
Stand: 13. August 2001
Normenkette
SGB VI §§ 307a, 307b, 247 Abs. 3; AAÜG §§ 5, 8 Abs. 1, 4 Nr. 3, Abs. 5 S. 2, § 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1; AAÜG Anl. 1 Nr. 27; SGG § 54 Abs. 1 S. 2
Beteiligte
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte |
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 12. Januar 1999 aufgehoben; die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 20. Mai 1998 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung eines höheren Wertes des zuerkannten Rechts auf eine Altersrente (AR), weil als versichert geltende Arbeitsverdienste aus Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem vom Rentenversicherungsträger ohne vorhergehende Entscheidung des Versorgungsträgers anzurechnen seien.
Der im August 1926 geborene Kläger absolvierte von 1941 bis 1943 eine versicherungspflichtige Ausbildung. Nach Arbeitsdienst, Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft war er von Februar 1949 bis Mai 1990 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 1. September 1969 bis 31. Mai 1990 wurde er als Mitglied in der Freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS (AV-SED/PDS) geführt. Dies endete durch Beitragserstattung. Nach einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber (PDS) trat der Kläger mit Wirkung zum 1. Juni 1990 in den Vorruhestand; ab 3. Oktober 1990 bezog er Vorruhestandsgeld von der Bundesanstalt für Arbeit.
Zum 1. August 1991 stellte die Überleitungsanstalt Sozialversicherung (ÜLA) als Träger der Rentenversicherung das Recht des Klägers auf eine AR aus der Sozialpflichtversicherung des Beitrittsgebiets und dessen Wert mit 787,00 DM fest (Bescheid vom 7. Juli 1991).
Ab 1. Januar 1992 wurde dieses Recht kraft Gesetzes durch ein Recht auf Regelaltersrente nach Maßgabe des SGB VI ersetzt. Dessen Wert stellte die BfA mit 883,88 DM fest (Bescheid vom 27. November 1991). Die für die Wertfeststellung ua bedeutsame Rangstelle des Klägers, bemessen in Entgeltpunkten (EP), ermittelte die BfA gemäß § 307a SGB VI aus seinen in der Sozialpflichtversicherung des Beitrittsgebiets beitragspflichtig gewesenen Durchschnittsentgelten der letzten 240 Kalendermonate (monatlicher Durchschnittsverdienst 629,00 M/DM); Arbeitsverdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze dieser Versicherung blieben unberücksichtigt.
Im Mai 1997 beantragte der Kläger, die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung aufzuheben und den Rentenwert unter Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit zur AV-SED/PDS höher festzustellen. Dies lehnte die Beklagte ab, weil eine das gesamte individuelle Versicherungsleben umfassende Neufeststellung nach § 307b SGB VI wegen der Erstattung der Beiträge zur Zusatzversorgung nicht in Betracht komme (Bescheid vom 21. Juli 1997; Widerspruchsbescheid vom 19. September 1997).
Vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) hat der Kläger beantragt, bei der Wertfeststellung seiner Rente die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte und die gesamten Versicherungsjahre zu berücksichtigen und insgesamt die AR unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 307b SGB VI neu zu berechnen und hiernach eine höhere AR zu zahlen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20. Mai 1998).
Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg das Urteil des SG und die angefochtenen Verwaltungsakte aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, „eine neue Rentenberechnung nach den Vorschriften des SGB VI für die Zeit ab 1. August 1991 vorzunehmen”. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Beklagte sei gemäß § 48 SGB X rückwirkend zur Neufeststellung des Rentenwertes verpflichtet; denn in den rechtlichen Verhältnissen sei mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Ergänzung der Rentenüberleitung (Rü-ErgG) zum 1. Juli 1993 eine rechtliche Änderung in den Verhältnissen im Vergleich zu denjenigen eingetreten, die bei Erlaß der Bescheide vom 7. Juli 1991 und 27. November 1991 bestanden hätten; nunmehr seien die bis dahin nicht überführten Ansprüche und Anwartschaften aus der AV-SED/PDS in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden; da der Kläger trotz der Beitragserstattung diesem Versorgungssystem zuzuordnen sei, habe er Anspruch auf eine Neufeststellung des Rentenwertes nach § 307b SGB VI.
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, der Kläger habe gegenwärtig keinen Anspruch auf Neufeststellung; denn bislang habe der Versorgungsträger noch keinen den Rentenversicherungsträger bindenden „Entgeltbescheid” nach § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) erlassen. Bevor dies nicht geschehen sei, dürfe der Rentenversicherungsträger die vom LSG ausgeurteilte „Neuberechnung” der Rente nicht vornehmen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 12. Januar 1999 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 20. Mai 1998 zurückzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren durch keinen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das LSG hätte das Urteil des SG nicht aufheben dürfen, weil dieses die Klagen (nur) im Ergebnis zu Recht abgewiesen hatte. Jedoch ist die vom Kläger in zulässiger Klagehäufung erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage entgegen der Ansicht des SG nicht als unbegründet abzuweisen, vielmehr hätten das LSG (und das SG) nach Bundesrecht in der Sache selbst überhaupt nicht entscheiden dürfen, weil die Klagen unzulässig sind.
Der Kläger hat erstens mit seiner Anfechtungsklage die Aufhebung der Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs auf Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung begehrt; zweitens erstrebt er mit der Verpflichtungsklage die Verpflichtung der BfA, ab 1. August 1991 einen höheren Wert des Rechts auf AR festzustellen; drittens möchte er mit seinen Leistungsklagen die Verurteilung der BfA zur Zahlung der monatlichen Rentenbeträge in der Zukunft entsprechend dem neu festzustellenden Rentenwert sowie zur Nachzahlung der Summe der auf die Zeit seit August 1991 bezogenen Differenzbeträge erreichen.
Die Anfechtungsklage ist unzulässig, weil der Kläger nicht klagebefugt ist. Nach § 54 Abs 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist die Anfechtungsklage (soweit – wie hier – gesetzlich nichts anderes bestimmt ist) nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Nach dem Sachstand vor jeder Sachprüfung und Sachverhaltsaufklärung durch das mit der Klage angerufene Gericht muß feststehen, daß der Kläger sich auf ein Recht beruft, das es der Art nach in gültigem Recht gibt, daß ihm selbst dieses möglicherweise zusteht und daß der Verwaltungsakt möglicherweise rechtswidrig darin eingreift; enthält der angefochtene Verwaltungsakt – wie hier – die Ablehnung eines Anspruchs auf Erlaß eines Verwaltungsaktes (hier: Aufhebung der früheren Rentenwertfestsetzung), kommt es darauf an, ob ein seiner Art nach im geltenden Recht gegebener Anspruch dem Kläger möglicherweise selbst zusteht und möglicherweise zu Unrecht abgelehnt worden ist. Hinsichtlich der begehrten Aufhebung der Feststellung des Rentenversicherungsträgers, der Kläger habe keinen Anspruch gegen die BfA, die bisherige Rentenhöchstwertfestsetzung aufzuheben, besteht noch nicht einmal die Möglichkeit, daß der Kläger – jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt – in eigenen Rechten verletzt sein könnte. Hierbei kann offenbleiben, ob Grundlage des abgelehnten Aufhebungsanspruchs § 44 SGB X oder – wie das LSG angenommen hat – § 48 SGB X ist. Denn der hier streitgegenständliche Aufhebungsanspruch kann dem Kläger frühestens zustehen, wenn der zuständige Versorgungsträger durch Verwaltungsakt entschieden hat, ob der Kläger bis zum Zeitpunkt der Überführung am 30. Juni 1993 ein Recht oder eine Anwartschaft auf Versorgung gegen den Versorgungsträger nach dem bis dahin (soweit zu sekundärem Bundesrecht geworden) maßgeblichen Zusatzversorgungsrecht des Beitrittsgebiets hatte, und wenn er außerdem in einem sogenannten Entgeltbescheid (§ 8 AAÜG) die den Tatbestand von nach originärem Bundesrecht gemäß § 5 AAÜG gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten, die darin erzielten Entgelte und ggf die tatsächlichen Voraussetzungen einer besonderen Beitragsbemessungsgrenze (§§ 6, 7 AAÜG) festgestellt hat.
Dem Kläger kann ohne die genannten Entscheidungen des Versorgungsträgers der streitige Aufhebungsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger auch nicht etwa deshalb zustehen, weil er von 1941 bis 1943 nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) Beitragszeiten bei der damaligen Landesversicherungsanstalt Sachsen zurückgelegt hat, die gemäß § 247 Abs 3 Satz 1 SGB VI einer Beitragszeit nach Bundesrecht gleichgestellt sind. Selbst wenn auch die nachfolgenden Zeiten des Arbeits- und Kriegsdienstes unter Kriegsgefangenschaft nicht nur bis zum 8. Mai 1945, sondern darüber hinaus bis 1949 als Ersatzzeiten und/oder Anrechnungszeiten zu qualifizieren wären, wäre dies für den abgelehnten Anspruch auf Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzungen des Rentenversicherungsträgers rechtlich nicht erheblich, solange der Kläger – wie bisher – als sogenannter Bestandsrentner iS des § 307a SGB VI einzuordnen ist. Für diese kommt es kraft Spezialgesetzes beim Rentenwert auf individuelle reichsgesetzliche Umstände vor dem maßgeblichen Zeitraum von zwanzig Jahren für das als versichert geltende Arbeitsentgelt schlechthin nicht an.
Anders wäre dies bei einer Einordnung als sogenannter Bestandsrentner iS des § 307b SGB VI iVm § 14 AAÜG. Dies setzt aber notwendig die genannten Entscheidungen des Versorgungsträgers voraus. Der Rentenversicherungsträger ist nämlich schlechthin nicht verbandszuständig, dh es gehört überhaupt nicht zu den ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, darüber zu entscheiden, ob vor dem Zeitpunkt der gesetzlichen Überführung von Versorgungsrecht in das Rentenversicherungsrecht (hier: zum 30. Juni 1993) nach Maßgabe des (Zusatz- oder Sonder-)Versorgungsrechts Rechte, Ansprüche oder Anwartschaften gegen einen Versorgungsträger wirklich bestanden haben. Genausowenig gehört es zu seinen ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, über das Vorliegen der nach §§ 5 bis 8 AAÜG für die SGB VI-Rente erheblichen Tatsachen selbst – und sei es nur als „Vorfrage” – verbindlich zu entscheiden. Dies ist ausschließlich dem zuständigen Versorgungsträger vorbehalten (stellv BSGE 72, 50; SozR 3-8570 § 8 Nr 2 bis 4).
Etwas anderes folgt für die Überführung der Berechtigungen auf Zusatzversorgungsrente der früheren „DDR-Parteien” in das Recht des SGB VI zum 30. Juni 1993 auch nicht aus § 14 AAÜG, insbesondere nicht aus Abs 4 Satz 1 aaO. Danach gilt: „Bestand am 30. Juni 1993 Anspruch auf Rente nach dem SGB VI, nicht jedoch auf eine Leistung aus dem Versorgungssystem, ist die Rente unter Anwendung von Absatz 1 Satz 1 (aaO) neu zu berechnen”. Nach § 14 Abs 1 Satz 1 AAÜG wird die Rente bei der Überführung der in einem Versorgungssystem nach Anlage 1 Nr 23 bis 27 erworbenen Ansprüche unter Berücksichtigung der Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem neu berechnet. Die AV-SED/PDS ist als Zusatzversorgungssystem unter der Nr 27 der Anlage 1 zum AAÜG aufgeführt. Der Kläger hatte am 30. Juni 1993 auch ein Recht auf AR nach Maßgabe des SGB VI. Eine Aufhebung der bisherigen Rentenhöchstwertfestsetzung und eine Neufeststellung des Wertes seines Rechts auf AR kann er somit vom beklagten Rentenversicherungsträger verlangen, sobald vom zuständigen Verwaltungsträger verbindlich festgestellt sein wird, daß er am 30. Juni 1993 keinen (der Art nach überführten) Anspruch und kein Recht auf Leistung gegen den Versorgungsträger hatte (§ 14 Abs 4 Satz 1 AAÜG) und daß er Zeiten der Zugehörigkeit zu einem der Versorgungssysteme der Anlage 1 Nr 23 bis 27 zum AAÜG zurückgelegt hat (§ 14 Abs 1 Satz 1 AAÜG); die erste dieser Voraussetzungen liegt ohnehin in der ausschließlichen Verbandszuständigkeit des Zusatzversorgungsträgers; die zweite erfordert einen sogenannten Entgeltbescheid nach § 8 AAÜG über die nach den §§ 5 bis 8 AAÜG möglicherweise rentenversicherungsrechtlich erheblichen Tatsachen. Sobald hierüber bestandskräftige Entscheidungen des Versorgungsträgers vorliegen, kann überhaupt erstmals die Möglichkeit eines Aufhebungsanspruchs (und Neufeststellungsanspruchs) des Klägers eröffnet sein. Bis dahin kann es einen solchen Anspruch keinesfalls geben. Dazu näher wie folgt:
§ 14 AAÜG behandelt in den Absätzen 1 bis 3 „erworbene Ansprüche”, die bei der Überführung neu „berechnet” werden (Abs 1). In den Absätzen 2 und 3 wird danach differenziert, ob der „Anspruch” auf die (zum 30. Juni 1993) überführte Leistung bereits am 31. Dezember 1991 bestand (Abs 2) oder in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 30. Juni 1993 entstanden ist (Abs 3). Die Vorschriften betreffen (Versorgungs-)Bestandsrentner, also Versorgungsberechtigte, denen der zuständige Versorgungsträger das Recht auf Versorgung für Bezugszeiten vor dem 30. Juni 1993 zuerkannt hatte oder es noch nachträglich anerkennt. Eine solche Entscheidung der PDS als Versorgungsträger ist im Fall des Klägers nicht ergangen.
§ 14 Abs 4 AAÜG erfaßt Fälle, in denen am 30. Juni 1993 zwar ein originär bundesrechtliches Recht auf eine Rente gegen einen Rentenversicherungsträger nach dem SGB VI, nicht aber ein beitrittsgebietsrechtliches Recht gegen den Versorgungsträger auf Parteiversorgung bestand. Eine bestandskräftige Entscheidung des allein zuständigen Versorgungsträgers (hier PDS) darüber, ob der Kläger im Juni 1993 gegen ihn ein Recht auf Zahlung von Versorgung hatte (oder – wie Abs 4 aaO voraussetzt – nicht hatte), liegt nicht vor.
Einen Anspruch auf Aufhebung der bisherigen Feststellung des Höchstwertes seines Rechts auf AR nach dem SGB VI kann der Kläger jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt – entgegen der Ansicht des LSG – auch nicht aus § 48 Abs 1 SGB X herleiten; dies ist vielmehr bis zum Eintritt der Bestandskraft der (gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 AAÜG) stets notwendigen Verwaltungsakte des Versorgungsträgers nach § 8 AAÜG schlechthin ausgeschlossen.
Welche Zeiten einer Beschäftigung oder Tätigkeit mit welchen Arbeitsverdiensten als in einem Versorgungssystem zurückgelegt gelten, hat nicht der Rentenversicherungsträger, sondern nur der (allein) zuständige Versorgungsträger zu entscheiden, im vorliegenden Fall die PDS (§ 8 Abs 4 Nr 3 AAÜG).
Nach § 8 Abs 1 AAÜG hat der Versorgungsträger in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs 5 SGB VI ähnlichen Verfahren einzelne Daten verbindlich festzustellen, die für die spätere Feststellung des Werts der SGB VI-Rente von Bedeutung sein könnten (vgl hierzu ua Urteile des Senats vom 4. Mai 1999, SozR 3-8570 § 8 Nr 3; vom 23. Juni 1998, SozR 3-8570 § 5 Nr 4; Urteil vom 18. Juli 1996, SozR 3-8570 § 8 Nr 2). Dies sind ua die Daten über
- Zeiten der sogenannten Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem,
- die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (§§ 6 und 7 AAÜG),
- die Höhe des aus der vom Versorgungssystem erfaßten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens sowie
- in den Fällen des § 8 Abs 1 Satz 3 AAÜG die Feststellung von Ausfalltagen.
Diese Daten stellt der Versorgungsträger verbindlich für den Rentenversicherungsträger vorab fest, dh der Rentenversicherungsträger ist an die in einer solchen Vorabentscheidung festgestellten „Daten” gebunden (§ 8 Abs 5 Satz 2 AAÜG), er ist also gerade nicht ermächtigt, sie abzuändern oder zu ersetzen (Urteil des Senats vom 18. Juli 1996, aaO, S 8). Hieraus folgt für den vorliegenden Fall, daß die Beklagte eventuelle Zugehörigkeitszeiten des Klägers zum AV-SED/PDS nur dann berücksichtigen darf, wenn der Versorgungsträger – die PDS – in einem gesonderten Verwaltungsverfahren die notwendigen „Daten” festgestellt, also ua auch über die Zugehörigkeit des Klägers zu dem Versorgungssystem entschieden hat. Eine solche Entscheidung der PDS als Versorgungsträger ist offenkundig bislang nicht ergangen. Demzufolge ist die Beklagte eindeutig nicht befugt, zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Neufeststellung des Rentenwertes unter Berücksichtigung von Zugehörigkeitszeiten zum AV-SED/PDS und damit unter Anwendung des § 307b SGB VI vorzunehmen. Außerdem würde eine Aufhebung der bisherigen Rentenwertfeststellung zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch gegen das rechtsstaatliche Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses verstoßen. Denn die begehrte Aufhebung des bisherigen Rentenwertes dürfte als endgültiger Verwaltungsakt erst ergehen, wenn die Sach- und Rechtslage durch den dafür jeweils zuständigen Verwaltungsträger abschließend geklärt ist. Dies ist gegenwärtig nicht der Fall, weil ein die Beklagte bindender Feststellungsbescheid gemäß § 8 AAÜG vom zuständigen Versorgungsträger noch nicht erlassen worden ist (vgl zu dieser Problematik: BSG, Urteil vom 14. Mai 1996, 4 RA 95/94).
Die Anfechtungsklage war mangels Klagebefugnis des Klägers abzuweisen.
Dasselbe gilt für die Verpflichtungsklage. Denn die Möglichkeit (iS von § 54 Abs 1 Satz 2 SGG) eines Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte, einen neuen, höheren Wert des Rechts auf AR festzustellen, besteht von vornherein nicht, solange die bisherige Wertfestsetzung bindend ist. Die Leistungsklagen (auf Nachzahlung und auf Zahlung höherer Monatsbeträge) waren unzulässig, weil es kein schutzwürdiges Interesse für das Begehren gibt, das Gericht möge den Verwaltungsträger entgegen einem bindenden Verwaltungsakt zu höheren Zahlungen verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen