Leitsatz (redaktionell)
Auch im sozialgerichtlichen Verfahren sind Wahlfeststellungen mit daraus folgender Verurteilung aus wahlweisem Haftungsgrund zulässig, wenn mehrere in Frage kommenden und sämtlich einen Tatbestand des BVG erfüllenden Geschehensabläufe "allein" in Betracht kommen, wenn also alle anderen vielleicht noch denkbaren Möglichkeiten wegen der Unwahrscheinlichkeit ihres Vorliegens bei vernünftiger Würdigung aller Umstände auszuschließen sind.
Normenkette
BVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20; SGG § 103 Fassung: 1953-09-03, § 128 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 5. August 1963 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Gründe
Der am 25. Januar 1886 im Memelland geborene Ehemann der Klägerin M P (P.) ist am 18. April 1958 in P gestorben. Die Eheleute wohnten am 1. September 1939 in K. Während des zweiten Weltkrieges war P. Verwaltungsarbeiter bei der Hauptvermessungsabteilung I in Königsberg und wurde von dort im Jahre 1944 zu einer kartographischen Abteilung in N abgeordnet. Die letzte Nachricht von P. erhielt die Klägerin im Januar 1945 vor ihrer Flucht aus K. Auf ihren Antrag erhielt sie sowohl nach der Sozialversicherungsdirektive Nr. 27 (Bescheid vom 31. Oktober 1950) als auch nach dem Bundesversorgungsgesetz - BVG - (Bescheid vom 30. Juni 1952) Verschollenheitsrente. Im Jahre 1955 erhielt die Klägerin über das Deutsche Rote Kreuz die Nachricht, daß ihr Ehemann in Litauen lebe. Daraufhin erteilte das Versorgungsamt (VersorgA) L den Bescheid vom 25. August 1955 und gewährte der Klägerin Unterhaltshilfe nach dem Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen vom 30. April 1952.
Als die Klägerin Nachricht vom Tode des P. (18. April 1958) erhalten hatte, beantragte sie eine Entschädigung nach dem Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz, deren Gewährung zunächst durch Bescheid des Feststellungsausschusses des Landkreises Herzogtum Lauenburg vom 6. November 1959 abgelehnt wurde. Auf ihre Beschwerde stellte der Beschwerdeausschuß für Kriegsgefangenenentschädigung beim Landesversorgungsamt (LVersorgA) Schleswig-Holstein mit Bescheid vom 12. Oktober 1961 fest, daß der Klägerin und ihrem Sohn Helmut als Erben des verstorbenen P. eine Kriegsgefangenenentschädigung nach Maßgabe ihrer Erbteile vom 1. Januar 1947 bis einschließlich April 1958 zusteht. Das LVersorgA nahm in dem Bewilligungsbescheid an, daß P. als Angehöriger des Volkssturms von den sowjetischen Truppen gefangengenommen worden sei. Die damit begründete Kriegsgefangenschaft sei bis zu seinem Tode nicht beendet worden, weil P. weder freigelassen noch heimgeschafft worden sei; er wäre erst dann als "heimgeschafft" anzusehen gewesen, wenn er in das Gebiet des deutschen Reiches innerhalb der Grenzen vom 31. Dezember 1937 verbracht worden wäre. Selbst wenn man annehmen wollte, P. sei nicht als Volkssturmangehöriger gefangengenommen und festgehalten worden, dann sei er als Angehöriger einer kartographischen Abteilung beim Einmarsch der russischen Armee aus Sicherheitsgründen festgenommen und anschließend in das sowjetische Staatsgebiet verschleppt worden.
Mit Bescheid vom 12. August 1959 stellte das VersorgA Lübeck die bisher gewährten Bezüge nach dem Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen im Hinblick auf den Tod des P. ein. Daraufhin beantragte die Klägerin am 24. August 1959 die Gewährung einer Witwenrente nach dem BVG. Mit Bescheid vom 28. Dezember 1959 lehnte das VersorgA diesen Antrag mit der Begründung ab, daß sich P. in Litauen habe frei bewegen können und nicht zwangsweise zu Arbeiten herangezogen worden sei. Es sei daher anzunehmen, daß der Tod auf Grund seines hohen Alters eingetreten und nicht auf schädigende Vorgänge infolge der Verschleppung zurückzuführen sei. Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Bescheid des LVersorgA Schleswig-Holstein vom 27. September 1960). Durch Urteil vom 5. Januar 1962 hat das Sozialgericht (SG) Lübeck die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) mehrere Zeugen vernommen bzw. vernehmen lassen. Im Beweistermin am 14. November 1962 vor dem LSG hat die Zeugin B ausgesagt, sie habe P. etwa 1953/1954 bei Straßenarbeiten in der Nähe von Memel kennengelernt; sie wisse nicht, auf welchen Wegen er in das Memelgebiet gelangt sei, wo er - wie viele andere Männer - aufgegriffen und zur Arbeit herangezogen worden sei. Aus Erzählungen des P. sei ihr bekannt, daß er bei Kolchosbauern gearbeitet oder sich durch den Verkauf von Pilzen und Beeren oder dem An- und Verkauf von Schrott und anderen Dingen seinen Lebensunterhalt verschafft habe. Ihre Zusammenarbeit mit P. habe sich auf 4 bis 8 Wochen beschränkt. Später habe sie von seinem Tode erfahren und sich bei den Kolchosbauern nach den Begleitumständen des Todes erkundigt. Dabei habe sie erfahren, daß er zum Schrottsammeln - wohl im Auftrage der Kolchose - eingesetzt gewesen sei; es hätten sich bei ihm Geschwüre vom Nackenbereich abwärts gebildet, die wohl auf Verschmutzung aus Anlaß des Schrottsammelns zurückzuführen seien. Man habe ihr erzählt, daß die krankhaften Erscheinungen sehr stark ausgeprägt gewesen seien und niemand ihn wegen der Geschwüre habe anfassen wollen. Er sei noch in ein Krankenhaus geschafft worden und dort schnell gestorben. Es ist ferner vom SG Hamburg am 30. November 1962 der Zeuge J vernommen worden. Er hat ausgesagt, daß P. bereits im Invaliden- und Altersheim K.n gewesen sei, als er im Jahre 1955 dorthin gekommen sei. Die Lebensbedingungen in diesem Heim seien sehr schlecht gewesen. P. habe in der Landwirtschaft des Heims arbeiten müssen; diese Arbeit sei ihm nach seinen Erzählungen infolge seines Alters schwergefallen. Nach einer Auseinandersetzung mit dem Heimleiter wegen der Verpflegung sei P. aus dem Heim weggegangen und habe in P. einen Handel mit Altmetallen eröffnet. Er - der Zeuge - habe später gehört, daß P. sich eine Blutvergiftung zugezogen habe und gestorben sei. Über die zum Tode führenden Umstände könne er jedoch keine näheren Angaben machen.
In der mündlichen Verhandlung am 23. Juli 1963 hat das LSG Dr. Dr. H als Sachverständigen gehört, der ausgeführt hat, aus den Unterlagen könne man nur entnehmen, daß bei P. ausgedehnte Hautausschläge mit geschwürigem Zerfall bestanden hätten und daß diese Krankheit nur etwa 8 Tage gedauert habe. Es dürfte sich um einen septischen Krankheitsverlauf - eine sogenannte Pyodermie - gehandelt haben, zu deren Auftreten wohl auch ein infolge der mangelhaften Ernährung vorhandenes Eiweißmangelsyndrom mitgewirkt haben könne. In seinem letzten Lebensjahr habe P. Schrott gesammelt und sei dabei in ständige Berührung mit rostigen Eisenteilen gekommen, die nach ärztlicher Erfahrung ein bevorzugter Aufenthalt virulenter Eitererreger sind. Es müsse als das Wahrscheinlichste bezeichnet werden, daß es bei P. durch irgendeine kleine Verletzung im Umgang mit dem Schrott zu einer virulanten Infektion gekommen sei, die einerseits infolge der mangelhaften Abwehrkraft des Organismus zu einer raschen Ausbreitung auf die Haut geführt, anderseits aber auch als Sepsis die inneren Organe in Mitleidenschaft gezogen habe. Natürlich lasse sich das Krankheitsbild auch auf andere Weise erklären, aber jeder andere Erklärungsversuch hätte bei weitem nicht den Grad der Wahrscheinlichkeit für sich wie der vorstehend geschilderte Mechanismus. Die erhöhte Infektionsgefahr bei dem Umgang mit Schrott sowie die mangelhafte Ernährung und der dadurch wahrscheinlich bedingte Eiweißmangel des P. seien somit für dessen Tod mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verantwortlich zu machen. Hätte P. unter normalen Umständen leben können, dann hätte er in Anbetracht der Konstitution, die er nach den Zeugenaussagen hatte, wahrscheinlich wenigstens ein Jahr länger gelebt.
In der mündlichen Verhandlung am 5. August 1963 hat das LSG nochmals die Zeugen B und J vernommen. Die Zeugin B hat in Ergänzung ihrer früheren Aussage insbesondere angegeben, ihr sei aus Erzählungen bekannt, daß die Russen nach der Besetzung Ostpreußens insbesondere Männer aufgegriffen und in das Memelgebiet mitgenommen hätten. Dort seien sie ebenso wie deutsche Kriegsgefangene zu Aufräumungsarbeiten eingesetzt und bis etwa 1948 in Lagern unter Bewachung festgehalten worden. P. habe sich ihr gegenüber dahin geäußert, daß er nach dem Kriegsende mit einem Transport aus Königsberg in das Memelgebiet verbracht und dort zu Aufräumungsarbeiten eingesetzt worden sei. P. könne im Jahre 1945 nur mit einem Lastauto in das Memelgebiet gebracht worden sein, weil die Eisenbahnverbindungen unterbrochen gewesen seien. Im Gegensatz zu ihrer Aussage vom 14. November 1962 erinnere sie sich jetzt, daß P. nach seinen Erzählungen im Jahre 1945 aus Königsberg nach dem Memelgebiet verbracht und nicht erst zwecks Aufräumungsarbeiten im Memelgebiet aufgegriffen worden sei. Der Zeuge J hat ausgesagt, P. habe ihm erzählt, daß er gegen Schluß des Krieges zum Volkssturm eingezogen und von den Russen bei Königsberg überrollt worden sei. Diese hätten ihn zum Straßen- und Brückenbau eingesetzt. Aus den Erzählungen des P. wisse er weiter, daß dieser schließlich in Ostpreußen von den Russen laufengelassen worden und in das Memelgebiet gekommen sei. Er habe sich zunächst in P. niedergelassen und einen Schrotthandel angefangen, bis er im Altersheim Aufnahme gefunden habe. P. sei nach seinen Erzählungen deshalb ins Memelgebiet gekommen, weil die Ernährungsverhältnisse dort besser als in dem von den Russen besetzten Gebiet Ostpreußens gewesen seien. Er habe somit den Eindruck gehabt, daß P. sich in das Memelgebiet begeben habe, um aus Ernährungsgründen sein Leben zu retten, und daß er nicht zwangsweise dorthin verbracht worden sei.
Durch Urteil vom 5. August 1963 hat das Schleswig-Holsteinische LSG auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG Lübeck vom 5. Januar 1962 sowie die Bescheide des Beklagten vom 28. Dezember 1959 und 27. September 1960 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, der Klägerin ab 1. August 1959 Witwenrente nach dem BVG zu gewähren; es hat die Revision zugelassen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, es lasse sich nach dem Beweisergebnis nicht feststellen, ob P. als Volkssturmangehöriger in Kriegsgefangenschaft geraten, in das Memelgebiet als Kriegsgefangener verbracht und sodann bis 1958 dort festgehalten worden ist oder ob er im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges in das Memelgebiet gelangt, dort gegen seinen Willen festgehalten und nicht heimgeschafft worden ist. Das Beweisergebnis reiche aber für die Feststellung aus, daß einer dieser beiden Fälle vorliege, weil P. auf andere Weise als im Zusammenhang mit Kriegsgefangenschaft oder Verschleppung nicht in das Memelgebiet gelangt sei. Eine solche Wahl- oder Alternativfeststellung mit Verurteilung aus wahlweisem Haftungsgrund sei im sozialgerichtlichen Verfahren zulässig. Die Feststellung einer Kriegsgefangenschaft oder einer Verschleppung des P. ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen B und J, an deren wahrheitsgemäßer Mitteilung der Gespräche mit P. kein Zweifel bestehe. Folge man der Aussage des Zeugen J, so sei P. als Volkssturmangehöriger in den Gewahrsam der Roten Armee gelangt und damit Kriegsgefangener geworden. Er habe diesen Kriegsgefangenenstatus bis 1958 nicht verloren gehabt. Die Angabe des Zeugen J, daß die Rote Armee den P. "in Ostpreußen laufengelassen" habe, könne nur so verstanden werden, daß P. von irgendeinem Zeitpunkt ab nicht mehr in einem Lager oder sonst engbegrenztem Raum festgehalten worden sei. Seine Kriegsgefangenschaft sei damit aber nicht beendet gewesen, weil es dazu einer Heimschaffung bedurft hätte. Wenn sich P. nach der Aussage des Zeugen J auch im sowjetischen Machtbereich habe bewegen können, habe er diesen niemals verlassen dürfen. Er sei daher auch nicht heimgeschafft worden, d. h. nicht in jenes existente Staatsgebilde verbracht worden, von dem er abhing und in welchem sich sein Lebensmittelpunkt befand. Dieser Lebensmittelpunkt des P. sei weder in seinem früheren Wohnort Königsberg noch im Memelgebiet zu suchen, weil deutsche Kriegsgefangene dorthin nicht mehr "heimgeschafft" werden konnten, es sei denn, sie hätten sich für ein Verbleiben im Machtbereich der Sowjetunion oder Polens entschieden, weil sich ihr familienbestimmter Lebensmittelpunkt noch dort befand.
Das LSG hat weiter ausgeführt, die Zeugin B habe berichtet, P. sei im Jahre 1945 aus Königsberg in das Memelgebiet verbracht worden. Sollte er nicht als Volkssturmangehöriger, wie der Zeuge J angegeben habe, sondern als Zivilist in K aufgegriffen, festgehalten und zwangsweise ins Memelgebiet gebracht worden sein, so liege ein Verschleppungszustand i. S. des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG vor. Seine Verschleppung in das Ausland (nach dem Stand des Reichsgebiets vom 31. Dezember 1937) als Maßnahme der sowjetischen Staatsgewalt habe bis zum Tode im Jahre 1958 fortbestanden, weil P. an seiner Rückkehr zwangsweise gehindert worden sei. Es sei daher alternativ festzustellen, daß P. entweder mit der Eigenschaft des Kriegsgefangenen oder als Zivilist auf Grund des Verschleppungstatbestandes in das Memelgebiet gelangt und dort bis zu seinem Tode festgehalten worden sei. Eine andere Version gebe es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht. P. sei auch entweder als Kriegsgefangener einer Schädigung i. S. des BVG erlegen oder schädigenden Vorgängen ausgesetzt gewesen, die infolge einer mit der Verschleppung zusammenhängenden besonderen Gefahr eingetreten seien. Dies ergebe sich aus der Schilderung der Krankheitserscheinungen durch die Zeugen B und J sowie aus der ärztlichen Beurteilung der Sachumstände in dem Gutachten des Dr. Dr. H vom 23. Juli 1963. Durch die schädigenden Einflüsse der Kriegsgefangenschaft oder der Verschleppung sei es bei P. zu einer Mangelernährung und damit letztlich zu der mit einer Sepsis einhergehenden, zum Tode führenden Erkrankung gekommen, so daß der Hinterbliebenenanspruch der Klägerin begründet sei, weil P. ohne diese schädigenden Einflüsse in Anbetracht seiner vitalen Natur trotz des bereits erreichten Alters wenigstens ein Jahr länger gelebt hätte.
Gegen dieses am 28. August 1963 zugestellte Urteil des LSG hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 18. September 1963, eingegangen am 19. September 1963, Revision eingelegt, diese gleichzeitig begründet und beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Schleswig-Holsteinische LSG zurückzuweisen.
Zur Begründung seiner Revision trägt der Beklagte vor, das LSG habe die Rechtsfrage, ob eine Kriegsgefangenschaft für einen in Ostpreußen nach 1945 "laufengelassenen" Deutschen beendet sei, entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entschieden, das auf dem Standpunkt stehe, daß ein Deutscher, der in Ostpreußen nach 1945 von den Russen laufengelassen wurde, als freigelassen und heimgeschafft anzusehen sei. Wenn man davon ausgehe, daß P. nach seiner Freilassung in Ostpreußen nicht mehr Kriegsgefangener war, so könne auch sein Tod im Jahre 1958 nicht mehr in ursächlichem Zusammenhang mit evtl. Belastungen der Kriegsgefangenschaft gebracht werden. In einem solchen Falle könne auch nicht eine Wahlfeststellung getroffen werden, wie es das LSG in dem angefochtenen Urteil getan habe. Die Aussagen der Zeugen B und J widersprächen sich insofern, als die Zeugin B letztlich bekundet habe, daß P. nach seinen Erzählungen im Jahre 1945 aus Königsberg nach dem Memelgebiet verbracht worden sei, während demgegenüber der Zeuge J ausgesagt habe, er habe nach den Äußerungen des P. den Eindruck gehabt, daß sich dieser in das Memelgebiet begeben habe, um aus Ernährungsgründen sein Leben zu retten, und daß er nicht zwangsweise von den Russen dorthin verbracht worden sei. Eine von diesen beiden Möglichkeiten könne nur den Tatsachen entsprechen, so daß das LSG hätte entscheiden müssen, welcher der beiden Zeugenaussagen es folgen will. Schließe man sich den überzeugenden Ausführungen des Zeugen J an, so scheide damit der Verschleppungstatbestand des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG aus und die Voraussetzungen des § 38 BVG könnten in keinem Fall bejaht werden. Im übrigen habe das LSG den Aussagen der Zeugin B zu viel Gewicht beigemessen. In ihrer ersten Vernehmung habe die Zeugin erklärt, daß sie nicht wisse, auf welchem Wege P. schließlich in das Memelgebiet gelangt sei; insbesondere könne sie sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern. Diese Angaben ließen sich nicht mit ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung am 5. August 1963 in Einklang bringen, wonach sich die Zeugin plötzlich doch erinnere, daß P. zwangsweise in das Memelgebiet verbracht worden sei. Es handle sich hierbei offenbar nur um Vermutungen der Zeugin, auf die das LSG seine insoweit getroffenen Feststellungen nicht habe stützen dürfen. Es hätte entweder selbst weitere Beweise in dieser Richtung erheben oder aber zu dem Schluß kommen müssen, daß es nicht erwiesen sei, auf welche Weise P. in das Memelgebiet gekommen ist. Hierin liege ein Verstoß gegen § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision; sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und die Angriffe gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht für begründet. Sie trägt insbesondere noch vor, daß sich der Beklagte mit seinem eigenen früheren Verhalten in Widerspruch setze, wenn er den Tatbestand der Verschleppung und des Festgehaltenwerdens durch eine ausländische Macht bestreite. Der Beklagte habe mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 1957 der Klägerin Unterhaltsbeihilfe weitergewährt mit der Begründung, es sei nachgewiesen, daß P. gegen seinen Willen in Litauen festgehalten werde und die Klägerin beim Deutschen Roten Kreuz einen Aussiedlungsantrag zur Rückführung ihres Ehemannes gestellt habe. In der Kriegsgefangenen-Entschädigungsangelegenheit habe das LVersorgA ebenfalls die Kriegsgefangenenentschädigung bewilligt und festgestellt, daß der Status der Kriegsgefangenschaft bis zum Tode des P. angedauert habe. Das LSG sei somit im Ergebnis der eigenen Auffassung des Beklagten beigetreten, so daß er auch aus diesem Grunde mit gegenteiligen Ausführungen nicht gehört werden könne.
Der Beklagte hat die nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet (§§ 164, 166 SGG); sie ist daher zulässig.
Die Revision des Beklagten ist auch begründet.
Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin den Beklagten verurteilt, der Klägerin vom 1. August 1959 an Witwenrente nach dem BVG zu gewähren. Es hat in dem angefochtenen Urteil alternativ festgestellt, daß P. entweder in der Eigenschaft eines Kriegsgefangenen oder aber als Zivilist auf Grund eines Verschleppungstatbestandes in das Memelland gelangt und dort bis zu seinem Tode im Jahre 1958 festgehalten worden ist. Es hat ferner festgestellt, daß der Tod des P. entweder durch schädigende Einwirkungen der Kriegsgefangenschaft um wenigstens ein Jahr früher eingetreten ist, als es sonst der Fall gewesen wäre, oder daß er auf eine mit der Verschleppung in das Memelland zusammenhängende besondere Gefahr zurückzuführen ist. Die Klägerin vertritt in der Revisionserwiderung vom 2. März 1964 die Auffassung, daß die Revision des Beklagten schon deswegen unbegründet sei, weil dieser mit Bescheid vom 13. November 1957 der Klägerin Unterhaltshilfe nach dem Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen vom 30. April 1952 mit der Begründung weitergewährt habe, es sei nachgewiesen, daß P. gegen seinen Willen in Litauen festgehalten werde und die Klägerin beim Deutschen Roten Kreuz einen Aussiedlungsantrag zur Rückführung ihres Ehemannes gestellt habe. Ferner sei der Klägerin und ihrem Sohn als Erben durch Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 1961 die Kriegsgefangenenentschädigung für die Zeit vom 1. Januar 1947 bis einschließlich April 1958 deswegen zugesprochen worden, weil der Status der Kriegsgefangenschaft bis zum Tode des P. angedauert habe. Mit diesem Vorbringen will die Klägerin offenbar die Rechtsauffassung vertreten, daß auf Grund der angeführten Verwaltungsakte auch für das vorliegende Verfahren bindend feststehe, daß P. bis zu seinem Tode im Jahre 1958 den Status eines Kriegsgefangenen gehabt hat. Dieser Rechtsauffassung der Klägerin kann jedoch nicht zugestimmt werden. Nach § 77 SGG ist ein Verwaltungsakt, gegen den der gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt worden ist, für die Beteiligten "in der Sache" bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Diese Bindung bedeutet jedoch nur, daß der zu dem Sach- und Streitverhältnis getroffene Verwaltungsakt endgültig ist und an ihn, soweit in der Sache selbst eine Entscheidung in dem Verwaltungsakt getroffen worden ist, sowohl die Versorgungsbehörde als auch die Gerichte gebunden sind (vgl. Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sgb, 3. Aufl., Anm. 7 zu § 77). Ebenso wie bei der Rechtskraft von Urteilen nach § 141 SGG tritt aber die Bindung für die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger nur insoweit ein, als über den Streitgegenstand entschieden worden ist, nicht aber hinsichtlich der Gründe, die zur Entscheidung geführt haben; Streitgegenstand in den angeführten Verwaltungsverfahren waren jedoch die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen und die Kriegsgefangenenentschädigung. Im vorliegenden Verfahren ist demgegenüber ein anderer Gegenstand, nämlich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Witwenrente nach dem BVG streitig. Weder der Beklagte noch die Vorinstanzen waren daher durch die von der Klägerin in der Revisionserwiderung angeführten Verwaltungsakte gehindert, über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Witwenrente nach dem BVG erneut und ungeachtet der Verwaltungsentscheidungen zur Unterhaltshilfe und Kriegsgefangenenentschädigung zu prüfen, ob P. bis zu seinem Tode den Status eines Kriegsgefangenen gehabt hat oder ins Memelland verschleppt gewesen ist.
Das LSG hat in dem angefochtenen Urteil ausgeführt, es sei außerstande festzustellen, daß P. als Volkssturmangehöriger in Kriegsgefangenschaft geraten, in das Memelland als Kriegsgefangener verbracht und sodann bis 1958 dort festgehalten worden ist. Es könne anderseits auch nicht gesagt werden es liege ein Verschleppungstatbestand i. S. des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG vor. Wenn man diese beiden Sätze der Urteilsbegründung für sich allein betrachtet, so liegt die Annahme nahe, daß das LSG den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Witwenrente wegen des Nichtfestgestelltseins der einen solchen Anspruch begründenden Voraussetzungen hätte nicht als begründet ansehen dürfen (vgl. BSG 6, 70). Das LSG fährt jedoch in dem angefochtenen Urteil fort, jedenfalls reiche das Beweisergebnis für die Feststellung aus, daß P. entweder als Kriegsgefangener oder aber im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges als Verschleppter in das Memelland gelangt, dort gegen seinen Willen festgehalten und nicht heimgeschafft worden ist. Er sei entweder einer Schädigung i. S. des § 1 BVG als Kriegsgefangener oder als Verschleppter einer unmittelbaren Kriegseinwirkung i. S. des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG erlegen.
Im Zusammenhang mit der vom LSG anschließend hierzu gegebenen Begründung wird man davon ausgehen müssen, daß das LSG - ungeachtet der oben angeführten etwas mißverständlichen Sätze - zu der Feststellung gelangt ist, daß der Klägerin die Witwenrente nach dem BVG zusteht, weil nach seiner Ansicht auf jeden Fall ein Geschehensablauf vorgelegen hat, der einen zur Versorgung berechtigenden Tatbestand des BVG erfüllt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat (BSG 13, 51), kann Rente nicht deshalb versagt werden, weil nicht feststellbar ist, welcher von mehreren "allein" in Frage kommenden und sämtlich einen Tatbestand des BVG erfüllenden Geschehensabläufen tatsächlich stattgefunden hat. Danach sind auch im sozialgerichtlichen Verfahren Wahlfeststellungen mit daraus folgender Verurteilung aus wahlweisem Haftungsgrund zulässig.
In dem in BSG 13, 51 entschiedenen Falle hatte das LSG die Rentenansprüche der Klägerinnen mit der Begründung bejaht, als Todesursache könnten nur solche Möglichkeiten in Erwägung gezogen werden, die sämtlich nach den Versorgungsgesetzen zur Zahlung von Rente an die Hinterbliebenen verpflichten. Gewisse andere Möglichkeiten lägen derart außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, daß sie bei der Urteilsfindung auszuschließen seien. Das BSG hat in seinem Urteil vom 30. August 1960 (BSG aaO) diese Rechtsauffassung des LSG bestätigt, hierzu aber ausgeführt, daß diese mehreren in Frage kommenden und sämtlich einen Tatbestand des BVG erfüllenden Geschehensabläufe "allein" in Betracht kommen, daß also alle anderen vielleicht noch denkbaren Möglichkeiten wegen der Unwahrscheinlichkeit ihres Vorliegens bei vernünftiger Würdigung aller Umstände auszuschließen sind. Auch der Bundesgerichtshof hat eine Wahlfeststellung und Verurteilung aus wahlweisem Haftungsgrund dann zugelassen, wenn jede der auf Grund des teils festgestellten, teils unterstellten Sachverhalts angewandten Vorschriften die Klage in vollem Umfang rechtfertigt und wenn ferner die Feststellungen und Unterstellungen gemeinsam "alle" im Einzelfall zur Beurteilung stehenden Fallgestaltungen umfassen (BGHZ 14, 363).
Bei Anwendung dieser Grundsätze für die Zulässigkeit einer Wahlfeststellung mit Verurteilung aus wahlweisem Haftungsgrund bestehen jedoch im vorliegenden Falle Bedenken gegen die Rechtsauffassung des LSG, daß bei dem Sachverhalt, über den hier zu entscheiden ist, überhaupt eine Wahlfeststellung getroffen werden kann. Das LSG hat auf Grund der Würdigung der Aussagen der Zeugen B und J die Feststellung getroffen, daß P. entweder einer Schädigung i. S. des § 1 BVG als Kriegsgefangener oder als Verschleppter einer unmittelbaren Kriegseinwirkung i. S. des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG erlegen ist. Im Gegensatz zu dem in BSG 13, 51 entschiedenen Falle hat es jedoch bei dem gegebenen Sachverhalt und den insoweit nicht übereinstimmenden Zeugenaussagen nicht hinreichend geprüft, welche anderen, nicht einen zur Versorgung berechtigenden Tatbestand des BVG erfüllenden Möglichkeiten in Betracht kommen und aus welchen Gründen sie mit hinreichender Sicherheit auszuschließen sind. Bei dem Beweisergebnis, das dem LSG vorlag, kam es auch durchaus in Betracht, daß P. nicht als Volkssturmangehöriger in Kriegsgefangenschaft geraten ist, daß er nicht mehr Kriegsgefangener gewesen ist, als er sich in das Memelland begab, und daß er auch nicht in dieses Gebiet i. S. des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG verschleppt worden ist. Jedenfalls scheiden diese Möglichkeiten nicht schon deshalb von vornherein als völlig unwahrscheinlich aus, weil einerseits der Zeuge J ausgesagt hat, P. habe ihm gegenüber mitgeteilt, daß er gegen Schluß des Krieges zum Volkssturm eingezogen gewesen, von den Russen bei Königsberg überrollt und von diesen beim Straßen- und Brückenbau eingesetzt worden sei, er sei aber dann von den Russen "laufengelassen" worden, während anderseits der Zeugin B von P. ein derartiger Sachverhalt nicht mitgeteilt worden ist. Ferner hat diese Zeugin zunächst bei ihrer Vernehmung am 14. November 1962 ausgesagt, sie wisse nicht, auf welchem Wege P. in das Memelland gelangt sei; sie hat aber dann bei ihrer Vernehmung am 5. August 1963 im Gegensatz hierzu angegeben, P. sei nach seinen Erzählungen im Jahre 1945 aus Königsberg nach dem Memelland "verbracht" worden. Demgegenüber hat der Zeuge J am 5. August 1963 ausgesagt, daß sich P. nach seinen Äußerungen ihm gegenüber freiwillig in das Memelland begeben habe, weil dort die Ernährungsverhältnisse besser gewesen seien als in dem von den Russen besetzten Gebiet Ostpreußens. Dieser Zeuge hat eine zwangsweise Verbringung des P. durch die Russen ins Memelland ausdrücklich verneint. Bei diesem Beweisergebnis können nicht ohne weiteres die Möglichkeiten ausgeschlossen werden, daß P. gar nicht Kriegsgefangener war und auch nicht von den Russen ins Memelland verschleppt worden ist. Es bestehen daher schon die erheblichsten Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Wahlfeststellung in dem Sinne, wie sie in dem angefochtenen Urteil getroffen worden ist. Zumindest hätte das LSG darlegen müssen, aus welchen Gründen andere Möglichkeiten des Geschehensablaufs als völlig unwahrscheinlich ausscheiden.
Aber selbst wenn man annehmen wollte, daß im vorliegenden Falle eine Wahlfeststellung in dem vom LSG getroffenen Sinne zulässig gewesen sein könnte, so ist diese Wahlfeststellung deswegen nicht gerechtfertigt, weil das LSG zumindest bei seiner Feststellung, P. sei in das Memelland i. S. des § 5 Abs. 1 Buchst. d BVG verschleppt worden, das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht hinreichend gewürdigt und somit gegen § 128 SGG verstoßen hat, wie der Beklagte in der Revisionsbegründung zutreffend rügt. Das LSG hat seine zweite Wahlfeststellung, P. sei in das Memelland verschleppt worden, lediglich auf die Angabe der Zeugin B in ihrer zweiten Vernehmung am 5. August 1963 gestützt, er sei nach seinen Erzählungen im Jahre 1945 aus Königsberg nach dem Memelland "verbracht" und nicht erst zwecks Aufräumungsarbeiten im Memelland aufgegriffen worden. Das Berufungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang nicht damit auseinandergesetzt, daß die Zeugin B in ihrer früheren Vernehmung am 14. November 1962 angegeben hat, P. habe ihr erzählt, daß er seine Familie zunächst in Königsberg und danach in Memelland gesucht habe, sie wisse nicht, auf welchem Wege P. schließlich ins Memelland gelangt sei; er sei dort - wie viele andere Männer - aufgegriffen und zu Arbeiten herangezogen worden. Mit diesem Widerspruch zwischen den Aussagen der Zeugin B hätte sich das LSG im Rahmen der Beweiswürdigung auseinandersetzen müssen. Es hat ferner seine Überzeugung, daß P. ins Memelland verschleppt worden sei, deswegen nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen, weil es die Aussage des Zeugen J vom 5. August 1963 im Rahmen der Prüfung, ob P. ins Memelland verschleppt worden ist, überhaupt nicht gewürdigt hat. Dieser Zeuge hat erklärt, daß P. nach seinen Mitteilungen schließlich in Ostpreußen von den Russen laufengelassen worden und ins Memelgebiet gekommen sei. Dort habe er zunächst in P. einen Schrotthandel angefangen. Er habe Pferd und Wagen gehabt, diese jedoch wieder veräußert, als er im Altersheim Aufnahme gefunden hatte. P. sei deshalb in das Memelland gekommen, weil die Ernährungsverhältnisse dort besser gewesen seien als in dem von den Russen besetzten Gebiet Ostpreußens. Er, der Zeuge, habe den Eindruck gehabt, daß P. nicht zwangsweise von den Russen ins Memelland verbracht worden sei. Diese Aussage des Zeugen J steht im Widerspruch zu den ziemlich unbestimmten Angaben der Zeugin B, daß P. ins Memelland "verbracht" worden sei, zumal diese Zeugin bei ihrer früheren Vernehmung angegeben hat, sie wisse nicht, auf welchem Wege P. ins Memelland gekommen sei. Es kann dahinstehen, ob bei diesem Beweisergebnis das LSG der zweiten Aussage der Zeugin B vom 5. August 1963 folgen konnte, ohne die Grenzen seines Rechts zur freien Beweiswürdigung zu überschreiten; jedenfalls hätte es sich in diesem Zusammenhang mit der entgegenstehenden Aussage des Zeugen J im Rahmen der Beweiswürdigung auseinandersetzen müssen.
Da somit die Feststellung des LSG, P. sei ins Memelland verschleppt worden, vom Beklagten mit Erfolg angegriffen worden ist, bindet diese Feststellung das Revisionsgericht nicht (§ 163 SGG). Das LSG wird insoweit erneut eine Beweiswürdigung vornehmen müssen, die das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt. Das angefochtene Urteil mußte daher aus diesem Grunde aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Bei der erneuten Entscheidung wird das LSG nochmals seine Rechtsauffassung zu überprüfen haben, ob P. im vorliegenden Falle bis zu seinem Tode im Jahre 1958 den Status eines Kriegsgefangenen gehabt hat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die auf der Aussage des Zeugen J beruhen, ist P. gegen Schluß des Krieges zum Volkssturm einberufen worden und als Volkssturmangehöriger in den Gewahrsam der Roten Armee gelangt. Aus dem Umstand, daß die Rote Armee nach den Angaben des Zeugen J P. in Ostpreußen "laufengelassen" hat, möchte das LSG folgern, daß dieser zwar nicht mehr in einem Lager oder sonst engbegrenztem Raum festgehalten, sondern sich selbst überlassen worden ist, daß aber seine Kriegsgefangenschaft damit noch nicht geendet hat, weil er nicht "heimgeschafft" worden ist. Im Gegensatz zum BVerwG hat das LSG die Rechtsauffassung vertreten, daß die Kriegsgefangenschaft für den vorher in Ostpreußen lebenden P. erst mit der Heimschaffung an seinen familienbestimmten Lebensmittelpunkt, also in die Bundesrepublik geendet hätte, weil sich dort seine Ehefrau befand. Für diese Auffassung beruft sich das LSG darauf, daß das Anrecht auf die Heimschaffung in Fortentwicklung der Haager Landkriegsordnung ausdrücklich und positiv in dem Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 27. Juli 1929 (RGBl II 1934, 227) geregelt ist. Insoweit wird das LSG jedoch noch zu prüfen haben, ob aus diesem Abkommen zu entnehmen ist, daß die Kriegsgefangenschaft in jedem Falle erst mit der Heimschaffung des Kriegsgefangenen endet. Es erscheint jedenfalls auch die Auffassung vertretbar, daß zwar nach Art. 75 dieses Abkommens die Heimschaffung der Kriegsgefangenen binnen kürzester Frist nach Friedensschluß vorzunehmen ist, daß also die Kriegsgefangenen ein "Anrecht" auf Heimschaffung haben; es ist aber aus dieser Vorschrift wohl kaum zu folgern, daß eine Kriegsgefangenschaft i. S. des BVG stets nur durch Heimschaffung enden kann. Das BSG hat jedenfalls bereits in mehreren Fällen ausgesprochen, daß eine Kriegsgefangenschaft auch in anderer Weise als durch Heimschaffung enden kann, zB durch Abschluß eines Arbeitsvertrages als Zivilarbeiter (BSG 3, 268) oder durch Flucht aus der Kriegsgefangenschaft (BSG 10, 62). Ist ein Kriegsgefangener in den Ostblockstaaten nach formeller Beendigung der Kriegsgefangenschaft in ein formelles Arbeitsverhältnis überführt worden, so verliert er allerdings wegen der dort bestehenden besonderen Verhältnisse nicht ohne weiteres seinen Status als Kriegsgefangener (vgl. BSG 13, 16), aber es ist durchaus möglich, daß er auch in diesen Staaten den Status als Kriegsgefangener verliert, wenn er aus dem Kriegsgefangenenlager entweder ausdrücklich (formell) entlassen oder einfach "laufengelassen" wird; eine beschränkte örtliche Bewegungsfreiheit beendet allerdings die Kriegsgefangenschaft nicht (vgl. BSG 13, 16). Ob P. seinerzeit, als er "laufengelassen" wurde, noch in seiner örtlichen Bewegungsfreiheit - abgesehen von der Unmöglichkeit, in das Gebiet der Bundesrepublik zurückzukehren - beschränkt war, wird das LSG noch festzustellen haben. Sollte es zu der Auffassung gelangen, daß die Kriegsgefangenschaft des P. durch das "Laufenlassen" tatsächlich - wenn auch wegen fehlender Heimschaffung nicht ordnungsgemäß - beendet war, wird es weiter zu prüfen haben, ob sich P. bis zu seinem Tode im Jahre 1958 noch auf dem nach § 4 BVG versorgungsrechtlich geschützten Heimweg aus der Kriegsgefangenschaft befunden hat. Wie der erkennende Senat in seinem nicht veröffentlichten Urteil vom 28. November 1962 - 10 RV 247/59 - bereits ausgesprochen hat, ist der Heimweg nach Beendigung der Kriegsgefangenschaft nicht nur bei ordnungsgemäßer Entlassung, sondern zB auch bei Flucht aus der Kriegsgefangenschaft geschützt (BSG 10, 62). Hierbei sind ausschlaggebend für Verlauf und Ende des Heimwegs die tatsächlichen Verhältnisse des einzelnen Falles (BSG 7, 243). Treten durch besondere Umstände - wie bei P. - Verzögerungen im Verlauf des Heimwegs ein, so dürfen Umfang und Dauer solcher Verzögerungen die nach den Verhältnissen des Einzelfalles notwendigen Grenzen nicht überschreiten, wie der erkennende Senat bereits in dem angeführten Urteil vom 28. November 1962 ausgesprochen hat. Das Berufungsgericht wird daher für den Fall, daß es die Beendigung der Kriegsgefangenschaft durch das "Laufenlassen" annehmen sollte, zu prüfen haben, ob sich P. bei den gegebenen Umständen noch bis zum Jahre 1958 auf dem versorgungsrechtlich geschützten Heimweg befunden hat, weil er aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu seiner Familie in die Bundesrepublik ausreisen konnte. Sollte nach Ansicht des LSG ein solcher versorgungsrechtlich geschützter Heimweg nicht mehr vorgelegen haben, wird das Berufungsgericht unter Abwägung der sich insoweit widersprechenden Aussagen der Zeugen B und J feststellen müssen, ob P. in das Memelland verschleppt worden ist oder nicht. Sollte endlich das LSG bei der von ihm noch vorzunehmenden Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangen, daß P. nicht in das Memelland verschleppt worden ist, wäre noch zu prüfen, ob vielleicht eine Internierung im Memelland i. S. des § 1 Abs. 2 Buchst. c BVG vorliegen könnte. Insoweit wird auf das Urteil des BSG vom 22. Februar 1961 (BSG 14, 50) hingewiesen, in dem ausgesprochen ist, daß ein Volksdeutscher, der nach dem Zusammenbruch 1945 in der Tschechoslowakei unter Verbot der Ausreise nach Deutschland zur Arbeit verpflichtet wurde, nicht i. S. des § 1 Abs. 2 Buchst. c BVG interniert war, wenn er im übrigen dem Wirtschafts- und Erwerbsleben des Aufenthaltsorts eingegliedert war und nicht auf engbegrenztem Raum festgehalten wurde.
Fundstellen