Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufenthaltszuständigkeit bei Todeserklärungen

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Versicherte auf Betreiben seiner Ehefrau durch ein tschechisches Gericht im Jahre 1949 - zu Unrecht - für tot erklärt worden, wird mit der Schließung einer neuen Ehe durch die Frau im Jahre 1961 die frühere Ehe gemäß § 38 Abs 2 S 1 EheG aufgelöst. In diesem Fall besteht weder ein Anspruch auf Witwenrente nach § 1264 Abs 1 RVO noch ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 1265 Abs 1 RVO.

 

Orientierungssatz

§ 12 Abs 1 VerschG idF des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25.7.1986 räumt auch dem ausländischen Gericht eine internationale Zuständigkeit für Todeserklärungen ein, die auf dem letzten Aufenthalt des Verschollenen beruht.

 

Normenkette

EheG § 38 Abs 2 S 1; RVO § 1264 Abs 1, § 1265 Abs 1; VerschG § 12 Abs 1 Fassung: 1986-07-25

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 24.02.1987; Aktenzeichen L 6 Ar 662/85)

SG Regensburg (Entscheidung vom 26.06.1985; Aktenzeichen S 3 Ar 763/84)

 

Tatbestand

In dem Rechtsstreit geht es um die Höhe der an die Beigeladene zu zahlenden Witwenrente. Die Frage hängt davon ab, ob und ggf in welcher Höhe der Klägerin eine Hinterbliebenenrente zu gewähren ist.

Der Versicherte ist am 15. Juni 1916 in M.      -O.     (seit 1918 Tschechoslowakei -CSSR-) geboren. Am 16. Oktober 1940 heiratete er in dieser Stadt, die zu dieser Zeit zu dem im März 1939 errichteten Protektorat Böhmen und Mähren gehörte, vor dem Deutschen Standesbeamten die am 3. Juni 1914 in U.    /K.      - Ukraine geborene Klägerin. Der Versicherte wurde zum Militärdienst eingezogen und geriet in Kriegsgefangenschaft, aus der er im April 1947 in D.     entlassen wurde. Er hatte zu dieser Zeit keine Verbindung mehr mit der Klägerin und versuchte auch nicht, wieder Verbindung aufzunehmen. Er blieb nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft in Bayern, wo er bis zu seinem Tode lebte. Am 21. März 1949 schloß er erneut eine Ehe, die er durch falsche Angaben über seinen Familienstand ermöglichte. Diese Ehe wurde am 3. August 1961 geschieden. Am 25. Oktober 1961 heiratete der Versicherte die Beigeladene. Die Ehe bestand bis zum Tode des Versicherten am 15. November 1982.

Auch die Klägerin ist am 24. Juni 1961 eine erneute Ehe eingegangen, nachdem sie den Versicherten bereits im Jahre 1949 in der CSSR hatte für tot erklären lassen. Im November 1968 verließ die Klägerin die CSSR und wohnt seitdem in der Bundesrepublik Deutschland. Ihre zweite Ehe wurde durch Urteil des Bezirksgerichts T.     /CSSR vom 26. Oktober 1970 (anerkannt durch Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 27. Dezember 1976) geschieden.

Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene beantragten Witwenrente. Mit Bescheid vom 7. September 1983 gewährte die Beklagte der Beigeladenen die Witwenrente in voller Höhe. Der Antrag der Klägerin wurde mit Bescheid vom 11. August 1983 und Widerspruchsbescheid vom 14. November 1984 abgelehnt.

Auf die gegen die Ablehnung gerichtete Klage hob das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 26. Juni 1985 die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin seit dem 1. Dezember 1982 Witwenrente zu gewähren, ab dem 1. März 1983 in Höhe von 65,5 % der nach § 1268 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) berechneten Witwenrente. Die Beklagte stellte daraufhin die Witwenrente der Beigeladenen mit Bescheid vom 11. Dezember 1985 seit dem 1. Oktober 1985 neu fest. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. März 1986).

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen hatten keinen Erfolg. Die Klage der Beigeladenen gegen die Bescheide vom 11. Dezember 1985 und vom 14. März 1986 wurde zurückgewiesen, nachdem sich die Beklagte durch Teilvergleich verpflichtet hatte, keinen Rückforderungsanspruch für die Zeit vor dem 1. Februar 1986 geltend zu machen. Das Landessozialgericht (LSG) führte aus, die Ehe der Klägerin und des Versicherten habe bei dessen Tode noch bestanden. Sie sei nicht durch Todeserklärung gemäß § 38 Abs 2 Ehegesetz (EheG) aufgelöst worden, weil die in der CSSR erfolgte Todeserklärung nicht anerkannt werden könne. Die Höhe der Witwenrente sei vom SG zutreffend im Verhältnis der jeweiligen Ehedauer aufgeteilt worden (Urteil vom 24. Februar 1987).

Die Beigeladene hat die vom erkennenden Senat zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des materiellen Rechts durch das Berufungsgericht.

Die Beigeladene beantragt,

die Urteile der Vorinstanzen vom 24. Februar 1987 und 26. Juni 1985 sowie den Bescheid vom 11. Dezember 1985 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. März 1986 aufzuheben.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beklagte hat im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision der Beigeladenen ist begründet. Die Beigeladene hat allein Anspruch auf die Witwenrente iS des § 1264 Abs 1 RVO; die Rente ist nicht gemäß § 1268 Abs 4 RVO unter mehreren Berechtigten zu teilen.

Die Klägerin ist nicht die Witwe des Versicherten, weil sie bei seinem Tod nicht mehr mit ihm verheiratet gewesen ist. Zwar ist in dem Familienbuch, das auf Antrag der Klägerin angelegt worden ist, lediglich die Eheschließung mit dem Versicherten und dessen Tod eingetragen. Die Beweiskraft eines Personenstandsbuches ist jedoch widerlegbar (§ 60 Abs 2 Satz 1 Personenstandsgesetz -PStG-). Es besteht deshalb keine Bindung der Behörden und Gerichte an den Inhalt dieser Urkunden, soweit andere Vorgänge nachgewiesen sind. Derartige Nachweise liegen hier aufgrund der Todeserklärung des Versicherten und der Wiederheirat der Klägerin vor. Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten ist dadurch gemäß § 38 Abs 2 Satz 1 EheG aufgelöst worden.

Die Frage, ob die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten aufgelöst worden ist, ist nach deutschem Recht zu beurteilen. Hierbei ist auch unbeachtlich, ob - wie die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren behauptet hat - bereits 1935 in der K.     -Ukraine eine formungültige Ehe geschlossen worden war. Das angefochtene Urteil enthält zwar keine Angabe über die Staatsangehörigkeit der Klägerin und des Versicherten, aus der Beurkundung der Ehe durch den deutschen Standesbeamten ergibt sich jedoch, daß der Versicherte deutscher Staatsangehöriger gewesen ist, denn der deutsche Standesbeamte war im ehemaligen Protektorat für die Eheschließung von männlichen deutschen Staatsangehörigen zuständig (§ 2 der Verordnung über die Anwendung deutschen Rechts auf deutsche Staatsangehörige vom 20. Juli 1939, RGBl I S 1309). Die Klägerin ist - spätestens - durch diese Ehe deutsche Staatsangehörige geworden (§ 6 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 RGBl S 583 in der damals geltenden Fassung).

Bis zum 31. März 1953, bis zu dem das Art 3 Abs 2 Grundgesetz (GG) entgegenstehende Recht weiter galt (Art 117 Abs 1 GG), ergibt sich die Anwendung deutschen Rechts schon aus Art 17 Abs 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) in der bis dahin geltenden Fassung. Diese Vorschrift galt, obwohl dort ausdrücklich nur für die Scheidung an das Heimatrecht des Mannes angeknüpft wurde, auch für eine Eheauflösung durch Todeserklärung oder Todeserklärung und Wiederheirat (Lorenz-Münchener, Kommentar, 1983, Art 17 EGBGB RdNr 21; Staudinger/von Bar, 1983 12. Aufl, Art 17 EGBGB RdNr 117; Soergel/Kegel, 1983 11. Aufl, Art 17 EGBGB RdNr 9). Nach dem 31. März 1953 ist Art 17 Abs 1 EGBGB nicht mehr anzuwenden, da er gegen Art 3 Abs 2 GG verstößt, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluß vom 8. Januar 1985 (BVerfGE 68, 385) entschieden hat. Es kann hier dahinstehen, welche der möglichen Anknüpfungen vorzuziehen ist, die in der Folgezeit für das bei der Eheauflösung maßgebende Recht vorgeschlagen wurden (vgl Lorenz-Münchener, Kommentar, 1983, Art 17 EGBGB RdNrn 55 bis 79). Denn das im möglichen Auflösungszeitpunkt geltende internationale Privatrecht (IPR) der CSSR verwies auf deutsches Recht als Recht der letzten gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eheleute zurück (§ 18 Satz 2 des tschechischen Gesetzes über das internationale und interlokale Privatrecht und die Rechtsstellung der Ausländer auf dem Gebiet des Privatrechts vom 11. März 1948, in Kraft bis zum 31. März 1964, übersetzt und abgedruckt in RabelsZ 1952, 557).

Da von der Gültigkeit der zweiten Ehe der Klägerin hier gemäß § 38 Abs 1 EheG auszugehen ist, hängt die Auflösung der ersten Ehe der Klägerin von der Anerkennung der tschechischen Todeserklärung des Versicherten in der Bundesrepublik Deutschland ab. Dafür ist die internationale Zuständigkeit des den Tod erklärenden Gerichts Voraussetzung, wie sich aus § 328 Zivilprozeßordnung -ZPO- und § 16a des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit -FGG- ergibt.

Die Todeserklärung ist durch tschechischen Gerichtsbeschluß vom 12. April 1949 erfolgt. Der Senat hält sich im Anschluß an das Urteil des 11. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. Februar 1985 (SozR 1300 § 45 Nr 15) insoweit zur Ergänzung der vom LSG festgestellten Tatsache "einer Todeserklärung durch tschechische Behörden" auf der Grundlage der in den Verwaltungsakten befindlichen Stellungnahme des Regensburger Standesbeamten aus Gründen der Prozeßökonomie für berechtigt. Gegen die Feststellung, daß eine Todeserklärung vorliegt, hat sich keiner der Beteiligten gewandt. Die herangezogene Stellungnahme in den Verwaltungsakten war allen Beteiligten bekannt. Die Akten sind auch zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Maßgebend ist also die Rechtslage zum Zeitpunkt der Todeserklärung im April 1949. Soweit eine Regelung der internationalen Zuständigkeit im Rahmen der allgemeinen Vorschriften über Todeserklärungen erfolgte, war § 12 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939 (RGBl I S 1186) maßgebend, der - von den Regelungen für Vertriebene, Flüchtlinge und Staatenlose abgesehen - dem § 12 Abs 1 bis 3 Verschollenheitsgesetz (VerschG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts vom 15. Januar 1951 (BGBl I S 59) entsprach. Diese Vorschrift wurde erst durch Art 9 EGBGB und § 12 VerschG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des IPR vom 25. Juli 1986 (BGBl I S 1142) abgelöst. Dieses Neuregelungsgesetz trat am 1. September 1986 in Kraft (Art 7 § 2).

Die Anerkennung einer ausländischen Todeserklärung eines deutschen Staatsangehörigen war vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des IPR umstritten. Früher wurde in der Rechtsprechung wie auch in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, daß die Todeserklärung eines deutschen Staatsangehörigen ausschließlich im Inland erfolgen dürfe (vgl OLG Frankfurt vom 13. April 1961, JZ 62, 119; LG Bad Kreuznach vom 4. April 1950, IPR-Rechtsprechung 1950, 51 Nr 7; LG Hamburg vom 23. Juli 1965, RzW 66, 274; RGRK, 11. Aufl 1959, § 12 VerschG RdNr 3; Arnold, VerschG 1951, § 12 Nr 13; Palandt-Lauterbach 31. Aufl 1972, § 12 VerschG 2 I; Raape, IPR, 5. Aufl 1961, S 192; Wolff, IPR, 3. Aufl 1954, S 99). Zunehmend wurde aber auch die Auffassung vertreten, daß zumindest dann eine ausländische internationale Zuständigkeit angenommen werden müsse, wenn sich nach deutschem Recht in einem spiegelbildlichen Fall eine deutsche Zuständigkeit ergebe (Staudinger-Coing-Weick, 12. Aufl 1964, § 12 VerschG - bei Art 9 EGBGB - RdNr 109; IPR-Gutachten 1983 -Köln- Nr 42, Müller in Dt. Landesreferate zum VII intern. Kongreß für Rechtsvergleichung in Uppsala 1966, S 181, 205) und - noch weitergehender - daß sich die internationale Zuständigkeit für Todeserklärungen bereits aus dem Recht des letzten Aufenthaltes ergeben könne (so Kegel, IPR, 5. Aufl 1985, S 320 und auch LG Mönchengladbach vom 16. November 1980, IPR-Rechtsprechung 1970 Nr 1).

Der vorliegende Fall bietet jedoch keinen Anlaß, die Frage der Anerkennung einer ausländischen Todeserklärung eines deutschen Staatsangehörigen generell zu beantworten. Die Besonderheit dieses Falles liegt darin, daß die Staatsangehörigkeit des Versicherten zur Zeit der Todeserklärung völlig ungeklärt war. Der im damaligen M.      -O.     geborene Versicherte, der keine erkennbare Verbindung zum Deutschen Reich hatte, hat die deutsche Staatsangehörigkeit erst durch die Verordnung über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch frühere tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit vom 20. April 1939 (RGBl I S 815) - also durch ein Begleitgesetz einer völkerrechtswidrigen Okkupation - erlangt. Das reicht zwar nicht aus, um den Erwerb der Staatsbürgerschaft unwirksam zu machen (vgl BVerfG-Beschluß vom 28. Mai 1952 in BVerfGE 1, 322). Die Staatsangehörigkeit ist hier aber dennoch ein ungeeignetes Band für personenrechtliche Anknüpfungen. Nach dem Krieg war der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Verordnung vom 20. April 1939 noch lange umstritten (vgl etwa Hoffmann in NJW 1950, S 815). Soweit die Personen, die unter diese Verordnung fielen, später in der Bundesrepublik lebten, wurden sie vielfach als staatenlos behandelt. In ihre Ausweise wurde der Vermerk "Staatsangehörigkeit ungeklärt" eingetragen (vgl Schmied, Das Staatsangehörigkeitsrecht der Tschechoslowakei, 1956, S 34). Erst das Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 22. Februar 1955 (BGBl I S 65) schuf hierüber Klarheit. Die Todeserklärung war aber bereits durch Gerichtsbeschluß vom April 1949 erfolgt. Die Rechtslage ist daher mit der für einen Staatenlosen bestehenden vergleichbar. Deshalb ist die Annahme einer Aufenthaltszuständigkeit hier sachgerecht.

Der Senat hält sich zur Annahme einer Aufenthaltszuständigkeit insbesondere auch deshalb für berechtigt, weil der Gesetzgeber durch § 12 VerschG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des IPR aaO (nF) zu erkennen gegeben hat, daß es zum Schutz der deutschen Staatsangehörigen nicht zwingend einer inländischen ausschließlichen Zuständigkeit bedarf. § 12 Abs 1 VerschG nF regelt zwar seinem Wortlaut nach nur die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Todeserklärungen; dies entspricht aber allgemein der Gesetzestechnik der Neuregelung. Die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit sind durchweg als einseitige Normen formuliert, aber als allseitige gemeint (vgl die Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks 10/504, S 89). Die Neuregelung räumt also auch dem ausländischen Gericht eine internationale Zuständigkeit ein, die auf dem letzten Aufenthalt des Verschollenen beruht.

Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten ist demnach durch die auch im Inland rechtswirksame Todeserklärung mit der Schließung der zweiten Ehe der Klägerin im Jahre 1961 aufgelöst worden (§ 38 Abs 2 Satz 1 EheG). Da sie somit im Zeitpunkt des Todes des Versicherten nicht dessen Witwe war, steht ihr keine Witwenrente iS des § 1264 Abs 1 RVO zu.

Ein Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente gemäß § 1265 Abs 1 RVO besteht ebenfalls nicht. Es ist zwar inzwischen anerkannt, daß diese Vorschrift über den Wortlaut hinaus auch die nach § 38 Abs 2 EheG aufgelöste Ehe erfaßt; denn § 1265 soll alle Fälle regeln, in denen der frühere Ehegatte einen Unterhaltsanspruch haben kann (vgl BSG-Urteil vom 30. März 1967 in BSGE 26, 190, 193). Ein Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Versicherten bestand aber nicht. Da es sich um eine Eheauflösung anders als durch Scheidung handelte und demgemäß auch kein Schuldausspruch vorliegt, kommt ein Unterhaltsanspruch nur nach § 61 Abs 2 EheG in Betracht, wobei an die Stelle des Ehegatten, der die Scheidung verlangt, derjenige tritt, der die Todeserklärung betreibt (vgl BSG-Urteil vom 30. März 1967 aaO). Dieser Anspruch steht somit nur dem - zu Unrecht - für tot erklärten Ehegatten zu. Eine Unterhaltspflicht des für tot erklärten Versicherten kommt hier im übrigen deshalb auch deswegen nicht in Betracht, weil eine solche jedenfalls durch die Wiederverheiratung der Klägerin im Jahre 1961 erloschen wäre (§ 67 EheG).

Die Revision der Beigeladenen erweist sich nach alledem als begründet. Die Urteile der Vorinstanzen sowie der darauf gestützte Witwenrentenbescheid zugunsten der Klägerin waren aufzuheben und die Klage gegen den zugunsten der Beigeladenen erlassenen Witwenrentenbescheid war abzuweisen. Gemäß § 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hatte der erkennende Senat diesbezüglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 48

IPRspr. 1989, 5

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