Leitsatz (amtlich)
1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß auch bei einem anerkannten Sowjetzonenflüchtling (BVFG § 90 Abs 1) eine in der Sowjetzone ausgeübte, dort versicherungspflichtige Beschäftigung nur dann als versicherungspflichtig (AVAVG § 85 nF und AVAVG § 95 aF) gilt und zum Erwerb der Anwartschaft auf Alu geeignet ist, wenn sie im Geltungsbereich des AVAVG versicherungspflichtig gewesen wäre (Vergleiche BSG 1959-06-23 7 RAr 17/57 = BSGE 10, 103).
2. Die Gleichstellung der Vertriebenen und Sowjetzonenflüchtlinge in der Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung (BVFG § 90 Abs 1) mit den Berechtigten im Geltungsbereich des Grundgesetzes und in Berlin (West) bewirkt nicht, daß eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst der sowjetischen Besatzungszone, die dort der Sozialversicherungspflicht unterlegen hat, als eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes des Bundesgebietes anzusehen ist.
Normenkette
AVAVG § 85 Fassung: 1957-04-03, § 95; AVAVG 1927 § 95; BVFG § 90 Fassung: 1953-05-19
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1958 aufgehoben.
Die Sache wird zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Der Rechtsvorgänger der Kläger, der am 11. Januar 1960 verstorbene L... D..., stand bis zum Zusammenbruch 1945 als Reichsbahninspektor im Dienst der Deutschen Reichsbahn. Danach wohnte er in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Dort war er von November 1945 bis Oktober 1953 als Kassenverwalter in einem Reichsbahn-Ausbesserungswerk beschäftigt; er hatte hierbei zur sowjetzonalen Sozialversicherung Beiträge zu entrichten. Nach seiner Flucht in die Bundesrepublik wurde L... D... als Flüchtling anerkannt und erhielt den Ausweis A für Heimatvertriebene. Durch Bescheid des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn vom 2. August 1955 wurde er nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131) vom 11. Mai 1951 (BGBl I 307) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 1953 (BGBl I 1297) als ehemaliger Beamter den Anspruchsberechtigten nach Kap. I des G 131 gleichgestellt. Rückwirkend vom 17. Oktober 1953 an wurde ihm ein Übergangsgehalt von monatlich 378,89 DM bewilligt und ausgezahlt.
II. Vom 7. Dezember 1953 bis zum 4. Dezember 1954 hatte L... D... Arbeitslosenunterstützung (Alu) und vom 6. Dezember 1954 bis einschließlich 18. November 1955 Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu) bezogen. Als die Beklagte im November 1955 durch Mitteilung der Deutschen Bundesbahn von der Bewilligung des Übergangsgehalts Kenntnis erlangte, entzog sie ihm, der am 18. November 1955 auch eine vorläufige Nachzahlung von 6.974,11 DM nach G 131 erhalten hatte, durch Bescheid vom 29. November 1955 rückwirkend die bisher gezahlten Unterstützungen, stellte eine Überzahlung von insgesamt 4.710,37 DM, davon 2.735,30 DM an Alu, fest und ordnete deren Erstattung an. L... D... erhob hiergegen Widerspruch, soweit die Rückzahlung von Alu gefordert wurde; er hatte damit jedoch keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29. Februar 1956). Seine Klage wurde vom Sozialgericht (SG) Dortmund (Urteil vom 13. September 1957) zurückgewiesen. Für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland sei auf Grund des G 131 bereits rückwirkend ab 1. April 1951 hinsichtlich seiner Beschäftigung Versicherungsfreiheit festzustellen.
III. Auf die Berufung des L... D... hin hob das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 21. Oktober 1958) unter Abänderung des sozialgerichtlichen Urteils den Bescheid der Beklagten vom 29. November 1955, soweit er die gezahlte Alu betrifft, sowie den Widerspruchsbescheid vom 29. Februar 1956 auf. Entziehung und Rückforderung seien rechtswidrig, da der Betroffene bei seiner Arbeitslosmeldung alle Voraussetzungen für den Alu-Bezug im geleisteten Umfang erfüllt habe. Er sei als anerkannter Heimatvertriebener in der Arbeitslosenversicherung den Berechtigten im Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG) gleichgestellt (§ 90 des Bundesvertriebenengesetzes - BVFG -). Demzufolge sei seine Tätigkeit in der SBZ als Reichsbahnbediensteter (Inspektor) unter Berücksichtigung der dort geltenden tatsächlichen Verhältnisse als versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 95 Abs. 1 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) aF zu werten. Es handele sich um eine Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt. Für eine gesetzliche Freistellung von der Versicherungspflicht, wie sie § 169 der Reichsversicherungsordnung (RVO) vorsehe, sei nach dem in der SBZ geltenden System der Sozialversicherung kein Raum. Hätte L. D. die Beschäftigung, wie sie in der SBZ gestaltet war, ohne Gewährleistung einer Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung unter denselben Bedingungen im Bundesgebiet verrichtet, habe Versicherungspflicht gemäß §§ 69 AVAVG, 165 RVO bestanden. Die damit erfüllte Anwartschaft (§§ 87, 95 AVAVG) könne nicht nachträglich durch Gleichstellung nach § 4 Abs. 2 G 131 wegfallen. Dieses Verfahren schaffe keinen unmittelbaren Anknüpfungspunkt für eine Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes, sondern bedeute lediglich die Erweiterung des Personenkreises, der vom G 131 erfaßt werde. Auch aus § 73 G 131 könne nicht gefolgert werden, daß eine im öffentlichen Dienst der SBZ geleistete Tätigkeit nachträglich als versicherungsfrei beurteilt werden müsse. Versicherungspflicht und -freiheit ergäben sich allein aus §§ 165 ff, insbesondere aus § 169 RVO. Hiernach sei die Tätigkeit des Betroffenen in der SBZ trotz der späteren Gleichstellung versicherungspflichtig geblieben, weil ihm bis dahin weder eine Versorgung im Sinne des § 169 RVO gewährleistet war noch es sich überhaupt um eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschrift gehandelt habe. § 169 RVO und ihm folgend § 73 G 131 könnten hinsichtlich der Versicherungspflicht ausschließlich eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst des Bundesgebietes privilegieren. Die Beschäftigung im öffentlichen Dienst der SBZ jedoch müsse den tatsächlichen Umständen nach als Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes des Bundesgebiets angesehen und versicherungsrechtlich entsprechend behandelt werden. Einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 73 Abs. 1 G 131 habe L... D... nicht gestellt. Mithin dürfe ihm bei erfüllter Anwartschaft und ausreichender Beschäftigungsdauer der Alu-Anspruch nicht versagt werden.
Revision wurde zugelassen.
IV. Die Beklagte legte gegen das ihr am 11. Februar 1959 zugestellte Urteil am 24. Februar 1959 Revision ein und begründete diese am 10. März 1959. Abweichend von dem sonst das deutsche Sozialversicherungsrecht beherrschenden "Grundsatz der Maßgeblichkeit des Tatsächlichen" enthalte das G 131 die Regelung, daß Beamten z. Wv. und ihnen gleichgestellten Personen die versorgungsrechtlichen Ansprüche vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes an (1. April 1951) gewährleistet seien. Die nach § 4 Abs. 2 G 131 ausgesprochene Gleichstellung des L... D... begründe daher rückwirkend die Versicherungsfreiheit seiner in der SBZ ausgeübten Tätigkeit. Eine gemäß § 73 G 131 in Verbindung mit § 169 RVO versicherungsfreie Beschäftigung könne aber nicht zur Erfüllung der Anwartschaft dienen. Die Auffassung des LSG, daß eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst der SBZ versicherungsrechtlich als eine Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes anzusehen sei, würde die anerkannten Vertriebenen und Flüchtlinge gegenüber den unter das G 131 fallenden Personen, die stets in der Bundesrepublik wohnhaft waren, besser stellen. Eine derartige Rechtsanwendung würde gegen Art. 3 GG verstoßen.
Die Beklagte beantragte,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die Kläger zu 1) und 2) beantragten,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie sind der Meinung, eine Gleichstellung gemäß § 4 Abs. 2 G 131 führe nicht zu einer rückwirkenden Anerkennung von Rechten. Daher sei im vorliegenden Falle dadurch auch keine Versicherungsfreiheit für die Beschäftigung des L... D... in der SBZ begründet worden. Dessen einmal erworbene Anwartschaft auf Alu könne nicht nachträglich wegfallen.
V. Auf Antrag der Beklagten sind die Rechtsnachfolger des verstorbenen L... D... zur Aufnahme des Verfahrens und zur Verhandlung der Hauptsache geladen worden (§ 68 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - in Verbindung mit § 239 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Rechtsnachfolger sind zufolge gemeinschaftlichen Erbscheins vom 5. Mai 1960, erteilt vom Amtsgericht Dortmund (Az.: S VI 849/60), seine Ehefrau M... A... D... gesch. P..., geb. S..., in D... und seine Kinder R... Ca... J... D... (geb. am 7. Februar 1921) in Be... sowie R... K... D... (geb. am 24. Mai 1947) in D.... Diesen Rechtsnachfolgern sind die Ladungen vom 8. Mai 1961 zur mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 1961 ordnungsgemäß zugestellt worden. Ma... D... hat, zugleich für den minderjährigen R... D..., als Rechtsnachfolger des früheren Klägers das Verfahren aufgenommen. Der Miterbe R... D... hat privatschriftlich mitgeteilt, daß er für seine Person das Verfahren nicht aufnehmen wolle. Erklärungen zur Sache hat er nicht abgegeben, im Termin zur mündlichen Verhandlung war er nicht vertreten.
Der Senat hat festgestellt, daß gegen die Rechtsnachfolge des Miterben R... D... in B... rechtliche und sachliche Bedenken nicht bestehen; nach Annahme der Erbschaft ist er von Gesetzes wegen zur Fortsetzung des Rechtsstreits verpflichtet (§ 68 SGG in Verbindung mit § 239 Abs. 5 ZPO). Die Rechtswirkungen der Entscheidung in der vorliegenden Streitsache erstrecken sich daher auch auf seine Person.
VI. Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und deswegen zulässig.
Die Revision ist auch begründet.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 29. November 1955 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 29. Februar 1956 gefunden hat (§ 95 SGG). Soweit die Beklagte dem L... D... danach die Alu entzogen hat, ist der angefochtene Verwaltungsakt rechtlich nicht zu beanstanden. Anspruch auf Alu hat - neben anderen, hier nicht strittigen Voraussetzungen -, wer die Anwartschaft erfüllt hat (§ 87 Nr. 2 AVAVG aF). Die Anwartschaft ist erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor der Arbeitslosmeldung wenigstens 26 Wochen in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hat (§ 95 Abs. 1 AVAVG aF). Wie der erkennende Senat bereits in seinen Urteilen vom 30. Oktober 1956 (BSG 4, 102 ff), vom 23. Juni 1959 (BSG 10, 103 ff) und vom 22. März 1961 (7 RAr 5/59) festgestellt hat, gilt auch die von einem anerkannten Sowjetzonenflüchtling oder einem Heimatvertriebenen in der SBZ ausgeübte Beschäftigung dann als versicherungspflichtig und infolgedessen anwartschaftsbegründend, wenn sie in der Bundesrepublik versicherungspflichtig gewesen wäre. Nach § 90 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) vom 19. Mai 1953 (BGBl I 201) sind nämlich Vertriebene und Flüchtlinge in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung den Berechtigten im Geltungsbereich des GG und in Berlin (West) gleichgestellt. Diese Gleichstellung, deren unmittelbare Geltung der Senat in ständiger Rechtsprechung bejaht hat (vgl. BSG aaO), bedeutet, daß jene rechtlich so zu behandeln sind, als wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht im Bereich der Sowjetzone, sondern im Bundesgebiet verrichtet hätten. § 90 BVFG eröffnet jedoch für den erfaßten Personenkreis keinen Anspruch auf Besserstellung; er bietet deshalb keine Rechtsgrundlage dafür, Ansprüche in der Arbeitslosenversicherung allein wegen der Gestaltung der Versicherungspflicht in der SBZ zuzuerkennen, die sich mit den für die Bundesrepublik geltenden Normen nicht deckt. Entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung kommt es daher im vorliegenden Falle - L... D... ist Inhaber des Vertriebenenausweises A (§ 15 BVFG) - für die Beurteilung der Versicherungspflicht wie der Anwartschaft letztlich nicht auf die arbeits- und sozialrechtlichen, gesellschafts- oder staatspolitischen Umstände seiner Tätigkeit in der Sowjetzone an, sondern darauf, welche gesetzliche Regelung für dieselbe Beschäftigung im Geltungsbereich des GG zutrifft. Nach den in der Bundesrepublik geltenden Vorschriften des öffentlichen Dienstes, insbesondere auch nach den Finanz- und Kassenvorschriften der Deutschen Bundesbahn (für die vormalige Reichsbahn galt das gleiche), werden die Aufgaben der Kassenverwalter regelmäßig von Beamten wahrgenommen. Beamte sind im Bundesgebiet für den Fall der Arbeitslosigkeit nach § 69 AVAVG aF nicht versichert; sie sind in der Sozialversicherung nach § 169 RVO versicherungsfrei, wenn die entsprechende Versorgung gewährleistet ist. Seiner fachlichen Tätigkeit zufolge unterliegt also hier Lorenz D. nicht der Versicherungspflicht. Er ist ferner durch Entscheidung des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn auf Grund von § 4 Abs. 2 G 131 den nach diesem Gesetz Berechtigten gleichgestellt. Für diesen Personenkreis ist die Einräumung von Rechtsansprüchen, darunter fällt auch die Gewährleistung von Anwartschaften im Sinne des § 169 RVO (beamtenrechtliche Versorgung), durch den Gesetzgeber allgemein mit Inkrafttreten des G 131 erfolgt (vgl. BSG 10, 103 ff). Demzufolge ist seit dem 1. April 1951 im Bundesgebiet seine Beschäftigung im öffentlichen Dienst versicherungsfrei, gleichgültig ob als Beamter, Angestellter oder Arbeiter. Nur bei Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes bedarf es eines Antrags für die Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 73 Abs. 1 G 131). Wie das LSG zutreffend erkannt hat, beinhaltet die Gleichstellung nach § 4 Abs. 2 G 131, daß der gleichgestellten Person dieselben Rechte eingeräumt sind, wie denjenigen, denen sie gleichgestellt wird. Deshalb sind aber dann seine Schlußfolgerungen rechtsirrig, daß die Gleichstellung nicht die Gewährleistung von Versorgungsansprüchen erfasse, weil sie keine Rückwirkung besitze. Der Gleichstellungsbescheid selbst hat, wie der Senat bereits im Urteil vom 23. Juni 1959 (BSG 10, 103, 106) ausgeführt hat, keine eigene rechtserzeugende Bedeutung; die konstitutiven Wirkungen des G 131 sind unmittelbar mit seinem Inkrafttreten erfolgt. Da sonach eine gleichartige Tätigkeit des L... D... ohne besondere Antragstellung im Bundesgebiet vom 1. April 1951 an kraft Gesetzes versicherungsfrei war, konnte er die Anwartschaft für den Anspruch auf Alu mit der bis 1953 in der SBZ ausgeübten Beschäftigung nicht erfüllen. Diese Tätigkeit hat zwar ihren versicherungspflichtigen Charakter "trotz der Gleichstellung nicht verloren", wie das LSG mißverständlich sich ausdrückt, sie ist aber im Geltungsbereich des GG, wie dargelegt, mangels Gleichheit nicht verwertbar. Die Gleichstellung nach § 90 BVFG erfaßt nämlich, da diese Vorschrift nicht von "Versicherten", sondern ausdrücklich von "den Berechtigten im Geltungsbereich des GG und in Berlin (West)" spricht, entgegen der Auffassung des LSG nicht lediglich versicherungsrechtliche Tatsachen, sondern ebenso die beamtenrechtlichen Merkmale. Es ergibt sich daher keine rechtliche Möglichkeit, zu einem für den Betroffenen günstigeren Ergebnis dadurch zu gelangen, daß seine Tätigkeit im öffentlichen Dienst der Sowjetzone - wie dem LSG im Hinblick auf § 73 G 131 offenbar vorschwebt - als eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes des Bundesgebiets behandelt wird. Alsdann würden die für die Gleichstellung nach § 90 BVFG zu berücksichtigenden Vergleichsmerkmale (Aufgabenbereich, Berufsstellung, Organisationsform, beamtenrechtliche Versorgung u. a.) mißachtet und zudem die Vertriebenen und Flüchtlinge gegenüber jenem ständig in der Bundesrepublik ansässigen und unter G 131 fallenden Personenkreis besser gestellt, der hier im öffentlichen Dienst nach dem 1. April 1951 einen Alu-Anspruch nicht erlangt. § 90 BVFG kann daher - gerade im Hinblick auf den Gleichbehandlungs-Grundsatz - nicht bewirken, daß die Beschäftigung des I... D... im staatlichen Eisenbahndienst der SBZ, die dort der Versicherungspflicht unterlegen hat, als eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes des Bundesgebietes anzusehen ist. Deshalb ist es sozialrechtlich unvertretbar, dem Betroffenen nebeneinander zweimal Leistungen aus öffentlichen Mitteln zuzuerkennen.
Nach alledem war die Beklagte befugt, die gezahlte Alu nach § 177 Abs. 1 Satz 1 AVAVG aF zu entziehen, weil die Voraussetzungen zum Bezuge nicht vorgelegen haben. Da das Urteil des LSG diese Rechtsfolge verneint hat, mußte es aufgehoben werden.
VII. Der Senat konnte indessen nicht zugleich über die Berufung des verstorbenen L... D... gegen das Urteil des SG, für die nunmehr ebenfalls die Prozeßstandschaft seiner Rechtsnachfolger als Kläger gegeben ist, befinden, da es hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Rückforderung an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen der Vorderinstanzen fehlt. Bei der Entscheidung über den Rückforderungsanspruch ist nicht mehr von § 177 AVAVG aF als der ursprünglichen Rechtsgrundlage der Entziehung, sondern jetzt von der für den Unterstützungsempfänger günstigeren Regelung des § 185 Abs. 2 AVAVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 1957 (BGBl I 322) auszugehen. Im Urteil vom 10. Dezember 1959 (SozR AVAVG § 185 Bl. Ba 2 Nr. 2) hat der erkennende Senat entschieden, daß diese Vorschrift, obzwar erst seit 1. April 1957 in Kraft, auf Grund ihres zeitlichen Geltungswillens auch diejenigen Fälle erfaßt, die bei ihrem Inkrafttreten noch anhängig sind. An dieser Rechtsprechung wird auch für den vorliegenden Fall festgehalten. Um zu prüfen, ob die Beklagte das ihr bei der Rückforderung obliegende Ermessen in ausreichendem und zweckentsprechendem Umfange ausgeübt hat, sind nähere Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des verstorbenen L... D... (Gesundheitszustand, Familienverhältnisse, sonstige finanzielle Verpflichtungen) nachzuholen; maßgebend hierfür ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Zeitpunkt des zuletzt erlassenen Verwaltungsaktes (BSG 7, 8 ff; BSG in SozR zu VerwVG § 47 Bl. Ca 10 Nr. 11).
Die Sache muß deshalb an das LSG zurückverwiesen werden, das nunmehr erneut über die Berufung unter Beachtung der vom erkennenden Senat dargelegten Rechtsauffassung zu entscheiden hat (§ 170 Abs. 2 und 4 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen