Leitsatz (amtlich)

Der Grundgedanke aus RVO § 1744 Abs 1 berechtigt den Rentenversicherungsträger nicht, eine rechtsfehlerhaft bewilligte Versichertenrente zu entziehen, wenn er den Rechtsfehler schon bei Erlaß des Bewilligungsbescheides hätte vermeiden können.

 

Normenkette

RVO § 1744 Abs 1 Nr 4 Fassung: 1953-09-03

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 25.07.1979; Aktenzeichen L 6 J 8/78)

SG Berlin (Entscheidung vom 21.10.1977; Aktenzeichen S 23 J 1532/75)

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um eine Rentenentziehung.

Die im September 1912 geborene, zuletzt als Manglerin in einer Wäscherei beschäftigt gewesene Klägerin beantragte im Juli 1974 bei der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) das vorzeitige Frauen-Altersruhegeld (§ 1248 Abs 3 der Reichsversicherungsordnung -RVO-). Sie legte verschiedene Bescheinigungen ihres Arbeitgebers vor, nach denen sie ihr Beschäftigungsverhältnis zum 31. Dezember 1974 beenden werde, daß sie vom 1. Januar bis 30. September 1974 monatlich zwischen 282,50 DM und 252,50 DM - zusammen 2.724,-- DM - verdient habe und vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1974 937,50 DM verdienen werde.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1974, abgesandt am 16. Dezember 1974, bewilligte die Beklagte der Klägerin das Altersruhegeld ab 1. Januar 1975 im Betrag von 111,50 DM monatlich. Der Rentenberechnung legte sie 193 Beitragsmonate, darunter für die Jahre 1973 und 1974 24 Beitragsmonate zugrunde; für die letzten 20 Jahre nahm sie 121 Pflichtbeitragsmonate an.

Am 16. Januar 1975 überprüfte die A O (A) B - in ihrer Eigenschaft als Beitragseinzugsstelle - den früheren Arbeitgeber der Klägerin. Diese beantragte hierauf unter dem 21. Januar 1975 bei der A, die Beiträge für die Zeit von Juni bis Oktober 1973 und für Januar 1974 zurückzuzahlen. Mit Bescheid vom 29. Januar 1975 stellte die A Versicherungsfreiheit der Klägerin ua in der Rentenversicherung der Arbeiter vom 1. Juni 1973 bis 31. Dezember 1974 wegen nur geringfügiger Beschäftigung fest und kündigte die Rückzahlung der Beiträge an. Im April 1975 zahlte die A der Klägerin die für Juni bis Oktober 1973 und Januar 1974 geleisteten Beiträge zurück.

Im Mai 1975 übersandte die A der Beklagten Abdrucke der Vorgänge über die Beitragsbeanstandung und Beitragsrückzahlung.

Mit Bescheid vom 4. Juni 1975 hob die Beklagte hierauf den Rentenbescheid vom 10. Dezember 1974 auf und stellte die Rente mit Ablauf Mai 1975 ein: Diesem Bescheid sei nachträglich die Grundlage entzogen worden, da mit nur 175 Beitragsmonaten weder die Wartezeit erfüllt sei noch mit 102 Monatsbeiträgen eine überwiegend versicherungspflichtige Beschäftigung in den letzten 20 Jahren ausgeübt worden sei. Die sinngemäße Anwendung des § 1744 Abs 1 Nr 5 RVO rechtfertige die Aufhebung des Bescheides.

Mit der hiergegen erhobenen Klage ist die Klägerin in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat in der angefochtenen Entscheidung vom 25. Juli 1979 die Berufung der Beklagten gegen die stattgebende Entscheidung des Sozialgerichts (SG) vom 21. Oktober 1977 zurückgewiesen und ausgeführt: Die Beklagte sei gemäß § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) an ihren Rentenbescheid gebunden. Ausnahmebestimmungen, insbesondere § 1744 Abs 1 RVO, griffen nicht ein. Insbesondere sei in Form der Beitragserstattungsunterlagen der AOK B keine neue Urkunde im Sinne der Nr 6 aaO aufgefunden worden. Die Beklagte habe allein auf Grund der ihr vorliegenden Beitragsunterlagen zum gleichen Ergebnis wie die AOK gelangen müssen. Unerfindlich bleibe insbesondere, wie die Beklagte für die Monate November und Dezember 1973 sowie von Februar bis Dezember 1974, für die überhaupt keine Beiträge entrichtet worden seien, Beitragszeiten habe anerkennen können.

Das LSG hat in diesem Urteil die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat die Revision eingelegt. Sie führt aus: Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (Hinweis auf SozR 2200 § 1744 Nr 7) finde § 1744 Abs 1 Nr 1 RVO auch dann Anwendung, wenn sich ein begünstigender Verwaltungsakt auf eine inzwischen aufgehobene Verwaltungsentscheidung gestützt habe. Eine solche Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung liege vorliegend darin, daß die AOK als Einzugsstelle nach Erlaß des hier streitigen Rentenbewilligungsbescheides eine negative Entscheidung über Versicherungspflicht und Beitragspflicht der Klägerin getroffen habe. Hierbei sei § 1399 Abs 3 RVO zu beachten, der eine ausschließliche Zuständigkeit der Einzugsstelle in Beitragsangelegenheiten begründe, ferner ihre - der Beklagten - Bindung an die Entgeltbescheinigung und Entgeltvorausbescheinigung des Arbeitgebers nach § 1401 RVO. Sie - die Beklagte - habe daher bis zur gegenteiligen Entscheidung der A davon ausgehen müssen, daß eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Klägerin, für die Beiträge entrichtet worden sind, vorgelegen habe. Die nachträgliche Beitragserstattung ermächtige sie nach § 1744 Abs 1 Nr 6 RVO ebenso wie ein im Bewilligungsbescheid getroffener Vorbehalt, den Bescheid für die Zukunft widerrufen zu können.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 25. Juli 1979 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Oktober 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin ist im Verfahren vor dem BSG nicht vertreten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

Nach § 77 SGG wird mit der Zustellung des Rentenbescheids an den Rentenbewerber (vgl dazu Peters/Sautter/Wolff, Komm zur SGb, 4. Aufl, § 77, Anm 3 S. 258/22) dieser Verwaltungsakt für den Versicherungsträger auch in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Dies bedeutet, daß die Beklagte die der Klägerin durch den vorzeitiges Altersruhegeld bewilligenden Bescheid vom 10. Dezember 1974 eingeräumte Rechtsposition durch einen neuen Verwaltungsakt nicht verschlechtern darf (BSG SozR Nr 22 zu § 77 SGG; BSG SozR 1500 § 77 Nr 29), es sei denn, eine Gesetzesbestimmung ließe ausnahmsweise anderes ausdrücklich zu. Zu Unrecht nimmt die Beklagte an, ein solches Gesetz finde sich für den vorliegenden Fall in - dem sinngemäß anzuwendenden - § 1744 Abs 1 Nr 5 und 6 RVO.

Nach Nr 5 aaO kann gegenüber einem bindenden Verwaltungsakt des Versicherungsträgers eine Neuprüfung ua vorgenommen werden, wenn ein strafgerichtliches Urteil, auf das sich der Verwaltungsakt stützt, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist; nach Nr 6 aaO ist die Neuprüfung gestattet, wenn ein Beteiligter nachträglich eine Urkunde, die einen ihm günstigeren Verwaltungsakt herbeigeführt haben würde, auffindet oder zu benutzen instandgesetzt wird. Es kann dahinstehen, ob - wogegen erhebliche Bedenken bestehen - die nach Erlaß des Rentenbewilligungsbescheides vom 10. Dezember 1974 von der A B vorgenommene Beanstandung und Rückzahlung von 1973/74 zur Arbeiterrentenversicherung entrichteten Beiträgen den Tatbestand der genannten Vorschriften auch nur dem Grundgedanken nach erfüllen. § 1744 Abs 1 RVO ist auf Grund folgender Überlegungen nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar:

Jeder der in § 1744 Abs 1 Nr 1 bis 6 aaO genannten Tatbestände geht unmißverständlich davon aus, daß die dort einzeln aufgeführten, eine Neuprüfung des bindenden Verwaltungsakts rechtfertigenden Umstände dem die Neuprüfung Betreibenden vor Erlaß des - fehlerhaften - Verwaltungsakts nicht bekannt waren und nicht bekannt sein konnten, also von ihm unvermeidbar damals noch nicht berücksichtigt oder geltend gemacht hatten werden können. So erwähnt Nr 5 aaO die Aufhebung eines strafgerichtlichen Urteils, auf das sich der Verwaltungsakt stützt; Nr 6 nennt die nachträglich aufgefundene Urkunde, die einen günstigeren Verwaltungsakt herbeigeführt haben würde. Entsprechend verhält er sich bei den in den Nrn 1 bis 4 aaO getroffenen Regelungen (nachträgliches Herausstellen, daß eine für den Bescheid wesentliche Urkunde gefälscht, daß eine Aussage falsch war, daß ein Beteiligter die Unwahrheit gesagt hat usw). § 1744 Abs 1 RVO läßt mithin nach seinem Grundgedanken keine Neuprüfung eines bindenden Verwaltungsaktes zugunsten desjenigen Beteiligten zu, der es von vornherein hätte vermeiden können, daß der zur Prüfung stehende Verwaltungsakt fehlerhaft und damit rechtswidrig ergangen ist. Einem solchen Beteiligten gegenüber besteht keine Notwendigkeit zuzulassen,die Fehler des Verwaltungsaktes nachträglich sogar dadurch zu korrigieren, daß in die dem anderen Beteiligten durch § 77 SGG eingeräumte Rechtsposition eingegriffen wird.

Die Beklagte hätte im vorliegenden Falle vermeiden können und vermeiden müssen, daß der Klägerin das vorzeitige Frauen- Altersruhegeld nach § 1248 Abs 3 RVO gewährt wird, obwohl dessen beitragsrechtliche Voraussetzungen - wie schon damals erkennbar zutage lag - nicht gegeben waren.

Auf den Antrag der Klägerin gemäß § 1545 Abs 1 Nr 2 RVO auf Altersruhegeld vom 29. Juli 1974 hatte die Beklagte gemäß § 1613 Abs 3 Satz 1 RVO ein Rentenfeststellungsverfahren von Amts wegen zu betreiben. Hierbei hatte sie den Sachverhalt umfassend aufzuklären und die Voraussetzungen des erhobenen Rentenanspruchs - jeder Versicherungsträger ist ein Teil der vollziehenden Gewalt - nach dem Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art 20 Abs 3 des Grundgesetzes -GG-) gemäß § 1248 Abs 3 RVO zu prüfen. Diesen gesetzlichen Anforderungen hat die Beklagte nicht genügt. Nach § 1248 Abs 3 aaO erhält eine Versicherte das vorzeitige Altersruhegeld ua nur dann, wenn sie in den letzten 20 Jahren überwiegend eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat. Laut dem Rentenbewilligungsbescheid der Beklagten vom 10. Dezember 1974, dessen Überprüfung vorliegend streitig ist, hat die Klägerin in den letzten 20 Jahren - unter Einschluß einer von der Beklagten zugrundegelegten durchgehenden Beschäftigung und Versicherung in der Zeit vom 1. Januar 1973 bis 31. Dezember 1974 - 121 Pflichtbeitragsmonate zurückgelegt; fehlte auch nur ein Pflichtbeitragsmonat, so hätte die Beklagte, mangels eines Überwiegens der Pflichtversicherung in den letzten 20 Jahren, den Rentenantrag der Klägerin bereits ablehnen müssen. Tatsächlich hat die Beklagte vermeidbar übersehen, daß die Klägerin ab Juni 1973 keine Pflichtbeiträge mehr entrichtet hat. Nach § 1228 Abs 1 Nr 5 RVO in der damals geltenden Fassung des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (RVÄndG) vom 9. Juni 1965 ist in der Rentenversicherung der Arbeiter versicherungsfrei, wer berufsmäßig eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung oder Tätigkeit nicht ausübt, eine solche aber - nur - als Nebenbeschäftigung oder Nebentätigkeit übernimmt. Nebenbeschäftigung oder Nebentätigkeit liegt nach Abs 2 Buchst b aaO ua vor, wenn nur ein Entgelt erzielt wird, das durchschnittlich im Monat ein Achtel der für Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs 2), das sind für das Jahr 1973 monatlich 287,50 DM, für das Jahr 1974 monatlich 312,50 DM nicht überschreitet. Daß dies auf Grund der vom Arbeitgeber der Klägerin der Beklagten ab 1. Juni 1973 bescheinigten Monatsbezüge der Klägerin offenkundig der Fall war, verneint selbst die Beklagte nicht. Mithin lagen von dem genannten Zeitpunkt an keine Pflichtbeiträge der Klägerin mehr vor. Die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht geleisteten und - damals noch - nicht zurückgeforderten Beiträge durfte die Beklagte nicht als Pflichtbeiträge, sondern nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 1422 RVO allenfalls als freiwillige Beiträge behandeln. Allein schon wegen Anwendung dieser Vorschrift hätte die Beklagte die Frage, ob die Klägerin mit ihren auffallend niedrigen Entgelten beitragspflichtig gewesen war, nicht zu prüfen unterlassen und auf eine fehlende Beanstandung durch die Einzugsstelle nicht vertrauen dürfen. Aber auch hiervon abgesehen durfte sich die Beklagte durch die Einzugsstelle nicht gehindert sehen, gemäß § 1248 Abs 3 RVO zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Klägerin Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter zurückgelegt hat. Eine die Beklagte bindende Entscheidung (Verwaltungsakt) der A B über die Versicherungspflicht oder die Versicherungsfreiheit der Klägerin ab 1. Juni 1974 im Sinne des § 1399 Abs 3 RVO lag nicht vor (vgl dazu BSGE 15, 118, 123 f und VerbKomm, Bd II, § 1399, Anm 14 mit weiteren Nachweisen). Ein Hinweis auf die Befugnisse der AOK im Bereich der Beitragsüberwachung vermag es daher nicht als entschuldbar und unvermeidbar erscheinen lassen, daß die Beklagte die sich anbietende, unschwer durchzuführende Prüfung unterlassen hat,ob die Klägerin 1973 und 1974 überhaupt Versicherungspflichtbeiträge entrichtet hat. Ebensowenig enthoben sie die vom Arbeitgeber nach § 1401 Abs 1 Satz 1 und 2 iVm Abs 2 RVO ausgestellten Entgeltbescheinigungen und Entgeltvorausbescheinigungen nicht der Prüfungspflicht; es war bei Prüfung des Rentenantrags der Versicherten gesetzliche Aufgabe der Beklagten, die Eintragung des Arbeitgebers auf ihre Richtigkeit und Rechtserheblichkeit zu prüfen (vgl auch §§ 1421, 1423 RVO).

Hätte aber die Beklagte, wozu sie gesetzlich verpflichtet war, geprüft, ob die Klägerin 1973 und 1974 Versicherungspflichtbeiträge noch entrichtet hat, hätte sie es vermeiden können, daß der Klägerin für diese Jahre im Rentenbescheid vom 10. Dezember 1974 irrtümlich Pflichtbeiträge gutgebracht worden sind. Bei von ihr vermeidbarer Rechtswidrigkeit dieses Bescheides ist sie gehindert, sich nunmehr auf den Grundgedanken des § 1744 Abs 1 RVO zu stützen; diese Vorschrift läßt nicht zu, zugunsten eines Beteiligten Rechtsfehler zu korrigieren, die er schon bei Erlaß des in Frage stehenden Verwaltungsaktes hätte vermeiden können und vermeiden müssen.

Der Senat hat ferner geprüft, ob die nach Erlaß des Rentenbewilligungsbescheides vom 10. Dezember 1974 von der Einzugsstelle Ende Januar 1975 vollzogene Beitragserstattung eine nachträgliche wesentliche Änderung der für den Rentenbescheid maßgebenden Verhältnisse sein könnte und daher in Verallgemeinerung des §§ 622 und 1286 RVO, § 63 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG), § 86 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG), § 151 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und § 62 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zugrunde liegenden Rechtsgedanken eine Rentenentziehung rechtfertigen könnte (vgl hierzu ausführlich BSGE 34, 221 = SozR Nr 33 zu § 1291 RVO und SozR Nr 24 zu § 1286 RVO). Abgesehen davon, daß der Beitragserstattungsbescheid der A B vom 29. Januar 1975 wegen Verstoßes gegen § 1424 Abs 3 RVO in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung (vgl nunmehr § 26 Abs 1 des 4. Buches des Sozialgesetzbuches - SGB 4) rechtswidrig und - auch von der Beklagten - anfechtbar war - die Beklagte hatte zuvor schon durch den Bescheid vom 10. Dezember 1974 der Klägerin aus den beanstandeten Beiträgen Altersruhegeld bindend bewilligt -, kann dieser rechtliche Gesichtspunkt aus folgenden Überlegungen nicht durchdringen: Zu der Frage, ob bei der Klägerin Pflichtbeiträge vorliegen, die den Anspruch auf vorzeitiges Altersruhegeld nach § 1248 Abs 3 RVO zu stützen vermögen, hat sich durch den Beitragserstattungsbescheid der A B vom 29. Januar 1975 keine nachträgliche wesentliche Änderung ergeben. Vielmehr fehlten Pflichtbeiträge in einem den Rentenanspruch der Klägerin stützenden Umfang - wie ausgeführt - bereits bei der Bewilligung der Rente durch die Beklagte am 10. Dezember 1974. Der Erstattungsbescheid der A hat hierzu nichts Neues gebracht; er hatte allein zur Folge, daß die ohne Versicherungspflicht geleisteten Beiträge nicht einmal mehr als freiwillige Beiträge hätten berücksichtigt werden können. Freiwillige Beiträge aber waren nicht geeignet, den Anspruch der Klägerin auf vorzeitiges Altersruhegeld dem Grunde nach zu erfüllen.

Daß die Beklagte im Sinne ihres dem Rentenbewilligungsbescheid beigefügten "Vorbehalts" Unterlagen "aufgefunden" hätte oder solche ihr "zugänglich" geworden wären, braucht bei diesen Gegebenheiten nicht weiter erörtert zu werden.

Liegt aber nach alledem kein "Gesetz" im Sinne des § 77 SGG, das den Rentenbewilligungsbescheid der Beklagten vom 10. Dezember 1974 ausnahmsweise zurückzunehmen gestattet, so entbehrt die von der Beklagten vorgenommene Rentenentziehung der Rechtsgrundlage. Das angefochtene Urteil trifft zu; die Revision der Beklagten hiergegen war als unbegründet zurückzuweisen.

Gemäß § 193 SGG war zu entscheiden, daß die Beklagte der obsiegenden Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten hat.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656149

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