Leitsatz (redaktionell)
Unfallversicherungsschutz bei Rettung aus gegenwärtiger Lebensgefahr: 1. Wer angesichts einer plötzlich entstandenen Gefahr wesentlich allein von der Vorstellung beherrscht wird, einer allgemeinen Pflicht zur Hilfeleistung nachkommen zu müssen, steht unter Versicherungsschutz.
2. Dem Unfallversicherungsschutz nach RVO § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a (RVO § 537 Nr 5a aF) unterliegen Personen, die einen anderen aus gegenwärtiger Lebensgefahr zu retten unternehmen; dabei genügt es, wenn der Handelnde aus den Gesamtumständen annehmen darf, daß eine akute Lebensgefahr besteht.
3. Wird eine nach RVO § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a unfallversicherte Person bei der Hilfeleistung gleichzeitig wie ein Versicherter tätig, so daß auch die Voraussetzungen des RVO § 539 Abs 2 vorliegen, dann richtet sich der Unfallversicherungsschutz nach derjenigen Vorschrift, für die der Geschehensablauf die rechtlich überwiegende Bedeutung hat; hierbei ist ua erheblich, ob der Handelnde wesentlich von der Vorstellung beherrscht war, einer allgemeinen Pflicht zur Hilfeleistung nachzukommen oder ob er betrieblichen Obliegenheiten genügen wollte.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a Fassung: 1963-04-30, Abs. 2
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 1967 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Entschädigungsleistung und Kostenerstattung verurteilt worden ist.
Das beigeladene Land Baden-Württemberg wird verurteilt, der Beigeladenen zu 3) Witwenrente und der Beigeladenen zu 5) Waisenrente zu gewähren.
Das beigeladene Land hat den Beigeladenen zu 3) und 5) die Kosten des gesamten Verfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin - Allgemeine Ortskrankenkasse Freiburg (AOK) - verfolgt nach § 1511 der Reichsversicherungsordnung (RVO) die Ansprüche der Beigeladenen zu 3) und 5) - Ehefrau und Tochter des als Kraftfahrer im Rohrnetzbetrieb der Stadtwerke F beschäftigt gewesenen Max B - auf Hinterbliebenenrenten aus der Unfallversicherung. B ist am 27. Mai 1961 auf dem Gelände des Städtischen Gaswerks in F unter einen Dampfkran geraten und am 30. Mai 1961 an den Folgen seiner Verletzungen gestorben.
B hatte sich aus Gefälligkeit dafür eingesetzt, daß an den Maurer Wilhelm Bü gegen eine geringe Bezahlung 2 cbm Schlacke aus den Beständen des Gaswerks abgegeben werden sollten. Bü benötigte das Material für ein Einfamilienhaus, das er in Selbsthilfe erstellen wollte. Am 27. Mai 1961 sollte er die Schlacke auf dem Gelände des Gaswerks abholen. B begab sich an diesem für ihn arbeitsfreien Samstag ebenfalls zum Gaswerk, um beim Verladen der Schlacke behilflich zu sein. Dort stellte sich jedoch heraus, daß die Verladearbeiten von dem Dampfkran des Gaswerks durchgeführt werden konnten. Damit der auf Eisenschienen laufende Kran an das Schlackenlager herangeführt werden konnte, mußte zunächst ein im Wege stehender Eisenbahnwagen (sog. Staubwagen) von seinem Standort entfernt werden. B versuchte im Einverständnis mit dem Kranführer, den Staubwagen an den Dampfkran anzuhängen, nachdem er zuvor die unterhalb des Staubwagens befindlichen Gleissperren beseitigt hatte. Der Versuch mißlang, und der Staubwagen kam durch den Anstoß des Krans auf der leicht abfallenden Strecke auf eine Wendeplatte zu ins Rollen, hinter der sich ein Prellbock befand. Zwischenzeitlich war Bü mit einem Lkw auf die Wendeplatte gefahren, um sich von dort aus rückwärts zum Schlackenlager hin einweisen zu lassen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) ist B, der bereits aus dem Schienenbereich hinausgetreten war, bei dem Versuch, von der rechten auf die linke Gleisseite hinüberzuwechseln, um Bü von dort aus auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen, auf den regennassen Schienen ausgeglitten und unter den anfahrenden Dampfkran geraten. Bü, der den heranrollenden Staubwagen durch das Rückfenster des Führerhauses erblickte, konnte den Lkw noch zurückfahren; der Lkw wurde von dem Staubwagen nur gestreift.
Durch Bescheid vom 26. November 1962 lehnte die Beklagte Entschädigungsansprüche der Beigeladenen zu 3) bis 5) mit der Begründung ab, B habe den Unfall bei einer Tätigkeit erlitten, die mit seinem zum Städtischen Gas- und Wasserwerk bestehenden Arbeitsverhältnis nicht in einem inneren Zusammenhang gestanden habe; B habe sich vielmehr eigenwirtschaftlich betätigt.
Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage hat das Sozialgericht Freiburg (SG) nach Vernehmung mehrerer Zeugen durch Urteil vom 6. Juli 1965 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: B sei nicht einem Arbeitsunfall erlegen. Seine Anwesenheit im Fabrikbetrieb der Gas- und Wasserwerke und das Laden der Schlacke hätten mit seinem zum Rohrnetzbetrieb bestehenden Arbeitsverhältnis nicht in einem ursächlichen Zusammenhang gestanden. Er sei auch nicht wie ein Versicherter (§ 537 Nr. 10 iVm Nr. 1 RVO aF) tätig geworden; die im Interesse des Gaswerks zur Beschleunigung des Ladevorgangs unternommenen Versuche, den Staubwagen an den Dampfkran anzuhängen, seien im Unfallzeitpunkt bereits beendet gewesen. Eine Tätigkeit im Rahmen der Selbsthilfe bei dem steuerbegünstigten Familienheimbau des Bü (§ 537 Nr. 13 RVO aF) habe B spätestens von dem Zeitpunkt an nicht mehr verrichtet, als ihm bekannt geworden sei, daß die Schlacke vom Verkäufer durch den Kran geladen werden würde. B habe auch nicht eine Arbeit geleistet, die von üblicherweise im Haushalt tätigen Personen ausgeführt werde und daher dem Privathaushalt des Bü zuzurechnen wäre. Schließlich sei B nicht nach § 537 Nr. 5 a RVO aF versichert gewesen; es sei unwahrscheinlich, daß B von der rechten zur linken Seite der Gleise habe hinüberwechseln wollen, um den durch den anrollenden Staubwagen gefährdeten Lkw-Fahrer Bü zu retten oder einen drohenden Unfall von ihm abzuwenden.
Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils und des Bescheides vom 26.11.1962 zu verurteilen, der Beigeladenen zu 3) Witwenrente und der Beigeladenen zu 5) Waisenrente zu gewähren,
hilfsweise,
die Beigeladenen zu 1) oder 2) oder 6) unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, den Beigeladenen zu 3) und 5) die begehrten Leistungen zu gewähren.
Nach weiterer Beweiserhebung hat das LSG durch Urteil vom 29. November 1967 unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils und des Bescheides der Beklagten diese verurteilt, an die Beigeladenen zu 3) und 5) Hinterbliebenenrenten zu gewähren. Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt: B sei bei dem Versuch, den Staubwagen an den Dampfkran anzuhängen, wie ein nach § 537 Nr. 1 RVO aF in einem Beschäftigungsverhältnis zum Gaswerk stehender Versicherter tätig geworden (§ 537 Nr. 10 RVO aF). Zu dieser Tätigkeit habe auch noch die im Unfallzeitpunkt unternommene Warnung vor der durch den abrollenden Staubwagen drohenden Gefahr gehört. B habe zwar zugleich ohne besondere rechtliche Verpflichtung Hilfe bei einem Unglücksfall geleistet und deshalb nach § 537 Nr. 5 a RVO aF bei dem Beigeladenen zu 6) (Land Baden-Württemberg) unter Versicherungsschutz gestanden. Der Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 10 iVm Nr. 1 RVO aF gehe jedoch demjenigen nach § 537 Nr. 5 a vor, wenn sich - wie hier - der Lebensrettungsversuch bereits als eine Verrichtung darstelle, die im Rahmen der Tätigkeit für ein Unternehmen ausgeübt werde. Zur Gewährung der Hinterbliebenenrenten sei somit die Beklagte als der für das Gaswerk zuständige Versicherungsträger verpflichtet.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und wie folgt begründet: Mit Recht habe das LSG angenommen, daß B bei einem Lebensrettungsversuch verunglückt sei (§ 537 Nr. 5 a RVO aF). Daraus folge die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 6) zur Entschädigungsleistung. Entgegen der Auffassung des LSG stelle sich nach Lage des Falles nicht die Frage der Konkurrenz zwischen den Vorschriften der Nr. 10 und der Nr. 5 a des § 537 RVO aF. Die Vermittlung des Schlackenkaufs im fremden Interesse (für Wilhelm Bü) schließe nicht aus, daß B hierbei aus eigenwirtschaftlicher Gefälligkeit in unternehmerähnlicher Funktion tätig geworden sei. Er habe sich auf dem Betriebsgelände rein privat betätigt und nicht wie ein nach § 537 Nr. 1 RVO aF Versicherter. Selbst wenn jedoch die Voraussetzungen des § 537 Nr. 10 iVm Nr. 1 RVO aF als vorliegend erachtet würden, sei der Lebensrettungsvorschrift (§ 537 Nr. 5 a RVO aF) der Vorzug zu geben. In diesem Falle müsse aber jedenfalls eine Lastenteilung nach § 1739 RVO in Betracht gezogen werden. Die selbständige Vermittlertätigkeit des B zugunsten von Wilhelm Bü könne diesem in seiner Eigenschaft als Bauherr nicht zugerechnet werden. Zu erwägen sei allerdings, ob die Tätigkeit dem Haushalt des Wilhelm Bü gedient habe, so daß der Beigeladene zu 2) zur Entschädigung verpflichtet sei.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
unter Änderung des angefochtenen Urteils die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag. Nach ihrer Auffassung ist B rein eigenwirtschaftlich und privat als selbständiger Vermittler und nicht als Arbeitnehmer oder wie ein solcher tätig geworden.
Die Beigeladenen zu 2) und 6) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie tragen vor: Eine der Privathaushaltung des Wilhelm Bü zuzurechnende Tätigkeit habe B nicht verrichtet; die unfallbringende Tätigkeit habe mit dem Haushalt oder der Hauswirtschaft in keinerlei Zusammenhang gestanden. Das Vorliegen einer Hilfeleistung im Sinne des § 537 Nr. 5a RVO aF könne nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit als erwiesen angesehen werden; der Lkw-Fahrer Bü sei bereits von den Zeugen D und L gewarnt worden; der Unfallablauf spreche dafür, daß B zwischen Staubwagen und Kran habe hindurchgehen wollen, um auf die andere Seite zu gelangen und dabei auf den Schwellen durch Regennässe ausgeglitten sei. Dieses Überschreiten der Gleise habe das LSG zugleich auch als versicherte Tätigkeit nach § 537 Nr. 5a RVO aF gewertet. Überzeugend habe das LSG den Versicherungsschutz jedoch zu Lasten der Beklagten aus § 537 Nr. 10 iVm Nr. 1 RVO aF hergeleitet. Gegenüber dem am 27. Juni 1968 (2 RU 56/67 = SozR Nr. 4 zu § 539 RVO) vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall liege hier eine andere Interessenkonstellation vor: Der Tatbestand der Hilfeleistung sei nicht eindeutig bewiesen; die unfallbringende Tätigkeit habe im Zusammenhang mit der Vermittlung und dem Laden von Schlacke gestanden, die wiederum in gewissem Interesse des Gaswerksunternehmens gelegen habe; ferner habe die Gefahr von der Einrichtung des Betriebes gedroht, dem der Verunglückte angehört habe. Die etwaige Hilfeleistung trete somit gegenüber den für den Eintritt in den Gaswerksbetrieb maßgebenden Argumenten als rechtlich unwesentlich in den Hintergrund. Im übrigen sei nach ihrer Auffassung das Vorliegen eines Arbeitsunfalls wegen der selbständigen Vermittlertätigkeit des B zu verneinen.
Die Beigeladenen zu 3) bis 5) sind im Revisionsverfahren nicht vertreten.
II
Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.
Die von der Klägerin in Ausübung ihrer nach § 1511 RVO gegebenen Befugnis für die Beigeladenen zu 3) und 5) erhobenen Hinterbliebenenrentenansprüche sind zwar begründet. Zur Leistungsgewährung ist jedoch nicht die Beklagte verpflichtet. Der Versicherungsschutz ist nicht aus § 537 Nr. 10 iVm Nr. 1 RVO aF, sondern aus § 537 Nr. 5a RVO aF herzuleiten. Zuständiger Versicherungsträger ist infolgedessen nach § 627 RVO aF das beigeladene Land Baden-Württemberg.
Die Voraussetzungen des § 537 Nr. 5 a RVO aF sind erfüllt. Nach den nicht wirksam angegriffenen und somit für das Revisionsgericht nach § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG rollte der Staubwagen nach dem mißglückten Ankuppelungsversuch mit steigender Geschwindigkeit auf die Wendeplatte zu, auf der sich in diesem Zeitpunkt Wilhelm Bü mit dem Lkw befand, um sich nach rückwärts zum Schlackenlager hin einweisen zu lassen. In Erkenntnis der drohenden Gefahr ist B, der zuvor bereits aus dem Schienenbereich hinausgetreten war, bei dem Versuch, von der rechten auf die linke Gleisseite hinüberzuwechseln, um Wilhelm Bü von dort aus auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen, infolge der damit verbundenen Eile auf den regennassen Schienen gestürzt oder ausgeglitten und unter den anfahrenden Kranwagen geraten. Im Unfallzeitpunkt versuchte B somit, den Wilhelm Bü aus gegenwärtiger Lebensgefahr zu retten (§ 537 Nr. 5a RVO aF). Hierfür reicht es aus, daß B aus den Gesamtumständen annehmen durfte, daß eine akute Lebensgefahr für Wilhelm Bü bestand (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 7. Aufl., S. 474 b; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., RdNr. 59 b zu § 539). Der Einwand des beigeladenen Landes, Bü sei bereits von D und L gewarnt worden, ist demnach unbeachtlich, ohne daß es darauf ankäme, ob die Warnung schon in dem Zeitpunkt erfolgt war, als B den Versuch hierzu unternahm. Bei der unfallbringenden Tätigkeit - der versuchten Lebensrettung - hat B auch "ohne besondere rechtliche Verpflichtung" (§ 537 Nr. 5 RVO aF) gehandelt, obwohl die Beseitigung der Gleissperre und des den Rädern des Staubwagens untergelegten Hemmschuhs vor dem Ankuppelungsversuch unsachgemäß waren und B damit seine Fähigkeiten überschätzt hat. Wie das LSG zutreffend angenommen hat, ergab sich dadurch jedoch für B keine besondere Rechtspflicht zur Hilfeleistung unter dem Gesichtspunkt des vorangegangenen schuldhaften Handelns. Denn die Folgen seines Handelns waren für ihn nicht vorhersehbar. In die Ankuppelungsvorgänge und die dabei zu beachtenden Vorkehrungen war er nicht eingewiesen. Der Kranführer hatte ihn auf eine mögliche Gefahr nicht hingewiesen. Die Besonderheiten der Gleisanlage, die durch eine leicht und nicht augenfällig abfallende Streckenführung gekennzeichnet war, kannte er nicht. Hinzu kommt, daß der Staubwagen trotz des leichten Gefälles auch nach Wegnahme der Sperre nicht von sich aus in Bewegung geriet, sondern erst, nachdem er vom Dampfkran angestoßen worden war. Mit Recht ist das LSG auch davon ausgegangen, daß B nach Lage des Falles nicht einer selbst geschaffenen Gefahr erlegen ist. B stand somit im Unfallzeitpunkt bei seinem für einen Lebensrettungsversuch typischen Handeln unter Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 5a RVO aF.
Dies hat zwar auch das LSG angenommen. Es ist jedoch der Auffassung, die unfallbringende Tätigkeit erfülle zugleich die Voraussetzungen des § 537 Nr. 10 iVm Nr. 1 RVO aF, und der Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift gehe demjenigen nach § 537 Nr. 5a RVO aF vor, wenn sich der Lebensrettungsversuch bereits als eine Verrichtung im Rahmen der für ein anderes Unternehmen ausgeübten Tätigkeit darstelle.
Es trifft allerdings zu, daß für die von B unternommene Warnung des Wilhelm Bü vor der durch den abrollenden Staubwagen drohenden Gefahr der mißglückte Ankuppelungsversuch Anlaß gegeben hat, bei dem B nach der Auffassung des LSG wie ein nach § 537 Nr. 1 RVO für das Gaswerk Beschäftigter tätig geworden ist. Die Ankuppelungsversuche waren im Unfallzeitpunkt jedoch schon beendet. Das LSG ist der Auffassung, B habe bei der Warnung vor der durch den Staubwagen - einer Betriebseinrichtung - drohenden Gefahr, gleichwohl noch nach § 537 Nr. 10 RVO aF unter Versicherungsschutz gestanden, weil die Warnung als Aufgabe des Unternehmers, der im Unternehmen Beschäftigten sowie derjenigen, die wie solche Beschäftigte tätig geworden seien, angesehen werden müsse. Der Senat hat in einer - erst nach dem Urteil des LSG ergangenen - Entscheidung vom 27. Juni 1968 (2 RU 56/67 - SozR Nr. 4 zu § 539 RVO) ausgeführt, die Beantwortung der Frage, ob Versicherungsschutz nach Nr. 5a oder Nr. 10 des § 537 RVO aF gegeben ist, setze die Prüfung voraus, welche Umstände rechtlich ins Gewicht fallen. Sind die für den Versicherungsschutz nach § 537 Nr.10 RVO aF in Betracht zu ziehende Umstände gegenüber denjenigen, welche die Anwendung der Nr. 5a dieser Vorschrift rechtfertigen, von so untergeordneter Bedeutung, daß sie als rechtlich unerheblich außer Betracht zu bleiben haben, richtet sich der Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 5a RVO aF (vgl. auch SozR Nr. 23 zu § 537 RVO aF; BSG 21, 101; Urteil vom 15.12.1966 - 2 RU 66/65 -). So ist es auch im vorliegenden Fall. Der zum Unfall führende Geschehensablauf ist bei natürlicher Betrachtung dahin zu erklären, daß B angesichts der plötzlich entstandenen Gefahr wesentlich allein von der Vorstellung beherrscht war, einer allgemeinen Pflicht zur Hilfeleistung nachzukommen. Es ist schon wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und der Größe der Gefahr nicht anzunehmen, daß betriebliche Beziehungen B zu dem Entschluß veranlaßt haben, den Versuch zur Warnung des Wilhelm Bü zu unternehmen. Die Umstände, die für eine nach § 537 Nr. 10 iVm Nr. 1 RVO aF versicherte Tätigkeit in Betracht zu ziehen sind, treten hiernach gegenüber denjenigen, die den Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 5a RVO aF begründen, derart in den Hintergrund, daß sie rechtlich unerheblich bleiben müssen.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß B bei seiner im Unfallzeitpunkt verrichteten Tätigkeit nicht außerdem auch aufgrund anderer in den §§ 537 bis 540 RVO aF angeführter Voraussetzungen versichert war.
Die Möglichkeit zur Verurteilung des in den Fällen des § 537 Nr. 5a RVO aF (§ 539 Abs. 1 Nr. 9 RVO nF) nach § 627 RVO aF (§ 655 Abs. 2 RVO nF) zuständigen beigeladenen Landes ergibt sich aus § 75 Abs. 5 SGG. Die Klägerin hat zwar nur die Zurückweisung der Revision beantragt. In der Berufungsinstanz hat sie jedoch hilfsweise auch den Antrag gestellt, ua das beigeladene Land zu verurteilen. Ihrem Begehren auch in der Revisionsinstanz (§ 123 SGG) ist zu entnehmen, daß sie nach wie vor hilfsweise auch das beigeladene Land als leistungspflichtig in Anspruch nimmt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen