Leitsatz (amtlich)
1. BVG § 5 Abs 2 Buchst a ist nicht verfassungswidrig; er verstößt insbesondere nicht gegen GG Art 19 Abs 4.
2. Für die Folgen von Personenschäden, die durch Angehörige, sonstige Beschäftigte oder Verkehrsmittel der westlichen Besatzungsmächte nach dem 1945-07-31 verursacht worden sind, besteht kein Anspruch auf Versorgung nach BVG § 5 Abs 2 Buchst a, auch wenn die Besatzungsbehörde eine Entschädigungspflicht abgelehnt hat. 3. Ein durch einen Bediensteten der amerikanischen Besatzungsmacht am 1947-05-07 verursachter Verkehrsunfall ist kein schädigender Vorgang, der in Folge einer mit der militärischen Besetzung deutschen Gebietes zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten ist.
Normenkette
BVG § 5 Abs. 2 Buchst. a Fassung: 1953-08-07; GG Art. 19 Abs. 4
Tenor
Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts in München vom 20. September 1954 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen
Gründe
Der Ehemann und Vater der Klägerinnen wurde am 7. Mai 1947 in der Nähe von Feldkirchen/Obb. von einem zum Bestand der UNRR . gehörigen Kraftwagen, der von dem Leiter des Lagers für verschleppte Personen in Ainring/Obb. gesteuert wurde, angefahren. Er wurde schwer verletzt und starb kurze Zeit später an den Unfallfolgen. Die amerikanische Besatzungsmacht lehnte die Gewährung von Schadensersatz an die Hinterbliebenen ab. Das Versorgungsamt (VersorgA.) München II hat den am 11. Januar 1951 gestellten Antrag auf Gewährung von Witwen- und Waisenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit Bescheid vom 27. Juni 1951 abgelehnt. Die Entschädigungspflicht richte sich nicht nach dem BVG, sondern nach den von den Besatzungsmächten erlassenen Vorschriften, da sich der Unfall nach dem 31. Juli 1945 ereignet habe. Das Oberversicherungsamt (OVA.) München hat die Berufung mit Urteil vom 29. Mai 1952 aus denselben Gründen zurückgewiesen.
Das Bayerische Landessozialgericht (LSG.), auf das der von den Klägerinnen zum Bayerischen Landesversicherungsamt (LVAmt) eingelegte Rekurs am 1. Januar 1954 als Berufung übergegangen war, hat diese mit Urteil vom 20. September 1954 zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Der Unfall am 7. Mai 1947 könne nicht als nachträgliche Auswirkung kriegerischer Vorgänge im Sinne des § 5 Abs. 1 Buchst. e, Abs. 2 Buchst. a BVG angesehen werden. Denn der Tag, von dem an Leistungen nach anderen Vorschriften gewährt werden (§ 5 Abs. 2 Buchst. a BVG), sei nach dem Gesetz Nr. 47 der Alliierten Hohen Kommission (AHK.) über Entschädigung für Besatzungsschäden vom 8. Februar 1951 (Amtsblatt der AHK. für Deutschland 1951 S. 767) der 31. Juli 1945. Der Anspruch sei auch nicht nach § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG begründet. Das LSG. hat ferner ausgeführt, daß es die Revision zugelassen habe, um den Klägerinnen die Möglichkeit zu geben, eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG.) für den Fall herbeizuführen, daß dieses Gericht die Revision nicht schon nach § 162 Abs. 1 Nr. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für zulässig halte. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es, daß die Revision nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG zulässig sei.
Die Klägerinnen haben gegen das ihnen am 15. Oktober 1954 zugestellte Urteil mit einem beim BSG. am 5. November 1954 eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Sie haben die Verletzung des § 103 SGG, des § 5 Abs. 1 Buchst. d und e und des Abs. 2 Buchst. a BVG gerügt. § 103 SGG sei verletzt, weil das LSG. nicht nachgeprüft habe, ob die Klägerinnen von der amerikanischen Besatzungsmacht Schadensersatz erhalten haben. Zur Begründung des geltend gemachten Verstoßes gegen das materielle Recht haben sie ausgeführt, der Gesetzgeber habe angenommen, daß die Besatzungsmacht diejenigen Ansprüche aus Personenschäden, die nach einem bestimmten Zeitpunkt entstanden sind, selbst regeln wollte. Bei der Verabschiedung des BVG sei ihm aber der Text der künftigen Besatzungsvorschriften nicht bekannt gewesen. Hieraus sei zu folgern, daß alle bis zum Erlaß des Gesetzes Nr. 47 der AHK. entstandenen Schäden der vorliegenden Art nach § 5 Abs. 1 Buchst. e BVG zu entschädigen seien. § 5 Abs. 2 Buchst. a BVG widerspreche dem Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG), weil die Geschädigten auf im Rechtsweg nicht nachprüfbare Ansprüche gegen die Besatzungsmacht verwiesen worden seien. Auch der Tatbestand des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG sei im Gegensatz zu der Auffassung des LSG. erfüllt, da die mit der Besetzung zusammenhängenden besonderen Gefahren, die sich aus dem rücksichtslosen Verhalten mancher Besatzungsbediensteter ergeben hätten, im Jahre 1947 noch nicht beseitigt gewesen seien.
Die Klägerinnen haben beantragt,
das angefochtene Urteil und die diesem zugrundeliegenden Vorentscheidungen aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Tod des Ehemannes und Vaters der Klägerinnen als Schädigungsfolge nach dem BVG anzuerkennen und ihnen Witwen- und Waisenrente vom 1. Januar 1951 ab zu gewähren;
hilfsweise: Die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Der Revisionsbeklagte hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Für Besatzungspersonenschäden, die nach dem 31. Juli 1945 eingetreten seien, könne nach § 5 Abs. 2 Buchst. a BVG keine Versorgung gewährt werden, ohne Rücksicht darauf, ob von der Besatzungsmacht Leistungen tatsächlich gewährt würden oder nicht. Da zur Zeit des Unfalls wieder geordnete Verkehrsverhältnisse geherrscht hätten, sei dieser auch nicht die Folge einer mit der militärischen Besetzung zusammenhängenden besonderen Gefahr.
Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG). Das LSG. hat die Revision ohne Einschränkung zugelassen. Die Ausführungen am Schluß der Entscheidungsgründe geben nur das rechtlich unbeachtliche Motiv für die Zulassung wieder. Die Rechtsmittelbelehrung ist danach teilweise unrichtig, weil eine zugelassene Revision ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Statthaftigkeitsgründe des § 162 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG statthaft ist. Dieser Irrtum des LSG. beruht offensichtlich darauf, daß eine diesen Fall nicht betreffende allgemeine Rechtsmittelbelehrung für nicht zugelassene Revisionen benutzt worden ist.
Die Revision ist hiernach zulässig, aber unbegründet.
Die Rüge, das LSG. habe seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, dadurch verletzt, daß es nicht geprüft habe, ob die Klägerinnen von der Besatzungsmacht eine Entschädigung erhalten haben, ist nicht gerechtfertigt, da das Berufungsgericht festgestellt hat, daß eine Entschädigung nicht gezahlt worden ist.
Die Revision macht ferner geltend, daß § 5 Abs. 2 Buchst. a BVG dem Art. 19 Abs. 4 GG widerspreche, weil jene Vorschrift die Geschädigten auf Ansprüche verweise, die im Rechtsweg nicht durchsetzbar seien. Nach der Auffassung des Senats ist § 5 Abs. 2 Buchst. a BVG sowohl mit Art. 19 Abs. 4 als auch mit den übrigen Vorschriften des Grundgesetzes vereinbar. Wenn jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt ist, steht ihm der Rechtsweg offen (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG). § 5 Abs. 2 Buchst. a BVG schränkt den Rechtsweg vor deutschen Gerichten in keiner Weise ein; vielmehr bestimmt er nur, daß von einem bestimmten Zeitpunkt ab wegen der Folgen von Besatzungspersonenschäden kein Anspruch auf Versorgung nach dem BVG besteht. Ob im Einzelfall ein solcher Anspruch besteht, ist im Sozialrechtsweg nachprüfbar. Die Verfassungsmäßigkeit der genannten Vorschrift wird dadurch, daß die Ansprüche auf Grund des Gesetzes Nr. 47 der AHK. nicht gerichtlich erzwingbar waren, nicht berührt. Der Antrag, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über diese Frage herbeizuführen (Art. 100 GG), ist daher unbegründet. Denn dieses Zwischenverfahren kommt nicht in Frage, wenn das Prozeßgericht die betreffende Rechtsnorm, auf deren Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, mit dem Grundgesetz für vereinbar hält.
Die Auffassung des LSG., daß die Klägerinnen den von ihnen geltend gemachten Anspruch nicht mit Erfolg auf § 5 Abs. 1 Buchst. e in Verb. mit Abs. 2 Buchst. a BVG stützen können, ist nicht zu beanstanden. Nach § 1 Abs. 1 in Verb. mit Abs. 2 Buchst. a BVG erhält derjenige, welcher durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung. Als unmittelbare Kriegseinwirkung im Sinne des § 1 Abs. 2 Buchst. a BVG gelten nach § 5 Abs. 1 Buchst. e BVG nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Vorgänge, die einen kriegseigentümlichen Gefahrenbereich hinterlassen haben. Als solche nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Vorgänge gelten auch Schäden, die in Verbindung mit dem zweiten Weltkrieg durch Angehörige oder sonstige Beschäftigte oder durch Verkehrsmittel der Besatzungsmächte "vor dem Tag verursacht worden sind, von dem an Leistungen nach anderen Vorschriften gewährt werden" (§ 5 Abs. 2 Buchst. a BVG). Der Wortlaut dieser Vorschrift ist zwar nicht ganz eindeutig; er kann aber nur so verstanden werden, daß Ansprüche auf Grund von Schäden im Sinne des § 5 Abs. 2 Buchst. a nur für einen begrenzten Zeitraum, von der Besetzung ehemaligen deutschen Reichsgebiets ab gerechnet, nach dem BVG entschädigt werden sollen. Das ergibt sich zunächst daraus, daß nach dem Sinn und Zweck des BVG grundsätzlich nur echte Kriegsschäden und deren Folgen einen Anspruch auf Versorgung begründen. Bei den durch Angehörige, Bedienstete oder Verkehrsmittel der Besatzungsmächte verursachten Personenschäden handelt es sich jedoch um Schadensfälle, die einen zivilrechtlichen Anspruch gegen die Schädiger hätten zur Folge haben müssen. Die Besatzungsmächte haben zwar zunächst jede Haftung abgelehnt; die später in den einzelnen Besatzungszonen getroffenen Regelungen waren verschieden und unbefriedigend, sodass für die Betroffenen große Härten entstanden. Um diese auszugleichen, beschloß der (26.) Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen des Deutschen Bundestages in seiner Sitzung am 26. September 1950, den Abs. 2 Buchst. a in der später Gesetz gewordenen Fassung in das BVG einzufügen (Protokolle über die Verhandlungen des (26.) Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen des Deutschen Bundestages über das BVG, Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode 1949 S 10 D, 11 B, C, 122 C). Bei der zweiten Beratung des Entwurfes des BVG im Deutschen Bundestag ist § 5 Abs. 2 Buchst. a in dieser Fassung in das Gesetz aufgenommen (vgl. Protokoll über die 93. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 19.10.1950, abgedruckt bei Schieckel-Aichberger, Bundesversorgungsgesetz, Anhang B S. 295) und später auch nicht mehr geändert worden. Bei den Beratungen des Ausschusses war zunächst vorgeschlagen worden, als Zeitpunkt, bis zu dem Besatzungspersonenschäden, obwohl sie keine echten Kriegsschäden seien, nach dem BVG entschädigt werden sollen, den 1. August 1945 im Abs. 2 Buchst. a a. a. O. festzulegen. Der Gesetzgeber hat aber dann doch davon abgesehen, einen Kalendertag als Stichtag zu bestimmen, weil bei den Beratungen über das BVG noch nicht mit Sicherheit feststand, ob und gegebenenfalls von welchem Tag ab die AHK., mit der von deutschen Stellen damals über eine Regelung verhandelt wurde, die Verpflichtung zur Entschädigung von Besatzungspersonenschäden anerkennen würde. Da durch Art. 4 a des Gesetzes Nr. 47 vorgeschrieben wurde, daß die Zahlung von Entschädigungen für Schäden, die vor dem 1. August 1945 eingetreten sind, nicht genehmigt werde, ist dieser Zeitpunkt auch als derjenige im Sinne des § 5 Abs. 2 Buchst. a BVG anzusehen, von dem ab Leistungen nach "anderen Vorschriften" gewährt werden (ebenso Urteil des 10. Senats des BSG. vom 7.7.1955, BSG. 1 S. 98; VerwV. Nr. 7 zu § 5 BVG; Urteil des Bayer. LSG. vom 26.3.1954, Breith. 1954 S. 723 (725); Urteil des LSG. Baden-Württemberg vom 16.6.1954, Breith. 1954 S. 947 (952); Thannheiser-Wende-Zech, Handbuch des Bundesversorgungsrechts, Bd. I, Erl. zu § 5 BVG; Schönleiter, Bundesversorgungsgesetz, Erl. 10 zu § 5). Für die Auffassung des Senats spricht auch der Umstand, daß das Bundesgesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden vom 1. Dezember 1955 (BGBl. I S. 734) unter Besatzungsschäden solche Schäden versteht, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes in der Zeit vom 1. August 1945 bis 5. Mai 1955 12 Uhr mittags durch die in § 2 Nr. 1-5 genannten Personengruppen verursacht worden sind. Der Gesetzgeber ging also davon aus, daß diese Besatzungspersonenschäden nicht von dem BVG umfaßt sind.
Das LSG. hat nicht zu der Frage Stellung genommen, ob ein Versorgungsanspruch für Folgen von Besatzungspersonenschäden, die nach dem 31. Juli 1945 eingetreten sind, stets oder nur dann entfällt, wenn von der Besatzungsmacht tatsächlich Leistungen gewährt werden. Nach der Auffassung des Senats kommt es auf die tatsächliche Gewährung nicht an. Es ist für die hier zu entscheidende Frage rechtlich unbeachtlich, daß die Klägerinnen von der amerikanischen Besatzungsmacht keine Schadensersatzleistungen erhalten haben. Wenn das BVG hätte vorschreiben wollen, daß die Versorgung nach diesem Gesetz subsidiär dann eintrete, wenn die Besatzungsmacht keine Entschädigung leiste, so wäre eine Fassung wie z. B. "soweit nicht nach anderen Vorschriften Leistungen gewährt worden sind" gewählt worden. Das ergibt sich auch daraus, daß das BVG in § 5 Abs. 2 Buchst. b (Besatzungspersonenschäden im Zusammenhang mit dem ersten Weltkrieg) die Versorgung an die Voraussetzung knüpft, daß Schadensfolgen nach dem Besatzungspersonenschädengesetz vom 17. Juli 1922 zur Zuerkennung von Leistungen tatsächlich geführt hatten. Hier ist also bewusst die tatsächliche Gewährung von Leistungen zur Anspruchsvoraussetzung erhoben worden. Dagegen sollte für die Folgen der im Zusammenhang mit dem zweiten Weltkrieg verursachten Besatzungspersonenschäden nur bis zu dem Stichtag Versorgung gewährt werden, von dem ab die Besatzungsmächte ihre grundsätzliche Leistungspflicht nach eigenen Vorschriften anerkennen. Für die Folgen von Personenschäden der genannten Art besteht daher kein Anspruch auf Versorgung nach § 5 Abs. 2 a BVG, auch wenn die Besatzungsmacht im Einzelfall ihre Entschädigungspflicht abgelehnt hat.
Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsirrtum festgestellt, daß der tödliche Unfall des Ehemannes bezw. Vaters der Klägerinnen keinen Versorgungsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG begründet. Nach dieser Vorschrift gelten als unmittelbare Kriegseinwirkung - wenn sie im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehen - schädigende Vorgänge, die u. a. infolge einer mit der militärischen Besetzung deutschen oder ehemals deutsch besetzten Gebiets zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten sind. Ein durch einen Bediensteten der amerikanischen Besatzungsmacht am 7. Mai 1947 verursachter Verkehrsunfall erfüllt diese Voraussetzung nicht. Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des 9. Senats (Urteil vom 6.12.1955, BSG. 2 S. 99 (102, 103)) an, wonach besondere Gefahren solche sind, die der Besetzung eigentümlich sind. Die Einfügung des Wortes "besondere" vor dem Wort "Gefahr" in § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG bedeutet eine Einschränkung des zu berücksichtigenden Gefahrenkreises. Es sollten die Gefahren, die ihrer Art nach etwa in derselben Weise hätten eintreten können, wenn das deutsche Reichsgebiet nicht besetzt gewesen wäre, als Versorgungsgrund ausgeschlossen werden. Allgemeine Gefahren, die mit der Besetzung zusammenhängen, sind hiernach nicht geeignet, einen Versorgungsanspruch zu begründen. Hierbei wird nicht verkannt, daß die weitgehende Motorisierung der Besatzungstruppen und der ihnen angegliederten Organisationen in erhöhtem Maße zu Verkehrsunfällen geführt hat. Es mag auch zutreffen, daß, wie die Revision ausführt, an diesen Unfällen teilweise betrunkene und rücksichtslose Fahrer beteiligt waren. Diese Umstände rechtfertigen aber nicht den Schluß, daß die Anwesenheit von Besatzungsfahrzeugen im Straßenverkehr eine besondere, der Besetzung eigentümliche Gefahr mit sich gebracht habe. Zum mindesten kann das für die im Zeitpunkt des Unfalls (7.5.1947) herrschenden Verhältnisse nicht mehr angenommen werden. Denn bei der Auslegung des Begriffs "besondere Gefahr" ist, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, ein umso strengerer Maßstab anzulegen, je mehr Zeit zwischen der Besetzung und dem schädigenden Ereignis verstrichen ist (ebenso Rundschreiben des BMA. vom 19.12.1951, BVBl. 1952 S. 2 Nr. 2; Schönleiter, Bundesversorgungsgesetz, Erl. 8 zu § 5; Schieckel, Bundesversorgungsgesetz, 2. Aufl., Anm. 9 zu § 5; Thannheiser-Wende-Zech, a. a. O., Erl. zu § 5 BVG).
Die Revision ist hiernach unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2324709 |
NJW 1957, 198 |