Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnsitz bzw gewöhnlicher Aufenthalt. Gleichstellung nach deutsch-kanadischem Abkommen
Orientierungssatz
1. Es erscheint geboten, bei der Auslegung Art 3 Abs 1 des deutsch-kanadischen Abkommens (soweit es danach für die Gleichstellung der beiderseitigen Staatsangehörigen auf den gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat ankommt), auf Kriterien zurückzugreifen, die für den Wohnsitzbegriff entwickelt worden sind. Das gilt vor allem für die Berücksichtigung von subjektiven Momenten, sofern sie sich objektiv belegen lassen.
2. Die Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt werden im innerstaatlichen Recht nicht einheitlich bestimmt. Es ergeben sich vielfältige Abweichungen, zB zwischen dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Sozialgesetzbuch, der Abgabenordnung und dem Wehrpflichtrecht. Es hängt dabei entscheidend von dem Zweck der einzelnen Regelung ab und von der Funktion, die die genannten Begriffe innerhalb der jeweiligen Regelung haben, nach welchen Kriterien insbesondere der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts zu bestimmen ist.
3. Diplomaten (und ihre Familienangehörigen), die sich im Rahmen ihres Dienstes im Ausland aufhalten, behalten regelmäßig im Entsendestaat einen gewöhnlichen Aufenthalt, wenn sie jederzeit zurückgerufen werden können und auch beabsichtigen, nach Beendigung ihrer Aufgaben wieder dorthin zurückzukehren (Festhaltung an BSG vom 9.10.1984 12 RK 5/83). Entsprechendes muß auch für Personen gelten, die keinen diplomatischen Status haben, aber ebenfalls nur zur Erledigung bestimmter Aufgaben von inländischen Behörden oder Betrieben ins Ausland entsandt werden.
Normenkette
SGB 1 § 30 Abs 3 Fassung: 1975-11-12; SozSichAbk CAN Art 3 Abs 1 Buchst a Fassung: 1971-03-30
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 20.03.1984; Aktenzeichen L 2 An 29/82) |
SG Berlin (Entscheidung vom 22.02.1982; Aktenzeichen S 11 An 22/80) |
Tatbestand
Im Revisionsverfahren ist zwischen den Beteiligten noch streitig, ob der Kläger zur Nachentrichtung gemäß Art 2 § 49a Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) zuzulassen ist.
Der 1911 bei Fulda geborene Kläger ist Jude. Sein im Jahr 1931 begonnenes Medizinstudium in Frankfurt am Main mußte er im Wintersemester 1933/34 aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgung abbrechen. Dafür erhielt er später eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz wegen Ausbildungsschadens. Im Juni 1934 wanderte er aus Verfolgungsgründen aus Deutschland aus. Nach seiner Einwanderung in Kanada im Jahr 1938 erwarb er 1948 die dortige Staatsangehörigkeit. Nach einem Studium der Chemie war er beim kanadischen "Gesundheitsamt" (Department of National Health and Welfare) beschäftigt. Von Dezember 1969 bis August 1976 war er als Repräsentant dieser Behörde beruflich in London/Großbritannien tätig. Seine Aufgabe bestand darin, Arzneimittel zu prüfen, die nach Kanada exportiert werden sollten. Während der Zeit in London gehörte er fortlaufend der kanadischen Sozialversicherung an. Nach seinen Angaben hat er auch seinen Wohnsitz in Kanada beibehalten. Er hat ferner Unterlagen darüber vorgelegt, daß er am 31. Januar 1975 seine jetzige Fünf-Zimmer-Wohnung in Ottawa/Kanada erworben hat. Diese Wohnung soll zunächst von seiner dort studierenden Tochter bewohnt worden sein, aber auch von ihm selbst und seiner Ehefrau, wenn er zu den regelmäßigen Konsultationen beim Gesundheitsministerium in Ottawa weilte. Im Jahr 1975 habe er dort über drei Monate gewohnt.
Im August 1976 kehrte der Kläger endgültig wegen Erreichens der Altersgrenze nach Kanada zurück, wo er in der von ihm erworbenen Wohnung lebt. Im Dezember 1975 beantragte er bei der Beklagten - damals noch aus London - die Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. August 1978 den Antrag auf Nachentrichtung gemäß Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG ab, da er seinen gewöhnlichen Aufenthalt zur Zeit des Antrags nicht, wie nach dem deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommen erforderlich, im Gebiet Kanadas oder der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe. Mit weiterem Bescheid vom 14. August 1978 lehnte die Beklagte auch die Nachentrichtung nach den §§ 10, 10a des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) ab. Der gegen diese Bescheide eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.
Auf seine Klage hat das Sozialgericht Berlin (SG) mit Urteil vom 22. Februar 1982 die Bescheide der Beklagten bezüglich der Nachentrichtung gemäß Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger insofern zur Nachentrichtung zuzulassen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Berlin (LSG) mit Urteil vom 20. März 1984 zurückgewiesen. Der Kläger könne gemäß § 10 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) iVm Abschn 1 Art 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über Soziale Sicherheit vom 30. März 1971 (BGBl II 1972 S 218) Beiträge nachentrichten, da er zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 1975 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kanada gehabt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien Verträge in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen, allerdings schließe dies die Heranziehung anderer Auslegungskriterien nicht aus. So könne die Vorschrift des § 30 Abs 3 Satz 2 des SGB I herangezogen werden. Nach Überzeugung des Senats habe sich der Kläger seit dem Erwerb seiner Eigentumswohnung in Ottawa im Januar 1975 in Kanada unter Umständen aufgehalten, die erkennen ließen, er verweile an diesem Ort nicht nur vorübergehend. Nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (BSGE 27, 88) seien mehrere "gewöhnliche Aufenthalte" möglich. Deshalb könnten die Angehörigen von Auslandsvertretungen neben dem gewöhnlichen Aufenthalt im Gastland auch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Heimatland beibehalten. Der Kläger habe bis zum August 1976 einen gewöhnlichen Aufenthalt in London gehabt. In seinen fortdauernden Beiträgen zur kanadischen Sozialversicherung habe aber noch eine gewisse Verbindung zum Heimatland bestanden. Diese sei durch den Erwerb der Eigentumswohnung im Januar 1975 in Kanada erheblich verstärkt worden. Spätestens damals sei objektiv erkennbar geworden, daß der Kläger nach seiner Pensionierung nach Kanada zurückkehren wollte. Diese seit Januar 1975 bestehende Bindung des Klägers an Ottawa sei durch weitere berufliche Aufenthalte in London nicht gelöst oder gelockert worden, so daß davon auszugehen sei, daß der Kläger auch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Ottawa seit Januar 1975 gehabt habe.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verkennung des Begriffs des "gewöhnlichen Aufenthalts". Das LSG habe sich bei seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG gestützt, wonach mehrere "gewöhnliche Aufenthalte" möglich seien. Ein tatsächlicher Auslandsaufenthalt schließe nach dieser Rechtsprechung die Annahme eines gleichzeitigen gewöhnlichen Inlandsaufenthalts nur dann aus, wenn er sich durch eine wesentlich engere wirtschaftliche und persönliche Beziehung des Betreffenden zu dem ausländischen Ort auszeichne. Die für mehrere gewöhnliche Aufenthalte erforderliche gleichstarke Intensität zu mehreren Aufenthaltsorten liege hier aber nicht vor, da der Kläger in Kanada keinen Daseinsmittelpunkt mehr gehabt habe. Allein der Erwerb der Eigentumswohnung, die gelegentliche Rückkehr und die Absicht, sich dort nach der Pensionierung in der Nähe der Tochter niederzulassen, reiche nicht aus. Auch der Umstand, daß der Kläger im Jahre 1976 seinen Aufenthalt wieder in Kanada genommen habe, sei für das Recht auf Nachentrichtung unerheblich, da die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend seien.
Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung der Urteile des Sozialgerichts Berlin vom 22. Februar 1982 und des Landessozialgerichts Berlin vom 20. März 1984 die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Das LSG hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger die Nachentrichtung von Beiträgen nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG zu gestatten.
Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über Soziale Sicherheit vom 30. März 1971, das am 1. Mai 1972 in Kraft getreten ist, hat kanadische Staatsangehörige wie den Kläger bei der Anwendung des deutschen Sozialversicherungsrechts, mithin auch bei der Entrichtung von freiwilligen Rentenversicherungsbeiträgen nach § 10 AVG und der - hier streitigen - Nachentrichtung solcher Beiträge nach Art 2 § 49a Abs 2 AnVNG, deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt, "wenn sie sich im Gebiet einer Vertragspartei gewöhnlich aufhalten" (Art 3 Abs 1 Buchst a und letzter Halbsatz). Es macht somit, wie zahlreiche andere von der Bundesrepublik mit fremden Staaten geschlossene Sozialversicherungsabkommen, die Gleichstellung allein von dem gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat abhängig. Dadurch unterscheidet es sich von innerstaatlichen deutschen Vorschriften, die sowohl an den Wohnsitz als auch an den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfen (zB § 10 Abs 1 AVG). Diese Eigentümlichkeit des zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrechts hängt damit zusammen, daß der Wohnsitzbegriff in den Rechtsordnungen der einzelnen Staaten einen verschiedenen Inhalt hat, der seine Eignung für zwischenstaatliche Regelungen stark einschränkt (darin hat auch der Bundesgerichtshof -BGH- in einem Urteil vom 5. Februar 1975, NJW 1975, 1068, den Grund für die Bevorzugung des Aufenthaltsbegriffs in neueren internationalen Abkommen gesehen; vgl dazu ferner Kegel, Internationales Privatrecht, 4. Aufl 1977, S 210 ff, und Heldrich in Palandt, BGB, 44. Aufl, § 29 EGBGB Anm 2).
Obwohl hiernach viel dafür spricht, daß die Vertragspartner des deutsch-kanadischen Abkommens in Art 3 Abs 1 mit Absicht als Anknüpfungspunkt allein den gewöhnlichen Aufenthalt und nicht auch den Wohnsitz gewählt haben, schließt dies nicht aus, Merkmale, die den Wohnsitzbegriff nach deutschem Recht kennzeichnen, zur Auslegung des Begriffs gewöhnlicher Aufenthalt in Art 3 Abs 1 des deutsch-kanadischen Abkommens heranzuziehen. Vielmehr erscheint es dem erkennenden Senat - da der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts dort die gleiche Funktion erfüllt, die sonst in innerstaatlichen Vorschriften die Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt erfüllen - zulässig und geboten, bei der Auslegung des Art 3 Abs 1 des deutsch-kanadischen Abkommens (soweit es danach für die Gleichstellung der beiderseitigen Staatsangehörigen auf den gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat ankommt), auf Kriterien zurückzugreifen, die für den Wohnsitzbegriff entwickelt worden sind. Das gilt vor allem für die Berücksichtigung von subjektiven Momenten, sofern sie sich objektiv belegen lassen.
Die Begriffe Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt werden im übrigen auch im innerstaatlichen Recht nicht einheitlich bestimmt. Es ergeben sich vielfältige Abweichungen, zB zwischen dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Sozialgesetzbuch (SGB), der Abgabenordnung (A0) und dem Wehrpflichtrecht (vgl ua BSGE 27, 88 = SozR Nr 5 zu § 1319 RVO; BFH BStBl 1966 III S 522; BVerwGE 28, 193, 194; BGH JR 1984, 62; ferner Burdenski/von Maydell/ Schellhorn, SGB-AT, 2. Aufl, § 30 Anm 33 ff; Fichte, SozVers 1983, 181, 183; §§ 8, 9 AO; Gagel, Kommentar zum AFG, § 130 RdNrn 19 ff). Es hängt dabei entscheidend von dem Zweck der einzelnen Regelung ab und von der Funktion, die die genannten Begriffe innerhalb der jeweiligen Regelung haben, nach welchen Kriterien insbesondere der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts zu bestimmen ist; das gleiche gilt für die Fragen, ob es etwa mehrere gewöhnliche Aufenthaltsorte geben kann (vgl dazu einerseits BSGE 27, 88, 89, andererseits BFH aa0), ob zwischen erstmaliger Begründung des Aufenthalts und der Beibehaltung eines Aufenthalts bei Auslandstätigkeit zu unterscheiden ist, ferner, ob es um einen Anspruch auf Leistungen, die Zuständigkeit einer Behörde oder - wie hier - die Einräumung einer Befugnis geht.
Die Bedeutung, die hiernach dem Zweck und der Funktion der genannten Begriffe im Rahmen ihres jeweiligen Regelungszusammenhangs für die Auslegung zukommt, schließt es aus, ohne weiteres auf die zu anderen Rechtsvorschriften ergangene Rechtsprechung zurückzugreifen.
Der erkennende Senat hat allerdings bereits zu Art 3 Abs 1 Buchst a des Abkommens vom 17. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit -DISVA- (BGBl II 1975 S 246), der nach Wortlaut und Funktion mit Art 3 Abs 1 Buchst a des deutsch-kanadischen Abkommens übereinstimmt, entschieden, daß Diplomaten (und ihre Familienangehörigen), die sich im Rahmen ihres Dienstes im Ausland aufhalten, regelmäßig im Entsendestaat einen gewöhnlichen Aufenthalt beibehalten, wenn sie jederzeit zurückgerufen werden können und auch beabsichtigen, nach Beendigung ihrer Aufgaben wieder dorthin zurückzukehren (Urteile vom 9. Oktober 1984 - 12 RK 2/83, 3/83, 5/83 und 25/83). Dabei ist bereits darauf hingewiesen worden, daß Entsprechendes auch für Personen gelten muß, die keinen diplomatischen Status haben, aber ebenfalls nur zur Erledigung bestimmter Aufgaben von inländischen Behörden oder Betrieben ins Ausland entsandt werden.
Diese Rechtsprechung kann für das deutsch-kanadische Abkommen übernommen werden. Allerdings darf regelmäßig nicht ohne weiteres die Auslegung eines bestimmten Abkommens (dort des DISVA) auf andere Abkommen übertragen werden, weil die Zusammenhänge und Abwägungen häufig unterschiedlich sind. Im vorliegenden Fall sind aber Anhaltspunkte für eine unterschiedliche Beurteilung nicht ersichtlich.
In den bereits entschiedenen Fällen, wie auch in dem vorliegenden Fall, geht es allein um die Auslegung des Abkommens und - da der Kläger vor seiner Versetzung auf einen Auslandsposten zweifelsfrei seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kanada hatte - nur um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein gewöhnlicher Aufenthalt, der in einem der Vertragsstaaten bereits begründet war, durch einen Auslandsaufenthalt beendet wird. Nicht zu entscheiden ist mithin hier darüber, welche Anforderungen an die erstmalige Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts oder die Wiederbegründung eines zwischenzeitlich aufgegebenen gewöhnlichen Aufenthalts in einem Vertragsstaat zu stellen sind.
Zur Beendigung eines bestehenden gewöhnlichen Aufenthalts hat der BGH in dem schon genannten, zum internationalen Unterhaltsrecht ergangenen Urteil vom 5. Februar 1975 entschieden, daß durch eine zeitweilige Abwesenheit, auch von längerer Dauer, der gewöhnliche Aufenthalt normalerweise nicht aufgehoben wird, "sofern die Absicht besteht, an den früheren Aufenthaltsort zurückzukehren" (aaO S 1068, rechte Spalte unten; ebenso Kegel in Soergel, BGB Einführungsgesetz, 11. Aufl, Art 29 RdNr 39 Anm 2 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Der erkennende Senat hält die Weiterentwicklung dieses Gedankens im Bereich des deutsch-kanadischen Abkommens für geboten. Der Sinn der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt liegt im Rahmen des Abkommens darin, alle, andererseits aber auch nur diejenigen Personen zu erfassen, die eine gefestigte Beziehung zum Gebiet eines der Vertragsstaaten haben. Dazu zählen nicht nur Personen, die sich tatsächlich im wesentlichen dort aufhalten, sondern auch diejenigen, die nur im Ausland verweilen, um dort eine berufliche Tätigkeit für ihren inländischen Dienstherrn oder Arbeitgeber auszuüben, und die daher beabsichtigen, sobald diese Tätigkeit es erfordert oder zuläßt, wieder an ihren inländischen Aufenthaltsort zurückzukehren. Nur die Einbeziehung auch dieses Personenkreises gewährleistet in Fällen der vorliegenden Art eine willkürfreie, gleichmäßige Rechtsanwendung, da nur so das Recht zur Nachentrichtung von dem - zufälligen - Umstand unabhängig gemacht wird, wo sich ein im Ausland eingesetzter Bediensteter bei Ablauf der Antragsfrist für die Beitragsnachentrichtung (31. Dezember 1975) gerade aufgehalten hat, ob in der Zentrale oder auf einem Auslandsposten. Auch ein damals im Ausland befindlicher Bediensteter mußte jederzeit damit rechnen, wieder in die Heimat zurückberufen zu werden, und konnte deshalb in aller Regel bei Antritt der Auslandstätigkeit keine andere Absicht haben als die einer Rückkehr bei Beendigung seiner Mission, spätestens bei Eintritt in den Ruhestand. Er behielt deshalb trotz seiner Verwendung im Ausland regelmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Heimatland (vgl zur Stellung von Angehörigen des diplomatischen Dienstes Heinrichs bei Palandt aaO, § 7 BGB, Anm 1, wonach Exterritoriale nach hM so behandelt werden, als wären sie im Heimatlande wohnen geblieben; Staudinger - Coing - Habermann, Komm zum BGB, 12. Aufl, Vorbem zu §§ 7 - 11, RdNr 17; aA Frank, DAngVers 1981, 108).
Unerheblich ist dabei, wie lange sich der Bedienstete an dem genannten Stichtag schon im Ausland aufgehalten hatte, ob er neben einer Wohnung an seinem ausländischen Dienstort eine Wohnung im Entsendestaat beibehalten hatte, wie oft und für welche Zeiträume er in einer solchen Wohnung seinen Heimaturlaub zu verbringen pflegte und wie eng im übrigen seine Verbindungen zur Heimat trotz des Auslandsaufenthalts geblieben waren. Abgesehen davon, daß eine ausreichende Klärung aller dieser Umstände häufig schwierig wäre, würden auch insoweit nicht selten Zufälligkeiten über das Bestehen eines Nachentrichtungsrechts entscheiden, was nach Ansicht des Senats wegen der oft erheblichen Bedeutung dieses Rechtes (besonders für Verfolgte) unangemessen wäre.
Es genügt deshalb auch im vorliegenden Fall, daß der Kläger weiter seinem Heimatland verbunden blieb, indem er, neben der Fortdauer des Dienstverhältnisses zum inländischen Arbeitgeber und regelmäßigen Kontakten mit diesem, den Wohnsitz im Rechtssinne in Kanada beibehielt, die dortige Sozialversicherung fortführte und seinen Rückkehrwillen betätigte (Kauf der Wohnung, spätere tatsächliche Rückkehr).
Da die Revision der Beklagten sich somit als unbegründet erweist, ist sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen