Leitsatz (redaktionell)
Ein vor dem 1932-01-01 in die Handwerksrolle eingetragener Handwerker erfüllt auch ohne Ablegung der Meisterprüfung das Tatbestandsmerkmal iS der DV § 30 Abs 3 und 4 BVG § 5 Abs 1.
Normenkette
BVG § 30 Abs 3 u 4 DV § 5 Abs. 1 Fassung: 1964-02-28; BVG § 30 Abs. 3 DV § 5 Abs 1 Fassung: 1964-07-30
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Mai 1968 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin bezieht als Witwe ihres im März 1947 in russischer Gefangenschaft verstorbenen Ehemannes (R.) Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nach ihren Angaben hatte der 1903 geborene R. die Volksschule besucht, sodann eine Lehre im Zimmerhandwerk durchgemacht, bis Mai 1925 in verschiedenen Zimmerbetrieben gearbeitet, seit Ende des Jahres 1925 seinen Handwerkerberuf selbständig ausgeübt und 1929 außerdem ein Sägewerk übernommen, in dem ständig sechs Personen beschäftigt waren. Ein Nachweis über die Ablegung der Meisterprüfung konnte nicht erbracht werden. Nach Mitteilung der Handwerkskammer K vom 5. April 1968 war R. vom 1. April 1930 bis 4. August 1948 in der Handwerksrolle eingetragen. Gewerbepolizeilich wurden gemäß der Auskunft der Amtsverwaltung P vom 8. September 1966 der Handwerks- und Sägewerksbetrieb am 1. April 1931 angemeldet.
Die Klägerin, der erhöhte Ausgleichsrente nach § 41 Abs. 3 BVG idF des Ersten Neuordnungsgesetzes (1. NOG) bewilligt worden war, stellte im November 1964 den Antrag, die Versorgungsbezüge nach den Bestimmungen des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) neu zu berechnen. Durch Bescheid vom 10. Februar 1965 wurde ihr ab 1. Januar 1964 u. a. Schadensausgleich gemäß § 40 a BVG unter Zugrundelegung des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 5 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zuzüglich des Ortszuschlags nach Stufe 2 und Ortsklasse A gewährt. Auf ihren Widerspruch ordnete das Landesversorgungsamt (LVersorgA) durch Bescheid vom 21. Dezember 1965 an, daß der Berechnung des Schadensausgleichs die Besoldungsgruppe A 7 BBesG zugrunde zu legen sei. Die Bezüge wurden dementsprechend durch Bescheid vom 27. Januar 1966 neu berechnet.
Im Klageverfahren hat die Klägerin angegeben, ihr Ehemann habe, wenn er die Meisterprüfung nicht abgelegt haben sollte, sich doch zumindest um die Ablegung der Meisterprüfung bemüht und einen Vorbereitungskursus besucht. Deshalb müsse der Berechnung des Schadensausgleichs die Besoldungsgruppe A 9 BBesG zugrunde gelegt werden. Das Sozialgericht (SG) hat über die beruflichen Verhältnisse des R., insbesondere darüber, ob er die Meisterprüfung abgelegt oder die Absicht dazu gehabt habe, Zeugen vernommen und Auskünfte eingeholt. Mit Urteil vom 25. Juli 1967 hat es den Beklagten antragsgemäß verurteilt, der Klägerin ab 1. Januar 1964 Schadensausgleich nach einem Vergleichseinkommen des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 9 BBesG zuzüglich des Ortszuschlages Stufe 2 und Ortsklasse A zu gewähren. Durch Urteil vom 30. Mai 1968 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, nach § 40 a BVG i. V. m. § 5 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 idF vom 28. Februar 1968 sei als Vergleichsgrundlage für die Ermittlung des Einkommensverlustes bei selbständig Tätigen mit Volksschulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 BBesG, mit abgelegter Meisterprüfung das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 BBesG zugrunde zu legen. In Anwendung der von dem Bundessozialgericht (BSG) in dem Urteil vom 19. Oktober 1967 - 8 RV 851/66 - zu § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 ausgesprochenen Rechtsgrundsätze sei der Ehemann der Klägerin einem selbständig Tätigen mit abgelegter Meisterprüfung gleichzustellen. Da er seit dem 1. April 1930 in der Handwerksrolle eingetragen gewesen sei, sei er auch befugt gewesen, ein Handwerk selbständig zu führen. Nach § 3 der Dritten Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 18. Januar 1935 (3. VO) sei zwar Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle die Ablegung der Meisterprüfung gewesen. Nach § 20 dieser Verordnung seien aber die vor dem 1. Januar 1932 in die Handwerksrolle eingetragenen Personen auch dann eingetragen geblieben, wenn sie eine Meisterprüfung nicht abgelegt hätten. Die Übergangsvorschrift des § 119 Abs. 1 der Handwerksordnung idF vom 28. Dezember 1965 habe die bei Inkrafttreten der Handwerksordnung vorhandene Berechtigung eines Gewerbetreibenden, den Handwerksbetrieb als stehendes Gewerbe selbständig zu betreiben, aufrechterhalten. Da R. auch ohne abgelegte Meisterprüfung die Befugnis gehabt habe, seinen Handwerksbetrieb selbständig zu führen, könne seine Einkommenschance nicht grundsätzlich verschieden sein im Vergleich zu den jüngeren Inhabern von Handwerksbetrieben, die nach den gesetzlichen Vorschriften die Meisterprüfung abzulegen gehabt hätten. Hierbei sei es auch nicht von Belang, ob R. die Lehrzeit mit einer Gesellenprüfung abgeschlossen habe oder nicht, denn Grundlage der - gleichen - Berufs- und Einkommenschance sei nicht die Gesellenprüfung - sie sei auch keine Voraussetzung der gesetzlichen Berechtigung zur selbständigen Handwerksführung gewesen -, sondern die mit der selbständigen Führung eines Handwerks erlangte umfassende Berufserfahrung. An dieser habe es bei R. nicht gefehlt; dies ergebe sich aus dem Schreiben der Gemeindeverwaltung Oberdreis vom 10. April 1963, in dem R. "als der beste Konstrukteur und Zimmermeister für Dachaufbauten im hiesigen Raum" beurteilt und als "erstklassiger Fachmann" bezeichnet worden sei. Der von dem BSG in der Entscheidung vom 19. Oktober 1967 beurteilte Fall habe zwar nur einen vor 1900 geborenen und nach dem 31. Dezember 1931 in die Handwerksrolle eingetragenen Handwerker betroffen; diesem Personenkreis müßten aber auch die Handwerker gleichgestellt werden, die (nach dem 31. Dezember 1899 geboren und) vor dem 1. Januar 1932 in die Handwerksrolle eingetragen worden seien.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte Verletzung der §§ 40 a BVG, 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964. Trotz Kenntnis des Urteils des BSG vom 19. Oktober 1967 habe der Gesetzgeber bei der Neufassung der DVO vom 28. Februar 1968 in § 5 Abs. 1 keine Änderung des Tatbestandsmerkmals "mit abgelegter Meisterprüfung" vorgenommen, sondern es bei der früheren bewährten Regelung gelassen und damit zu erkennen gegeben, welche entscheidende Bedeutung er diesem Tatbestandsmerkmal beimesse. Die von dem BSG bejahte Auslegungsfähigkeit und Auslegungsbedürftigkeit des § 5 der DVO habe die Tatsachengerichte veranlaßt, die Vorschrift extensiver auszulegen als es mit ihrem Zweck vereinbar sei. Die Ausdehnung des Schutzes der älteren Handwerker führe zu uneinheitlichen und auch ungerechten Entscheidungen. R. sei auf Grund der Übergangsbestimmungen der 3. VO nicht verpflichtet gewesen, die Meisterprüfung nun auch abzulegen. Mit der Eintragung in die Handwerksrolle sei aber die Befugnis zur Ausbildung von Lehrlingen nicht verbunden gewesen. Auch sei nichts darüber bekannt, daß R. diese Befugnis im Ausnahmewege erhalten habe. Der Sachverhalt unterscheide sich wesentlich von den Streitfällen, die das BSG entschieden habe, dadurch, daß hier der Verstorbene auch keine Gesellenprüfung abgelegt habe.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des SG Koblenz vom 25. Juli 1967 und des LSG Rheinland-Pfalz vom 30. Mai 1968 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 10. Februar 1965 idF des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 1965 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie hat ausgeführt, mit dem LSG sei davon auszugehen, daß das Tatbestandsmerkmal "mit abgelegter Meisterprüfung" in § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG sinngemäß auch auf die nach 1900 geborenen und am 1. Januar 1932 bereits in die Handwerksrolle eingetragenen Handwerker zutreffe, denn sie seien den Handwerksmeistern gleichgestellt worden.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und deshalb zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sachlich ist sie nicht begründet.
Streitig ist - für die Zeit vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1966 - die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG vom 30. Juli 1964 (BGBl I 574) und - für die Zeit ab 1. Januar 1967 - die Anwendung dieser Vorschrift in der seither geltenden Fassung vom 28. Februar 1968 (BGBl I 194). Nach der in beiden Fassungen gleichlautenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 der DVO ist das Durchschnittseinkommen des selbständig Tätigen mit Volksschulbildung, abgeschlossener Berufsausbildung und abgelegter Meisterprüfung das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 BBesG, das als Vergleichseinkommen um den Ortszuschlag nach Stufe 2 und Ortsklasse A BBesG zu erhöhen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 der DVO). Mit dem Bescheid vom 21. Dezember 1965 hat der Beklagte der Berechnung des Schadensausgleichs der Klägerin nur das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 7 BBesG zugrunde gelegt, d. h. die für einen selbständig Tätigen mit Volksschulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung, aber ohne abgelegte Meisterprüfung maßgebliche Besoldungsgruppe. Damit hat der Beklagte diese Vorschrift nicht zutreffend angewendet. Mit Recht sind das SG und das LSG davon ausgegangen, daß R. auf Grund seiner im wesentlichen der Stellung eines Meisters entsprechenden rechtlich und damit auch wirtschaftlich geschützten Berufsstellung nicht anders als die Personen zu behandeln sei, die die Meisterprüfung abgelegt haben. Diese Auffassung hat der 8. Senat des BSG in dem Urteil vom 19. Oktober 1967 - 8 RV 851/66 - (BSG 27, 184 = BSG in SozR Nr. 2 zu § 5 der DVO vom 30. Juli 1964) hinsichtlich der vor 1900 geborenen Handwerker, die vor dem Inkrafttreten der 3. VO über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks vom 18. Januar 1935 (RGBl I 15) - 3. VO - ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betrieben, ihr Gewerbe auch nach § 14 der Gewerbeordnung angemeldet hatten und deshalb von Amts wegen in die Handwerksrolle einzutragen waren, eingehend begründet. In diesem Urteil ist insbesondere auch ausgeführt, daß gegenüber der Gleichstellung mit den Meistern hinsichtlich des Rechts auf Führung eines Handwerksbetriebes die Einschränkungen der bloß in die Handwerksrolle eingetragenen Handwerker, nämlich etwa den Meistertitel nicht führen zu dürfen und Lehrlinge nicht ohne Sondergenehmigung ausbilden zu können, nicht ins Gewicht fielen. Die "alten" Handwerker hätten die gleiche Betätigungsmöglichkeit wie bisher und damit die gleichen Berufschancen wie die geprüften Meister gehabt. Der erkennende Senat hat sich in dem Urteil vom 27. Januar 1970 - 9 RV 500/68 - dieser Auffassung grundsätzlich auch für den Fall angeschlossen, daß die Eintragung in die Handwerksrolle nicht bereits vor dem 1. Januar 1932 erfolgt ist und der Handwerker, der seinen selbständigen stehenden Gewerbebetrieb angemeldet hatte, nach 1900 geboren war. Diese Personen waren zwar nach § 20 Abs. 3 der 3. VO in die Handwerksrolle einzutragen, hatten aber - ursprünglich bis zum 31. Dezember 1939 - den Nachweis zu erbringen, daß sie den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 der Verordnung - durch Nachholung der Meisterprüfung - genügten. Hätte diese Eintragung in die Handwerksrolle später jedoch nicht gelöscht werden dürfen und wäre diesen Personen wahrscheinlich eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden, so sind auch sie bei der Anwendung des § 5 Abs. 1 der DVO entsprechend ihrer Berufsstellung wie Meister zu behandeln. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich nicht unwesentlich von den in den Urteilen vom 19. Oktober 1967 und 27. Januar 1970 entschiedenen Fällen; jedoch ändert sich dadurch das Ergebnis nicht.
Das LSG hat festgestellt, daß der 1903, also nach dem 31. Dezember 1899 geborene R. bereits am 1. April 1930, also nicht nur vor dem Inkrafttreten der 3. VO, sondern auch schon vor dem 1. Januar 1932, in die Handwerksrolle eingetragen worden war. Nach § 20 Abs. 1 der 3. VO blieben Personen, die vor dem 1. Januar 1932 in die Handwerksrolle eingetragen worden waren, auch dann eingetragen, wenn sie den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 der 3. VO nicht entsprachen. Sie hatten ein unentziehbares Recht auf Ausübung ihres Handwerksbetriebes erworben und mußten nicht - wie die erst nach dem 31. Dezember 1931 in die Handwerksrolle eingetragenen und nach dem 1. Januar 1900 geborenen Handwerker - bis zum 31. Dezember 1939 den Nachweis erbringen, daß sie den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 genügten. Sie fielen auch nicht unter den in § 20 Abs. 3 der 3. VO genannten Personenkreis, der noch nicht in die Handwerksrolle eingetragen war und der ebenso wie die in § 20 Abs. 2 der 3. VO genannten Handwerker grundsätzlich die Meisterprüfung nachzuholen hatten. Darum war nach § 20 Abs. 4 der 3. VO die Vorschrift des § 3 Abs. 2, die die Zulässigkeit von Ausnahmebewilligungen betraf, auch nur auf die Fälle des § 3 Abs. 2 und 3 - somit nicht auf den hier gegebenen Fall des Abs. 1 - der 3. VO entsprechend anzuwenden. Durch Art. III § 4 der Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiet des Handwerksrechts vom 17. Oktober 1939 (RGBl I 2046) ist angeordnet worden, daß diejenigen Handwerker, deren Eintragung in die Handwerksrolle nach § 20 der 3. VO über den 31. Dezember 1939 hinaus nur aufrechterhalten bleibe, wenn sie die Erfüllung der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 dieser Verordnung nachwiesen, bis auf weiteres - auch ohne Erfüllung dieser Voraussetzungen - in der Handwerksrolle eingetragen blieben. Diese Bestimmung konnte sich nur auf die in § 20 Abs. 2 und 3, nicht auf die in § 20 Abs. 1 der 3. VO geregelten Fälle beziehen, weil die bereits vor dem 1. Januar 1932 in die Handwerksrolle eingetragenen Personen ohne jeden Vorbehalt "eingetragen blieben". Deshalb bedurften sie auch keiner Ausnahmegenehmigung, wenn sie nach Beendigung des Krieges ihren Handwerksbetrieb fortsetzen wollten. Im Lande Rheinland-Pfalz galt in der Nachkriegszeit zunächst weiterhin die 3. VO (vgl. RdVerfg des MWf Wi. u. Vk. vom 22. August 1949, veröffentlicht in dem Ministerialblatt der Landesregierung von Rheinland-Pfalz 1949 Spalte 428). Durch die am 5. September 1949 in Kraft getretene Handwerksordnung vom 2. September 1949 (Gesu VOBl Rheinland-Pfalz 1949 S. 379) wurde in § 3 Abs. 1 wiederum bestimmt, daß im Lande Rheinland-Pfalz in die Handwerksrolle nur eingetragen werde, wer die Meisterprüfung für ein von ihm betriebenes oder für ein diesem verwandtes Handwerk bestanden habe. Nach § 20 Abs. 1 dieses Gesetzes blieb aber, wer bei Inkrafttreten dieses Gesetzes in der Handwerksrolle eingetragen war, eingetragen. Sei die Eintragung nicht endgültig, sondern auf Grund "bis jetzt" gültiger handwerklicher Vorschriften oder einer Ausnahmebewilligung an eine Bedingung geknüpft oder befristet, so entscheide die Handwerkskammer nach pflichtgemäßem Ermessen darüber, ob die Bedingung oder Befristung gestrichen oder zugunsten des Eingetragenen geändert werde (§ 20 Abs. 1 Satz 2 dieses Gesetzes). § 20 des Gesetzes vom 2. September 1949 läßt somit die bereits erworbenen Rechte auf Ausübung eines Handwerksbetriebes unberührt; es knüpft an die reichsgesetzlich geschaffene Rechtslage an und bedeutet eine nur geringfügige Modifizierung der in den §§ 3 Abs. 1 und 2, 20 Abs. 1 bis 4 der 3. VO enthaltenen Regelung des Rechts zur selbständigen Ausübung des Handwerksbetriebes. Das Gesetz vom 2. September 1949 ist nach Art. 125 Nr. 2 des Grundgesetzes (GG) Bundesrecht geworden; denn es ist vor dem Zusammentritt des ersten Deutschen Bundestages am 7. September 1949, nämlich am 5. September 1949, verkündet worden, betrifft einen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 Nr. 11 GG) und hat früheres Reichsrecht abgeändert. Als Abänderung im Sinne des Art. 125 Nr. 2 GG ist jede Verfügung des Landesgesetzgebers über früheres Reichsrecht anzusehen, dessen Gegenstand zur konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gehört (BVerfG 7, 19, 27; 7, 330, 338). Das Gesetz vom 2. September 1949 ist somit revisibel (§ 162 Abs. 2 SGG). Wäre R. aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, hätte er somit ein Recht auf Fortführung seines Handwerksbetriebes gehabt, weil er in der Handwerksrolle eingetragen war und die Eintragung auch ohne Nachholung der Meisterprüfung oder Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht hätte gelöscht werden dürfen. An dieser Rechtslage hat sich auch nichts durch das Inkrafttreten der Handwerksordnung vom 17. September 1953 (BGBl I 1411) geändert, durch die das Gesetz des Landes Rheinland-Pfalz vom 2. September 1949 aufgehoben worden ist (§ 121 Nr. 13). In § 112 Abs. 1 Satz 1 dieser neuen Handwerksordnung ist wiederum bestimmt, daß die bei Inkrafttreten des Gesetzes vorhandene Berechtigung eines Gewerbetreibenden, ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig zu betreiben, bestehen bleibt. Dasselbe gilt nach § 119 Abs. 1 Satz 1 der Handwerksordnung idF vom 28. Dezember 1965 (BGBl 1966 I 2). Eine auf Grund der Übergangsbestimmungen der 3. VO von 1935 erworbene Berechtigung bleibt somit bestehen (Eyermann-Fröhler, Handwerksordnung 2. Aufl. § 119 Anm. 1 unter Bezugnahme auf BVerwG vom 17. Juli 1959 GewA 63, 10). Durch diese Vorschrift sollte der gewerberechtliche Besitzstand aller Handwerker gewahrt werden, die beim Inkrafttreten der Handwerksordnung ihren Betrieb rechtmäßig selbständig führten (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1959 - BVerwG VII C 98.59 in Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des BVerwG Bd. 4 e, 451.45 Nr. 1 zu § 112 der Handwerksordnung). Auf Grund der Rechtsstellung, die R. bei glücklicher Heimkehr gehabt hätte, hat das LSG ihn deshalb mit Recht den Personen gleichgestellt, die eine Meisterprüfung abgelegt haben und in die Besoldungsgruppe A 9 BBesG einzuordnen sind. Zutreffend hat das LSG auch festgestellt, es komme nicht darauf an, ob der Nachweis geführt sei, daß R. die Gesellenprüfung abgelegt habe. Die Frage, ob im Jahre 1930 der Nachweis einer Gesellenprüfung für die Eintragung des R. in die Handwerksrolle erforderlich war, betraf nur die Voraussetzungen der Eintragung in die Handwerksrolle, ließ aber, solange eine Löschung nicht erfolgt war, die aus der Eintragung erlangte Rechtsstellung unberührt. Im übrigen ergaben sich im vorliegenden Falle hinsichtlich einer ausreichenden Berufserfahrung des R. keine Bedenken, was das LSG mit Recht dem Schreiben der Gemeindeverwaltung Oberdreis vom 10. April 1963 entnommen hat.
Da hiernach das LSG mit Recht die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Koblenz vom 25. Juli 1967 zurückgewiesen hat, war auch die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen