Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Arbeitslosengeld, Minderung der Anspruchsdauer
Beteiligte
25. April 1990 … Kläger und Revisionsbeklagter |
Bundesanstalt für Arbeit,Nürnberg, Regensburger Straße 104, Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Streitig ist Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 25. September bis 4. Oktober 1979 und die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alg um 12 Tage.
Der 1952 geborene Kläger war bis zum 13. Dezember 1978 und nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit wieder seit dem 1. August 1979 bei seinem Vater beschäftigt. Dieser kündigte dem Kläger das neue Arbeitsverhältnis am 19. September 1979 fristlos, und zwar "aufgrund der getätigten Szenen und Androhungen von Gewalt, auch anderen Mitarbeitern gegenüber" am 18. September 1979. Auf Klage des Klägers stellte das Arbeitsgericht Offenbach am Main fest, daß die fristlose Kündigung rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis erst am 31. Dezember 1979 endete, und verurteilte den Vater, den Restlohn für die Zeit von September bis Dezember 1979 nebst Zinsen, jedoch abzüglich gezahlten Algs, zu zahlen (Urteil vom 12. März 1980). Die Berufung des Vaters hatte insoweit Erfolg, als das Landesarbeitsgericht Frankfurt (Main) die Restlohnforderung für die Zeit vom 19. September bis 4. Oktober 1979 abgewiesen hat, weil der Kläger in dieser Zeit seinen Vater nicht in Annahmeverzug versetzt habe; im übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Vaters zurückgewiesen (Urteil vom 8. Dezember 1980). Es hat insoweit ausgeführt, es teile die vom Arbeitsgericht vorgenommene Würdigung des Verhaltens bei der Auseinandersetzung zwischen dem Kläger, seinem Vater, seiner Mutter und seinem älteren Bruder am 18. September 1979. Die Auseinandersetzung, die ihre Ursache im wesentlichen in familiären Spannungen habe, und das Verhalten des Klägers stellten zwar eine Vertragsverletzung dar; diese Vertragsverletzung habe aber eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen können, weil sie ihre Ursache im familiären Bereich gehabt habe.
Der Kläger hatte sich am 25. September 1979 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt, das ihm ab 19. Oktober 1979 bewilligt worden ist. Im Juni 1982 machte der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts geltend, ihm stehe noch Alg zu, da er für die Zeit vom 19. September bis 4. Oktober 1979 keinen Lohn bekommen habe. Das Arbeitsamt Offenbach lehnte nunmehr den Antrag auf Alg für die Zeit vom 25. September bis 31. Dezember 1979 ab, weil der Kläger in dieser Zeit Lohn erhalten habe (Bescheid vom 24. Juni 1982). Der Kläger legte Widerspruch ein. Während des Widerspruchsverfahrens ergänzte das Arbeitsamt seinen Bescheid dahin, daß vom 21. September bis 18. Oktober 1979 eine Sperrzeit eingetreten sei, die den Anspruch auf Alg um 24 Tage mindere (Bescheid vom 30. November 1982). Anschließend setzte das Arbeitsamt die Sperrzeit auf die Zeit vom 21. September bis 4. Oktober 1979 fest (Bescheid vom 19. Mai 1983). Den weitergehenden Widerspruch des Klägers wies das Arbeitsamt zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. August 1983).
Der Kläger erhob Klage. Während des Klagverfahrens hob die Beklagte den Bescheid vom 24. Juni 1982 idF des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 1983 insoweit auf, als auch für die Zeit vom 25. September 1979 bis 4. Oktober 1979 das Ruhen des Anspruchs auf Alg nach § 117 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgestellt worden ist. Antragsgemäß hat das Sozialgericht (SG) die Bescheide vom 30. November 1982 und 19. Mai 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 1983 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 25. September bis 4. Oktober 1979 Alg in gesetzlicher Höhe zu bewilligen (Urteil vom 18. April 1986). Es hat die Auffassung vertreten, eine Sperrzeit sei nicht eingetreten, weil die faktische Beschäftigungslosigkeit des Klägers nicht durch dessen - vertragswidriges - Verhalten, sondern durch die als solche rechtswidrige fristlose Kündigung durch seinen Vater herbeigeführt worden sei. Die - vom SG zugelassene - Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 17. April 1989). Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, nach § 119 Abs 1 Nr 1 AFG trete eine Sperrzeit ua dann ein, wenn der Arbeitslose durch ein vertragswidriges Verhalten Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Diese Sperrzeitvoraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Allerdings sei das Verhalten des Klägers bei der Auseinandersetzung am 18. September 1979 gegenüber seinem Arbeitgeber vertragswidrig gewesen. Dieses Verhalten des Klägers sei entgegen der Auffassung des SG für die Kündigung auch kausal gewesen. Da eine außerordentliche Kündigung regelmäßig den Willen enthalte, das Arbeitsverhältnis in jedem Falle zu beenden, sei im Zweifel davon auszugehen, daß eine unberechtigte außerordentliche Kündigung als Kündigung zum nächst zulässigen Termin gewollt sei. Tatsächlich sei das Arbeitsverhältnis auch zum Ende der Kündigungsfrist beendet worden. Diese in der rechtswidrigen außerordentlichen Kündigung enthaltene ordentliche Kündigung sei nicht rechtswidrig gewesen. Der Kläger könne sich auf einen wichtigen Grund für sein Verhalten nicht berufen; familiäre Spannungen könnten die Vertragsverletzung des Klägers nicht rechtfertigen. Allerdings habe die Beklagte die Sperrzeit nicht für einen Zeitraum nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhängt, sondern für einen Zeitraum, zu dem das Arbeitsverhältnis noch bestanden habe. Gleichwohl sei der Kläger arbeitslos gewesen. Mit dieser Arbeitslosigkeit habe der Kläger allerdings nicht rechnen müssen, da die fristlose Kündigung rechtswidrig gewesen sei; für den hier im Streit stehenden Zeitraum habe der Kläger deshalb seine Arbeitslosigkeit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig herbeigeführt. Da die weiteren Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg unstreitig vorlägen, müsse der Berufung der Erfolg versagt bleiben.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG. Richtig sei, daß der Kläger durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlaß für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und "dadurch" seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe. Hierfür sei es nicht erforderlich, daß die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber in rechtmäßiger Weise, insbesondere unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist, erfolgt sei. Die Kausalität zwischen vertragswidrigem Verhalten des Arbeitnehmers und seiner nachfolgenden Arbeitslosigkeit werde schon dadurch gewahrt, daß das vertragswidrige Verhalten den alleinigen Grund für die Kündigung darstelle; nur dann, wenn ein Arbeitgeber sich ungeachtet eines solchen Verhaltens aus einem anderen Grund zur Kündigung entschließe, trete eine Sperrzeit nicht ein. Richtig sei auch, daß im Streitfall die fristlose Kündigung jedenfalls gemäß § 140 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in eine fristgemäße und damit rechtmäßige Kündigung umzudeuten sei. Kausalität liege auch dann vor, wenn das vertragswidrige Verhalten "wesentliche" Bedingung für die konkret eingetretene Arbeitslosigkeit sein müsse. Der Kausalzusammenhang zwischen arbeitsvertragswidrigem Verhalten des Arbeitnehmers und der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses werde nicht schon dadurch unterbrochen, daß aus nachträglicher Sicht des Arbeitsgerichts Gründe für eine fristlose Kündigung nicht vorgelegen hätten. Mit dem Zweck des § 119 AFG sei es unvereinbar, aus diesen für den Arbeitnehmer zufälligen Umständen letzterem Rechtsvorteile einzuräumen, die Versichertengemeinschaft hingegen mit einem zusätzlichen, für sie unkalkulierbaren Risiko zu belasten. Vorliegend komme hinzu, daß eine fristgemäße Kündigung am Zeitpunkt des Beginns der Arbeitslosigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts geändert hätte; es könne nämlich nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist im Betrieb seines Vaters weiterbeschäftigt worden wäre. Entgegen der Auffassung des LSG habe der Kläger seine Arbeitslosigkeit aber auch mindestens grob fahrlässig herbeigeführt. Denn nach den gesamten Fallumständen habe er im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Kündigung und den damit verbundenen Eintritt neuerlicher Arbeitslosigkeit seine Sorgfaltspflichten in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Dabei sei unerheblich, ob sich der Vorwurf der "groben" Fahrlässigkeit allein auf die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit oder auch auf die ihr zugrunde liegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten zu beziehen habe. Der Kläger habe nämlich allen Anlaß gehabt, Spannungen, die ihre Ursache im familiären Bereich hätten, aus der betrieblichen Sphäre herauszuhalten, nachdem sein Arbeitsverhältnis aufgrund einer persönlichen familiären Auseinandersetzung schon 1978 beendet worden sei. Er habe es deshalb zu der der Kündigung zugrunde liegenden Auseinandersetzung am 18. September 1979 gar nicht erst kommen lassen dürfen. Zu beachten sei, daß das Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung nur deswegen nicht bestätigt habe, weil der Auseinandersetzung familiäre Ursachen zugrunde gelegen hätten. Wenn auch der Vater hierauf als Arbeitgeber hätte Rücksicht nehmen müssen, so könne die entscheidungserhebliche Frage nach der Wahrung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt nur anhand eines objektiven Maßstabs beantwortet werden. Nach den Entscheidungsgründen des Urteils des erkennenden Senats vom 25. August 1981 - 7 RAr 44/80 - bestehe indes kein Zweifel daran, daß die fristlose Kündigung sich unter normalen Umständen als rechtmäßig dargestellt hätte. Auch aus diesem Grunde sei die grob fahrlässige Herbeiführung der Arbeitslosigkeit durch den Kläger zu bejahen. Das gelte auch unter Berücksichtigung des Zeitpunkts, zu dem die Arbeitslosigkeit eingetreten sei. Denn auch bei Einhaltung der Kündigungsfrist hätte sich, wie bereits dargelegt, nach den sonstigen Umständen am Beginn der Sperrzeit nichts geändert. Die Sperrzeit trete grundsätzlich am Tage nach dem sie auslösenden Ereignis ein; auf den Beginn der Arbeitslosigkeit werde nicht abgestellt. Wenn sich aber an diesen Zeitpunkt keinerlei Rechtsfolgen knüpften, so sei nicht einzusehen, warum es bei der Frage der groben Fahrlässigkeit, mit der die Arbeitslosigkeit herbeigeführt worden sei, auf die Vorhersehbarkeit gerade dieses Zeitpunktes ankommen solle.
Die Beklagte beantragt,das Urteil des LSG und das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Meinung, er habe die Arbeitslosigkeit, für die die Beklagte Alg nicht gewähren wolle, nicht verursacht. Es fehle an der Kausalität. Während der fraglichen Sperrzeit habe das Arbeitsverhältnis fortbestanden. Das Wort "dadurch" in § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG verliere jeden Sinn, wenn eine Sperrfrist auch angeordnet werden könne, die aufgrund einer rechtswidrigen und damit unwirksamen Kündigung eintrete. Der Arbeitnehmer, der dem rechtswidrigen Verhalten eines Arbeitgebers ausgesetzt sei, würde dann schlechter gestellt werden als der Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Kündigung erhalte. Die Erwägung der Beklagten, nach der der Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist im Betrieb seines Vaters nicht weiterbeschäftigt worden wäre, sei nicht nachvollziehbar. Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, hätte ein Lohnanspruch des Klägers bestanden. Arbeitslosigkeit wäre dann gerade nicht eingetreten. Im übrigen habe das LSG für das Revisionsgericht bindend festgestellt, daß der Kläger seine Arbeitslosigkeit in der hier streitigen Zeit nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe. Wenn die Beklagte versuche, ihre Wertung des Sachverhalts an die Stelle der Beweiswürdigung durch das LSG zu setzen, sei dies nicht zulässig. Soweit die Beklagte schließlich der Rechtsauffassung sei, daß die grobe Fahrlässigkeit sich nicht auf den Eintritt der Arbeitslosigkeit, sondern lediglich auf das vertragswidrige Verhalten beziehen müsse, stehe dies nicht in Übereinstimmung mit dem Gesetz.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, daß dem Kläger für die Zeit vom 25. September bis 4. Oktober 1979 Alg zu bewilligen ist.
Nach § 100 Abs 1 AFG hat Anspruch auf Alg, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Nachdem sich der Kläger nach der fristlosen Kündigung am 25. September 1979 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hatte, erfüllte er alle genannten Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg, und zwar aufgrund des nicht ausgeschöpften Stammrechts, das er anläßlich der Ende 1978 eingetretenen Arbeitslosigkeit erworben hatte. Für die streitige Zeit steht dem Begehren auch die Vorschrift des § 117 Abs 1 AFG nicht entgegen, derzufolge der Anspruch auf Alg in der Zeit ruht, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu erhalten hat. Ob dies schon daraus folgt, daß die Beklagte während des Klagverfahrens ihren Bescheid vom 24. Juni 1982 idF des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 1983 insoweit aufgehoben hat, als das Ruhen des Anspruchs nach § 117 AFG für die hier streitige Zeit festgestellt worden ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn es ist nicht zweifelhaft, daß der Kläger für diese Zeit kein Arbeitsentgelt erhalten und auch nicht zu beanspruchen hatte. Der Anspruch ruhte auch nicht gemäß § 119 Abs 1 Satz 3 AFG wegen einer Sperrzeit; entgegen der Auffassung der Beklagten ist eine vom 21. September bis 4. Oktober 1979 laufende Sperrzeit nicht eingetreten.
Nach § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG in der 1979 geltenden ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis gelöst oder, was hier allein in Betracht kommt, durch ein vertragswidriges Verhalten Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Letzteres ist nach den vom LSG getroffenen Feststellungen, von denen der Senat auszugehen hat, nicht der Fall.
Die Sperrzeitfolge ist in § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG an die - schuldhafte - Verursachung der Arbeitslosigkeit durch den Arbeitslosen geknüpft. Er muß die Arbeitslosigkeit auf bestimmte Weise herbeigeführt haben, nämlich durch Lösung des Arbeitsverhältnisses (1. Alternative) oder dadurch, daß er durch ein vertragswidriges Verhalten Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben hat (2. Alternative). Auch wenn dies der Fall ist, tritt eine Sperrzeit nur ein, wenn die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig geschehen ist. Dabei kommt es auf die Arbeitslosigkeit an, für die eine Leistung geltend gemacht wird (Ambs ua, Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand Februar 1990, § 119 Rz 25 f; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand Januar 1990, § 119 Anm 6; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 119 - 1972 - Rz 7; BSG SozR 4100 § 119 Nr 24). Ob der Arbeitslose die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat und dies von ihm zu verantworten ist, ist daher nach dem zum tatsächlichen Eintritt der Arbeitslosigkeit führenden Geschehensablauf zu beurteilen (Hennig/Kühl/Heuer aaO § 119 Anm 2 und 6; BSG SozR 4100 § 119 Nr 24 mwN). Wird Alg für eine Zeit geltend gemacht, in der die Arbeitslosigkeit darauf zurückzuführen ist, daß dem Arbeitnehmer fristlos gekündigt wurde, kommt es folgerichtig darauf an, ob der Arbeitslose die zu dieser Arbeitslosigkeit führende Kausalkette verursacht und zu verantworten hat (vgl Gagel, Komm zum AFG, Stand Februar 1989, § 119 Rzn 12 und 193).
Dagegen läßt sich nicht einwenden, es genüge, wenn jedenfalls zu einem späteren Zeitpunkt Arbeitslosigkeit herbeigeführt ist, weil das Gesetz, das die Sperrzeit grundsätzlich mit dem Tage nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, beginnen läßt (§ 119 Abs 1 Satz 2 AFG), auf den Beginn der Arbeitslosigkeit nicht abstelle. Es ist zwar richtig, daß die Sperrzeit kalendermäßig abläuft, und zwar - im Gegensatz zum früheren Recht - ohne Rücksicht auf das Bestehen eines Leistungsanspruchs und einer Arbeitslosmeldung (vgl dazu BSGE 54, 41, 44 = SozR 4100 § 119 Nr 20 mwN). Zum Tatbestand des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG gehört indes die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit; Voraussetzung für Eintritt und Beginn der Sperrzeit ist daher, daß überhaupt Arbeitslosigkeit eingetreten ist (vgl Gagel aaO § 119 Rzn 12 und 54; Hennig/Kühl/Heuer aaO § 119 Anm 16). Eine Sperrzeit tritt nicht schon dann ein, wenn der Arbeitnehmer infolge einer Verletzung seines Arbeitsvertrages den bisherigen Arbeitsplatz verliert; bevor der Arbeitnehmer infolgedessen arbeitslos geworden ist, ggf also erst nach dem Ende eines Anschlußarbeitsverhältnisses (vgl BSGE 3, 298, 301 f), kann eine Sperrzeit nicht beginnen.
Der Kläger macht Alg aufgrund seiner Arbeitslosigkeit im Anschluß an das tatsächliche Ende seiner Beschäftigung nach der fristlosen Kündigung geltend. Bezüglich der Verursachung ist deshalb zu fragen, ob er die faktische Beschäftigungslosigkeit iS des § 101 AFG ab 19. oder 20. September 1979 herbeigeführt hat. Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Klägers am 18. September 1979 und der Arbeitslosigkeit kann daher entgegen der Auffassung des LSG und der Beklagten nicht damit begründet werden, daß in der fristlosen Kündigung des Vaters jedenfalls eine rechtmäßige ordentliche Kündigung enthalten gewesen sei, die das Arbeitsverhältnis zum Ende der Kündigungsfrist beendet habe. LSG und Beklagte übersehen, daß sich damit nur die Verursachung der Arbeitslosigkeit ab 1. Januar 1980, nicht aber die Verursachung der Arbeitslosigkeit im September 1979 begründen läßt, um die es hier geht. Der Kläger hat die Arbeitslosigkeit zum 19. oder 20. September 1979 sperrzeitbedroht nur herbeigeführt, wenn er durch vertragswidriges Verhalten am 18. September 1979 Anlaß für die zur tatsächlichen Arbeitslosigkeit führende fristlose Kündigung gegeben hat. Es genügt nun allerdings nicht, daß die Kündigung vom Arbeitgeber ausgesprochen worden ist und hierfür ein irgendwie vertragswidriges Verhalten ursächlich war. Das vertragswidrige Verhalten muß vielmehr so schwerwiegend gewesen sein, daß es, ggf im Zusammenhang mit anderen Umständen (vgl Hennig/Kühl/Heuer aaO § 119 Anm 4 aE), geeignet ist, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt zu rechtfertigen, zu dem die Arbeitslosigkeit tatsächlich eingetreten ist. Dementsprechend hat der Senat in Sperrzeitfällen nach ordnungsgemäßer Kündigung geprüft, ob das vertragswidrige Verhalten des Arbeitslosen überhaupt die Kündigung rechtfertigte (BSGE 58, 97, 100 = SozR 4100 § 119 Nr 26; Urteil vom 25. August 1981 - 7 RAr 44/88 - BB 1982, 559 = Blutalkohol 20, 69), und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge fristloser Kündigung die Berechtigung hierzu (Urteil vom 25. März 1987 - 7 RAr 95/85 - nicht veröffentlicht). Letzteres hat der Senat damit begründet, daß eine fristlose Kündigung nur durch ein vertragswidriges Verhalten iS des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG veranlaßt werden könne, das die Voraussetzungen des § 626 Abs 1 BGB erfülle (vgl auch BSG SozR 4100 § 119 Nr 32 S 155).
An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Sperrzeitregelung beruht in den Fällen des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG auf dem Grundgedanken, daß sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muß, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat. Dem Arbeitslosen kann indessen eine Arbeitslosigkeit nicht angelastet werden, wenn der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis beendet, obwohl das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers die Beendigung überhaupt nicht rechtfertigt oder nicht zu dem Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich endete. Das zeigt in Fällen vorliegender Art schon die Erwägung, daß der Arbeitnehmer dann, wenn er Grund für eine ordentliche, nicht aber für eine außerordentliche Kündigung gegeben hat, bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber den Eintritt der Arbeitslosigkeit durch Arbeitssuche während der Kündigungsfrist verhindern kann, was dem Arbeitnehmer nicht möglich ist, dem fristlos oder ohne Einhaltung der vorgesehenen Frist gekündigt wird. Ob in Fällen dieser Art nach Ablauf der Kündigungsfrist eine Sperrzeit eintritt, wenn der Arbeitslose dann noch arbeitslos ist (so Gagel aaO § 119 Rzn 12 und 193), ist hier nicht zu entscheiden.
Anlaß für die fristlose Kündigung des Arbeitgebers hat der Kläger durch vertragswidriges Verhalten am 18. September 1979 nicht gegeben; dieses Verhalten rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung nicht. Das folgt allerdings entgegen der Auffassung des Klägers nicht schon aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts. Der Senat hat schon für die rechtskräftige Abweisung einer Kündigungsschutzklage entschieden, daß eine solche Entscheidung eines Arbeitsgerichts hinsichtlich der Frage, ob der Arbeitslose durch vertragswidriges Verhalten Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben hat, mangels besonderer gesetzlicher Regelung keine Bindungswirkung hat (BSGE 58, 97 f = SozR 4100 § 119 Nr 26); für den hier gegebenen Fall, daß die Kündigungsschutzklage hinsichtlich der fristlosen Kündigung Erfolg gehabt hat, gilt nichts anderes. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit müssen daher in Fällen dieser Art eine eigene Prüfung vornehmen. Das LSG hat dies getan; es teilt die Auffassung des SG, daß das Verhalten des Klägers zwar vertragswidrig gewesen sei, aber eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt habe. Diese Würdigung hat der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
Nach § 626 Abs 1 BGB kann aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Annahme des Tatsachenrichters, eine außerordentliche Kündigung sei nicht durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt, unterliegt nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Es darf nur prüfen, ob der Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt ist. Dabei ist zum einen darauf abzustellen, ob der Sachverhalt unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles an sich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abgeben kann; zum anderen ist, wenn ein Grund vorliegt, zu prüfen, ob abgewogen worden ist, ob es dem Kündigenden unzumutbar gewesen ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen; der Tatsachenrichter braucht sich dabei nicht mit jeder Einzelheit, die für die Interessenabwägung erheblich ist, ausdrücklich befaßt zu haben (BAG AP Nr 68 zu § 626 BGB mwN).
Ob das Urteil des LSG diesen Anforderungen entspricht kann hier dahingestellt bleiben. Die Beklagte hat im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht, daß das LSG auch insoweit Bundesrecht verletzt habe. Schon im Berufungsverfahren hatte sie sich nicht gegen die Auffassung des SG gewandt, daß ein Grund zur fristlosen Kündigung nicht gegeben sei. Macht der Revisionsführer aber weder im Berufungs- noch im Revisionsverfahren geltend, daß entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ein Grund zur außerordentlichen Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist gegeben gewesen sei, muß davon ausgegangen werden, daß er die Auffassung der Vorinstanzen teilt oder jedenfalls nicht für beanstandbar hält. Angesichts der eingeschränkten Nachprüfungsmöglichkeit des Revisionsgerichts besteht daher in Fällen dieser Art von Revisionswegen kein Grund, das Urteil des LSG bezüglich dieser Frage einer Prüfung zu unterziehen.
Hat der Kläger hiernach die zum 19. oder 20. September 1979 eingetretene Arbeitslosigkeit nicht dadurch herbeigeführt, daß er durch ein vertragswidriges Verhalten Anlaß für die fristlose Kündigung des Arbeitgebers gegeben hat, stellt sich nicht die Frage, ob dem Kläger Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.
Ist hiernach entgegen der Auffassung der Beklagten vom 21. September bis 4. Oktober 1979 eine Sperrzeit nicht eingetreten, ist die Dauer des Anspruchs auf Alg nicht um zwölf Tage gemindert. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die ua die Minderung regelnden Bescheide vom 30. November 1982 und 19. Mai 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 1983 aufgehoben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen