Leitsatz (amtlich)

Das auf Grund freiwilliger Versicherung in der Rentnerkrankenversicherung von einer AOK gewährte satzungsmäßig erhöhte Sterbegeld (RVO § 204) ist dann auf das Bestattungsgeld nach dem BVG anzurechnen, wenn der Träger der Rentenversicherung einen Ausgleichsbetrag gemäß RVO § 381 Abs 4 geleistet hat.

 

Normenkette

BVG § 36 Abs. 3 Fassung: 1953-08-07; RVO § 204 Fassung: 1956-06-12, § 381 Abs. 4 Fassung: 1956-06-12

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. März 1960 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Bestattungsgeld nach ihrem am 28. Februar 1957 verstorbenen Ehemann. Dieser hatte bis zu seinem Ableben neben dem Altersruhegeld aus seiner Angestelltenversicherung (AnV) Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H. bezogen. Der Tod ist unstreitig nicht die Folge einer anerkannten Schädigung gewesen. Nachdem das Versorgungsamt (VersorgA) geklärt hatte, daß die Klägerin von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) des Ennepe-Ruhrkreises ein Sterbegeld nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) in Höhe von 280,- DM erhalten hatte, hat es durch Bescheid vom 29. Mai 1957 ein Bestattungsgeld in Höhe von 150,- DM bewilligt, darauf aber das von der AOK gezahlte Sterbegeld in voller Höhe angerechnet, so daß keine Zahlung geleistet worden ist. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1957).

Mit der Klage ist geltend gemacht, der Ehemann der Klägerin sei bei der AOK freiwillig gegen Krankheit versichert gewesen; deshalb dürfe das Sterbegeld nicht angerechnet werden. Durch Urteil vom 17. Juli 1958 hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten für verpflichtet erklärt, einen Bescheid zu erteilen, mit dem der Klägerin ein Bestattungsgeld in Höhe von 150,- DM gewährt werde. Es hat die Berufung zugelassen. Das Sterbegeld der AOK habe nicht angerechnet werden dürfen, weil es aus einer freiwilligen Weiterversicherung und der Zusatzversicherung bezahlt worden sei; dies sei in der Verwaltungsvorschrift (VerwV) Nr. 5 zu § 36 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ausdrücklich bestimmt.

Der Beklagte hat Berufung eingelegt und unter Bezugnahme auf eine Auskunft der AOK für den Ennepe-Ruhrkreis geltend gemacht, für den Ehemann der Klägerin habe die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gemäß § 381 Abs. 4 RVO vom 1. August 1956 an einen monatlichen Ausgleichsbetrag in Höhe von zunächst 10,40 DM und zuletzt 11,50 DM gezahlt. Durch Urteil vom 17. März 1960 hat das Landessozialgericht (LSG) unter Abänderung des Urteils des SG die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Der Ehemann der Klägerin sei vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Krankenversicherung der Rentner vom 12. Juni 1956 als Empfänger von Ruhegeld bei der AOK pflichtversichert gewesen und habe erst danach seine Krankenversicherung freiwillig fortgesetzt; nach § 515 RVO brächten die Träger der Rentenversicherung der Angestellten die Mittel für die Krankenversicherung der freiwillig Weiterversicherten auf; dies sei für den Ehemann der Klägerin durch die Gewährung eines Ausgleichsbetrages geschehen, so daß er die fälligen Beiträge, wenn überhaupt, nur zu einem kleinen Teil selbst entrichtet habe und das von der AOK gewährte Sterbegeld zu Recht auf das Bestattungsgeld angerechnet worden sei.

Die Klägerin hat Revision eingelegt und beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 17. März 1960 die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 17. März 1960 die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen zurückzuverweisen.

Sie rügt mit näherer Begründung eine Verletzung der Vorschrift des § 36 Abs. 3 BVG aF; ihr Ehemann sei freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen, so daß eine Leistung auf Grund dieser Versicherung auf das Bestattungsgeld nicht angerechnet werden dürfe.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Revision ist durch Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und mithin zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.

Nach § 36 BVG in der hier maßgebenden Fassung vor dem Ersten Neuordnungsgesetz wird beim Tod eines rentenberechtigten Beschädigten ein Bestattungsgeld gewährt. Es beträgt 150,- DM, wenn der Tod nicht die Folge einer anerkannten Schädigung ist. Vom Bestattungsgeld werden zunächst die Kosten der Bestattung bestritten und an den gezahlt, der die Bestattung besorgt hat. Für einen Überschuß führt das Gesetz Bezugsberechtigte mit einer Rangfolge ihrer Berücksichtigung auf. Nach Abs. 3 ist eine auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften für den gleichen Zweck zu gewährende Leistung anzurechnen. Hier ist für den Ehemann der Klägerin ein Sterbegeld von der AOK nach der RVO gewährt worden. Nach § 203 RVO werden vom Sterbegeld zunächst die Kosten der Bestattung bestritten und an den gezahlt, der die Bestattung besorgt hat. Für den Bezug des Überschusses ist gleichfalls eine Rangordnung der Bezugsberechtigten aufgestellt, die mit der Vorschrift des § 36 Abs. 2 Satz 3 BVG im wesentlichen übereinstimmt. Demgemäß haben die Vorinstanzen das Sterbegeld, das von der AOK geleistet worden ist, zu Recht als eine für den gleichen Zweck gewährte Leistung angesehen. Bei der Prüfung der Frage, ob das Sterbegeld "auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften" im vorliegenden Falle gewährt worden ist, sind das SG und das LSG davon ausgegangen, daß der Ehemann der Klägerin zur Zeit seines Ablebens in der Rentnerkrankenversicherung freiwillig weiterversichert war. Dies ist frei von Rechtsirrtum.

Das SG hat aber zu Unrecht wegen dieser freiwilligen Weiterversicherung das Sterbegeld nach der RVO gemäß Nr. 5 der VerwV in der Fassung vom 9. August 1956 zu § 36 BVG für nicht anrechnungsfähig gehalten. Denn wenn dort auch bestimmt ist, eine auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften für den gleichen Zweck zu gewährende Leistung, die auf das Bestattungsgeld anzurechnen sei, sei neben anderem das aus einer Pflichtversicherung zu gewährende Sterbegeld, so ist doch nicht angeordnet worden, daß ein Sterbegeld auf Grund einer freiwilligen Versicherung bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nicht anzurechnen sei. Auch ein Umkehrschluß aus der Wortfassung - weil nur die Pflichtversicherung aufgeführt ist - führt nicht zwingend dazu, Leistungen auf Grund der freiwilligen Versicherung oder freiwilligen Weiterversicherung nicht anzurechnen, zumal die anzurechnenden Leistungen nur beispielsweise aufgeführt sein können. Nur wenn die VerwV ausdrücklich bestimmt hätten, daß Leistungen aus der freiwilligen Versicherung nicht anzurechnen wären, würde - obwohl eine VerwV das Gesetz nicht ändern kann - zu prüfen sein, welche Wirkungen eine solche VerwV hätte. Demgemäß hat das LSG zutreffend die VerwV in der Fassung, die zur Zeit des Bescheids vom 29. Mai 1957 galt, dahin ausgelegt, daß sie die Anrechnung eines Sterbegeldes aus der freiwilligen Versicherung in der Rentnerkrankenversicherung nicht ausschließt.

Das Berufungsgericht hat das Sterbegeld nicht allein deshalb nach § 36 Abs. 3 BVG angerechnet, weil auch Leistungen auf Grund einer freiwilligen Versicherung bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung als Leistung "auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften" anzusehen sind. Auch der freiwillig Versicherte erhält die Leistungen auf Grund des Gesetzes, nämlich der RVO, und leistet seine Beiträge ebenfalls auf Grund des Gesetzes; das Gesetz tritt hier an die Stelle der Satzung eines privaten Versicherungsvereins. Die Vorinstanz hat vielmehr, ohne es ausdrücklich auf das Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 31. Januar 1957 abzustellen, als entscheidend angesehen, wie die Beiträge für die Rentnerkrankenversicherung des Ehemannes der Klägerin und mithin die Mittel für die Gewährung des Sterbegeldes aufgebracht worden sind. Dies ist frei von Rechtsirrtum. Denn der Gesetzgeber hat im BVG wie auch in der RVO grundsätzlich Doppelleistungen aus der Sozialversicherung und dem Kriegsopferrecht ausgeschlossen, die auf Grund des gleichen Ereignisses an sich zustehen würden (vgl. § 65 BVG, §§ 1278 bis 1280 RVO). Dabei hat er die Fälle besonders geregelt, in welchen der Versicherte oder Versorgungsberechtigte selbst Beiträge geleistet und die Voraussetzungen für Leistungen erfüllt hat (vgl. §§ 1278 Abs. 3 Nr. 2, 1285 RVO). Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, daß der Versicherte die fälligen Beiträge zur Krankenversicherung, wenn überhaupt, nur zu einem kleinen Teil selbst entrichtet habe. Dies ist eine tatsächliche Feststellung. Gegen sie sind von der Revision begründete Rügen nicht erhoben worden, so daß sie den Senat bindet.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Leistungen aus dem Versicherungsverhältnis bei der AOK zutreffend auf das Sterbegeld nach § 36 BVG angerechnet worden sind, kommt es rechtlich auf folgendes an:

Der Ehemann der Klägerin, der auf Grund seiner früheren Tätigkeit Beiträge zur AnV geleistet hatte, hat das gesetzmäßige Ruhegeld vom 1. September 1953 an erhalten. Seitdem hat er gemäß § 4 des Gesetzes über die Verbesserung der Leistungen in der Rentenversicherung vom 24. Juli 1941 i. V. m. § 2 der Verordnung über die Krankenversicherung der Rentner vom 4. November 1941 der Rentnerkrankenversicherung unterlegen. Wie insoweit mit dem Berufungsgericht zu unterstellen ist, ist der Ehemann der Klägerin während der letzten fünf Jahre, bevor er die Gewährung des Ruhegeldes beantragt hat, nicht mindestens 52 Wochen bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung versichert gewesen und hat mithin die Voraussetzungen des § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO nF nicht erfüllt. Das LSG hat allerdings zu Unrecht angenommen, er sei nach § 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO nF berechtigt gewesen, sich freiwillig gegen Krankheit zu versichern. Für ihn ist vielmehr nur Art. 2 § 8 Abs. 1 Halbsatz 1 des Dritten Gesetzes über Änderungen und Ergänzungen von Vorschriften des Zweiten Buches der RVO (Gesetz über Krankenversicherung der Rentner - KVdR -) vom 12. Juni 1956 maßgebend, nach dem ein gegen Krankheit versicherter Rentner, der die Voraussetzungen des § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO nF nicht erfüllt, die Versicherung freiwillig fortsetzen kann. Infolgedessen hat die Vorinstanz im Ergebnis zutreffend angenommen, daß der Ehemann der Klägerin in der KVdR freiwillig weiterversichert gewesen ist. Als freiwillig Weiterversicherter hat er nach Art. 2 § 8 Abs. 3 des Gesetzes über KVdR einen Beitrag zu leisten gehabt, der nach § 385 Abs. 2 RVO nF festgesetzt worden ist. Dieser Beitrag entspricht nach § 381 Abs. 2 RVO nF dem Beitrag, den die Träger der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten für die nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO nF pflichtversicherten Rentner zu leisten haben. Zu diesem Beitrag hat der Ehemann der Klägerin nach § 381 Abs. 4 RVO nF von dem zuständigen Träger der Rentenversicherung einen Ausgleichsbetrag erhalten. Wenn der Ausgleichsbetrag auch etwas anders berechnet wird als der Beitrag nach § 385 Abs. 2 RVO nF, so hat doch das LSG, wie bereits ausgeführt, für das Revisionsgericht bindend festgestellt, daß der Ehemann der Klägerin infolge des Ausgleichsbetrags Beiträge zur Krankenversicherung aus eigenen Mitteln nur zu einem kleinen Teil entrichtet hat, der gegenüber den Leistungen der BfA als eigene nicht ins Gewicht fiel.

Das Berufungsgericht hat weiter bindend festgestellt, daß das Sterbegeld nach der RVO 280,- DM betragen hat. Da die AOK ihren Berechnungen ausweislich der Mitteilung vom 17. Mai 1957 einen Grundlohn von 7,- DM zugrunde gelegt hat, hat sie - entgegen der Ansicht des LSG - nicht das Regelsterbegeld des § 201 RVO in Höhe des 20fachen des Grundlohns, sondern das satzungsmäßige Sterbegeld des § 204 RVO in Höhe des 40fachen des Grundlohns gewährt. Nach der gesetzlichen Neuregelung der Krankenversicherung der Rentner nehmen diese nunmehr an den satzungsmäßigen Mehrleistungen an Sterbegeld teil. Damit beruht das aus der freiwilligen Mitgliedschaft des Ehemannes der Klägerin in der Krankenversicherung der Rentner gezahlte Satzungssterbegeld auf den Beiträgen der Versichertengemeinschaft und dem Ausgleichsbetrag, welchen die BfA geleistet hat. Es handelt sich insoweit also um Leistungen der Krankenversicherung auf Grund von Beiträgen, die nicht vom Versicherten aufgebracht worden sind. Das Berufungsgericht hat daher dieses Sterbegeld zu Recht auf das Bestattungsgeld nach § 36 BVG angerechnet. Da der Betrag des von der Krankenkasse gewährten Sterbegeldes höher ist als das zustehende Bestattungsgeld von 150,- DM, hat das LSG im Ergebnis zutreffend die Verwaltungsbescheide für rechtmäßig erklärt, durch welche die Auszahlung des Bestattungsgeldes versagt worden war.

Demgegenüber kann der Hinweis der Revision auf die Erläuterungen von Schönleiter und Thannheiser/Wende/Zech nicht durchschlagen. Dort und in van Nuis/Vorberg, Das Recht der Kriegsbeschädigten, IV. Teil (1961), S. 163 ist erkennbar von dem alten Recht der Rentnerkrankenversicherung, nicht aber von dem Dritten Gesetz über Änderungen und Ergänzungen von Vorschriften des Zweiten Buches der RVO vom 12. Juni 1956 ausgegangen. Dies ergibt sich bei van Nuis/Vorberg noch besonders aus dem Beispiel, in dem ein Sterbegeld von 75,- DM ausgeworfen ist. Dieser Betrag entspricht dem in § 9 der Verordnung vom 4. November 1941 festgesetzten Sterbegeld. Darüber hinaus konnten die Rentner zwar nach § 13 Abs. 1 aaO freiwillig eine Zusatzsterbegeldversicherung abschließen, für die ein besonderer Beitrag zu leisten war. Im Hinblick hierauf war es damals gerechtfertigt, dieses auf Grund freiwilliger Beitragsleistung zustehende Sterbegeld nicht auf das Bestattungsgeld nach dem BVG anzurechnen. Es braucht nicht darauf eingegangen zu werden, daß nach Art. 2 § 10 Abs. 1 KVdR die Zusatzsterbegeldversicherungen mit bestimmten Abwandlungen weitergeführt werden können. Denn hier ist nicht das Zusatzsterbegeld, sondern das satzungsmäßig erhöhte Sterbegeld nach § 204 RVO angerechnet worden, und dieses wird durch eine Zusatzsterbegeldversicherung nicht berührt. Infolgedessen ist es - wie bereits ausgeführt - gerechtfertigt, die Leistungen aus der Rentnerkrankenversicherung bei dem Bestattungsgeld nach dem BVG in voller Höhe zu berücksichtigen. Da demgemäß die angefochtene Entscheidung im Ergebnis zutrifft, mußte die Revision nach § 170 Abs. 1 SGG zurückgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2379861

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