Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Januar 1975 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
II.
Die zulässige Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das LSG hat mit Recht die unbegründete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hat für den Monat September 1972 keinen Anspruch auf die Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG.
Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 RKG beginnt die Bergmannsrente mit Ablauf des Monats, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Zu den Voraussetzungen der Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG gehört negativ, daß der Versicherte im Vergleich zu der von ihm bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit keine wirtschaftlich gleichwertigen Arbeiten mehr ausübt. Wenn schon die Ausübung einer wirtschaftlich gleichwertigen Arbeit dem Rentenanspruch entgegensteht, so verhindert selbstverständlich die Ausübung der bisherigen knappschaftlichen Arbeit die Entstehung des Anspruchs. Der Kläger hat zwar in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zum 12. September 1972 nicht tatsächlich die Tätigkeit eines Maschinenhauers 2 verrichtet. Diese Zeit steht jedoch im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG der Ausübung der Tätigkeit gleich.
Der Gesetzgeber knüpft in der gesetzlichen Rentenversicherung an vielen Stellen bestimmte Rechtsfolgen an das Verrichten oder Nichtverrichten einer bestimmten Tätigkeit (z. B. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 4, 53 Abs. 2, 86 Abs. 2 a RKG). Dabei kommt es dem Gesetzgeber fast nie auf die tatsächliche Arbeitsleistung, sondern in der Regel vielmehr darauf an, daß ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis besteht (vgl. hierzu BSG 37, 10, 13). Insbesondere § 53 Abs. 2 Satz 3 RKG zeigt, daß nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine Beschäftigung erst dann nicht mehr ausgeübt oder verrichtet wird, wenn der Versicherte aus dem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgeschieden ist (vgl. hierzu BSG in SozR Nr. 3 zu § 53 RKG). Daß es für § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG nicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung, sondern auf das Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses und den daraus resultierenden Lohn- oder Gehaltsanspruch ankommt, ist deutlich daran zu erkennen, daß z. B. während des tariflichen Erholungsurlaubs trotz fehlender Arbeitsleistung davon ausgegangen werden muß, daß der Versicherte seine Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG ausübt. Zwar mag nach dieser Vorschrift im Gegensatz zu § 53 Abs. 2 RKG das bloße Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses ohne Lohn- oder Gehaltsanspruch nicht genügen (vgl. hierzu BSG in SozR Nr. 43 zu § 45 RKG). Solange aber das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis unverändert mit dem daraus folgenden Anspruch auf Lohn oder Gehalt fortbesteht, ist davon auszugehen, daß der Versicherte im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG seine bisherige Arbeit ausübt. Der Gesetzgeber hat es in dieser Vorschrift im Gegensatz zu § 45 Abs. 2 RKG nicht auf die Fähigkeit zur Verrichtung einer gleichwertigen Tätigkeit abgestellt, sondern die Ausübung der Arbeit maßgebend sein lassen, weil damit in der Regel ein Anspruch auf Lohn oder Gehalt verbunden ist. Die negative Voraussetzung in § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG, daß der Versicherte im Vergleich zu der von ihm bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit keine wirtschaftlich gleichwertigen Tätigkeiten mehr ausübt, ist durch das Finanzänderungsgesetz vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) mit Wirkung vom 1. Januar 1968 in Anlehnung an § 37 RKG in der bis zum 31. März 1939 gültig gewesenen Fassung deshalb eingeführt worden, weil es dem Gesetzgeber sozialpolitisch nicht gerechtfertigt erschien, wenn die Bergmannsrente an Versicherte gewährt wird, die keine Lohneinbuße erleiden (vgl. Begründung zum Entwurf des Finanzänderungsgesetzes 1967, BR-Drucks. Nr. 481/67 B Nr. 6 zu § 3 S. 29). Damit war für den Gesetzgeber erkennbar die Lohnsituation maßgebend. Zwar wird die danach erforderliche Lohneinbuße im allgemeinen mit der Einstellung der tatsächlichen Arbeitsleistung zusammenfallen. Wird die Arbeit aber z. B. beim Tarifurlaub oder beim Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eingestellt, ohne daß eine Lohneinbuße eintritt, so entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, daß der Versicherte während des unveränderten Fortbezuges des Lohnes einen Anspruch auf die Bergmannsrente hat. Dem Kläger ist zwar darin zuzustimmen, daß der Versicherte während des Bezuges des Krankengeldes wirtschaftlich oft nicht schlechter dasteht als während der Lohnfortzahlung. Das zwingt aber nicht dazu, die Lohnfortzahlung während der Arbeitsunfähigkeit rechtlich ebenso zu behandeln wie den Bezug des Krankengeldes. Wenn auch in beiden Fällen das Beschäftigungsverhältnis fortbestehen mag, so hat es doch während des Krankengeldbezuges wegen des fehlenden Entgelts keine versicherungsrechtlichen Auswirkungen. Dagegen ändert sich durch die Arbeitsunfähigkeit während des Zeitraums der Lohnfortzahlung an dem Versicherungsverhältnis nichts. Es werden deshalb auch die entsprechenden Pflichtbeiträge gezahlt. Bleibt das Versicherungsverhältnis während der Lohnfortzahlung aber von der Arbeitsunfähigkeit völlig unberührt, so kann die bloße Arbeitsunfähigkeit auch nicht den Anspruch auf die Bergmannsrente begründen.
Da der Kläger bei unverändert fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis als Maschinenhauer 2 bis zum 12. September 1972 noch den Tariflohn dieser Tätigkeit bezogen hat, ist die Zeit der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG gleichzustellen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind also frühestens nach dem 12. September 1972 eingetretene Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 RKG beginnt die Bergmannsrente daher am 1. Oktober 1972, wie die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der Beklagten zutreffend entschieden haben.
Der Senat hat die danach unbegründete Revision des Klägers zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Entscheidungsgründe
I.
Streitig ist der Anspruch auf Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) für den Monat September 1972.
Der am 29. August 1922 geborene Kläger war seit September 1945 zunächst als Grubenschlosser und danach als Maschinenhauer 2 im Bergbau tätig. Er beantragte am 26. Juni 1972 die Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG. In der Zeit vom 3. August 1972 bis zum 12. September 1972 war er arbeitsunfähig krank und erhielt den Tariflohn eines Maschinenhauers 2 weiter. Später nahm er die Tätigkeit eines Bandaufsehers auf.
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 22. Februar 1973 die Bergmannsrente für die Zeit vom 1. Oktober 1972 an. Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers, mit denen er die Bergmannsrente auch für den Monat September 1972 geltend machte, hatten keinen Erfolg.
Das Landessozialgericht (LSG) hat in dem angefochtenen Urteil vom 9. Januar 1975 angenommen, der Kläger habe während der Arbeitsunfähigkeit zwar keine wirtschaftlich gleichwertige Arbeit tatsächlich ausgeübt. Gleichwohl habe er für den Monat September 1972 keinen Rentenanspruch, weil er aufgrund eines fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses den vollen Tariflohn des Maschinenhauers 2 nach dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz –LFZG) bis einschließlich 12. Dezember 1972 weiter erhalten habe.
Diese Zeit sei so zu behandeln, als habe der Kläger eine wirtschaftlich gleichwertige Arbeit verrichtet.
Der Kläger hat dieses Urteil mit der – vom LSG zugelassenen – Revision angefochten. Er ist der Ansicht, er habe während der Arbeitsunfähigkeit keine wirtschaftlich gleichwertige Arbeit ausgeübt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei der Bezug des Krankengeldes bei fortbestehendem Beschäftigungsverhältnis nicht der Ausübung einer gleichwertigen Arbeit gleichzustellen. Das müsse auch für die Lohnfortzahlung nach dem LFZG während der Zeit einer Arbeitsunfähigkeit gelten, denn das Krankengeld könne durchaus die Höhe des Nettolohnes erreichen. Es sei wirtschaftlich deshalb nicht gerechtfertigt, die Zeit der Arbeitsunfähigkeit unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob Krankengeld oder Lohn nach dem LFZG bezogen worden ist.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 22. Februar 1973 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 1973 dem Kläger die Bergmannsrente gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG bereits ab 1. September 1972 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für richtig und ist der Ansicht, die Revision des Klägers sei unbegründet.
Unterschriften
Dr. Dapprich, Schröder, May
Fundstellen
Haufe-Index 926391 |
BSGE, 31 |