Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld - Bemessungsentgelt - Leistungsentgelt - gewöhnlich anfallende gesetzliche Abzüge - Kirchensteuer-Hebesatz - konfessionsloser Arbeitnehmer - Verfassungsmäßigkeit - Rechtsänderung - Übergangsvorschrift
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Kirchensteuer-Hebesatzes als gewöhnlich anfallender Entgeltabzug.
Normenkette
AFG § 111 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, § 112; GG Art. 14 Abs. 1; SGB III §§ 129, 136 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, § 427 Abs. 5
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft höheres Arbeitslosengeld (Alg); der Kläger macht geltend, das Alg sei ohne Berücksichtigung eines Kirchensteuerhebesatzes zu berechnen.
Der keiner Kirche angehörende Kläger ging vom 1. September 1994 bis zum 30. Juni 1997 sowie vom 1. März 1998 bis zum 30. April 1999 einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg ab dem 1. Juli 1997 nach einem Bemessungsentgelt von 990,00 DM wöchentlich, der Leistungsgruppe A und einer Nettolohnersatzquote von 67 vH in Höhe von 382,20 DM wöchentlich. Ab dem 1. Januar 1998 betrug die Höhe des Alg wöchentlich 384,51 DM (Änderungsbescheid vom 23. Januar 1998). Mit Bescheid vom 31. Mai 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger wiederum ab dem 1. Mai 1999 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 1.240,00 DM wöchentlich, der Leistungsgruppe C und einer Nettolohnersatzquote von 67 vH in Höhe von 553,21 DM wöchentlich.
Gegen die Bescheide vom 23. Januar 1998 und vom 31. Mai 1999 legte der Kläger jeweils mit der Begründung Widerspruch ein, die Berücksichtigung eines Kirchensteuerhebesatzes bei der Bemessung des Alg sei nicht gerechtfertigt. Die Widersprüche wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheide vom 23. März 1998 und vom 9. Juli 1999). Während des Klageverfahrens erteilte sie den mitangefochtenen Bescheid vom 17. Januar 2000, in dem sie den wöchentlichen Leistungssatz ab 1. Januar 2000 mit 566,16 DM bezifferte.
Das Sozialgericht hat die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen mit Urteil vom 13. April 2000 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht gemäß § 111 Abs 2 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw § 136 Abs 2 Nr 2 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) einen Kirchensteuerhebesatz berücksichtigt. Diese Regelungen seien nicht verfassungswidrig. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 23. März 1994 ausgeführt, dass eine typisierende Betrachtung bei den gewöhnlich anfallenden Bezügen nicht mehr angebracht sei, wenn nicht mehr eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer Kirche angehöre. Für die Zeit bis Dezember 1994 habe das Bundessozialgericht (BSG) ausdrücklich festgestellt, dass noch eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer Religionsgemeinschaft angehörten. Anhaltspunkte für die Annahme, für den hier zu beurteilenden Zeitraum habe sich eine drastische Änderung dahingehend ergeben, dass eine solche deutliche Mehrheit nicht mehr gegeben sei, ergäben sich nicht. Es bestehe daher derzeit keine Evidenz dafür, dass die genannten Vorschriften mit dem vom Gesetzgeber gewählten Ansatz zur Typisierung nicht mehr vereinbar seien. Da es für die vom Gesetzgeber gewählte Typisierung nicht auf das genaue Zahlenverhältnis ankomme, sei dem Beweisantrag des Klägers, eine Anfrage an das Statistische Bundesamt in Wiesbaden zu richten, nicht stattzugeben (Beschluss vom 5. Februar 2001).
Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 111 AFG (§ 136 SGB III) sowie die mangelnde Sachaufklärung (§ 103 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Das LSG habe den Beweisantrag, zur weiteren Ermittlung, ob es sich bei der Kirchensteuer um eine Abgabe handele, die von der überwiegenden Mehrheit der Arbeitnehmer zu zahlen sei, eine Anfrage an das Statistische Bundesamt zu richten, ohne hinreichende Begründung übergangen. In der vom LSG gegebenen Begründung sei allenfalls eine vorweggenommene Beweiswürdigung zu sehen. Feststellungen für das Jahr 1994 ließen nicht den Schluss zu, dass diese Verhältnisse auch fünf Jahre später noch Bestand hätten. Es sei evident, dass Verbände und Kirchen im vergangenen Jahrzehnt in erheblichem Maße einen Mitgliederrückgang zu verzeichnen hätten, der zwischen 4 und 5 % der Mitgliedschaft pro Jahr liege. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kreis der Versicherungspflichtigen in der Arbeitslosenversicherung dem Grunde nach auf alle Beschäftigungsverhältnisse oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze angehoben worden sei. Hätte die Auskunft des Statistischen Bundesamtes ergeben, dass zwischenzeitlich nur noch wenig mehr als 50 % oder sogar weniger als 50 % der Arbeitnehmer einer steuerpflichtigen Kirche angehörten oder aber andererseits die Zahl der Kirchensteuerpflichtigen insgesamt deutlich unter 50 % gefallen sei, so handele es sich in beiden Fällen nicht mehr um einen “gewöhnlichen Abzug”. In beiden Fällen sei dann entweder der Rechtsstreit auszusetzen, um ihn dem BVerfG zur Prüfung vorzulegen oder im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift die Beklagte zu verpflichten, Alg ohne Berücksichtigung des Kirchensteuerhebesatzes zu berechnen.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2001 und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 13. April 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23. Januar 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 1998 und des Bescheides vom 31. Mai 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 1999 sowie des Bescheides vom 17. Januar 2000 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis 28. Februar 1998 und für die Zeit ab 1. Mai 1999 höheres Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung eines Kirchensteuerhebesatzes zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, nach der vom 7. Senat des BSG im Verfahren – B 7 AL 18/01 R – eingeholten Auskunft könne auch weiterhin davon ausgegangen werden, dass eine deutliche Mehrheit der Arbeitnehmer einer die Kirchensteuer erhebenden Kirche angehöre.
Der Senat hat die vom 7. Senat des BSG eingeholte Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 6. November 2001 in das Verfahren eingeführt und hierzu eine ergänzende Auskunft des BMA vom 3. Mai 2002 eingeholt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat weder für Januar und Februar 1998 noch seit Mai 1999 Anspruch auf höheres Alg.
Der Kläger begehrt höheres Alg für Zeiträume ab 1. Januar 1998. Maßgebend für die Beurteilung der Rechtslage sind deshalb grundsätzlich die Vorschriften des mit dem Arbeitsförderungs – Reformgesetz (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I, 594) erlassenen SGB III, das nach Art 83 Abs 1 AFRG am 1. Januar 1998 in Kraft getreten ist. Nach § 129 SGB III beträgt das Alg für Arbeitslose, die mindestens ein Kind iS des Einkommensteuerrechts haben, 67 vH des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Die Beklagte hat dem Leistungsanspruch ab 1. Januar 1998 bzw ab 1. Mai 1999 – wie das LSG im Einzelnen ausgeführt hat – jeweils ein zutreffendes Bemessungsentgelt zu Grunde gelegt. Da der erstgenannte Anspruch auf Alg am 1. Juli 1997, also vor dem 1. Januar 1998, entstanden war, findet, wie das Übergangsrecht ergibt, grundsätzlich noch § 112 AFG Anwendung (vgl BSG vom 8. November 2001 – B 11 AL 43/01 R –). Etwas anderes gilt nach § 427 Abs 5 Satz 1 SGB III nur, wenn die Festsetzung auf Grund eines Sachverhaltes erforderlich ist, der nach dem 31. Dezember 1997 eingetreten ist (vgl dazu BSGE 85, 123, 131 = SozR 3 – 4100 § 136 Nr 11). Dementsprechend war dem Anspruch auf Alg ab 1. Januar 1998 weiterhin als Bemessungsentgelt das Arbeitsentgelt, das sich aus der Anwendung des § 112 AFG ergeben hat, zu Grunde zu legen. Für die Berechnung dieses Alg – Anspruchs ab 1. Mai 1999 finden dagegen die Vorschriften der §§ 130 bis 135 SGB III über das Bemessungsentgelt Anwendung, denn durch die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vom 1. März 1998 bis 30. April 1999 hat der Kläger die Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III) für einen neuen Anspruch auf Alg erfüllt.
Auch im Übrigen entspricht das dem Kläger gewährte Alg den gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei der Berechnung des Alg der Kirchensteuerhebesatz als Berechnungsfaktor unberücksichtigt bleiben müsse. Denn § 136 SGB III schreibt dies ausdrücklich vor. Nach § 136 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III – wie schon vorher nach § 111 Abs 2 Satz 2 Nr 2 AFG – ist bei der Bestimmung der pauschalierten Entgeltabzüge, “die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen”, für die Kirchensteuer die Steuer nach dem im Vorjahr in den Ländern geltenden niedrigsten Kirchensteuerhebesatz zu Grunde zu legen.
Der Senat vermag sich den von der Revision geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Rechtslage, die die Berücksichtigung des Kirchensteuerhebesatzes als gewöhnlicher Entgeltabzug weiterhin vorsieht, nicht anzuschließen. Hierbei kann dahinstehen, ob das LSG verfahrensfehlerhaft gehandelt hat, indem es dem vom Kläger gestellten Beweisantrag nicht gefolgt ist, denn der Beweisantrag bezieht sich auf die Ermittlung von generellen Tatsachen, die vom Senat selbst festgestellt worden sind. Die Fragen stellen sich in allen Fällen, in denen die Beklagte über die Bewilligung von Entgeltersatzleistungen unter Anwendung des § 136 SGB III zu entscheiden hat. Bei einer derartigen Konstellation ist die Revisionsinstanz berechtigt, durch Ermittlung und Feststellung der allgemeinen Tatsachen die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sicherzustellen und so die Rechtseinheit zu wahren (vgl BSGE 84, 90, 94 = SozR 3 – 2500 § 18 Nr 4; BSG SozR 3 – 2500 § 18 Nr 6 jeweils mwN).
Auf der Grundlage der eingeholten Auskünfte konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, § 136 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III sei verfassungswidrig, weil er gegen Art 14 Abs 1 Satz 1, Art 3 Abs 3 oder Art 4 Abs 1 Grundgesetz (GG) verstoße. Dies haben unter Auswertung der Auskunft des BMA vom 6. November 2001 der erkennende Senat (Urteil vom 8. November 2001 – B 11 AL 43/01 R –) und der 7. Senat (Urteil vom 21. März 2002 – B 7 AL 18/01 R –) in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung (vgl nur BSGE 73, 195 ff = SozR 3 – 4100 § 249e Nr 3; BSG SozR 3 – 4100 § 249e Nr 5 und 10; BSG Urteil vom 27. Juni 1996 – 11 RAr 1/96 = DBlR Nr 4326 zu § 111 AFG; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 11 AL 37/00 R = DBlR Nr 4638 zu § 111 AFG) ausdrücklich entschieden.
Bei seiner Rechtsprechung ist das BSG von dem Beschluss des BVerfG vom 23. März 1994 (BVerfGE 90, 226 ff = SozR 3 – 4100 § 111 Nr 6) ausgegangen, das entschieden hat, § 111 Abs 2 Satz 2 AFG sei mit dem GG, insbesondere den Art 3, 4 und 14 vereinbar. In dieser Entscheidung hatte das BVerfG dem Gesetzgeber jedoch aufgetragen, hinsichtlich des Anteils der kirchenzugehörigen Arbeitnehmer die weitere Entwicklung zu beobachten, um wesentlichen Veränderungen rechtzeitig Rechnung tragen zu können. Die Beobachtungs – und Handlungspflicht des Gesetzgebers hat das BVerfG daraus hergeleitet, dass es mit dem vom Gesetzgeber selbst gewählten Ansatz und dem Gebot der Normklarheit nicht mehr vereinbar wäre, die Kirchensteuer bei der Berechnung des Nettolohnes auch dann noch als “gewöhnlich” anfallenden gesetzlichen Abzug in Ansatz zu bringen, wenn die Zugehörigkeit zu einer Kirche, die Kirchensteuer erhebt, nicht mehr als für Arbeitnehmer typisch angesehen werden könnte, wenn also nicht mehr eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer solchen Kirche angehörte (BVerfGE 90, 226, 238 = SozR 3 – 4100 § 111 Nr 6 S 29).
In seiner Auskunft vom 6. November 2001 hat das BMA auf Anfrage mitgeteilt, dass der Anteil der Arbeitnehmer, die Kirchensteuer zahlen, nur über die Auswertung der Lohn – und Einkommensteuerstatistik, die in einem dreijährigen Turnus erstellt werde, ermittelt werden könne. Da die Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärungen abgewartet werden müsse, liege die Lohn – und Einkommensteuerstatistik erst gut drei Jahre nach Ablauf des Jahres, auf das sie sich beziehe, vor. Die Statistik für 1995 sei im Sommer 1999 erstellt und ausgewertet worden. Mit den Ergebnissen für 1998 werde für den Sommer 2002 gerechnet. Für die jeweilige Zwischenzeit werde der Anteil der Arbeitnehmer, die Kirchensteuer zahlten, in Anlehnung an den Anteil der Kirchenmitglieder in der Bevölkerung ermittelt, wobei der Anteil des Differenzbetrages zwischen den Anteilen der Kirchenmitglieder an der Bevölkerung und an den Arbeitnehmern näherungsweise als konstant angesehen werde. Unter Zugrundelegung eines Differenzbetrages von 8 Prozentpunkten zum Jahresende 1995 und einem Anteil von 65,6 % Kirchenmitgliedern an der Gesamtbevölkerung zum Jahresende 1999 errechnet sich ein Anteil von 57,6 % Kirchenmitgliedern (vgl auch im Einzelnen die Darstellung bei BSG, Urteil vom 21. März 2002 – B 7 AL 18/01 R –). Ergänzend hierzu hat das BMA auf Anfrage des Senats unter dem 3. Mai 2002 mitgeteilt, dass für den Stichtag 31. Dezember 2000 noch die Angaben der Evangelischen Kirche Deutschlands fehlten. Es könnten deshalb noch keine neuen Aussagen zum Anteil der Kirchenmitglieder in der Bevölkerung gemacht werden.
Auf der Grundlage dieses vom BMA mitgeteilten Zahlenmaterials kann der Senat weiterhin nicht feststellen, dass der Gesetzgeber die ihm durch die Entscheidung des BVerfG auferlegte Beobachtungs – und Handlungspflicht verletzt hätte. Hierbei kann die Verfahrensweise, die durch Auswertung der Lohn – und Einkommensteuerstatistik gewonnenen Erkenntnisse für die Zwischenzeiträume jeweils anhand der Angaben der kirchensteuererhebenden Kirchen zu aktualisieren, nicht beanstandet werden. Dem Gesetzgeber ist durch die Entscheidung des BVerfG nicht auferlegt worden, zusätzlich weitere Ermittlungen zum Anteil der Kirchenmitglieder anzustellen, sondern er kann sich auf die Beobachtung und Auswertung des vorhandenen Zahlenmaterials beschränken.
Unerheblich für die Entscheidung des Rechtsstreits ist, dass die maßgebenden Zahlen für das Jahr 2000 noch nicht vorliegen, denn die dem Gesetzgeber vom BVerfG auferlegte Handlungspflicht kann erst ausgelöst werden, wenn der Gesetzgeber auf Grund statistischer Erkenntnisse davon ausgehen muss, dass nicht mehr eine deutliche Mehrheit von Arbeitnehmern einer zur Erhebung von kirchensteuerermächtigten Kirche angehört. Allerdings entspricht der Gesetzgeber der ihm vom BVerfG auferlegten Beobachtungs – und Handlungspflicht nur, wenn er den Eintritt eines verfassungswidrigen Zustands vermeidet. Hierbei muss er auf der Grundlage der vom BMA vorgelegten Zahlen in Rechnung stellen, dass der Anteil derjenigen Arbeitnehmer, die Mitglied einer steuererhebenden Kirche sind, offenbar weiterhin kontinuierlich abnimmt. Zudem muss berücksichtigt werden, dass das maßgebende Zahlenmaterial jeweils erst mit einer mehrjährigen Verzögerung zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzgeber nach Auffassung des Senats zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Zustandes gehalten, den geänderten Verhältnissen Rechnung zu tragen, sobald ihm Zahlen vorliegen, wonach der Anteil derjenigen Arbeitnehmer, die einer steuererhebenden Kirche angehören, unter 55 % gesunken ist. Dann kann zukünftig nicht mehr von einer deutlichen Mehrheit von Arbeitnehmern gesprochen werden, die einer kirchensteuererhebenden Kirche angehören.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
FA 2002, 396 |
NZS 2003, 439 |
SozSi 2003, 34 |