Leitsatz (redaktionell)
Auch ein nach 1900 geborener Handwerker kann als "selbständig Tätiger mit abgelegter Meisterprüfung" iS des DV vom 1964-07-30 § 5 Abs 1 angesehen werden, wenn er ein Handwerk betrieben hat, in die Handwerksrolle eingetragen war und diese Eintragung trotz nicht abgelegter Meisterprüfung nicht mehr gelöscht worden wäre.
Normenkette
BVG§ 30 Abs 3 u 4 DV § 5 Abs. 1 Fassung: 1964-07-30
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 17. Mai 1968 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Der 1904 geborene Ehemann der Klägerin (W.) ist im März 1943 auf einem Gefangenentransport nach Mittelasien verstorben. Er hatte nach Besuch der Volksschule das Bäckerhandwerk erlernt und die Gesellenprüfung bestanden, die Meisterprüfung jedoch nicht abgelegt. Seit 1925 (bis 1939) führte er in T, Kreis H, einen selbständigen Bäckereibetrieb mit Gemischtwarenhandlung. Dem 1964 gestellten Antrag der Klägerin, ihr zur Witwenrente einen Schadensausgleich nach § 40 a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zu gewähren, gab das Versorgungsamt mit Bescheid vom 9. Februar 1966 unter Zugrundelegung des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 7 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) statt. Mit ihrem Widerspruch begehrte die Klägerin, der Berechnung des Schadensausgleichs ein höheres Einkommen zugrunde zu legen, weil W. rechtmäßig den Titel Bäckermeister geführt habe. Damit war sinngemäß die Einreihung des W. in die Besoldungsgruppe A 9 beantragt. Nach erfolglosem Widerspruch (Bescheid vom 8. Juli 1966) hat die Klägerin Klage erhoben, die durch Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 8. November 1967 abgewiesen worden ist. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) nach Einholung einer Auskunft der Handwerkskammer H den Beklagten mit Urteil vom 17. Mai 1968 verurteilt, ab 1. Januar 1964 bei der Berechnung des Schadensausgleichs die Besoldungsgruppe A 9 BBesG mit den gesetzlich vorgesehenen Zuschlägen zugrunde zu legen. Es hat im wesentlichen ausgeführt, es bestehe kein Zweifel, daß W. auch ohne eine abgelegte Meisterprüfung in die Handwerksrolle seines Kammerbereichs eingetragen und somit sein Bäckereibetrieb im Ergebnis zumindest wirtschaftlich einem Meisterbetrieb gleichgestellt gewesen sei, und zwar spätestens mit Inkrafttreten der Dritten Verordnung (VO) über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 18. Januar 1935 (3. VO). Es könne dahingestellt bleiben, ob W. bereits vor dem 1. Januar 1932 in die Handwerksrolle eingetragen gewesen sei, auf jeden Fall habe er aufgrund der Bestimmung des § 20 Abs. 3 der 3. VO von Amts wegen in die Handwerksrolle eingetragen werden müssen, da er damals sein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betrieben habe und unterstellt werden dürfe, daß er dieses Gewerbe nach § 14 der Gewerbeordnung ordnungsgemäß angezeigt habe. Nach § 20 Abs. 3 Satz 2 der 3. VO sei zwar die Eintragung zu löschen gewesen, wenn der Gewerbetreibende nicht bis zum 31. Dezember 1939 den Nachweis habe erbringen können, daß er die Meisterprüfung nachgeholt habe. Diese Vorschrift sei aber durch Art. III der VO über Maßnahmen auf dem Gebiete des Handwerksrechts vom 17. Oktober 1939 (VO vom 17. Oktober 1939) bis auf weiteres ausgesetzt worden, so daß die Eintragung bis zum Tode des W. nicht habe gelöscht werden dürfen. Der Wortlaut: "abgelegte Meisterprüfung" des § 5 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG (DVO) vom 30. Juli 1964 (BGBl I S. 574), der auch auf die Vorschrift des § 40 a BVG anzuwenden sei - die DVO vom 28. Februar 1968 habe insoweit nichts geändert - spreche zwar gegen den Anspruch der Klägerin. Jede Norm einer VO sei aber nicht nur nach ihrem Sinngehalt, sondern auch nach dem Sinn und Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes auszulegen. Vergleiche man unter diesem Gesichtspunkt die Vorschrift des § 5 DVO mit der Vorschrift des § 40 a BVG, so zeige sich, daß die enger begrenzten Leistungsvoraussetzungen des § 5 DVO nicht in jedem Fall mit dem Ziel und Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes übereinstimmten. Der Berufsschadensausgleich diene in erster Linie dem wirtschaftlichen Ausgleich des Leistungsempfängers. Dementsprechend ließen die Vorschriften des § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG, insbesondere auch § 5 Abs. 2 und § 6 DVO idF der VO vom 28. Februar 1968, klar erkennen, daß der Gesetzgeber die Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der der Verstorbene angehört und die seine berufliche Lebensgrundlage gebildet habe, oder sein tatsächliches Einkommen für die Berechnung des Schadensausgleichs als entscheidend ansehe. Das Bundessozialgericht (BSG) habe deshalb zu Recht in seinem Urteil vom 19. Oktober 1967 - 8 RV 851/66 - entschieden, daß in den Fällen des § 20 Abs. 2 der 3. VO - betreffend die Handwerker der vor 1900 geborenen Jahrgänge - bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens des Ehemannes die Besoldungsgruppe A 9 BBesG auch dann zugrunde zu legen sei, wenn eine Meisterprüfung nicht abgelegt worden sei. W. sei zwar nach 1900 geboren, doch müsse das gleiche auch für die nach 1900 geborenen gelten, wenn sie entweder am 1. Januar 1932 bereits in die Handwerksrolle eingetragen waren oder nach § 20 Abs. 3 der 3. VO noch hätten eingetragen werden müssen. Alle selbständigen Handwerker ohne Meisterprüfung müßten - zumindest vom sozialen und wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen - gleich bewertet und behandelt werden; denn insoweit seien nicht nur die vor 1900 geborenen Handwerker, sondern auch alle übrigen Personen, die die weiteren Voraussetzungen des § 20 der 3. VO erfüllten, einem Meister gleichzusetzen. Wenn sonach die Übergangsbetriebe ohne Meister den Meisterbetrieben gleichzusetzen seien, dürften sie auch bei der Einkommensbemessung nicht deshalb unterschiedlich behandelt werden, weil ihre Inhaber verschiedenen Geburtsjahrgängen angehörten. Eine derartige Unterscheidung würde nicht auf das wirtschaftliche Einkommen, sondern auf persönliche Zufälligkeiten abstellen und somit dem gesetzlichen Zweck widersprechen. Bei dieser Sachlage komme es nicht mehr darauf an, weshalb W. die Meisterprüfung nicht mehr abgelegt habe oder ob er aus seiner selbständigen Tätigkeit Einnahmen gehabt habe, die in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung durch die Vorschrift des § 5 DVO nicht ausreichend berücksichtigt würden (§ 6 Abs. 2 DVO). Für W. habe nach Lage der Dinge keine Veranlassung bestanden, noch die Meisterprüfung abzulegen, da sein Betrieb in seiner sozialen und wirtschaftlichen Stellung einem Meisterbetrieb gleichgestanden habe.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte als Verfahrensmangel Verstöße gegen die §§ 103, 106 und 128 SGG sowie gegen § 5 DVO. Er trägt u. a. vor: Ausgangspunkt der Einstufung sei einzig und allein die Erfahrungstatsache, daß eine niedere, mittlere oder höhere Schulbildung, eine nicht abgeschlossene Berufsausbildung, eine mit der Gesellenprüfung beendete Lehre, eine abgelegte Meisterprüfung oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium jeweils einen geringeren oder größeren Aufstiegserfolg im Leben erwarten ließen. Die eindeutige Fassung des § 5 DVO lasse erkennen, daß mit dieser Norm alle anderen Möglichkeiten der Einkommensermittlung ausgeschlossen werden sollten. Es hätte der Ausnahmevorschrift des § 6 DVO nicht bedurft, wenn es sich bei den in § 5 DVO festgelegten Einkommensstufen nur um Regelsätze handelte, die eine anderweitige Einkommensermittlung im Einzelfalle zuließen. Daran ändere auch der in die DVO vom 20. Februar 1968 neu eingefügte Abs. 2 des § 5 nichts. Er stelle ebenso wie § 5 auf das Vorwärtskommen im Leben ab. Dafür sprächen eindeutig die Worte: "es sei denn, daß diese Tätigkeit nicht geeignet war, das wirtschaftliche Ergebnis der selbständigen Tätigkeit erheblich über das ohne Berufsausbildung erreichbare Maß zu fördern". Es müsse sich demnach um eine Tätigkeit handeln, die durch ihre Art die nicht vorhandene abgeschlossene Berufsausbildung etwa habe ersetzen und damit zu höheren Leistungen und einem besseren Erfolg habe führen können. Wenn das Urteil des LSG dem § 5 Abs. 2 den gleichen Gedankengang wie dem § 6 DVO entnehmen wolle, so begehe es nach dem oben Gesagten einen Denkfehler. Ein solcher liege auch vor, wenn das LSG sage, daß die Bestimmung des § 20 der 3. VO keine unterschiedliche Behandlung der durch die Absätze 1 bis 3 betroffenen Personenkreise erkennen lasse und offenbar auch nicht vorgesehen habe. Da infolgedessen aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht die allein denkbaren Schlußfolgerungen gezogen worden seien, müßten Verstöße im Sinne des § 162 Abs. 1 Ziffer 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gerügt werden. Ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel liege darin, daß das LSG jede Prüfung, in welchem Verhältnis die Bäckerei und das Kolonialwarengeschäft des W. in seinem 493 Einwohner zählenden Geburtsort gestanden haben, unterlassen habe. Es werde ohne nähere Feststellung unterstellt, daß eine Eintragung in die Handwerksrolle vorgelegen habe, ohne zu prüfen, ob der Bäckereibetrieb nur in so unerheblichem Umfang ausgeübt worden sei, daß es sich nicht eigentlich um einen Handwerksbetrieb gehandelt habe. Demnach seien die §§ 103, 106 SGG verletzt. Unter keinen Umständen könne davon ausgegangen werden, daß die Eintragung in die Handwerksrolle vor dem 1. Januar 1932 erfolgt sei, da hierfür jeder Anhaltspunkt fehle. Auch wenn es sich bei der Bäckerei nicht um einen handwerklichen Nebenbetrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 der 3. VO gehandelt habe, so berechtige die Eintragung doch nicht zur Gleichstellung mit einem Meister des Bäckerhandwerks. Wenn auch die Bedingung der Ablegung der Meisterprüfung zeitweise ausgesetzt worden sei, so sei doch nie auf sie verzichtet worden. Die Berechtigung zum selbständigen Betrieb eines Handwerks habe sich in Niedersachsen wie auch in anderen Zonen nach der 3. VO vom 18. Januar 1935 gerichtet. Diese VO sei erst durch § 125 Abs. 2 Ziff. 4, andere Bestimmungen durch § 125 Abs. 1 Ziff. 11 und § 126 Ziff. 3 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) idF vom 28. Dezember 1965 (BGBl 1966 I S. 2) - HwO - außer Kraft gesetzt worden. Die dem LSG erteilte Auskunft der Handwerkskammer H sei also unvollständig, wenn sie damit ende, daß nach dem Kriege allen heimkehrenden Soldaten, die keine Meisterprüfung abgelegt hatten, in großzügiger Weise durch die Eintragung in die Handwerksrolle geholfen worden sei, sofern sie vorher einen Betrieb geführt hätten. Zum selbständigen Betrieb eines Handwerks und zur Eintragung in die Handwerksrolle sowie zum Verbleiben in ihr sei mit Ausnahme der o. a. Fälle der vor dem 1. Januar 1932 eingetragenen und der später eingetragenen, aber vor dem 1. Januar 1900 geborenen Handwerker stets die Ablegung der Meisterprüfung Voraussetzung gewesen. Auch nach § 13 Abs. 1 HwO sei die Eintragung zu löschen, wenn die Voraussetzungen dazu nicht erfüllt seien. Hierzu gehöre gemäß § 7 Abs. 1 HwO die Ablegung der Meisterprüfung. Von etwaigen Ausnahmebewilligungen zum Betriebe eines stehenden Gewerbes als Handwerker, die ja immer selten erteilt würden, brauche in diesem Zusammenhang nicht gesprochen zu werden, da man nur von dem ausgehen könne, was die Regel sei. Nach dem normalen Ablauf der Dinge wäre W. ohne Ablegung der entsprechenden Prüfung nicht in der Handwerksrolle eingetragen geblieben; er hätte im Gegensatz zu einem vor dem 1. Januar 1900 Geborenen nicht unbeschränkte Zeit selbständig ein stehendes Gewerbe wie ein Handwerksmeister ausüben können. Eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 BBesG sei sonach unter keinem Gesichtspunkt denkbar. Die Ansicht des LSG, daß alle selbständigen Handwerker ohne Meisterprüfung - zumindest vom sozialen und wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen - gleich bewertet und behandelt werden müßten, verstoße gegen § 5 DVO.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 17. Mai 1968 aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen; hilfsweise, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Dem LSG-Urteil sei zuzustimmen, die Verfahrensrügen griffen nicht durch. - Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und deshalb zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sachlich konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.
Im vorliegenden Fall ist, worüber auch kein Streit besteht, davon auszugehen, daß die Klägerin einen Anspruch auf Schadensausgleich nach § 40 a BVG idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes vom 21. Februar 1964 (BGBl I, 85) (2. NOG) hat, und daß zur Ermittlung des nach § 40 a Abs. 2 in Verbindung mit § 30 Abs. 4 Sätze 2 und 3 sowie § 30 Abs. 7 BVG der Berechnung des Schadensausgleichs zugrundezulegenden Durchschnittseinkommens § 5 DVO vom 30. Juli 1964 anzuwenden ist. Diese Vorschriften haben durch das 3. NOG vom 28. Dezember 1966 (BGBl I, 750) und die DVO vom 28. Februar 1968 (BGBl I, 194) keine für den vorliegenden Fall wesentlichen Änderungen erfahren. Deshalb bedarf es keiner weiteren Ausführungen darüber, daß und weshalb der Verordnungsgeber in § 5 DVO die Höhe des fiktiven Durchschnittseinkommens für die selbständig Tätigen je nach der Art der Schul- und Berufsausbildung nach unterschiedlichen Besoldungsgruppen bestimmen konnte (vgl. hierzu Entscheidung des erkennenden Senats vom 25. Juli 1967 in SozR Nr. 1 zu § 6 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 - Ca 1 R - und zum Merkmal der Meisterprüfung: Urteil des erkennenden Senats vom 16. Juli 1968 in SozR Nr. 1 zu § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1961).
Zu prüfen ist jedoch, ob W. nach § 5 DVO wie ein selbständig Tätiger mit Volksschulbildung und "mit abgelegter Meisterprüfung" einzustufen ist, obwohl er - was unstreitig ist - die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk nicht abgelegt hat. Nach den Feststellungen des LSG hat W. als gelernter Bäckergeselle seit 1925 in Thalwenden, Kreis Heiligenstadt, einen selbständigen Bäckereibetrieb mit Gemischtwarenhandlung geführt. Das LSG hat nicht daran gezweifelt, daß W. auch ohne eine abgelegte Meisterprüfung in die Handwerksrolle seines Kammerbereichs eingetragen worden sei, weil - sofern die Eintragung nicht bereits vor dem 1. Januar 1932 erfolgte - der Betrieb auf jeden Fall aufgrund des § 20 Abs. 3 der Dritten Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 18. Januar 1935 (RGBl I, 15) - 3. VO - von Amts wegen in die Handwerksrolle habe eingetragen werden müssen und die Eintragung bis zum Tode des W. nicht habe gelöscht werden dürfen. "Unterstellt" hat das LSG nur die Anzeige des Gewerbes nach § 14 der Gewerbeordnung. Das LSG ist demgemäß zu dem Ergebnis gelangt, daß der Bäckereibetrieb des W. "zumindest wirtschaftlich einem Meisterbetrieb gleichgestellt gewesen" sei, weshalb dieser Betrieb in seiner sozialen und wirtschaftlichen Stellung nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes wie ein Meisterbetrieb im Sinne des § 5 DVO zu behandeln sei. Die gegen diese Feststellungen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Die Rüge, das LSG habe jede Prüfung, in welchem Verhältnis Bäckerei und Kolonialwarengeschäft (Gemischtwarenhandlung) in dem 493 Einwohner zählenden Ort T zueinander gestanden hätten, unterlassen und ohne nähere Feststellungen unterstellt, daß eine Eintragung in die Handwerksrolle vorgelegen habe, ohne zu prüfen, ob der Bäckereibetrieb nur in so unerheblichem Umfange ausgeübt worden sei, daß es sich nicht um einen eigentlichen Handwerksbetrieb gehandelt habe, ist zunächst nicht hinreichend substantiiert; denn es ist nicht angegeben, welche Umstände zu ernstlichen Zweifeln an der Annahme des LSG Anlaß gegeben haben sollten, daß W. einen normalen handwerklichen Bäckereibetrieb geführt hat und - wie jedes andere stehende Gewerbe - zumindest nach der 3. VO vom 18. Januar 1935 von Amts wegen in die Handwerksrolle eingetragen worden ist. Darüberhinaus konnte das LSG aus dem Inhalt der Versorgungsakten schließen, daß der Bäckereibetrieb offensichtlich den Schwerpunkt des Gesamtbetriebes gebildet hat, denn es ist in den zahlreichen in den Versorgungsakten enthaltenen Unterlagen fast stets überhaupt nur von dem Beruf des W. als Bäcker oder selbständiger Bäckermeister oder von einem selbständigen Bäcker, von der "eigenen Bäckerei" und dem Bäckergewerbe die Rede (so in den Versorgungsakten Bl. 5, 7, 8, 17, 28, 56, 112, 113 R, 114 und 131). Demgemäß ist auch die Versorgungsbehörde davon ausgegangen, daß W. "von 1925 - 1939 als selbständiger Bäcker tätig" war (vgl. Versorgungsakten Bl. 124 und den Bescheid vom 9. Februar 1966 unter Ziff. IV). Das LSG konnte auch ohne Verfahrensverstoß annehmen, daß der Gewerbebetrieb des W. in die Handwerksrolle eingetragen war. § 3 Abs. 1 der 3. VO vom 18. Januar 1935 bestimmte, daß in die Handwerksrolle nur eingetragen wird, wer die Meisterprüfung für das von ihm betriebene Handwerk oder eine gemäß § 133 Abs. 10 der Gewerbeordnung anerkannte gleichwertige Prüfung bestanden hatte oder die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen im Handwerk besaß. Nach § 20 Abs. 3 dieser VO waren jedoch natürliche Personen, die ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, beim Inkrafttreten dieser VO (am 24. Januar 1935; vgl. § 24 Abs. 1) ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betrieben und ihr Gewerbe gemäß § 14 der Gewerbeordnung ordnungsgemäß angezeigt hatten, von Amts wegen in die Handwerksrolle einzutragen, auch wenn sie den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 nicht entsprachen; sie waren bereits vor der Eintragung zur Fortsetzung ihres Gewerbebetriebes berechtigt. Die Eintragung war zu löschen, wenn der Gewerbetreibende nach dem 31. Dezember 1899 geboren war - das traf auf W. zu - und nicht bis zum 31. Dezember 1939 den Nachweis erbrachte, daß er den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 nunmehr genügte. Da der Bäckereibetrieb (mit Gemischtwarenhandlung) des W. schon viele Jahre vor dem Inkrafttreten dieser VO - nämlich seit 1925 bestanden hat und auch noch nach 1935 (bis 1939) weitergeführt wurde - nach den Angaben der Revision wurde die Bäckerei und Kolonialwarenhandlung nach vorläufiger Entlassung Mitte 1940 nochmals 1 1/2 Jahre von W. selbständig betrieben - und dieser für die Einwohner der kleinen Gemeinde Thalwenden (die Revision gibt selbst nur eine Zahl von 493 Einwohnern für 1939 an) wichtige Betrieb den Behörden nicht jahrelang verborgen bleiben konnte, durfte das LSG, zumal nichts Gegenteiliges bekannt geworden ist, davon ausgehen, daß dieses viele Jahre lang geführte stehende Gewerbe sowohl gemäß § 14 der Gewerbeordnung ordnungsgemäß angezeigt als auch in angemessener Zeit nach dem 24. Januar 1935 von Amts wegen in die Handwerksrolle eingetragen worden ist.
Die weitere Rüge der Revision, das LSG habe in verfahrensfehlerhafter Weise dadurch einen "Denkfehler" begangen, daß es dem § 5 Abs. 2 DVO "den gleichen Gedankengang wie dem § 6 DVO" entnommen habe und außerdem zu Unrecht der Auffassung gewesen sei, die Absätze 1 - 3 des § 20 der 3. VO ließen keine unterschiedliche Behandlung der betroffenen Personenkreise erkennen, geht schon deshalb fehl, weil etwaige dahingehende Mängel nicht den Gang des Verfahrens, sondern den sachlich-rechtlichen Inhalt der angefochtenen Entscheidung beträfen. Darüberhinaus ist das LSG-Urteil aber auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Das LSG hat zutreffend betont, daß die in § 20 Abs. 3 der 3. VO zur Nachholung der Meisterprüfung gesetzte Frist bis zum 31. Dezember 1939 durch Art. III der VO über Maßnahmen auf dem Gebiet des Handwerksrechts vom 17. Oktober 1939 (RGBl I, 2046) bis auf weiteres ausgesetzt worden ist. Denn hier wurde bestimmt, daß diese Handwerker bis auf weiteres auch ohne Erfüllung der Voraussetzung des § 3 Abs. 1 der 3. VO in der Handwerksrolle eingetragen bleiben. Die Feststellung des LSG, daß die Eintragung bis zum Tode des W. (im März 1943) nicht gelöscht werden durfte, ist sonach zutreffend. Da die Frist zur Nachholung der Meisterprüfung im Zeitpunkt des Todes des W. somit noch nicht abgelaufen war, ist zunächst von dieser Rechtsposition des W. auszugehen und kann der Klägerin deshalb auch nicht entgegengehalten werden, der Anspruch auf einen höheren Schadensausgleich sei deshalb unbegründet, weil W. diese Prüfung in den Jahren nach 1935 hätte ablegen können oder müssen.
Das LSG mußte nicht annehmen, daß die Eintragung des W. in der Handwerksrolle, wenn er gesund heimgekehrt wäre, später gelöscht worden sein würde. Das LSG konnte sich insoweit auf die vorliegenden Auskünfte zweier Handwerkskammern aus dem Land Niedersachsen, in dem die Klägerin nach ihrem Zuzug aus der Ostzone Ende 1960 ihren ständigen Aufenthalt genommen hat, stützen. In der Auskunft der Handwerkskammer H vom 7. Juli 1961 ist ausgeführt worden, daß der von der 3. VO betroffene Personenkreis in der Nachkriegszeit von der Verpflichtung zur Nachholung der Meisterprüfung freigestellt worden sei. Auch in der Auskunft der Handwerkskammer Hannover vom 14. Mai 1968 heißt es, daß nach dem Kriege allen heimkehrenden Soldaten, die keine Meisterprüfung abgelegt hatten, in großzügiger Weise dadurch geholfen worden sei, daß die Eintragung in die Handwerksrolle, soweit sie noch nicht vollzogen worden war, (sogar) nachgeholt worden sei, wenn der Betreffende bis zur Einberufung in die Wehrmacht einen Betrieb geführt hatte. Diese Handhabung stand auch nicht im Widerspruch zu den geltenden Bestimmungen. Bereits die 3. VO vom 18. Januar 1935 hatte in § 3 Abs. 2 bestimmt, daß die höhere Verwaltungsbehörde in besonderen Fällen nach Anhörung der Handwerkskammer Ausnahmen von der Vorschrift des Abs. 1 bewilligen kann. § 20 Abs. 4 der 3. VO sah ausdrücklich die entsprechende Anwendung des § 3 Abs. 2 auf den hier in Betracht kommenden Fall des § 20 Abs. 3 vor. Diese Vorschriften galten in Niedersachsen auch noch nach dem Zusammenbruch 1945. Denn in § 27 der Bekanntmachung des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft betreffend die VO des Zentralamtes für Wirtschaft in der britischen Zone vom 6. Dezember 1946 über den Aufbau des Handwerks (Amtsblatt für Niedersachsen 1947 S. 7, 9) war bestimmt, daß sich die Berechtigung zum selbständigen Betrieb eines Handwerks nach der 3. VO vom 18. Januar 1935 und den zu ihrer Durchführung, Abänderung und Ergänzung ergangenen Verordnungen usw. richtet. § 30 dieser Bekanntmachung bestimmte nochmals ausdrücklich, daß die 3. VO vom 18. Januar 1935 mit den zu ihrer Durchführung, Abänderung und Ergänzung ergangenen VOen usw. aufrecht erhalten bleibe; das gleiche galt für Art. II - IV der obengenannten VO vom 17. Oktober 1939 (RGBl I, 2046). Ebenso verwies das Gesetz über die Zulassung und Schließung von Gewerbebetrieben (Gewerbezulassungsgesetz) vom 29. Dezember 1948 (Niedersächsisches GVBl. 1948 S. 188) in § 3 Abs. 3 auf die 3. VO vom 18. Januar 1935 mit den dazu ergangenen Abänderungs- und Ergänzungsvorschriften. Die Handwerkskammern und die zuständigen Verwaltungsbehörden konnten sonach im Rahmen des ihnen zustehenden pflichtgemäßen Ermessens den außergewöhnlichen Schwierigkeiten, denen sich viele Heimkehrer gegenübersahen, in der geschilderten Weise Rechnung tragen. Denn wenn schon Ausnahmebewilligungen zulässig waren, so konnte es den zuständigen Behörden gerechtfertigt erscheinen, hiervon gerade bei solchen Heimkehrern Gebrauch zu machen, die vor der Einberufung im Einklang mit den bestehenden Vorschriften einen Handwerksbetrieb schon jahrelang selbständig geführt und damit die erforderliche Befähigung nachgewiesen hatten, denen aber nach langen Jahren des Wehrdienstes und der Gefangenschaft aus gesundheitlichen, altersmäßigen oder sonstigen beachtlichen Gründen die Nachholung einer förmlichen Meisterprüfung nicht mehr zuzumuten war.
Im übrigen schreibt zwar auch das Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung - HwO -) idF vom 28. Dezember 1965 (BGBl 1966 I S. 2) in § 7 Abs. 1 grundsätzlich vor, daß in die Handwerksrolle eingetragen wird, wer in dem von ihm zu betreibenden Handwerk ... die Meisterprüfung bestanden hat; dieses Gesetz sieht aber auch in § 7 Abs. 3 i. V. m. §§ 8 und 9 Ausnahmebewilligungen vor, so insbesondere dann, wenn der Antragsteller die zur selbständigen Ausübung des Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachweist und die Ablegung der Meisterprüfung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde (§ 8 Abs. 1 HwO). Mit dieser Legaldefinition des Ausnahmefalles sind die schon bisher von der Rechtsprechung angewandten Grundsätze, die u. a. dahin gehen, daß bei der Beurteilung der Frage des Ausnahmefalles nicht engherzig verfahren werden dürfe, lediglich bestätigt worden (vgl. Eyermann-Fröhler, Kommentar zur Handwerksordnung 2. Aufl. Anm. 15 und 16 zu § 8 HwO). Selbst wenn also W. erst so spät heimgekehrt wäre, daß sein Fall nach den Vorschriften der HwO vom 28. Dezember 1965 beurteilt werden müßte, könnte nicht angenommen werden, daß ihm unter Berücksichtigung seines beruflichen Werdegangs und seiner unverschuldeten langen Kriegsgefangenschaft sowie seines nunmehr hohen Alters von über 50 Jahren (vgl. aaO Anm. 17 und 21) und des sonst bei heimgekehrten Soldaten angelegten Maßstabes eine Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO versagt worden wäre.
Das LSG konnte sonach davon ausgehen, daß W. im Falle seiner Heimkehr in der Handwerksrolle nicht gelöscht worden wäre, sondern seinen selbständigen Handwerksbetrieb - auch ohne Nachholung der Meisterprüfung - hätte weiterführen können. Damit wäre er, wie das LSG mit Recht betont hat, einem selbständig Tätigen mit Meisterprüfung gleichgestellt gewesen. Der Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 DVO gebietet es nämlich, diese Personen den selbständig Tätigen mit abgelegter Meisterprüfung gleichzusetzen. Zu dieser Frage hat der 8. Senat des BSG im Urteil vom 19. Oktober 1967 (vgl. SozR Nr. 2 zu § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964), auf das wegen weiterer Einzelheiten verwiesen wird, allgemein ausgeführt, daß § 5 Abs. 1 DVO hinsichtlich des Zuordnungsmerkmals "abgelegte Meisterprüfung" trotz seiner scheinbaren Eindeutigkeit vor allem im Hinblick auf § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG auslegungsfähig und -bedürftig sei. Möge auch der von der 3. VO und der HwO erfaßte Personenkreis weder den Meistertitel führen noch Lehrlinge ausbilden dürfen, so fielen derartige Einschränkungen gegenüber der sonstigen Gleichstellung in der Führung eines Handwerksbetriebes nicht ins Gewicht. Denn die "alten" Handwerker, die in der selbständigen Führung eines Handwerksbetriebes eine umfassende Berufserfahrung hatten, hätten die gleiche Betätigungsmöglichkeit wie bisher gehabt und damit die gleichen Berufschancen, die der Verordnungsgeber den geprüften Meistern zubillige. Sie gehörten weiter der gleichen Berufsgruppe wie bisher an und müßten daher auch dem vom Verordnungsgeber herausgehobenen Personenkreis gleichgestellt werden. Sinn und Zweck des § 5 DVO sei die Ermittlung von Durchschnittseinkommen aus selbständiger Berufstätigkeit. Für die Erzielung und die Höhe eines Einkommens sei grundsätzlich die Befähigung und die Erlaubnis zur Führung des Handwerksbetriebes sowie die Ausübung des Gewerbebetriebes durch einen selbständig Tätigen entscheidend. Die Einkommenschance bei älteren Inhabern von Handwerksbetrieben, welche zur Ausübung der Handwerksbetriebe die Meisterprüfung nicht mehr abzulegen brauchten, sei nicht grundsätzlich verschieden gegenüber den jüngeren Inhabern von Handwerksbetrieben, die die Meisterprüfung abgelegt hätten. Damit seien alle Voraussetzungen, die zu einer Einkommensbemessung nach der Gruppe A 9 BBesG berechtigten, auch bei den ohne Ablegung der Meisterprüfung zur Fortführung des bisher betriebenen Gewerbes Berechtigten vorhanden. - Der erkennende Senat tritt dieser Rechtsauffassung des 8. Senats bei. Dessen Entscheidung betraf zwar einen Handwerker, der vor 1900 geboren war. Er unterschied sich aber von dem Fall des später geborenen W. nur dadurch, daß seine gemäß § 20 Abs. 3 der 3. VO von Amts wegen vorgenommene Eintragung in die Handwerksrolle wegen seines Alters auch dann nicht gelöscht wurde, wenn er die Meisterprüfung nach § 3 Abs. 1 nicht (bis zum 31. Dezember 1939) abgelegt hatte. Wie oben dargelegt worden ist, ist davon auszugehen, daß auch die Eintragung des W. in die Handwerksrolle - wenn auch aus einem anderen Grunde - trotz nicht abgelegter Meisterprüfung nicht mehr gelöscht worden wäre. Der insoweit allein wesentliche Sachverhalt, daß der selbständige Handwerksbetrieb auch ohne Meisterprüfung in der Handwerksrolle eingetragen bleibt bzw. geblieben wäre, und er damit einem Meisterbetrieb gleichsteht, ist sonach in beiden Fällen gleichgelagert. Deshalb ist es aus den oben genannten und vom erkennenden Senat gebilligten Entscheidungsgründen des 8. Senats nicht zu beanstanden, wenn das LSG den W. in die Besoldungsgruppe A 9 des BBesG eingestuft hat.
Demgemäß war die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen