Leitsatz (amtlich)
Hat der pflichtversicherte Selbständige während der einer Reha-Maßnahme unmittelbar vorausgehenden AU noch Arbeitseinkommen erzielt und Beiträge entrichtet, so sind Bemessungszeitraum für die Berechnung des Übergangsgeldes je nach dem für den Betreuten günstigeren Ergebnis die zwölf Kalendermonate entweder vor Beginn der AU oder vor Beginn der Maßnahme (Anschluß an BSG 1978-04-27 11 RA 39/77 = SozR 2200 § 1241 Nr 6).
Normenkette
AVG § 18 Abs. 2 Fassung: 1974-08-07; RVO § 1241 Abs. 2 Fassung: 1974-08-07
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 13.12.1977; Aktenzeichen L 16 An 251/76) |
SG München (Entscheidung vom 25.10.1976; Aktenzeichen S 14 An 2277/74) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Dezember 1977 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des dem Kläger während einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation von der Beklagten zu gewährenden Übergangsgeldes.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und bei der Beklagten als Selbständiger pflichtversichert. Im Jahre 1973 entrichtete er für die Monate Januar bis November 11 Beiträge der Klasse 1200. Vom 4. Mai bis 11. Juli 1974 befand er sich wegen eines Herzinfarktes in stationärer Behandlung. Am 30. Mai 1974 leistete er für die Zeit von Januar bis Juni 1974 sechs Pflichtbeiträge der Klasse 2500. Vom 10. September bis 22. Oktober 1974 unterzog er sich einer von der Beklagten getragenen medizinischen Rehabilitationsmaßnahme (Reha-Maßnahme). Das für die Zeit vom 1. bis 22. Oktober 1974 gem § 18 Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der Fassung des Rehabilitationsangleichungsgesetzes (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I S. 1881) zu gewährende Übergangsgeld berechnete die Beklagte zunächst nur unter Zugrundelegung der vom Kläger für die Monate September bis November 1973 geleisteten Beiträge der Klasse 1200 (Bescheid vom 16. Dezember 1974).
Mit der hiergegen gerichteten Klage begehrte der Kläger die Berücksichtigung der am 30. Mai 1974 geleisteten Beiträge. Mit Bescheid vom 12. Februar 1975 erklärte die Beklagte ihren Bescheid vom 16. Dezember 1974 für gegenstandslos und berechnete nun das Übergangsgeld aus den Beiträgen, die der Kläger bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 4. Mai 1974 für die vorangegangenen 12 Monate gezahlt hatte. Die für die Monate Mai und Juni 1974 geleisteten Beiträge ließ sie unberücksichtigt, weil der maßgebliche Zeitpunkt für die Berechnung des Bemessungszeitraumes der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit sei.
Das Sozialgericht (SG) München hat die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide vom 16. Dezember 1974 und 12. Februar 1975 verurteilt, der Berechnung des Übergangsgeldes auch die vom Kläger für die Monate Mai und Juni 1974 entrichteten Beiträge zugrundezulegen (Urteil vom 25. Oktober 1976). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 13. Dezember 1977). Zur Begründung hat es ua ausgeführt:
§ 18 Abs 2 AVG stelle eine Sonderregelung für die Berechnung des Übergangsgeldes bei freiwillig Versicherten und pflichtversicherten Selbständigen dar. Die Frage, wann der Bemessungszeitraum durch den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder aber durch den Beginn der Maßnahme bestimmt sein solle, habe der Gesetzgeber offengelassen. Diese Lücke sei durch Auslegung zu schließen. Sei keine Arbeitsunfähigkeit eingetreten, so sei entscheidender Zeitpunkt für das Ende des Bemessungszeitraums der Beginn der Maßnahme. Daraus folge jedoch nicht, daß bei Eintritt von Arbeitsunfähigkeit immer deren Beginn maßgebend sei. Dies würde dem Willen des Gesetzgebers widersprechen, dem pflichtversicherten Selbständigen ein seiner Beitragsleistung entsprechendes Übergangsgeld zu gewähren. Gerade bei diesem Personenkreis sei es sehr häufig möglich, daß der Betreffende noch nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit durch eigene Tätigkeit ein Einkommen erziele und davon Pflichtbeiträge entrichte. Dies sei auch beim Kläger der Fall gewesen. Der Gesetzgeber habe dadurch, daß in § 18 Abs 2 AVG für den Bezug von Arbeitseinkommen und die Entrichtung von Beiträgen nur der Beginn der Maßnahme, nicht aber auch der Beginn der Arbeitsunfähigkeit normiert sei, gegenüber dem Personenkreis des § 18 Abs 1 AVG eine unterschiedliche Bewertung des Bemessungszeitraums beabsichtigt. Der Kläger könne eine Berücksichtigung der in den Monaten Mai und Juni 1974 entrichteten Pflichtbeiträge bei der Berechnung des Übergangsgeldes auch deswegen verlangen, weil die Beklagte die in diesen Monaten erzielten Einkünfte als Bruttoeinkommen iS der gesetzlichen Rentenversicherung angesehen habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 18 Abs 2 AVG. Schon der Wortlaut der Vorschrift spreche dagegen, daß der Bemessungszeitraum ausnahmslos oder jedenfalls dann vor dem Beginn der Maßnahme liegen solle, wenn dies für den Berechtigten günstiger sei. Dem § 18 Abs 1 AVG sei nach Wortlaut und Systematik zu entnehmen, daß der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit an die Stelle des Beginns der Maßnahme trete, wenn die Arbeitsunfähigkeit in die Maßnahme übergehe. Das gelte auch für die insoweit gleichlautende Formulierung des § 18 Abs 2 AVG. Damit werde dem Normalfall Rechnung getragen, daß der Betreute regelmäßig nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zur Erzielung von Einkünften nicht mehr in der Lage sei. Nach dem Wortlaut des § 18 Abs 2 Satz 1 AVG müsse der Betreute Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bis zum Beginn der Maßnahme erzielt haben. Aus der amtlichen Begründung der Vorschrift ergebe sich jedoch, daß sich diese Voraussetzung auch auf eine vorausgegangene Arbeitsunfähigkeit beziehe. Demnach habe der Gesetzgeber eine unterschiedliche Behandlung der Personenkreise nach § 18 Abs 1 und § 18 Abs 2 AVG nicht gewollt. In § 18 Abs 2 AVG müsse daher ebenfalls - wie in § 18 Abs 1 AVG - auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgestellt werden, wenn diese in die Maßnahme übergehe. Beide Vorschriften unterschieden sich lediglich hinsichtlich der Berechnungsformel; § 18 Abs 2 AVG stelle im Gegensatz zu Abs 1 auf den längeren Zeitraum von 12 Monaten ab. Dem Urteil des 11. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. April 1978 - 11 RA 39/77 - könne nicht gefolgt werden. Das danach gebotene "Günstigkeitsprinzip" könne nicht auf den Personenkreis des § 18 Abs 2 AVG beschränkt werden, weil dann eine Ungleichbehandlung zu Lasten der unter § 18 Abs 1 AVG fallenden Beschäftigten, die sowohl kranken- als auch rentenversicherungspflichtig seien, liegen würde. Angesichts der Zielsetzung des RehaAnglG sei jedoch zweifelhaft, ob der Gesetzgeber einzelne Gruppen habe bevorzugen wollen. Eine Ausdehnung des "Günstigkeitsprinzips" auch auf die versicherungspflichtig Beschäftigten iS des § 18 Abs 1 AVG hinwiederum widerspreche dem in § 18 b AVG, §§ 16 ff RehaAnglG normierten Prinzip der Kontinuität der Leistungen. Schließlich sei das Rehabilitationsverfahren, beginnend mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, als Einheit anzusehen. Entsprechend dem sozialversicherungsrechtlichen Grundsatz der Nichtberücksichtigung nach Eintritt des Versicherungsfalles entrichteter Beiträge dürften für die Berechnung des Übergangsgeldes diejenigen Beiträge, die nach Eintritt der in die Reha-Maßnahme übergegangenen Arbeitsunfähigkeit entrichtet worden seien, nicht herangezogen werden.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung der Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Dezember 1977 und des Sozialgerichts München vom 25. Oktober 1976 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich ergänzend auf das Urteil des BSG vom 27. April 1978 - 11 RA 39/77 -.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Vorinstanzen haben die Beklagte zu Recht verpflichtet, das Übergangsgeld des Klägers unter Berücksichtigung der für die Monate Mai und Juni 1974 entrichteten Beiträge zu berechnen.
Rechtsgrundlage für die Berechnung des Übergangsgeldes ist § 18 Abs 2 Satz 1 AVG idF des RehaAnglG. Danach beträgt bei einem Betreuten, der als freiwillig Versicherter oder als pflichtversicherter Selbständiger vor Beginn der Maßnahme Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt und Beiträge entrichtet hat, das Übergangsgeld den 450. Teil des Betrages, der sich aus den Beiträgen in den zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Maßnahme (Bemessungszeitraum) ergibt.
Die Vorschrift läßt nicht für alle in Betracht kommenden Fallgestaltungen erkennen, wann der Beginn des Bemessungszeitraums sich nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit und wann nach dem Beginn der Maßnahme richtet. Sie ist lediglich insoweit eindeutig, als im Falle der Durchführung einer Reha-Maßnahme ohne vorhergegangene Arbeitsunfähigkeit notwendigerweise ausschließlich der Beginn der Maßnahme den Bemessungszeitraum bestimmt. Daraus kann jedoch - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht der Umkehrschluß gezogen werden, daß im Falle des Überganges einer Arbeitsunfähigkeit in eine Reha-Maßnahme stets der Beginn der Arbeitsunfähigkeit für den Bemessungszeitraum maßgebend ist. Ein solcher Umkehrschluß ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Betreute während der der Reha-Maßnahme vorausgegangenen Arbeitsunfähigkeit nicht mehr Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt und Beiträge entrichtet hat. In diesem Falle scheidet der Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme als für den Bemessungszeitraum maßgebender Zeitpunkt aus. Hat hingegen der Betreute auch noch während der der Reha-Maßnahme vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt und Beiträge entrichtet, so kommen für die Bestimmung des Bemessungszeitraums drei Möglichkeiten in Betracht. Entweder wird er auch in diesem Falle ausschließlich nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit bestimmt und damit das Übergangsgeld ohne Berücksichtigung der während der Arbeitsunfähigkeit entrichteten Beiträge errechnet. Oder der Bemessungszeitraum richtet sich ausschließlich nach dem Beginn der Maßnahme. Als drittes endlich kommt eine Kombination dieser beiden Möglichkeiten dergestalt in Betracht, daß je nach dem für den Betreuten günstigeren Ergebnis Bemessungszeitraum die zwölf Kalendermonate entweder vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder vor Beginn der Maßnahme sind.
Der 11. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 27. April 1978 - 11 RA 39/77 - (DAngVers 1978, 268 mit Anm. Tessmer) § 18 Abs 2 AVG in letzterem Sinne ausgelegt und dies damit begründet, daß einerseits während der einer Reha-Maßnahme vorausgehenden Arbeitsunfähigkeit in der Regel keine oder nur mehr geringere Verdienste erzielt würden und deswegen zur Vermeidung einer Benachteiligung des Betreuten in solchen Fällen sinnvollerweise auf die Verhältnisse vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgestellt werde. Andererseits sei es nicht unüblich, daß ein zum Personenkreis des § 18 Abs 2 AVG gehörender Betreuter noch nach Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit Arbeitseinkommen erziele und daraus Beiträge entrichten könne. Angesichts dessen lasse die Vorschrift die Deutung zu, daß für den Bemessungszeitraum der Beginn sowohl der Arbeitsunfähigkeit als auch der Maßnahme maßgebend sein könne und der Anspruchsinhaber die ihm günstigere dieser beiden Möglichkeiten wählen könne.
Der erkennende Senat teilt diese Auffassung. Die dagegen vorgebrachten Bedenken der Beklagten können nicht durchgreifen.
Die Beklagte wendet zunächst ein, nach der Systematik des § 18 Abs 1 AVG trete der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit an die Stelle des Beginns der Maßnahme, wenn die Arbeitsunfähigkeit in diese übergehe. Die entsprechende Formulierung habe der Gesetzgeber wortgetreu in § 18 Abs 2 AVG übernommen. Für den davon erfaßten Personenkreis könne daher nichts anderes gelten. Dieser Einwand überzeugt nicht. Auch für den von § 18 Abs 1 AVG erfaßten Personenkreis läßt die Vorschrift nicht eindeutig erkennen, daß sich der Bemessungszeitraum stets und somit auch dann, wenn der Reha-Maßnahme eine Arbeitsunfähigkeit vorangegangen ist, nach deren Beginn richtet. Damit zugleich führt die nach Ansicht des 11. Senats und des erkennenden Senats mögliche und gebotene Auslegung des § 18 Abs 2 AVG nicht notwendigerweise zu einer vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollten Ungleichbehandlung des von dieser Vorschrift erfaßten Personenkreises gegenüber den Betreuten iS des § 18 Abs 1 AVG. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, daß eine solche Ungleichbehandlung bei der notwendigerweise gebotenen typisierenden und pauschalierenden Betrachtungsweise von vornherein sachwidrig wäre.
Ein Widerspruch zu dem insbesondere in § 16 RehaAnglG niedergelegten Grundsatz der "Kontinuität der Leistungen" ist ebenfalls nicht zu erkennen. Die Beklagte läßt außer Betracht, daß dieser Grundsatz durch § 18 b BVG eine wesentliche Modifizierung erfahren hat und ihm damit lediglich die Bedeutung einer Mindestgarantie zukommt. Nach § 18 b AVG ist, wenn der Betreute Übergangsgeld oder Krankengeld bezogen hat und im Anschluß daran eine Reha-Maßnahme durchgeführt wird, bei der Berechnung des Übergangsgeldes von dem bisher zugrundegelegten Arbeitsentgelt auszugehen, wenn sich nicht nach § 18 Abs 2 AVG ein höheres Übergangsgeld ergibt. Hiermit hat der Gesetzgeber für den Fall, daß einer Reha-Maßnahme eine Arbeitsunfähigkeit vorausgegangen ist und der Betreute bereits während der Arbeitsunfähigkeit Übergangsgeld bezogen hat, bewußt eine Günstigkeitsregelung in dem Sinne getroffen, daß das während der Reha-Maßnahme (vgl § 18 d Abs 1 AVG) zu zahlende Übergangsgeld auf der Grundlage des bis zum Beginn der Maßnahme erzielten Arbeitsentgelts und der davon entrichteten Beiträge zu berechnen ist, sofern dies im Vergleich zu einer Berechnung nach dem bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit erzielten Arbeitsentgelt für den Betreuten günstiger ist. Es ist kein sachgerechter Grund dafür erkennbar, daß etwas anderes dann gelten sollte, wenn der Betreute während einer der Maßnahme vorausgegangenen Arbeitsunfähigkeit kein Krankengeld oder Übergangsgeld bezogen hat. Ihn in diesem Falle von einer dem § 18 b AVG entsprechenden Günstigkeitsregelung auszuschließen, besteht umsoweniger Anlaß, als nicht schon die Arbeitsunfähigkeit, sondern allein die Reha-Maßnahme Rechtsgrund für die Gewährung von Übergangsgeld ist und somit noch weniger als in den Fällen des § 18 b AVG eine Außerachtlassung des bis zum Beginn der Maßnahme erzielten Arbeitsentgelts und der davon entrichteten Beiträge zu rechtfertigen ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht diese Auslegung nicht dem in der Sozialversicherung geltenden Grundsatz der Nichtberücksichtigung nach Eintritt des Versicherungsfalls entrichteter Beiträge. Versicherungsfall als Rechtsgrund für die Gewährung von Übergangsgeld nach § 18 AVG ist allein die Reha-Maßnahme ungeachtet dessen, ob ihr eine Arbeitsunfähigkeit vorausgegangen ist oder nicht (vgl insbesondere § 17 Satz 1, § 18 d Abs 1 Satz 1 AVG). Der Grundsatz der Nichtberücksichtigung nachträglich entrichteter Beiträge schließt daher lediglich eine Berücksichtigung der nach dem Beginn der Maßnahme geleisteten Beiträge aus, selbst wenn sie für eine innerhalb des Bemessungszeitraums liegende Zeit nachentrichtet worden sind (vgl Urteil des BSG vom 27. April 1978 - 11 RA 69/77 -). Sind sie hingegen bis zum Beginn der Maßnahme und für eine Zeit innerhalb des davon bestimmten Bemessungszeitraums (§ 18 Abs 2 Satz 1 AVG) entrichtet worden, so widerspricht ihre Berücksichtigung nicht dem Verbot einer Berücksichtigung von nach Eintritt des Versicherungsfalls geleisteten Beiträgen. Das gilt auch im vorliegenden Fall. Nach den von der Revision nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger am 30. Mai 1974 für die Monate Januar bis Juni 1974 Pflichtbeiträge entrichtet. Das Heilverfahren in der Klinik H hat er am 10. September 1974 begonnen. Danach sind die hier streitigen Beiträge für die Monate Mai und Juni 1974 sowohl vor dem Eintritt des Versicherungsfalls (= Beginn der Reha-Maßnahme) als auch für eine Zeit innerhalb des Bemessungszeitraums (= 12 Monate vor Beginn der Maßnahme; § 18 Abs 2 Satz 1 AVG) entrichtet worden. Ihrer Berücksichtigung steht der eingangs erwähnte sozialversicherungsrechtliche Grundsatz somit nicht entgegen.
Der nach alledem möglichen und gebotenen Auslegung des § 18 Abs 2 AVG dahingehend, daß je nach dem für den Betreuten günstigeren Ergebnis der Bemessungszeitraum entweder nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder nach demjenigen der Maßnahme zu bestimmen ist, steht schließlich nicht entgegen, daß hierdurch dem Betreuten die Möglichkeit der Manipulation durch Entrichtung hoher Beiträge nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zwecks Erlangung eines hohen Übergangsgeldes vom Beginn der Maßnahme an eröffnet wird. Allein eine Beitragsentrichtung in der Zeit zwischen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und Beginn der Maßnahme reicht für eine Bestimmung des Bemessungszeitraums nach dem Beginn der Maßnahme, soweit dies für den Betreuten günstiger ist, nicht aus. Vielmehr muß der Betreute in dieser Zeit auch Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben (vgl § 18 Abs 2 Satz 1 AVG). Nur unter dieser Voraussetzung kann er die ihm günstigere Bestimmung des Bemessungszeitraums verlangen. Hat er hingegen in der Zeit zwischen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und Beginn der Maßnahme zwar Beiträge entrichtet, aber kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt, so richtet sich der Bemessungszeitraum allein nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit. Damit ist dem Betreuten die Möglichkeit einer Manipulation verschlossen. Soweit er eine Berücksichtigung der nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entrichteten Beiträge verlangen kann, muß diese Entrichtung die Folge einer tatsächlichen Erzielung von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gewesen sein. Das ist beim Kläger der Fall. Nach den für den Senat wiederum bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (S. 6 des angefochtenen Urteils) hat er auch in den Monaten Mai und Juni 1974 ein die Beitragsbemessungsgrenze übersteigendes Einkommen erzielt. Damit ist die Beitragsentrichtung für diese Monate infolge und als Ausdruck der Einkommenserzielung und nicht lediglich zur Erlangung eines die tatsächlichen Einkommensverhältnisse nicht widerspiegelnden höheren Übergangsgeldes erfolgt.
Die Vorinstanzen haben nach alledem die Beklagte zutreffend für verpflichtet gehalten, der Berechnung des Übergangsgeldes des Klägers auch die für die Monate Mai und Juni 1974 entrichteten Beiträge zugrundezulegen. Dies muß zur Zurückweisung der Revision der Beklagten führen (§ 170 Abs 1 SGG). Darüber, ob der Kläger "durch eine Tätigkeit während des Bezuges von Übergangsgeld" (§ 18 f Abs 2 AVG), also in der Zeit ab 1. Oktober 1974, Arbeitseinkommen erzielt hat und das Übergangsgeld entsprechend zu kürzen ist, ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu befinden. Hierzu hat die Beklagte bislang weder Ermittlungen angestellt noch eine Entscheidung getroffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen