Orientierungssatz

Zu einer fehlerfreien Beweiswürdigung gehört es nicht, daß sich das Gericht mit den in Gutachten ärztlicher Sachverständiger vertretenen, voneinander abweichenden medizinischen Lehrmeinungen im einzelnen auseinandersetzt und darüber entscheidet, welche von ihnen richtig ist. Das Gericht überschreitet jedenfalls nicht die Grenzen seines Rechts, nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, wenn es im Falle eines Auseinandergehens medizinischer Meinungen über die unfallbedingte Entstehung eines Meniskusschadens unter abwägender und sachentsprechender Würdigung des Einzelfalles einer nicht nur vereinzelt vertretenen medizinischen Auffassung folgt, mögen auch anerkannte Wissenschaftler eine andere medizinische Lehrmeinung vertreten (vergleiche BSG 1958-07-17 11/8 RV 1205/56 = SozR Nr 33 zu § 128 SGG).

 

Normenkette

RVO § 548 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1963-04-30; SGG § 128 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 1969 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger erlitt am 24. November 1964 auf der Heimfahrt von der Arbeit einen Verkehrsunfall. Er stürzte als Soziusfahrer eines Mopeds auf regennasser Straße. Der am Tage nach dem Unfall in Anspruch genommene Facharzt für innere Krankheiten Dr. H in N stellte eine schmerzhafte Beweglichkeit im linken Kniegelenk sowie eine leichte Schürfwunde und Rötung über der Patella fest. Seine Arbeit als Installateur setzte der Kläger in der Folgezeit fort.

Am 15. Oktober 1965 suchte der Kläger erneut Dr. H wegen Schmerzen im linken Kniegelenk und zeitweiser Streckhemmung auf. Dieser überwies ihn an den Facharzt für Orthopädie Dr. B in N, der röntgenologisch eine Deformierung des linken Fibulaköpfchens mit einer nach unten gerichteten beginnenden Exostose als mögliche Unfallfolge feststellte. Eine Meniskusschädigung wurde von ihm verneint. Wegen zunehmender Beschwerden - am 31. Dezember 1965 war plötzlich eine Sperre des linken Kniegelenks eingetreten - wurde der Kläger durch Dr. H in die Chirurgische Klinik der Städt. Krankenanstalten N eingewiesen und dort am 13. Januar 1966 eine Meniskusoperation vorgenommen. Die Untersuchung des entfernten Meniskusanteils durch das Pathologische Institut der Stadt N ergab herdförmige degenerative Veränderungen im Bereich der Rißstelle des medialen Meniskus.

Den vom Kläger geltend gemachten Rentenanspruch lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 7. September 1966 ab, weil das Unfallereignis vom 24. November 1964 nicht als geeignet angesehen werden könne, eine Meniskusschädigung oder die Verschlimmerung einer Meniskuserkrankung des linken Kniegelenks bedingt zu haben. Auch die lange Zeitdauer zwischen dem Unfallereignis und dem Auftreten der ersten Meniskuseinklemmung spreche gegen eine solche Annahme. Es handele sich um eine Meniskuseinklemmung, die auf einem degenerativen, schicksalsmäßigen Meniskusleiden beruhe. Die Beklagte stützte sich dabei auf ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. A in N vom 22. Juli 1966. Dieser führte aus, daß die beiden von Prof. Dr. B ... C aufgestellten Hauptforderungen für die unfallbedingte Entstehung einer Meniskusschädigung nicht erfüllt seien. Beim Kläger habe unmittelbar nach dem Unfall am 24. November 1964 kein Gelenkerguß bestanden, und er habe die Arbeit nicht eingestellt. Der histologische Befund deute auf eine degenerative Entwicklung hin. Das geschilderte Unfallereignis sei nicht geeignet gewesen, einen gesunden Meniskus zu verletzen.

Im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Nürnberg hat der Städt. Medizinaldirektor Dr. B, Vorstand der Chirurgischen Klinik der Städt. Krankenanstalten N, der die Meniskusoperation beim Kläger durchgeführt hatte, das Gutachten vom 3. März 1967 erstattet. Unter Hinweis auf eine schweizerische wissenschaftliche Veröffentlichung über die Meniskuslaesion, in der die von Prof. Dr. B ... C für die Anerkennung des Unfallzusammenhangs einer Meniskusschädigung gestellten Anforderungen abgelehnt werden, hat Dr. B die Auffassung vertreten, daß ein ursächlicher Zusammenhang der Meniskuslaesion des Klägers mit dem Unfall vom 24. November 1964 bestehe.

Diesem Gutachten ist die Beklagte mit einem Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. habil. Dr. A, Chefarzt des Städt. Krankenhauses H, vom 27. Juni 1967 entgegengetreten. Dieser Gutachter hat ausgeführt, daß es beim Unfall vom 24. November 1964 nicht zu einer erheblichen Gewalteinwirkung auf das Kniegelenk und zu keiner frischen Zerreißung gesunden Meniskusgewebes gekommen sei. Die Gelenkblockade Ende 1965 weise auf eine unfallfremde Erkrankung hin. Der Unfall habe auf den Verlauf der Erkrankung keinen Einfluß gehabt. Zu dem Gutachten hat Dr. B nochmals Stellung genommen und ua darauf hingewiesen, daß die von Prof. Dr. B ... C erarbeiteten Richtlinien, die von Dr. A angeführt würden, früher auch für ihn maßgebend gewesen seien. Jedoch habe er aufgrund eigener Erfahrungen und aufgrund der in seinem Gutachten erwähnten neueren Ergebnisse der Schweizer Kollegen seine Ansicht ändern müssen. Auf Ersuchen des SG haben Prof. Dr. H und Priv. Doz. Dr. M von der Chirurgischen Klinik mit Poliklinik der Universität E in E das Gutachten vom 5. März 1968 erstattet. Unter kritischer Würdigung der Gutachten der Dres. A und A sind die Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen, daß der Unfall vom 24. November 1964 in der Lage gewesen sei, zu einem Meniskusriß zu führen, der sich später erweitert habe. Sie haben die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bis zum 2. Januar 1966 auf 30 v. H. und für die Zeit danach auf die Dauer von sechs Monaten auf 20 v. H. geschätzt.

Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger Unfallrente nach einer MdE von 30 v. H. vom 25. November 1964 bis zum 2. Januar 1966 und nach einer MdE von 20 v. H. vom 3. Januar bis zum 30. Juni 1966 zu gewähren (Urteil vom 1. Oktober 1968). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 18. Dezember 1969). Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Unfall des Klägers am 24. November 1964 und eine dabei erlittene Verletzung des linken Knies seien durch den Polizeibericht und durch die Bestätigung des Dr. H bewiesen. Ein Unfallereignis dieser Art sei auch grundsätzlich geeignet, einen Meniskusriß oder Einriß herbeizuführen. Dr. A vertrete die Auffassung, daß es bei dem Unfall schon deshalb nicht zu einem Meniskusriß gekommen sei, weil der Kläger nach dem Unfall wieder habe aufstehen können, ein Erguß nicht vorgelegen habe und keine sofortige Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei. Die Chirurgische Klinik Nürnberg habe demgegenüber festgestellt, daß solche Umstände zwar früher als Voraussetzung dafür angesehen worden seien, die Diagnose eines Meniskusrisses überhaupt zu stellen. Nach moderner ärztlicher Auffassung seien solche Umstände aber gerade keine zwingenden Kriterien für die Annahme eines Meniskusrisses, denn üblicherweise komme es zunächst nur zu einem minimalen Einriß, der praktisch keine Beschwerden bereite und keine Arbeitseinstellung erforderlich mache. Insbesondere müsse es aber entgegen der von Dr. A vertretenen Auffassung gerade nicht zu einem Erguß in das Gelenk kommen; nach Prof. Dr. B finde sogar ein solcher Erguß in der Regel gar nicht statt. Zu ernsthaften Beschwerden, die schließlich zur Arbeitseinstellung führen, komme es erst dann, wenn sich der ursprünglich kleine Einriß allmählich erweitere und schließlich zu Einklemmungserscheinungen führe. Diese Auffassung begründe die Chirurgische Klinik N mit den von Prof. Dr. B gesammelten Erfahrungen, den sie als "Altmeister unserer Unfallchirurgie" bezeichne, die sicher nicht hinter denen von Dr. A zurückstehen dürften. Damit sei auch der Einwand der Beklagten ausgeräumt, daß der Kläger im Falle eines Meniskusrisses seine Arbeit als Installateur nicht ein Jahr lang weiter hätte ausüben können. Aus der Tatsache, daß Dr. H am 25. November 1964 und Dr. B am 21. Oktober 1965 keinen Meniskusschaden festgestellt haben, könne nichts hergeleitet werden. Die Feststellung eines Innenbandrisses bereite, wie die Chirurgische Klinik N dargelegt habe, erhebliche diagnostische Schwierigkeiten. Auch der histologische Befund spreche entgegen der Auffassung von Dr. A nicht gegen einen ursächlichen Zusammenhang des Meniskusschadens mit dem Unfall. Die Kliniken N und E hätten eindeutig erklärt, daß ein Meniskusanteil, der erst über ein Jahr nach dem Abriß zur Operation komme, selbstverständlich Degenerationszeichen aufweisen müsse und dem histologischen Befund insoweit kein Beweiswert mehr zukomme. Wenn eine Degeneration und Verschleißerscheinungen eine solche Rolle beim Meniskusabriß spielen sollten, wie sie ihnen teilweise beigelegt würden, müßten Meniskusoperationen im Laufe des Lebensalters zunehmen und bei älteren Menschen wesentlich häufiger anzutreffen sein als bei jüngeren. Dem widerspreche aber die Tatsache, daß sehr viele junge Leute am Meniskus operiert werden müssen, wogegen bei älteren Leuten vom 40. Lebensjahr an eine Meniskusoperation infolge Meniskusdegeneration ausgesprochen selten vorkomme. Dieses Argument der beiden Kliniken gewinne im Falle des Klägers um so mehr an Beweiswert, als Degenerationserscheinungen, wenn sie anzunehmen wären, kaum einseitig eintreten würden; am rechten Knie des Klägers seien keinerlei Anzeichen einer Meniskusdegeneration erkennbar. Schließlich dürfte es auch verfrüht sein, bei dem im Unfallzeitpunkt erst 21 Jahre alten Kläger so ausgeprägte Verschleiß- und Degenerationszeichen zu erwarten, daß sie als Ursache eines Meniskusrisses in Betracht kommen könnten.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und wie folgt begründet: Die Berufung gegen das Urteil des SG sei ungeachtet der Tatsache zulässig, daß sie lediglich Rente für einen bereits abgelaufenen Zeitraum (§ 145 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) betreffe, denn es sei der ursächliche Zusammenhang der Meniskuserkrankung mit dem vom Kläger behaupteten Wegeunfall streitig gewesen (§ 150 Nr. 3 SGG).

Das LSG hätte bei verfahrensmäßig rechtsirrtumsfreiem Vorgehen nicht zu der Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit des medizinischen Zusammenhangs zwischen einem Unfallereignis der behaupteten Art und dem Meniskusleiden des Klägers gelangen können. Die Gutachten Dr. B und Prof. Dr. H/Dr. M, die für den Anspruch des Klägers günstig seien, ständen den Gutachten der Dres. A und A gegenüber, die den Kausalzusammenhang verneinten. Die Gutachten seien einander gleichwertig. Beide wissenschaftlichen Meinungen höben sich gegenseitig auf. Der Kläger sei hinsichtlich der für sein Klagebegehren entscheidenden medizinischen Tatsachen des Kausalzusammenhanges beweislos geblieben. Schon deshalb sei die Klage abzuweisen.

Zumindest sei die Sache aber an das LSG zurückzuverweisen, weil der Sachverhalt in einem entscheidenden Punkt nicht aufgeklärt worden sei, wenn die Gutachten Dr. B und Prof. Dr. H/Dr. M als ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung angesehen werden. Diese Gutachten besagten lediglich, daß irgendein Unfallereignis nach der Art des angeschuldigten Wegeunfalls vom 24. November 1964, also irgendein Sturz, den der Kläger als Soziusfahrer auf einem Motorrad auf der Straße erlitten hat, mit mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit einen solchen Meniskusschaden habe nach sich ziehen können. Dagegen ergebe sich aus den Gutachten nicht, daß es gerade der hier angeschuldigte Unfall am 24. November 1964 gewesen sein müsse, der die Meniskusschädigung hervorgerufen habe. Dabei handele es sich um einen Unfall recht alltäglicher Art, und warum sollte ein junger Mann, der niemals Sport getrieben habe, nicht auch bei anderer Gelegenheit vom Soziussitz eines Mopeds auf sein linkes Knie fallen, als gerade auf dem Heimweg-Unfall am 24. November 1964. Erst ein ganzes Jahr nach dem Unfall habe er plötzlich beim Anziehen das linke Bein nicht mehr strecken können, ohne daß in der Zwischenzeit Brückensymptome vorhanden gewesen seien. Und selbst zu diesem Zeitpunkt sei noch kein Meniskusschaden festgestellt worden. Wenn ein alltägliches Ereignis genüge, um einen Meniskusschaden hervorzurufen, müsse die Tatsacheninstanz zunächst einmal alle Möglichkeiten anderer als Schadensursache in Betracht kommenden privaten Ereignisse des täglichen Lebens durch entsprechende Beweiserhebung ausscheiden. Sie müsse sich die Überzeugung verschaffen, daß es kein anderes, insbesondere kein ungeschütztes privates, sondern einzig und allein das angeschuldigte Betriebsereignis gewesen sein könne und müsse, das die Meniskusschädigung hervorgerufen habe. Durch Zurückverweisung der Sache an die Berufungsinstanz solle dem Kläger überhaupt erst einmal die Gelegenheit zum Beweis der Möglichkeit des von ihm behaupteten Kausalzusammenhanges mit dem angeschuldigten Arbeitsunfall vom 24. November 1964 gegeben werden. Es sei nicht ihre Sache darzutun, durch welche Beweismaßnahmen dies zu geschehen habe. Es genüge zu rügen, daß es der Vorderrichter bei seinem medizinischen Ausgangspunkt von der Möglichkeit der Meniskusverletzung bereits durch ein leichtes, alltägliches Trauma versäumt habe, wahrscheinlich zu machen, daß einzig und allein der Wegeunfall vom 24. November 1964 die Unfallursache gewesen sein müsse.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Sozialgerichts Nürnberg vom 1. Oktober 1968 und des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 1969 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 1969 aufzuheben und die Sache an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

Bei einer zugelassenen Revision ist die Zulässigkeit der eingelegten Berufung von Amts wegen zu prüfen (BSG 2, 225, 226 und 245, 246; 3, 234, 235; 15, 65, 67). Das LSG hat die Zulässigkeit der Berufung zu Recht bejaht. Zwar betrifft die Berufung der Beklagten, mit der sie sich gegen ihre Verurteilung durch das SG zur Gewährung einer Unfallrente für die Zeit bis zum 30. Juni 1966 wendet, nur Rente für einen bereits abgelaufenen Zeitraum, so daß sie nach § 145 Nr. 2 SGG ausgeschlossen sein würde. Jedoch ist die Berufung ungeachtet dieser Vorschrift nach § 150 Nr. 3 SGG zulässig, weil der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einem Arbeitsunfall streitig ist.

Die Revision der Beklagten macht geltend, daß der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall, den der Kläger am 24. November 1964 erlitten hat und dem später festgestellten Meniskusschaden schon im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn nicht gegeben sei.

Die tatsächliche Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn, auf der die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall des Klägers und dem Meniskusschaden durch das LSG beruht, greift die Beklagte in erster Linie damit an, daß das LSG zu seiner Feststellung unter Verletzung der Grenzen des Rechts zur freien Beweiswürdigung gelangt sei; bei verfahrensmäßig rechtsirrtumsfreiem Vorgehen hätte es die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit der medizinischen Tatsache des Kausalzusammenhangs nicht gewinnen können; der Kläger sei insoweit beweislos geblieben. Diese Rüge ist jedoch nicht begründet.

Nach § 128 Abs. 1 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die Gründe, die für die richterliche Überzeugung leitend waren, sind im Urteil darzulegen. Zu einer fehlerfreien Beweiswürdigung gehört es nicht, daß sich das Gericht mit den in Gutachten ärztlicher Sachverständiger vertretenen, voneinander abweichenden medizinischen Lehrmeinungen im einzelnen auseinandersetzt und darüber entscheidet, welche von ihnen richtig ist. Das Gericht überschreitet jedenfalls nicht die Grenzen seines Rechts, nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, wenn es im Falle eines Auseinandergehens medizinischer Meinungen über die unfallbedingte Entstehung eines Meniskusschadens unter abwägender und sachentsprechender Würdigung des Einzelfalles einer nicht nur vereinzelt vertretenen medizinischen Auffassung folgt, mögen auch anerkannte Wissenschaftler eine andere medizinische Lehrmeinung vertreten (vgl. SozR Nr. 33 zu § 128 SGG). Die Revision hat nicht dargelegt, daß die tatsächliche Feststellung des LSG über den ursächlichen Zusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn auf einer das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht berücksichtigenden Abwägung und Würdigung des Sachverhalts, insbesondere der medizinischen Gutachten, beruht. Ihre Auffassung, daß das Berufungsgericht sich angesichts der für und wider den Kausalzusammenhang sprechenden Gutachten im Streit der wissenschaftlichen Meinungen nicht hätte auf die eine oder andere Seite habe stellen dürfen, vermag einen Rechtsverstoß somit nicht zu begründen. Nicht einmal die Rüge einer unrichtigen oder nicht erschöpfenden Beweiswürdigung wäre ein wirksamer Angriff gegen die tatsächliche Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs (BSG 2, 236).

Auch der hilfsweise gestellte Revisionsantrag ist nicht begründet. Ihn stützt die Beklagte auf die Rüge der mangelnden Sachaufklärung durch das Berufungsgericht.

Nach § 103 SGG hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Die Pflicht des Gerichts zur Sachaufklärung besteht darin, alle geeigneten und notwendigen Ermittlungen anzustellen, die für die Beurteilung des Bestehens oder Nichtbestehens des geltend gemachten Anspruchs erheblich sind. Entgegen der Ansicht der Revision war es nicht notwendig, im vorliegenden Fall alle für einen Meniskusschaden als Ursache in Frage kommenden privaten Stürze oder sonstige schädigende Ereignisse des täglichen Lebens durch eine Beweisaufnahme auszuscheiden, bevor davon ausgegangen werden konnte, daß gerade der Sturz am 24. November 1964 den Meniskusschaden verursacht hat. Zu einer solchen Sachaufklärung brauchte sich das Gericht nicht gedrängt zu fühlen, da im Verlauf des gesamten Verfahrens niemals ein Anhalt dafür bestanden hat, daß andere Ereignisse als der Arbeitsunfall am 24. November 1964 schädigend auf das linke Knie des Klägers eingewirkt haben. Auch die Sachverständigen, deren Gutachten das LSG gefolgt ist, sind entgegen dem Revisionsvorbringen nicht der Meinung gewesen, daß irgendein Ereignis nach der Art des angeschuldigten Unfalls für den Meniskusschaden des Klägers ursächlich ist, sondern sie haben den Ursachenzusammenhang mit dem konkreten Unfallereignis vom 24. November 1964 untersucht und bejaht. Es würde eine Überspannung der Sachaufklärungspflicht bedeuten, wenn die Tatsachengerichte, ohne daß der Sachverhalt oder das substantiierte Vorbringen eines Beteiligten dazu Anlaß gibt, ihre Ermittlungen auch auf Tatsachen zu erstrecken hätten, die, wenn sie vorlägen, zu einem Ausschluß des Entschädigungsanspruchs führen könnten.

Die den ursächlichen Zusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn betreffenden Angriffe der Revision sind hiernach unbegründet. Das LSG hat auf diesen Sachverhalt die für das Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Kausalitätsnorm zutreffend angewendet.

Die Revision der Beklagten mußte daher nach § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückgewiesen werden. Die Entscheidung konnte gemäß §§ 124 Abs. 2, 167 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670484

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