Leitsatz (amtlich)
1. Die in RVO § 541 Nr 5 aF aufgeführten Unternehmer konnten sich nach RVO § 539 aF freiwillig gegen die Folgen von Arbeitsunfällen versichern.
2. Die freiwillige Unternehmerversicherung wird mit dem Eingang der Beitrittserklärung beim Unfallversicherungsträger wirksam, ohne daß es einer Annahmeerklärung des Unfallversicherungsträgers bedarf. Ein das Inkrafttreten der freiwilligen Versicherung "bestätigendes" Schreiben des Unfallversicherungsträgers an den Unternehmer ist kein Verwaltungsakt.
3. Wenn ein Unfallversicherungsträger einem Unternehmer beim Abschluß einer freiwilligen Versicherung in Aussicht gestellt hat, daß der Unfallversicherungsschutz auch bestimmte Tätigkeiten umfasse, welche nach geltendem Recht nicht versichert sind, steht der Berichtigung einer solchen gesetzwidrigen Zusage der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen (vgl BSG vom 1961-03-21 3 RK 10/56 = BSGE 14, 104).
Orientierungssatz
Zum Begriff des Verwaltungsaktes (vgl BSG vom 1956-08-23 3 RK 78/55 = BSGE 3, 204 und vom 1962-03-29 3 RK 28/61 = BSGE 16, 296).
Normenkette
RVO § 541 Nr. 5 Fassung: 1942-03-09, § 539 Abs. 1 Fassung: 1942-03-09
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. Mai 1962 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Nachdem die Beklagte im Frühjahr 1952 durch ein Inserat im Ärzteblatt für die freiwillige Selbstversicherung von Ärzten geworben hatte, erbat der Kläger von ihr Auskunft über freiwillige Mitgliedschaft. Die Beklagte übersandte ihm darauf ihr Merkblatt "Die freiwillige Selbstversicherung der freiberuflich tätigen Ärzte". Darin lautet der Abschnitt "Umfang der Versicherung":
"Die freiwillige Selbstversicherung umfaßt alle mit der Berufsausübung zusammenhängenden Unfälle und Berufskrankheiten. Wegeunfälle, die sich im Rahmen der Berufstätigkeit ereignen, sind eingeschlossen, gleichgültig, ob der Weg zu Fuß, im eigenen oder fremden Fahrzeug zurückgelegt wird. Ärzte, die zu beruflichen Zwecken einen Kraftwagen unterhalten, sind auch bei Privatfahrten versichert, wenn sie das Fahrzeug selbst führen";
im Abschnitt "Beginn und Ende der Versicherung" heißt es:
"Die Versicherung beginnt mit dem Tage, der auf den Tag des Einganges des Versicherungsantrages bei der Genossenschaft folgt, und dauert bis zum Schluß desjenigen Monats, in dem der Versicherte stirbt, die versicherte Tätigkeit einstellt oder die Aufhebung der Versicherung bei der Berufsgenossenschaft schriftlich beantragt."
Der Kläger beantragte hierauf mit Schreiben vom 25. August 1952 seine freiwillige Selbstversicherung. Die Beklagte erwiderte diesen Antrag mit dem Schreiben vom 29. August 1952, in dem sie u. a. ausführte:
"Antragsgemäß bestätigen wir Ihnen, daß Sie mit Wirkung vom 27. August 1952 bei unserer Berufsgenossenschaft gegen Arbeitsunfälle und deren Folgen sowie anerkannte Berufskrankheiten versichert sind. Die Höhe des Jahresarbeitsverdienstes haben wir wunschgemäß auf 6.000,- DM festgesetzt. Die freiwillige Versicherung dauert bis zum Schluß desjenigen Monats, in dem die Aufhebung beantragt oder die Praxis eingestellt wird. Die Versicherung erlischt ferner im Todesfall oder bei Zahlungsverzug mit Ablauf des 8. Tages nach dem Tage, an dem die Mahnung zugestellt wurde. Über die Leistungen gibt das Ihnen bereits übersandte Merkblatt ausführlich Auskunft."
Nachdem das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14. Oktober 1955 (BSG 1, 258) bekannt geworden war, schrieb die Beklagte am 14. Dezember 1956 dem Kläger folgendes:
"Um Zweifelsfälle nach Möglichkeit auszuschalten, bringen wir Ihnen hiermit zur Kenntnis, daß der 2. Senat des BSG in seinem Urteil vom 14. Oktober 1955 festgestellt hat: 'Privatfahrten eines Unternehmers die nicht unmittelbar den Zwecken des Unternehmens dienen, stehen auch dann nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie mit einem sonst überwiegend für Geschäftszwecke verwendeten Fahrzeug durchgeführt werden.' Da dieses Urteil des BSG grundsätzlich Bedeutung hat, ist es - früheren Auffassungen entgegen - auch für unsere Berufsgenossenschaft bindend. Im Verhältnis zu Ihrer beruflichen Gefährdung handelt es sich aber wohl nur um eine geringe Einschränkung des bisher von uns gewährten Versicherungsschutzes. Selbstverständlich schließt die freiwillige Selbstversicherung auch weiterhin den Versicherungsschutz auf Fahrten im eigenen oder fremden Kraftwagen ein, wenn diese Fahrten im Interesse Ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Arzt durchgeführt werden. Falls Sie trotzdem eine Aufhebung der Versicherung wünschen, bitten wir, die Kündigung spätestens bis zum 31. 12. d. J. schriftlich vorzunehmen, anderenfalls Ihre freiwillige Versicherung bestehen bleibt."
Der Kläger entgegnete, er halte eine einseitige Vertragsänderung für unwirksam und betrachte sich nach wie vor als vollversichert zu den seitherigen Bedingungen. Hierauf erteilte ihm die Beklagte den förmlichen Bescheid vom 8. April 1957, mit dem sie den Widerspruch des Klägers zurückwies: Mit dem Urteil des BSG vom 14. Oktober 1955 sei die für das frühere Recht geltende Ansicht aufgegeben worden, nach der die Benutzung von Geschäftsfahrzeugen immer - auch bei ausgesprochenen Privatfahrten - als versichert betrachtet wurde. Wegen dieser auch die Beklagte bindenden Entscheidung sei die Beklagte nicht in der Lage, bei Unfällen, die sich auf Privatfahrten ereignen, Versicherungsschutz zu gewähren.
Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat die hiergegen erhobene - auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids gerichtete - Klage durch Urteil vom 1. April 1958 abgewiesen: Grundsätzlich könne durch freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Unfallversicherung (UV) kein weitergehender UV-Schutz erworben werden, als ihn der Pflichtversicherte genieße. Bei der Abfassung ihres Merkblatts sei die Beklagte davon ausgegangen, daß nach der damals noch gültigen Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA) UV-Schutz für Privatfahrten mit Geschäftsfahrzeugen für Pflichtversicherte und damit also für freiwillig Versicherte bestehe. Da durch das BSG-Urteil vom 14. Oktober 1955 festgestellt worden sei, daß seit 1942 ein Versicherungsschutz für Privatfahrten der Pflichtversicherten entfalle, sei die Beklagte nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen, den Kläger auf den Wegfall dieses Schutzes hinzuweisen. Mit dem seit dem Widerspruchsbescheid verstrichenen Zeitraum sei auf jeden Fall eine angemessene Frist für die Aufsage des Versicherungsschutzes gewahrt worden.
Mit seiner Berufung hat der Kläger neben der Aufhebung des Widerspruchsbescheids noch die Verpflichtung der Beklagten beantragt, den Kläger auch bei Privatfahrten mit seinem Kraftwagen weiterhin unter Versicherungsschutz zu lassen. Er hat hervorgehoben, im Vertrauen auf die - für die von der Beklagten angesprochenen Ärzte besonders attraktive - Versicherungszusage für Privatfahrten habe er Mitte 1953 seine private Unfallversicherung erheblich herabgesetzt.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat durch Urteil vom 22. Mai 1962 die Berufung zurückgewiesen: Da die Selbstversicherung bei einem öffentlich-rechtlichen Versicherungsträger nicht wegen ihrer Freiwilligkeit zu einem privatrechtlichen Rechtsgeschäft werde, Entstehung und Inhalt des Versicherungsverhältnisses vielmehr allein auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhten, sei der anhängige Streit über den Inhalt der Versicherung öffentlich-rechtlicher Natur und damit der Rechtsweg nach § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.
Bis zum Inkrafttreten des Sechsten Änderungsgesetzes vom 9. März 1942 sei die Beklagte berechtigt gewesen, Versicherungsschutz auch für die Benutzung eines Betriebsfahrzeugs zu reinen Privatfahrten zu gewähren. Da dies seit 1942 nicht mehr zulässig gewesen sei, habe die Beklagte bei der Zusage eines solchen Versicherungsschutzes gesetzwidrig gehandelt. Durch Zusicherung von Versicherungsschutz trotz Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen entstehe dieser Schutz allerdings im zugesicherten Umfang in Gestalt einer Formalversicherung, welche der Versicherungsträger jedoch nach der früheren Rechtsprechung (RVA in AN 1916, 610 Nr. 2897) durch einseitige Erklärung auflösen konnte. Diese Rechtsprechung stehe mit der jetzigen Rechtslage in Einklang, die Beklagte habe somit den Versicherungsschutz nachträglich auf den gesetzlich zulässigen Umfang beschränken dürfen.
Ihr Schreiben vom 29. August 1952 mit der Erstreckung des Versicherungsschutzes auf Privatfahrten habe einen Verwaltungsakt dargestellt. An Bestimmungen über die Aufhebung bindend gewordener Verwaltungsakte (§ 77 SGG) enthalte das Recht der gesetzlichen UV die §§ 608, 619 und 1744 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Während die §§ 608 und 619 RVO hier als Rechtsgrundlage von vornherein ausschieden, sei § 1744 RVO zwar die verfahrensrechtliche Vorschrift, in der erschöpfend die Tatbestände angeführt würden, die eine erneute Prüfung eines bindenden Verwaltungsakts erlaubten.
Diese Vorschrift bezwecke aber ausschließlich die rückwirkende Beseitigung von Verwaltungsakten. Eine solche Vernichtung des Verwaltungsakts ex tunc habe nun die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 14. Dezember 1956 und ihrem Widerspruchsbescheid nicht angestrebt, vielmehr wolle sie lediglich für die Zukunft einen Teil des Verwaltungsakts vom 29. August 1952 außer Kraft setzen, weil dieser Teil gesetzwidrig und die Beklagte als öffentlich-rechtliche Körperschaft verpflichtet sei, den gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen.
Mit § 1744 RVO würden also nicht die Fälle erfaßt, in denen ein unrichtiger Verwaltungsakt für die Zukunft zu berichtigen sei. Angesichts der Unanwendbarkeit der §§ 608, 609, 1744 RVO fehle im sozialen Versicherungsrecht eine gesetzlich fixierte Norm, welche die Möglichkeit einer Änderung von Verwaltungsakten regele, die nicht Leistungsbescheide seien und wegen ihrer Fehlerhaftigkeit für die Zukunft aufgehoben werden müßten. Deshalb seien insoweit die anerkannten Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Zurücknahme fehlerhafter, aber unanfechtbar gewordener Verwaltungsakte heranzuziehen (BSG 7, 51; 8, 11; 10, 72). Da der Verwaltungsakt vom 29. August 1952 wegen der rechtswidrigen Zusage von UV-Schutz für Privatfahrten fehlerhaft gewesen sei, müsse das Interesse der Verwaltung an der Herstellung der Gesetzmäßigkeit gegen den Vertrauensschutz des Klägers an der Unabänderlichkeit bindender Verwaltungsakte abgewogen werden.
Die für die Herstellung der Gesetzmäßigkeit sprechenden Gesichtspunkte seien ungleich bedeutsamer als das Interesse des Klägers am Weiterbestehen seiner Versicherung bei Privatfahrten. Die angefochtenen Verwaltungsakte seien demnach rechtmäßig.
Das LSG hat die Revision zugelassen, da seine Rechtsauffassung mit Entscheidungen des BSG (BSG 11, 226; 14, 10) nicht völlig in Einklang stehe.
Gegen das am 11. Juli 1962 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. August 1962 Revision eingelegt und sie am 7. September 1962 folgendermaßen begründet: Durch Heranziehung der Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts habe das LSG gegen § 77 SGG verstoßen. Neben den gesetzlichen Vorschriften der RVO sei für eine Anwendung dieser Grundsätze kein Raum mehr. Im Bescheid vom 29. August 1952 sei dem Kläger der "Besitzstand" bewilligt worden, für günstige Prämien im Falle eines Privatfahrt-Unfalls entschädigt zu werden. Nach den in BSG 11, 226, 230 und 14, 13 enthaltenen Erwägungen habe diese fehlerhafte Bewilligung nicht zu Ungunsten des Klägers zurückgenommen werden dürfen; mit dieser Rechtsprechung habe sich das LSG nicht auseinandergesetzt. Die Gleichstellung von "anerkannten Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts" mit speziellen Ermächtigungsgrundlagen führe zu Rechtsunsicherheit und entwerte den § 77 SGG, der dabei in sich widersprüchlich werde.
Falls aber die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts doch anwendbar sein sollten, habe das LSG sie unrichtig angewandt. Es habe die Art und Weise, wie die Beklagte mit ihrer Werbung und dem Anpreisen der - schon seit zehn Jahren unzulässigen - UV für Privatfahrten gegenüber dem Kläger und seinem Berufsstand aufgetreten sei, nicht gewürdigt und nicht geprüft, wie sich demgegenüber das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ausnehme; unter diesen Umständen bestehe ein öffentliches Interesse allein daran, die Verwaltung an ihrem dolosen Verhalten festzuhalten. Entscheidend hier-für sei, daß die Beklagte sich werbend in den Privatrechtsverkehr begeben habe und mit den privaten Versicherungsgesellschaften in Wettbewerb getreten sei. Der Kläger beantragt,
die angefochtenen Urteile sowie den Bescheid und den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger auch bei Privatfahrten mit seinem Kraftwagen weiterhin unter Versicherungsschutz zu lassen.
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision. Nach ihrer Auffassung hat das Schreiben vom 29. August 1952 schon deshalb keine Bindungswirkung, weil es nicht in sich verständlich sei (SozR RVO § 1585 Nr. 5). Außerdem beziehe sich der Hinweis auf das Merkblatt nicht auf den Abschnitt "Umfang der Versicherung", sondern allein auf die Angaben über die "Leistungen"; eine Formalversicherung für Privatfahrten sei demnach durch das Schreiben vom 29. August 1952, richte man sich nach dessen Wortlaut, gar nicht begründet worden. Falls dagegen mit dem LSG die Entstehung einer solchen Formalversicherung angenommen werde, sei die Beklagte nach der ständigen RVA-Rechtsprechung als befugt anzusehen, die Formalversicherung durch einseitige Erklärung ohne Rücksicht auf irgendwelche Bindungsgrundsätze aufzuheben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist statthaft durch Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, daher zulässig. Sie hatte jedoch keinen Erfolg, da die angefochtene Entscheidung im Ergebnis zutrifft.
Mit Recht ist das LSG davon ausgegangen, daß es sich bei dem hier anhängigen Verfahren um einen öffentlich-rechtlichen Streit in einer Angelegenheit der Sozialversicherung (§ 51 Abs. 1 SGG) handelt; dies folgt zweifelsfrei aus der öffentlich-rechtlichen Natur des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses, nämlich der freiwilligen Unternehmerversicherung auf Grund des § 539 RVO aF, deren Umfang zwischen den Beteiligten streitig ist.
In der Sache selbst erhebt sich zunächst die - vom LSG nicht geprüfte - Vorfrage, ob einer freiwilligen Unternehmerversicherung für freiberuflich tätige Ärzte nicht etwa die Vorschrift des § 541 Nr. 5 RVO aF entgegensteht, durch die - neben anderen Berufsgruppen - auch Ärzte bei ihrer freiberuflichen Tätigkeit als "versicherungsfrei" bezeichnet werden. Im Schrifttum (vgl. Steffen, BG 1955, 291) ist hieraus gefolgert worden, diese "Versicherungsfreiheit" bedeute den Ausschluß von schlechthin jeder Art der gesetzlichen UV, so daß auf die in § 541 Nr. 5 RVO aF aufgeführten Unternehmer auch die Vorschrift des § 539 RVO aF unanwendbar sei. Demgegenüber hat indessen die Mehrheit der Autoren (vgl. insbesondere Linthe, BG 1956, 342; Lauterbach, UV, 2. Aufl., Anm. 5 zu § 539; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 6. Aufl., Stand: Juni 1965, S. 478 b mit weiteren Nachweisen) mit Recht angenommen, daß Versicherungsfreiheit in diesem Sinne lediglich als Freiheit vom Versicherungszwang, nicht dagegen als Ausschluß auch von der freiwillige Versicherung aufzufassen ist, zumal da sich sonst eine völlig ungerechtfertigte Benachteiligung der in § 541 Nr. 5 RVO aF aufgeführten Gruppen von Unternehmern ergeben würde. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist demzufolge in der nunmehr durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz (UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl I 241) getroffenen klareren Regelung (vgl. §§ 541 ff RVO nF) nur eine Bestätigung der bereits vorher geltenden Rechtslage zu erblicken (ebenso Brackmann aaO; Lauterbach, 3. Aufl., Anm. 2 zu § 541; vgl. BT-Drucks. IV/120, Begründung zu § 541 Abs. 1 RVO idF des UVNG).
Durfte sich somit der Kläger als freiberuflich tätiger Arzt im Jahre 1952 bei der für ihn fachlich zuständigen Beklagten gemäß § 539 RVO aF freiwillig gegen die Folgen von Arbeitsunfällen versichern, so konnte jedoch dieser Versicherungsschutz damals schon nicht mehr die - bis zum 31. Dezember 1941 rechtlich zulässig gewesene - Unfallversicherung (UV) bei Privatfahrten mit dem sonst überwiegend für Unternehmenszwecke verwendeten Kraftwagen umfassen. Die hierauf bezüglichen Ausführungen in dem von der Beklagten dem Kläger übersandten Merkblatt standen also - wie die Beteiligten und die Vorinstanzen gleichermaßen zutreffend annehmen - mit der damals gegebenen Rechtslage nicht in Einklang. Die Beklagte freilich verkennt in ihrer Revisionserwiderung, daß das Urteil des erkennenden Senats vom 14. Oktober 1955 (BSG 1, 258, 263) für Sachkenner, welche die mit dem Sechsten Änderungsgesetz verknüpfte Neugestaltung des UV-Rechts aufmerksam geprüft hatten, durchaus keine völlig überraschende Abkehr von früheren Grundsätzen darstellen konnte; Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. die Nachweise aaO S. 263) hatten vielmehr schon vorher diese Entwicklung aufgezeigt; es wäre Sache der Beklagten gewesen, vor der Herausgabe ihres Merkblatts selbst Überlegungen zur Frage des UV-Schutzes für Privatfahrten anzustellen und auf Grund der sich hierbei - zumindest - aufdrängenden Zweifel konkrete Äußerungen über das vermeintliche Weiterbestehen des vor 1942 gegebenen Rechtszustands zu unterlassen. Stattdessen hat die Beklagte jedoch in dem Abschnitt "Umfang der Versicherung" eindeutig zu erkennen gegeben, daß nach ihrer Auffassung Ärzte auch bei Privatfahrten mit dem - zu beruflichen Zwecken gehaltenen - Kraftwagen versichert sind, wenn sie das Fahrzeug selbst führen.
Das LSG hat angenommen, hieran sei die Beklagte dem Kläger gegenüber an sich gebunden gewesen, weil das Schreiben der Beklagten vom 29. August 1952, womit sie die freiwillige UV des Klägers auf der Grundlage der im Merkblatt angegebenen Bedingungen "bestätigte", als ein der Bindungswirkung im Sinne des § 77 SGG fähiger Verwaltungsakt aufzufassen sei. Dieser Ansicht vermag der erkennende Senat nicht beizupflichten, da sie das Zustandekommen eines freiwilligen Versicherungsverhältnisses in der gesetzlichen UV verkennt.
Im Unterschied zur Versicherungspflicht, die ohne weiteres mit dem Eintritt der von Gesetz oder Satzung (§§ 537, 538 RVO aF) aufgestellten Voraussetzungen zustande kommt, bedarf es für die freiwillige UV der Unternehmer nach § 539 RVO aF einer auf die Begründung des Versicherungsverhältnisses gerichteten Willenserklärung in Gestalt des vom Unternehmer zu stellenden Antrags. Mit dem Eingang dieses Antrags bei der Berufsgenossenschaft (BG) tritt das öffentlich-rechtliche Versicherungsverhältnis, sofern der Zulässigkeit einer freiwilligen Unternehmerversicherung nichts entgegensteht, in Kraft. Eine Annahme oder "Bestätigung" des Antrags durch den Versicherungsträger ist für die Entstehung der freiwilligen Versicherung nicht erforderlich (vgl. RVA AN 1910, 590 Nr. 2435; EuM 42, 260; Hess. LSG, Breith. 1958, 16 und 1962, 107; Brackmann aaO S. 478 v; Lauterbach, 2. Aufl., Anm. 9 zu § 539), mithin versicherungsrechtlich hierfür irrelevant. Gelangt der Versicherungsträger auf Grund seiner pflichtgemäßen Prüfung zu dem Ergebnis, daß der Antrag auf freiwillige Unternehmerversicherung gesetzlichen oder satzungsmäßigen Bedingungen widerspricht (vgl. zB Hess. LSG, Breith. 1962, 107), so ist sein ablehnender Bescheid allerdings als Verwaltungsakt (§ 54 Abs. 1, 2 SGG) anzusehen, da er unmittelbare Rechtswirkungen in bezug auf das Versicherungsverhältnis äußert. Hingegen entbehrt ein Bestätigungsschreiben, wie es die Beklagte unter dem 29. August 1952 an den Kläger gerichtet hat, der wesentlichen Merkmale eines Verwaltungsakts; es kann nicht als hoheitliche Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet der Sozialversicherung (vgl. BSG 3, 204, 206; 16, 296) aufgefaßt werden, denn von einem solchen Schreiben können keine unmittelbaren rechtlichen Wirkungen mehr ausgehen, vielmehr sind diese sämtlich schon mit dem Eingang der Beitrittserklärung eingetreten, so daß bereits hiermit die abschließende Regelung des Einzelfalls erfolgt ist. Handelt es sich somit bei dem Schreiben vom 29. August 1952 nicht um einen Verwaltungsakt, so entfallen auch die Anwendbarkeit des § 77 SGG sowie die vom LSG hieraus gezogenen Folgerungen.
Durch die Übersendung des Merkblatts mit den Angaben über UV-Schutz für Privatfahrten, die hieran anknüpfende Entgegennahme des Antrags sowie schließlich die schriftliche "Bestätigung" vom 29. August 1952 hat nun freilich die Beklagte eine rechtliche Beziehung zum Kläger entstehen lassen, welche dieser - aus seinem Blickwinkel ganz folgerichtig - als einen "Besitzstand" bezeichnet. Zur Rechtfertigung des Klagbegehrens reicht indessen diese Beziehung nicht aus. Wäre das Verhalten der Beklagten im Jahre 1952 unter dem Gesichtspunkt der Erteilung einer unrichtigen Rechtsauskunft zu betrachten, so ergäbe sich daraus zweifelsohne keine Grundlage für eine Verpflichtung der Beklagten (vgl. BSG 18, 270, 273). Näher liegt nach Meinung des Senats bei Würdigung der Gesamtumstände die Auffassung, daß die Äußerungen der Beklagten eine Zusage hinsichtlich des UV-Schutzes für Privatfahrten darstellen. An Zusagen, die sich im Rahmen der einem Versicherungsträger eingeräumten Gestaltungsfreiheit halten, bleibt dieser nach Treu und Glauben grundsätzlich gebunden (vgl. BSG 14, 104); dieser Grundsatz darf aber nicht so weit ausgedehnt werden, daß eine öffentlich-rechtliche Körperschaft sich zu einem ungesetzlichen Handeln verpflichten kann; daher muß eine solche Zusage bei Verstoß gegen das Gesetz als unverbindlich angesehen werden; das Vertrauen des Staatsbürgers in die ihm von der Verwaltung erteilte Zusage darf jedenfalls nicht dadurch geschützt werden, daß die Verwaltung zu einem gesetzwidrigen Verhalten genötigt wird (BSG aaO S. 108). Da die freiwillige Unternehmerversicherung hinsichtlich des Umfangs der versicherten Tätigkeiten nicht abweichend vom Umfang der Pflichtversicherung gestaltet werden darf (Brackmann aaO S. 478 v) und somit eine Zusage über UV-Schutz bei Privatfahrten gegen das Gesetz verstößt, ist der vom Kläger verfolgte Anspruch, die Beklagte für die Zeit nach dem 31. Dezember 1956 zur Einhaltung ihrer Zusage zu verpflichten, unbegründet. Dieses Ergebnis begegnet auch unter dem vom Kläger besonders betonten Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keinen durchgreifenden Bedenken; in rechtlich noch vertretbarem Ausmaß ist dieser Vertrauensschutz dadurch hinreichend berücksichtigt, daß die Beklagte selbst den Standpunkt vertritt, sie wäre für einen Unfall, den der Kläger bei einer Privatfahrt in der Zeit bis Dezember 1956 erlitten haben würde, entschädigungspflichtig gewesen.
Da hiernach die Bescheide der Beklagten vom 14. Dezember 1956 und 8. April 1957 sowie die Urteile der Vorinstanzen im Ergebnis gerechtfertigt sind, ist die Revision des Klägers zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen