Leitsatz (redaktionell)

Ein Reviersteiger kann im Rahmen des RKG § 46 Abs 2 auf Meistertätigkeiten der Gehaltsgruppe 2 4 B des Manteltarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus verwiesen werden.

 

Normenkette

RKG § 46 Abs. 2 Fassung: 1957-05-21

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. August 1965 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Streitig ist die Gewährung der Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit.

Der am 5. März 1904 geborene Kläger war in knappschaftlichen Betrieben von 1917 bis 1928 jugendlicher Arbeiter, Schlepper, Lehrhauer, Hauer und Fahrhauer. Vom 1. Januar 1929 bis zum 31. März 1937 war er Grubensteiger, vom 1. April 1937 bis zum 30. Juni 1960 Reviersteiger und Wettersteiger. Seitdem arbeitet der Kläger nicht mehr. Er bezog seit dem 1. April 1954 den Knappschaftssold, seit dem 1. Januar 1957 die Bergmannsrente und bezieht seit dem 1. März 1964 Ruhegeld nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG).

Der Kläger beantragte am 27. Juni 1960 die Gewährung der Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit bzw. wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 25. November 1960 mit der Begründung ab, daß der Kläger noch nicht berufsunfähig sei. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten zurück.

Dagegen richtet sich die Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte durch Urteil vom 5. Juni 1962 unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, dem Kläger Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Juni 1960 an zu gewähren. Das SG nimmt an, es könne dahinstehen, ob der Kläger gesundheitlich noch in der Lage sei, Aufsichtstätigkeiten über Tage zu verrichten; denn diese Tätigkeiten seien ihm nicht zumutbar.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Sie hält den Kläger für fähig, aufsichtsführende Tätigkeiten über Tage, insbesondere die Tätigkeiten eines Platzmeisters, Wäschemeisters, Wiegemeisters und Holzmeisters zu verrichten. Sie ist der Ansicht, diese Tätigkeiten seien einem Reviersteiger zumutbar, so daß der Kläger nicht berufsunfähig sei.

Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 10. August 1965 das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen; es hat die Revision zugelassen. Das LSG ist der Auffassung, daß der Kläger in der noch streitigen Zeit vom 1. Juni 1960 bis zum 28. Februar 1964 nicht berufsunfähig gewesen sei und daher keinen Anspruch auf Leistung wegen Berufsunfähigkeit habe. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt. Der Kläger sei noch fähig, leichte aufsichtsführende Tätigkeiten über Tage, insbesondere Meistertätigkeiten zu verrichten. Die vom Kläger eingereichten Gutachten des Dr. T vom 23. April 1959 und des Dr. H vom 14. April 1960 könnten nicht von der Unfähigkeit des Klägers überzeugen, die genannten Arbeiten zu verrichten. Abgesehen davon, daß diese Gutachten durch die später für die Bergbau-Berufsgenossenschaft erstatteten Gutachten widerlegt worden seien, soweit sie den silikosebedingten Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit beträfen, habe sich Dr. T nicht mit der Frage auseinandergesetzt, welche Tätigkeiten der Kläger noch verrichten könne. Dr. H habe in seinem Gutachten vom 14. April 1960 zwar Vollinvalidität angenommen, ohne jedoch näher zu erläutern, was er unter diesem Begriff verstehe. Dieses Gutachten lasse also ebenfalls nicht erkennen, für welche Tätigkeiten der Gutachter den Kläger für fähig oder für unfähig hält. Gehe man davon aus, daß der Kläger in der streitigen Zeit noch fähig gewesen sei, aufsichtsführende Tätigkeiten über Tage, insbesondere die Meistertätigkeiten zu verrichten, so müsse darüber hinaus angenommen werden, daß er auch noch fähig gewesen sei, Verwaltungsarbeiten und sonstige Bürotätigkeiten zu verrichten; denn diese Tätigkeiten stellten keine größeren Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit als die Meistertätigkeiten. Der Kläger wende sich gegen eine Verweisung auf solche Tätigkeiten mit dem Hinweis, daß er sie nicht bekommen könne. Er übersehe jedoch, daß es nicht darauf ankomme, ob im konkreten Fall die Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Zwar besitze der Kläger keine kaufmännischen Kenntnisse und Fertigkeiten im eigentlichen Sinne. Er habe als Steiger eine vorwiegend technische Ausbildung erfahren und als solcher einen vorwiegend technisch ausgerichteten Beruf ausgeübt, trotzdem müsse er aber imstande sein, eine Anzahl von kaufmännischen Tätigkeiten der Gehaltsgruppen A und B des Manteltarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zu verrichten. Die Möglichkeit, den Kläger auf Tätigkeiten der Gehaltsgruppe A zu verweisen, folge daraus, daß ein Reviersteiger keinen sozialen Abstieg erleide, wenn er zu einer solchen Angestelltentätigkeit überwechsele. Der Kläger könne aber auch auf Arbeiten der Gehaltsgruppe B verwiesen werden. Einem Versicherten könne im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG nicht nur die Verrichtung sozial gleichwertiger Arbeiten zugemutet werden, sondern er könne auch auf Arbeiten verwiesen werden, die seiner bisherigen Tätigkeit nicht sozial gleichwertig sind, wenn nur kein wesentlicher sozialer Abstieg vorliege. Ein solcher wesentlicher sozialer Abstieg bestehe aber nicht bei der Verrichtung der Arbeiten eines Angestellten der Gehaltsgruppe B durch einen Reviersteiger. Der Versicherte gehöre dann zwar nicht mehr der Spitzengruppe der Tarifangestellten an. Aber nach wie vor gehöre er zu dem Kreis von Angestellten, die noch gehobene Arbeiten verrichten. Die Gehaltsgruppe B umfasse, wenn auch nicht die schwierigsten, so doch die schwierigen kaufmännischen und verwaltenden Arbeiten, die nicht ohne entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten verrichtet werden könnten.

Die Möglichkeit, den Kläger auf alle diese Tätigkeiten zu verweisen, scheitere auch nicht aus anderen Gründen. Zwar habe der Sachverständige Dr. S bei der mündlichen Erläuterung seiner Gutachten darauf hingewiesen, daß es schwierig sei, Arbeitsplätze für Verwaltungs- und Büroarbeiten zu erhalten. Dem könne jedoch im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG keine Bedeutung beigemessen werden. Die Schwierigkeit, einen Arbeitsplatz zu erlangen, sei ein Risiko, das vom Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit nicht erfaßt werde. Anders sei die Rechtslage nur, wenn keine Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang - weder besetzt noch unbesetzt - für Arbeiten von der Art vorhanden seien, wie sie der Versicherte mit seinem restlichen Leistungsvermögen noch verrichten könne. In einem solchen Fall biete der Arbeitsmarkt dem Versicherten in Wirklichkeit noch nicht einmal die theoretische Möglichkeit, sein restliches Leistungsvermögen durch die Verrichtung einer ihm zumutbaren Arbeit zu verwerten. Eine solche Situation bestehe aber für grubenuntaugliche Reviersteiger nicht.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt. Er rügt Verletzung des § 46 RKG. Die Sachverständigen, Bergassessor aD Dr. S und Oberbergamtsdirektor K-D, seien übereinstimmend der Auffassung, daß die Meistertätigkeiten der Gehaltsgruppe II 4 B des Manteltarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus sowie die Arbeiten der Gehaltsgruppe B dieses Manteltarifvertrages der Tätigkeit eines Reviersteigers nicht sozial gleichwertig und daher einem ehemaligen Reviersteiger nicht zumutbar seien. Daraus folge zwingend, daß einem ehemaligen Reviersteiger nur Arbeiten der Gehaltsgruppe A dieses Manteltarifvertrages zugemutet werden könnten. Es komme noch hinzu, daß der Kläger zuletzt nicht nur als Reviersteiger, sondern auch noch als Wettersteiger tätig gewesen sei. Ein Wettersteiger stehe aber, wenn sich dies auch nicht in der Bezahlung ausdrücke, in seinem sozialen Ansehen über einem Reviersteiger, denn er müsse einen entsprechenden Lehrgang an der Bergschule besucht und eine Wettersteigerprüfung abgelegt haben.

Die Ansicht des Berufungsgerichts, Versicherte könnten im Rahmen des § 46 Abs. 2 Satz 2 RKG in weitgehendem Umfange auch auf sozial geringer zu bewertende Arbeiten verwiesen werden, sei rechtsirrig.

Durch eine Verweisung auf eine Tätigkeit der Gehaltsgruppe A wäre der Kläger könnens- und wissensmäßig überfordert. Diese Angestellten müßten vorher bereits mindestens 6 Jahre als Angestellte in der Verwaltung des Bergbaus tätig gewesen sein. Von diesem Erfordernis könne nach Teil II § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrages nur dann abgesehen werden, wenn besondere Befähigung und besondere Leistungen vorlägen. Dies treffe aber auf ihn, der im Zeitpunkt der Antragstellung bereits 56 Jahre alt gewesen sei, nicht zu.

Eine Verweisung auf die Tätigkeiten der Gehaltsgruppe A sei auch deshalb unzulässig, weil eine solche Stellung nur schwer oder gar nicht zu bekommen sei. In der gegenwärtigen Situation, in der sich der deutsche Steinkohlenbergbau befinde, sei es ausgeschlossen, daß ein grubenuntauglicher ehemaliger Reviersteiger jemals eine der Gehaltsgruppe A entsprechende Arbeit vermittelt bekomme. Auf Grund dieser Situation des deutschen Bergbaus erscheine es im übrigen auch höchst zweifelhaft, ob er selbst eine Stellung der Gehaltsgruppe B hätte vermittelt bekommen könne.

Das angefochtene Urteil setze sich zudem in flüchtiger Weise über die von ihm beigebrachten Gutachten der Fachärzte Dr. T, Dr. H und Dr. S hinweg. Diese Ärzte seien bereits in den Jahren 1959 und 1960 zu dem Ergebnis gekommen, daß er in seiner Erwerbsfähigkeit um 70 v.H. gemindert und damit Vollinvalide sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 5. Juni 1962 mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß ihm Rente nach § 46 RKG bis zum 29. Februar 1964 gewährt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Soweit der Kläger eine Verletzung der Aufklärungspflicht bzw. des Beweiswürdigungsrechts durch das Berufungsgericht rügt, habe er nicht dargelegt, welche Sachaufklärungen im einzelnen, und zwar von der Rechtsauffassung des LSG aus gesehen, noch notwendig gewesen wären.

Das Vorbringen des Klägers, die Schlußfolgerung des LSG sei rechtsfehlerhaft, weil nach der Meinung der technischen Sachverständigen die Tätigkeiten des Reviersteigers und des kaufmännischen Angestellten der Gehaltsgruppe B sowie des Meisters der Gehaltsgruppe II B 4 einander nicht "sozial gleichwertig" sind, vermöge die Revision nicht zu stützen. Der Kläger übersehe, daß es hierauf nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 RKG nicht ankommt. Die Verrichtung einer Tätigkeit sei dem Versicherten nämlich dann i.S. von § 46 Abs. 2 RKG (§ 1246 Abs. 2 RVO) zuzumuten, wenn dies für ihn keinen wesentlichen sozialen Abstieg bedeute. Die Büro- und Meistertätigkeiten, die für den Kläger als Verweisungstätigkeiten in Betracht kämen, seien ihm aber zumutbar, da sie kein geringeres soziales Ansehen genössen als die Tätigkeit des Reviersteigers. Etwas anderes könne entgegen der Auffassung der Revision auch nicht unter Berücksichtigung der von dem Kläger zuletzt verrichteten Wettersteigertätigkeit gelten; denn der Wettersteiger sei sozial nicht höher zu bewerten als der Reviersteiger. Das folge schon aus der gleichen gehaltsmäßigen Einstufung. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei auch noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen eines einem Abteilungssteiger vergleichbaren Versicherten herabgesunken, weil er noch imstande sei, über Tage Arbeiten zu verrichten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprächen und die ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung und seines Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit als Reviersteiger zugemutet werden könnten. Es sei zwar richtig, daß der Kläger keine kaufmännischen Kenntnisse und Fertigkeiten im eigentlichen Sinne besitze, da er als Steiger eine vorwiegend technische Ausbildung erfahren und einen vorwiegend technisch ausgerichteten Beruf ausgeübt habe. Wenn er daher auch nicht mit solchen Bürotätigkeiten betraut werden könne, die eine kaufmännische oder sonstige Spezialausbildung voraussetzten, so sei er doch imstande, beispielsweise Schichtenzettel zu führen oder in der Abrechnung und Kontrolle der Schicht- und Gedingelöhne, in der Fehlschichtenkontrolle und der Gedingeausrechnung sowie im Betriebsführer- oder Unfallbüro tätig zu sein. Hierdurch werde er nicht überfordert. Im übrigen müsse er sich auch auf entsprechende Tätigkeiten außerhalb des Bergbaus verweisen lassen.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, daß der Kläger nicht berufsunfähig nach § 46 Abs. 2 RKG ist und daß ihm daher ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht zusteht.

Es bedarf keiner Entscheidung, ob die gegen die Feststellung des Berufungsgerichts erhobenen Rügen, der Kläger sei gesundheitlich noch in der Lage, kaufmännische Tätigkeiten der Gehaltsgruppen A und B des Manteltarifvertrags für die technischen und kaufmännischen Angestellten des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus auszuüben, durchgreifen und ob der Kläger auf diese Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden kann. Das angefochtene Urteil ist nämlich schon deshalb im Ergebnis zutreffend, weil der Kläger jedenfalls zumutbar auf Meistertätigkeiten der Gehaltsgruppe II 4 B des Manteltarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus verwiesen werden kann.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Kläger gesundheitlich noch in der Lage, eine Reihe dieser Tätigkeiten, wie etwa die eines Platzmeisters, Holzmeisters und Wiegemeisters zu verrichten. Die gegen diese Feststellung erhobenen Rügen greifen nicht durch. Der Kläger verkennt, daß es grundsätzlich Sache des Tatsachengerichts ist, welchem der vorliegenden Gutachten es folgen will, wenn diejenigen Gutachten, auf welche es sich stützt, nur schlüssig sind. Das ist aber bei den Gutachten des Dr. S vom 29. September 1960 und der Dres. M und F vom 9. September 1961, auf die sich das Berufungsgericht stützt, der Fall. Dagegen sind die Gutachten des Dr. T vom 23. April 1959, des Dr. H vom 14. April 1960 und des Dr. S vom 11. Juni 1960, da sie zu der hier allein entscheidenden Frage, welche Tätigkeiten der Kläger nach seinem Gesundheitszustand noch verrichten kann, keine Stellung nehmen, hier insoweit nicht verwendbar, worauf das Berufungsgericht zu Recht hingewiesen hat.

Der Kläger ist nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch wissens- und könnensmäßig in der Lage, diese Tätigkeiten auszuüben.

Dem Berufungsgericht ist entgegen der Auffassung des Klägers aber auch dann zuzustimmen, daß ihm die Verrichtung dieser Tätigkeiten im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG (§ 1246 Abs. 2 RKG) zuzumuten ist. Denn für einen Reviersteiger bedeutet die Verrichtung dieser Tätigkeiten keinen wesentlichen sozialen Abstieg. Das Berufungsgericht weist zu Recht darauf hin, daß im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG der Kreis der Verweisungstätigkeiten nicht derart eingeschränkt ist, daß ein Versicherter nur auf solche Tätigkeiten verwiesen werden kann, mit deren Verrichtung überhaupt kein sozialer Abstieg verbunden ist. Träfe dies zu, so könnte ein Reviersteiger allerdings nicht auf diese Meistertätigkeiten verwiesen werden; denn sie sind der Tätigkeit des Reviersteigers nicht sozial gleichwertig. Der Versicherte muß sich aber im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG einen nicht wesentlichen sozialen Abstieg gefallen lassen. Dies verkennen die Sachverständigen Dr. S und K D, die davon ausgehen, daß beide Tätigkeiten nicht gleichwertig seien. Es ist zwar richtig, daß es im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG u.a. auf die Dauer und den Umfang der Ausbildung ankommt und daß diese bei einem Steiger ein erheblich größeres Gewicht hat als bei einem Meister nach Gehaltsgruppe II 4 B des Manteltarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des rheinischwestfälischen Steinkohlenbergbaus. Doch richtet sich die Verweisbarkeit im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG nicht allein nach der Dauer und dem Umfang der Ausbildung für den bisherigen Beruf und die Verweisungsberufe, sondern es sind ebenso wichtig die Bedeutung des Hauptberufs und der Verweisungsberufe für den Betrieb sowie die besonderen Anforderungen, die an den Hauptberuf und die Verweisungsberufe gestellt werden. Insoweit fällt aber stark ins Gewicht, daß diese Meistertätigkeiten ebenso wie die Reviersteigertätigkeit Vorgesetztentätigkeiten sind, daß beide Umsicht und Verantwortungsbewußtsein erfordern und daß beide besondere Kenntnisse des Betriebsablaufs voraussetzen. Sicherlich sind die Bedeutung der Tätigkeit eines Meisters der Gehaltsgruppe I 4 B des o.a. Manteltarifvertrages und die an ihn zu stellenden Anforderungen, wie sich vor allem aus der unterschiedlichen tariflichen Einstufung ergibt, nicht mit der des Reviersteigers gleichzusetzen. Es darf aber andererseits auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Gesetzgeber in § 46 Abs. 2 RKG (§ 1246 RVO) die Verweisung nicht so stark einengen wollte, wie der Kläger meint. Das ergibt sich vor allem daraus, daß nach dieser Vorschrift Berufsunfähigkeit erst dann vorliegt, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten im Vergleich zu einem gesunden gleichartigen Versicherten um mehr als 50 v.H. herabgesunken ist. Wenn dies auch bei der heutigen tariflichen Angleichung der Gehälter und Löhne, abgesehen von den Fällen der Teilzeitarbeit, kaum je der Fall sein wird, so macht diese Vorschrift doch immerhin deutlich, daß der Gesetzgeber die Verweisung nicht etwa auf den Hauptberuf des Versicherten oder auf die diesem im wesentlichen gleichwertigen Berufe beschränken wollte, sondern daß er an eine weitergehende Verweisung gedacht hat. Unter Beachtung all dieser Umstände ist der erkennende Senat zu der Auffassung gelangt, daß der Reviersteiger im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG noch auf Meistertätigkeiten der Gehaltsgruppe II 4 B des Manteltarifvertrages für die technischen und kaufmännischen Angestellten des rheinischwestfälischen Steinkohlenbergbaus verwiesen werden kann. Dies um so mehr, als der Reviersteiger, der seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, in der Regel bereits einen gewissen finanziellen Ausgleich durch die Bergmannsrente erhält, die zusammen mit dem Gehalt eines Meisters der Gehaltsstufe II 4 B des o.a. Manteltarifvertrags den an sich nicht unwesentlichen Einkommensverlust gegenüber dem Einkommen des Reviersteigers erheblich mindert.

Der Kläger legt dem Umstand, daß er nicht nur Reviersteiger, sondern auch Wettersteiger gewesen ist, eine besondere Bedeutung zu. Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. Der Wettersteiger kann in diesem Rahmen nicht anders behandelt werden als der Reviersteiger. Die Gleichstellung von Reviersteiger und Wettersteiger ergibt sich vor allem aus der gleichen tariflichen Einstufung, aus der zu schließen ist, daß beide Tätigkeiten von den beteiligten Bevölkerungskreisen als gleichwertig angesehen werden. Der Kläger wendet weiterhin ein, daß die Zahl der Stellen für diese Verweisungstätigkeiten im Bergbau geringer geworden sei, weil der Bergbau aus strukturellen Gründen Einschränkungen erfahren. Er verkennt hierbei jedoch, daß es im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG grundsätzlich nicht auf die Zahl der Stellen für diejenigen Tätigkeiten ankommt, auf die ein Versicherter verwiesen wird. Insbesondere ist die Frage, ob jemand eine solche Stelle bekommt, grundsätzlich ohne rechtliche Bedeutung. Das Risiko der Arbeitslosigkeit trägt die Arbeitslosenversicherung und nicht die Rentenversicherung. Nur in äußersten Grenzfällen, in denen eine Verweisung rein theoretischer Natur wäre, könnte etwas anderes gelten. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Da der Kläger somit im Rahmen des § 46 Abs. 2 RKG auf Tätigkeiten des Meisters II 4 B des Manteltarifvertrags für die technischen und kaufmännischen Angestellten im rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbau verwiesen werden kann, ist er nicht berufsunfähig, ohne daß es darauf ankommt, ob er auch noch auf andere Tätigkeiten, wie z.B. auf die kaufmännischen Tätigkeiten der Gehaltsgruppen A und B des o.a. Manteltarifvertrages oder auf Tätigkeiten außerhalb des Bergbaus verwiesen werden kann.

Die Revision des Klägers ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2374971

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