Leitsatz (amtlich)
Bei der Bestimmung des bisherigen Berufes iS AVG § 23 Abs 2 S 2 (= RVO § 1246 Abs 2 S 2) kann eine in der Republik Österreich ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit selbst dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie nach österreichischem Recht versicherungspflichtig gewesen ist.
Normenkette
AVG § 23 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1246 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-02-23; SozSichAbk AUT Art 1 Nr 10 Fassung: 1966-12-22; SozSichAbk AUT Art 27 Abs 1 Fassung: 1966-12-22
Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 09.01.1979; Aktenzeichen S 16 An 2943/77) |
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit und insbesondere die Frage, ob im Rahmen dieses Anspruchs eine in Österreich ausgeübte Berufstätigkeit zu berücksichtigen ist.
Der im Jahre 1925 geborene Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger. Nach Absolvierung einer kaufmännischen Lehre leistete er von 1943 bis 1945 Reichsarbeitsdienst und Wehrdienst. Sodann war er im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von 1946 bis August 1947 als Dolmetscher, von November 1947 bis August 1950 als Verkäufer, von Januar 1951 bis Oktober 1953 als Reiseagent und Kassierer, von Februar 1954 bis Februar 1956 als Angestellter und Provisionsvertreter sowie von Juli bis September 1956 wiederum als Verkäufer beschäftigt. Danach war er in Österreich als Assistent der Fluggastabfertigung, als Stationsmanager und schließlich ab September 1959 als Pilot tätig. Im Oktober 1975 erlitt er einen Herzinfarkt. Seit Juni 1976 ist er Instrukteur zur Schulung von Flugzeugführern.
Seinen Antrag vom 21. Juni 1977 auf Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU-Rente) oder wegen Erwerbsunfähigkeit (EU-Rente) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Oktober 1977 ab, weil der Kläger in seinem bisherigen Beruf noch vollschichtig tätig sein könne.
Die deswegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin durch Urteil vom 9. Januar 1979 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Kläger sei nicht berufsunfähig. Insofern seien seine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten Berufe eines Verkäufers bzw kaufmännischen Angestellten maßgebend. Der in Österreich versicherungspflichtig ausgeübte Beruf des Piloten müsse unberücksichtigt bleiben. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus Art 26 Abs 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966 BGBl II 1969, 1235) (im folgenden: DÖSVA). Danach würden die in beiden Staaten entrichteten Beiträge nur für den Erwerb des Leistungsanspruchs zusammengerechnet. Sie seien also nur bei der Prüfung, ob die Wartezeit bzw Mindestversicherungszeit für eine bestimmte Rentenleistung erfüllt sei, gleichberechtigt. Eine weitergehende Bedeutung habe Art 26 Abs 1 DÖSVA nicht. Ihm könne insbesondere nicht entnommen werden, daß die in Österreich entrichteten Beiträge als in der Bundesrepublik entrichtet gälten mit der Folge, daß sie in jeder Hinsicht und damit auch für die Frage des Berufsschutzes nach § 23 Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) als deutsche Beitragszeiten zu behandeln seien. Stehe vielmehr nach Zusammenrechnung der Beitragszeiten fest, daß die Wartezeit erfüllt sei, so richte sich die Prüfung, ob die übrigen Voraussetzungen eines Rentenanspruchs erfüllt seien, allein nach dem Recht des Staates, in dem der Anspruch geltend gemacht worden sei. Dies ergebe sich bereits daraus, daß die Voraussetzungen für den Erwerb eines Leistungsanspruchs in Deutschland und Österreich nicht übereinstimmten. Die sonach für die deutsche Rentenversicherung maßgebenden Berufe eines Verkäufers bzw eines kaufmännischen Angestellten könne der Kläger nach dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch vollschichtig ausüben. Er sei somit weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig.
Das SG hat nachträglich die Sprungrevision zugelassen. Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und trägt zur Begründung vor:
Soweit die Erwerbsfähigkeit des Versicherten gemäß § 23 Abs 2 AVG durch einen Vergleich mit einem körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten zu beurteilen sei, stimme die Vorschrift mit § 273 des Österreichischen Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) inhaltlich weitgehend überein. Damit könnten nicht nur die in der Bundesrepublik Deutschland, sondern müßten alle bis zur Antragstellung und damit auch die in seinem (Klägers) in Österreich ausgeübten Beruf des Piloten erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten berücksichtigt werden. Ebensowenig könnten als bisheriger Beruf lediglich die in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeiten angesehen werden. Daraus, daß nach Art 1 Nr 10 DÖSVA als Beitragszeiten auch die Zeiten anzusehen seien, für die er (Kläger) nach den österreichischen Rechtsvorschriften Beiträge entrichtet habe, ergebe sich, daß auch die während dieser Beitragszeiten ausgeübten Berufe bei der Prüfung des Rentenantrages zu berücksichtigen seien. Anderenfalls käme es entgegen dem Sinn und Zweck des DÖSVA zu einer ungleichmäßigen Behandlung der Versicherten. Im übrigen seien entgegen der Auffassung des SG nach Art 27 DÖSVA die in Österreich entrichteten wie in der Bundesrepublik Deutschland entrichtete Beiträge anzusehen. Dann aber sei es nicht möglich, zwar die entrichteten Beiträge für die Berechnung einer Rente zu berücksichtigen, die ausgeübten Tätigkeiten aber bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Rentengewährung außer acht zu lassen. Das angefochtene Urteil beruhe nach alledem auf einer fehlerhaften Anwendung der Art 26 Abs 1 und 27 Abs 1 DÖSVA sowie durch die ungleiche Behandlung der deutschen und österreichischen Versicherten auf einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art 3 des Grundgesetzes -GG-).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom
9. Januar 1979 aufzuheben und die Beklagte
unter Aufhebung ihres Bescheides vom
5. Oktober 1977 zu verurteilen, ihm ab
Antragstellung Rente wegen Erwerbsunfähigkeit,
hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist der Ansicht, weder durch Art 1 Nr 10 noch durch Art 26 Abs 1 DÖSVA werde eine Gleichstellung österreichischer und deutscher Beitragszeiten bewirkt. Erstere Vorschrift bezwecke lediglich eine Klarstellung der im Abkommen verwendeten versicherungsrechtlichen Spezialausdrücke. Art 26 DÖSVA habe den Charakter einer bloßen Zusammenrechnungsvorschrift bezüglich des Rechts auf Weiterversicherung und des Erwerbs eines Leistungsanspruchs. Eine generelle Gleichstellung von Versicherungs- bzw Beitragszeiten enthalte das DÖSVA nicht.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Streitig ist ein Anspruch auf BU-Rente oder EU-Rente. Rechtsgrundlagen dieses Anspruchs sind §§ 24, 24 AVG. Hiernach erhält Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw Erwerbsunfähigkeit der Versicherte, der berufsunfähig bzw erwerbsunfähig ist, wenn die Wartezeit erfüllt ist (§ 23 Abs 1, § 24 Abs 1 AVG). Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 23 Abs 2 Sätze 1 und 2 AVG). Erwerbsunfähig ist der Versicherte, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (§ 24 Abs 2 Satz 1 AVG).
Bezüglich der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist, ist von seinem "bisherigen Beruf" auszugehen. Kann der Versicherte seine bisherige Berufstätigkeit auch nach Eintritt der angeblich Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bedingenden Umstände ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben, so schließt allein das Vorliegen von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit aus. Für eine Verweisung auf andere Tätigkeiten und für eine Erörterung der sozialen Zumutbarkeit dieser Verweisung ist dann kein Raum (vgl Urteil des Senats in BSGE 48, 65, 66 = SozR 2200 § 1246 Nr 39 S 118 f). Aber auch wenn eine solche Verweisung in Betracht kommt, bedarf es der Feststellung des bisherigen Berufes. Er ist sowohl im Rahmen des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG für die Bestimmung des Kreises der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist (vgl BSGE 43, 243, 244 = SozR 2200 § 1246 Nr 16 S 48; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 29 S 85 und Nr 41 S 124; Urteil vom 29. November 1979 - 4 RJ 111/78 -), als auch im Rahmen des § 24 Abs 2 Satz 1 AVG für die Frage, ob die sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebenden äußersten Grenzen der Verweisbarkeit (vgl BSGE 19, 147, 149 f) gewahrt sind, von entscheidender Bedeutung.
Der Kläger ist nicht berufsunfähig oder erwerbsunfähig. Er kann seinen bisherigen Beruf weiterhin ausüben. Bisheriger Beruf ist derjenige eines Verkäufers bzw kaufmännischen Angestellten.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist über einen Sachverhalt mit Auslandsberührung zu entscheiden. In derartigen Fällen ist zunächst zu prüfen, ob ein hierfür relevantes überstaatliches oder zwischenstaatliches Recht vorhanden ist und sich aus ihm eine Lösung des Falles finden läßt. Ist dies nicht möglich, so ist die Entscheidung auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts mit Einschluß des internationalen Sozialversicherungsrechts zu treffen.
Dem hier maßgeblichen zwischenstaatlichen Recht ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nichts zu entnehmen. Zwar ist es nicht prinzipiell ausgeschlossen, durch Normen des zwischenstaatlichen oder des überstaatlichen Rechts einer im Ausland ausgeübten beruflichen Tätigkeit Relevanz für die Bestimmung des "bisherigen Berufs" iS des Rentenversicherungsrechts der Bundesrepublik Deutschland zu verleihen. So hat der 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 29. November 1978 (BSGE 47, 183, 185 = SozR 2600 § 45 Nr 24) ausgesprochen, daß dann, wenn bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Bergmannsrente nach § 45 Abs 1 Nr 1 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) außer der im deutschen Bergbau zurückgelegten Versicherungszeit gemäß Art 45 Abs 1 und 2 der EWG-Verordnung (EWG-VO) Nr 1408/71 vom 14. Juni 1971 auch eine danach in einem anderen Staat der Europäischen Gemeinschaft (EG) im Bergbau zurückgelegte Versicherungszeit für die Erfüllung der Wartezeit mit einzubeziehen ist, auch die während dieser Versicherungszeit ausgeübte bergmännische Tätigkeit bei der Prüfung der verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit zu berücksichtigen ist. Dabei hat der 5. Senat jedoch in Abgrenzung zu dem Urteil des 4. Senats des BSG vom 18. März 1975 (BSGE 39, 221 = SozR 2200 § 1246 Nr 6) ausdrücklich hervorgehoben, daß die von ihm vertretene Rechtsauffassung nur für den Bereich des EWG-Rechts unter besonderer Berücksichtigung des dort statuierten Grundsatzes der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gilt. Mangels entsprechender oder ähnlicher Vorschriften im DÖSVA können diese Rechtsgedanken für den vorliegenden Fall nicht herangezogen werden.
Zunächst ergibt sich aus Art 1 Nr 10 DÖSVA nichts zugunsten des Klägers. Nach dieser Bestimmung sind unter "Beitragszeiten" iS des Abkommens Zeiten zu verstehen, für die nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates Beiträge entrichtet sind oder als entrichtet gelten. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, daß diese Vorschrift wie der gesamte Art 1 DÖSVA lediglich einer Klarstellung der im Abkommen verwendeten sozialrechtlichen Spezialausdrücke dient. Hingegen enthält sie entgegen der Rechtsansicht des Klägers nicht eine materiell-rechtliche Regelung des Inhalts, daß die in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Beitragszeiten in jeglicher Hinsicht gleichgestellt sind und demzufolge im Rahmen des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG auch eine in der Republik Österreich ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zu berücksichtigen ist.
Etwas derartiges läßt sich ferner nicht dem Art 26 Abs 1 DÖSVA entnehmen. Hiernach werden, wenn nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsstaaten Versicherungszeiten zurückgelegt worden sind, diese für das Recht auf Weiterversicherung sowie für den Erwerb eines Leistungsanspruchs zusammengerechnet, soweit sie nicht auf dieselbe Zeit entfallen. In welchem Ausmaß Versicherungszeiten zurückgelegt und für welche der genannten Tatsachen sie zusammenzurechnen sind, richtet sich nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Versicherung diese Zeiten zurückgelegt sind.
Dem SG ist darin beizupflichten, daß durch Art 26 Abs 1 DÖSVA deutsche und österreichische Versicherungszeiten nur im Rahmen der Prüfung, ob die Wartezeit bzw Mindestversicherungszeit für eine bestimmte Rentenleistung erfüllt ist, gleichgestellt werden. Allerdings kann alleine daraus, daß die Versicherungszeiten nur "für den Erwerb eines Leistungsanspruchs" zusammenzurechnen sind, nicht ausgeschlossen werden, daß die Vorschrift nur für die Erfüllung der Wartezeit von Bedeutung ist. Vielmehr bezieht sie sich auch auf andere zeitliche Voraussetzungen, von denen nach innerstaatlichem Recht die Entstehung eines Rentenanspruchs abhängig ist. So hat der 5. Senat des BSG in seinem Urteil vom 28. November 1979 - 5 RJ 20/79 - zwar letztlich dahinstehen lassen, aber doch angedeutet, daß Art 26 Abs 1 DÖSVA auch für den Erwerb des Anspruchs auf die sog "Rente nach Mindesteinkommen" gemäß Art 2 § 55a Abs 1 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) idF des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I S 1965) erheblich sein kann, sofern Art 2 § 55a ArVNG nicht nur eine reine Berechnungsvorschrift darstellt, sondern für die Gewährung der Rente nach Mindesteinkommen die besondere Anspruchsvoraussetzung einer Zurücklegung von mindestens 25 anrechnungsfähigen Versicherungsjahren beinhaltet. Von daher gesehen schließt Art 26 Abs 1 DÖSVA die vom Kläger begehrte Berücksichtigung der in Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Bestimmung des bisherigen Berufes nicht aus. Denn auch hiervon kann der "Erwerb" eines Anspruchs auf BU-Rente oder EU-Rente insofern abhängen, als der bisherige Beruf die Breite der nach § 23 Abs 2 Satz 2 AVG zulässigen Verweisung bestimmt und die Frage der Verweisbarkeit wiederum für die Entstehung des Rentenanspruchs maßgebend sein kann. Art 26 Abs 1 DÖSVA ermöglicht jedoch eine Berücksichtigung der in Österreich zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Bestimmung des bisherigen Berufes aus einem anderen Grunde nicht. Nach der Vorschrift werden die Versicherungszeiten lediglich "zusammengerechnet". "Zusammenrechnung" ist begrifflich nicht dasselbe wie "Gleichstellung". Letzterer Begriff ist umfassender und verleiht den in einem Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten sowohl quantitativ als auch qualitativ die Eigenschaft von innerstaatlichen Versicherungszeiten (vgl auch Urteile des Senats vom 24. Juni 1980 - 1 RA 55/79, 1 RA 83/79 -). "Zusammenrechnung" bedeutet demgegenüber eine ganz bestimmte und eingeschränkte Form der Berücksichtigung der in einem anderen Staat zurückgelegten Versicherungszeiten. Diese sind lediglich quantitativ und somit ihrer Anzahl nach zu berücksichtigen. Sie sind den innerstaatlichen Versicherungszeiten "hinzuzurechnen" (vgl auch BSG SozR 6805 Art 27 Nr 1 S 2). Im übrigen aber und insbesondere in qualitativer Hinsicht stehen sie ihnen nicht gleich. Es ist jedoch eine Frage der qualitativen Bewertung der zurückgelegten Versicherungszeiten, welche vom Versicherten ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit seinen "bisherigen Beruf" iS des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG darstellt. Die Möglichkeit einer Einbeziehung der in dem jeweils anderen Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten in diese qualitative Bewertung eröffnet Art 26 Abs 1 DÖSVA nicht. Nach dieser Vorschrift kann somit der Kläger die Berücksichtigung seiner in Österreich ausgeübten Berufstätigkeit eines Flugzeugführers nicht verlangen. Ob seinem Revisionsvorbringen entsprechend entgegen der Ansicht des SG das österreichische Sozialversicherungsrecht eine mit § 23 Abs 2 Satz 2 AVG wörtlich oder inhaltlich übereinstimmende Vorschrift enthält, ist demgegenüber unerheblich.
Auch aus Art 27 Abs 1 DÖSVA ist nichts zugunsten des Klägers herzuleiten. Nach dieser Vorschrift stellt dann, wenn ein Versicherter, für den die Voraussetzungen des Art 26 Abs 1 DÖSVA zutreffen, oder seine Hinterbliebenen eine Pension (Rente) beanspruchen, der zuständige Träger jedes Vertragsstaates nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften fest, ob die betreffende Person unter Berücksichtigung der in Art 26 Abs 1 DÖSVA vorgesehenen Zusammenrechnung der Versicherungszeiten Anspruch auf die Pension (Rente) hat. Zu Unrecht entnimmt der Kläger dieser Regelung, daß bei der Bestimmung des bisherigen Berufes auch die in dem anderen Vertragsstaat ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen oder Tätigkeiten zu berücksichtigen seien. Das Gegenteil ist der Fall. Nach dem insoweit unmißverständlichen Wortlaut des Art 27 Abs 1 DÖSVA hat der zuständige Träger jedes Vertragsstaates die Rente ausdrücklich nach den für ihn geltenden, also den innerstaatlichen Rechtsvorschriften festzustellen. Allein das innerstaatliche Recht - welches auch für die vom Kläger angeführten Urteile des Oberlandesgerichts Wien vom 20. Oktober 1972 und vom 27. Januar 1978 maßgebend gewesen ist - ist somit ua für die Bestimmung des bisherigen Berufes heranzuziehen. Die Bezugnahme auf Art 26 Abs 1 DÖSVA ändert daran nichts. Sie bedeutet entsprechend dem bereits dargestellten sachlichen Gehalt der Vorschrift lediglich, daß - wie durch die Wiederholung des Begriffs "Zusammenrechnung" in Art 27 Abs 1 DÖSVA unterstrichen wird - die in dem anderen Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten quantitativ zu berücksichtigen und den innerstaatlichen Versicherungszeiten rein zahlenmäßig hinzuzurechnen sind. Ebensowenig wie durch Art 26 Abs 1 wird jedoch durch Art 27 Abs 1 DÖSVA eine umfassende Gleichstellung der in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten bewirkt.
Das hier maßgebliche zwischenstaatliche Recht ermöglicht nach alledem eine Berücksichtigung der in Österreich ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit des Klägers bei der Bestimmung seines "bisherigen Berufes" im Sinne des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG nicht. Auch das innerstaatliche Recht läßt dies nicht zu.
Bei der Beurteilung von Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit hat die Rechtsprechung des BSG stets auf die Verhältnisse des Bundesgebietes abgestellt (vgl BSG SozR 2200 § 1247 Nr 24 S 41).
Zwar ist diese räumliche Einschränkung zunächst nur insoweit vorgenommen worden, als im Zusammenhang mit der Verweisbarkeit des Versicherten auf andere als die bisher ausgeübten Tätigkeiten das Verweisungsgebiet grundsätzlich nicht über den Geltungsbereich der deutschen Versicherungsgesetze hinaus ausgedehnt werden darf (BSG SozR Nr 98 zu § 1246 RVO; BSGE 44, 20, 21 = SozR 2200 § 1246 Nr 18 S 55; Urteil vom 19. Oktober 1977 - 4 RJ 147/76 -; bestätigend BSG SozR 2200 § 1246 Nr 48). In seinem Urteil vom 18. März 1975 (BSGE 39, 221 = SozR 2200 § 1246 Nr 6 S 13) hat indes der 4. Senat des BSG die Rechtsauffassung der Vorinstanz bestätigt, daß bei einer Versicherten, die im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lediglich ungelernte Arbeiten verrichtet hatte, eine später im Ausland ausgeübte qualifizierte Tätigkeit unberücksichtigt bleiben muß. Derselbe Senat hat in seinem Urteil vom 27. April 1979 (BSG SozR 2200 § 1247 Nr 24 S 41) ausgesprochen, "insbesondere" im Rahmen des Komplexes der Teilzeitarbeitsplätze sei auf die Verhältnisse des Bundesgebietes abzustellen. Er hat dies jedoch auf die "Beurteilung von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit" insgesamt und demnach auch auf die Bestimmung des bisherigen Berufes erstreckt. Von dieser Rechtsansicht ist der 4. Senat auch im Urteil vom 29. November 1979 - 4 RJ 111/78 - nicht abgerückt. Vielmehr hat er es hierin in Abgrenzung zu dem Urteil des 5. Senats vom 29. November 1978 (BSGE 47, 183, 185 = SozR 2600 § 45 Nr 24) ausdrücklich offen gelassen, ob Versicherungszeiten, die im Ausland vor Aufnahme einer Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt worden sind, in die Ermittlung und Bewertung des bisherigen Berufes nach § 1246 Abs 2 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) einbezogen werden müssen (ebenso Urteil des Senats vom 24. April 1980 - 1 RJ 62/79 -). Der bisherigen Rechtsprechung des BSG ist somit zu entnehmen, daß nach innerstaatlichem Recht bei der Bestimmung des bisherigen Berufes eine nach Beendigung der Pflichtversicherung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung im Ausland ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit im allgemeinen außer Betracht bleiben muß. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Dabei sind vor allem folgende Erwägungen maßgebend:
Das innerstaatliche Recht regelt die Frage, ob eine im Ausland ausgeübte Tätigkeit bei der Bestimmung des "bisherigen Berufes" im Sinne des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG zu berücksichtigen ist, nicht ausdrücklich. Fehlt für einen Fall mit Auslandsberührung eine ausdrückliche Regelung, so ist gemäß den Grundsätzen des internationalen Sozialversicherungsrechts nach Anknüpfungspunkten für die Feststellung des maßgebenden Rechts zu suchen (vgl hierzu Beschluß des Großen Senats des BSG in BSGE 33, 280, 282 ff = SozR Nr 13 zu § 1302 RVO). Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, daß neben anderen Voraussetzungen auch der "bisherige Beruf" des Versicherten von Bedeutung für die Frage ist, ob bei ihm der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist. Diese Abstufung der Versicherungsfälle je nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit ist eine spezifische Regelung des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland. Dem ausländischen Recht ist eine solche Abstufung in aller Regel fremd; hier ist im allgemeinen lediglich ein einheitlicher - wenn auch in seinen Voraussetzungen wiederum von Land zu Land unterschiedlich geregelter - Versicherungsfall der Invalidität vorgesehen (für Österreich vgl § 273 ASVG und dazu Teschner in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts, 1978, Ziffer 2.4.2.2, S 337, wonach für den Bereich der Pensionsversicherung der Angestellten lediglich die sogen "Berufsunfähigkeit" die Erscheinungsform des Versicherungsfalls der geminderten Arbeitsfähigkeit ist). Schon dieser Umstand ist ein gewichtiges Indiz dafür, bei der Bestimmung des bisherigen Berufes im Rahmen der spezifischen Regelungen der Bundesrepublik Deutschland lediglich die innerhalb deren Staatsgebietes versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen. Hinzu kommt ein weiteres (vgl auch dazu BSGE 33, 280, 282 ff = SozR Nr 13 zu § 1302 RVO): In einem ua auf eigenen Beitragsleistungen des Versicherten basierenden System der Rentenversicherung kann das Leistungsrecht nicht isoliert betrachtet werden. Zwischen Leistung und Beitrag besteht ein enger wirtschaftlicher und rechtlicher Zusammenhang. Erst die Entrichtung von Beiträgen ermöglicht die Gewährung von Leistungen bei Eintritt eines Versicherungsfalls. Von daher ist das Leistungsrecht dem Beitragsrecht nachgeordnet. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann als "bisheriger Beruf" im Sinne des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG grundsätzlich nur eine pflichtversicherte Beschäftigung oder Tätigkeit angesehen werden, weil nur der pflichtversicherte Beruf das Versicherungsrisiko bestimmt (BSGE 41, 129, 130 = SozR 2200 § 1246 Nr 11 S 24; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 41 S 124; jeweils mwN). Pflichtbeiträge können jedoch - sieht man von dem hier nicht einschlägigen Ausnahmefall der sogen "Ausstrahlung" (§ 4 des Sozialgesetzbuchs, Viertes Buch, Gemeinsame Vorschriften -SGB 4- vom 23. Dezember 1976; BGBl I S 3845) ab - nur für eine innerhalb des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit erhoben werden. Versicherungszwang kann begrifflich nur innerhalb des Bereiches der eigenen Staatsgewalt ausgeübt werden (vgl BSGE 30, 244, 246 = SozR Nr 8 zu § 73 G 131 S Aa 9; BSGE 32, 174, 175 = SozR Nr 64 zu § 165 RVO; BSGE 33, 280, 285 = SozR Nr 13 zu § 1302 RVO). Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung haben außerhalb dieses Bereiches keine Befugnis zur Ausübung hoheitlicher Tätigkeit und damit zur Durchsetzung von Beitragsforderungen. Sind aber für die Begründung oder zumindest für die Durchsetzbarkeit einer Beitragspflicht des Versicherten lediglich dessen innerhalb des Bundesgebietes versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeiten maßgebend, so kann für das Leistungsrecht und damit auch für die Bestimmung des bisherigen Berufes nichts anderes gelten. Anknüpfungspunkt ist hier, daß sich auch in Fällen mit Auslandsberührung die Versicherungspflicht allein nach dem innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland richtet und somit der Schwerpunkt des Versicherungsverhältnisses im Inland liegt. Dann aber ist es systemkonform, auch für die Bestimmung des bisherigen Berufes ausschließlich die im Inland ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen oder Tätigkeiten heranzuziehen.
Diese Auslegung wird am ehesten den Interessen sowohl des einzelnen Versicherten als auch der Sozialversicherungsträger und damit der Solidargemeinschaft aller Versicherten gerecht.
Hat der Versicherte zunächst innerhalb des Bundesgebietes eine höher und sodann im Ausland eine geringer qualifizierte Tätigkeit ausgeübt, so würde ihn die Berücksichtigung der zuletzt genannten Tätigkeit bei der Bestimmung des bisherigen Berufes benachteiligen und - insbesondere infolge der breiteren Verweisbarkeit auf andere zumutbare Tätigkeiten - gegebenenfalls zur Versagung einer Leistung führen, die allein aufgrund des durch die im Bundesgebiet ausgeübten Tätigkeiten erworbenen Versicherungsschutzes zu gewähren wäre. Hat der Versicherte hingegen im Bundesgebiet eine geringer und danach im Ausland eine höher qualifizierte Tätigkeit ausgeübt, so würde deren Berücksichtigung bei der Bestimmung des bisherigen Berufes und damit auch der Breite der zulässigen Verweisung dazu führen, daß ihm zum Nachteil der Solidargemeinschaft der Versicherten gegebenenfalls eine Leistung zu gewähren wäre, die ihm aufgrund des im Bundesgebiet erworbenen Versicherungsschutzes nicht zusteht. Davon abgesehen würde die Berücksichtigung der im Ausland ausgeübten Tätigkeiten zu praktischen Schwierigkeiten führen. Wegen der Begrenzung seiner hoheitlichen Gewalt auf den räumlichen Geltungsbereich der Sozialversicherungsgesetze der Bundesrepublik Deutschland wäre es dem Sozialversicherungsträger verwehrt, die Qualität der vom Versicherten im Ausland ausgeübten Tätigkeiten und insbesondere die eigenen Angaben des Versicherten hierzu zu überprüfen (vgl zu diesem Gesichtspunkt BSG SozR 2200 § 1246 Nr 48 S 143). Diese Gründe erfordern und rechtfertigen es, bei der Bestimmung des bisherigen Berufes lediglich die innerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten Beschäftigungen und Tätigkeiten zu berücksichtigen.
Insgesamt kann somit weder nach dem DÖSVA noch nach dem innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland bei der Bestimmung des bisherigen Berufes des Klägers iS des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG seine in Österreich ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit berücksichtigt werden. Bisheriger Beruf des Klägers ist demnach die zuletzt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit eines Verkäufers bzw kaufmännischen Angestellten.
Diesen Beruf kann der Kläger nach den auf das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr E gestützten Feststellungen des SG mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen weiterhin uneingeschränkt vollschichtig ausüben. Gegen diese Feststellungen hat die Revision keine zulässigen und begründeten Rügen vorgebracht. Sie sind daher für den Senat bindend (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Auf ihrer Grundlage ist der Kläger weder berufsunfähig noch gar erwerbsunfähig. Er hat keinen Anspruch auf eine Rente. Dies muß zur Zurückweisung der Revision führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen