Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufspaltung einer bisher einheitlich besoldeten Berufstätigkeit in mehrere Besoldungsgruppen durch neue Tarifverträge

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Hauer, der diese Tätigkeit vor dem 1971-06-01 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat, ist für die Beurteilung der wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit für die Zeit ab 1971-06-01 (Inkrafttreten der neuen Lohnordnungen im Bergbau) von der Lohngruppe 10 auszugehen.

 

Normenkette

RKG § 45 Abs. 1 Nr. 2

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. März 1972 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Streitig ist, ob dem im Jahre 1933 geborenen Kläger die Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit zu zahlen ist.

Der Kläger war zuletzt vom 1. Februar 1955 bis zum 30. Januar 1968 als Hauer und vom 31. Januar 1968 bis zum 24. Juni 1968 als Magazinarbeiter unter Tage beschäftigt. Er gab die bergbauliche Tätigkeit im Zuge einer Stillegungsmaßnahme auf.

Einen am 25. Januar 1968 gestellten Antrag auf Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. November 1968 ab, weil der Kläger weder berufsunfähig noch vermindert bergmännisch berufsfähig sei. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 1969 zurückgewiesen, weil der Kläger noch als Hauer arbeiten könne. Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Aachen mit Urteil vom 22. Juli 1970 abgewiesen, nachdem der Kläger seinen Klageantrag auf Gewährung einer Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit eingeschränkt hatte. Auf die vom Kläger eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 16. März 1972 das Urteil des SG abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Zugrundelegung des Eintritts verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit im Januar 1968 Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Das LSG hat festgestellt, der Kläger sei seit dieser Zeit Arbeiten mit schweren körperlichen Belastungen nicht mehr gewachsen. Das gelte insbesondere auch für das Heben und Tragen von schweren Lasten. Zudem dürfe er nicht mehr kriechen oder in gebückter Haltung arbeiten. Deshalb könne er die von ihm bisher verrichtete: knappschaftliche Arbeit als Hauer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Die Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit hindere ihn aber auch, andere im wesentlichen wirtschaftliche gleichwertige Arbeiten in knappschaftlichen Betrieben auszuüben, die er nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten verrichten könne. Nach der vor dem 1. Juni 1971 geltenden Lohnordnung seien gegenüber dem Hauerlohn von den Untertagetätigkeiten nur die Tätigkeiten der Sondergruppe und der Lohngruppen I a, I b und I im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig. Diese Tätigkeiten könne der Kläger nicht ausführen, weil er entweder aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht in der Lage sei oder weil ihm dazu die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlten. Das gelte für den Schachthauer, Bandaufseher, Stapelwart, Vermessungshelfer, Aufseher von Bergebrech- und Versatzanlagen, dem ersten Maschinisten, Probenehmer, Sprengstoffausgeber, Wettermann, Zimmerhauer mit selbständigen Arbeiten, Grubenlokomotivführer, Stapelzimmerhauer, Anschläger, Schachtaufseher und Förderaufseher. Auch auf im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeiten über Tage in knappschaftlichen Betrieben könne der Kläger nicht verwiesen werden. Als Anschläger über Tage könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht tätig sein und die Tätigkeit eines Laborhelfers, die noch in Betracht kommen könne, erfordere eine längere Einweisungs- und Anlernzeit. Die mit dem 1. Juni 1971 eingetretenen Veränderungen im Lohngefüge und in der Tarifstruktur könnten den Rentenanspruch nicht in Frage stellen. Tatbestände, die anspruchsbegründend abgeschlossen vorlägen, würden von einer Rechtsänderung nicht betroffen, wenn nicht das neue Recht selbst ausdrücklich oder dem Sinne nach seinem Geltungsbereich auf diese Sachverhalte erstrecke. Die Berücksichtigung einer neuen Lohnordnung müsse dort ihre Grenze finden, wo sie dazu zwinge, ohne eine konkrete Änderung in den gesundheitlichen oder arbeitsmäßigen Verhältnissen des Versicherten alle Grundlagen des - nach dem bisherigen Lohnordnungen begründeten - Rechtsanspruch neu zu überprüfen und zu beurteilen. Hinzu komme, daß bei Anwendung der neuen Lohnordnung an Stelle des früheren Hauptberufs des Hauers, Lehrhauers und Gedingeschleppers in mehr oder weniger hypothetischer Weise eine Einordnung in die neuen Lohngruppen vorgenommen werden müsse. Es erscheine nicht angängig, einen auf eindeutigen Grundlagen beruhenden, gerechtfertigten Rentenanspruch durch eine hypothetische Neubestimmung des Hauptberufs und eine danach vorzunehmende Neuprüfung der Verweisungstätigkeiten ohne eine konkrete Veränderung in den Verhältnissen des Anspruchsberechtigten möglicherweise wieder in Frage zu stellen. Im übrigen führe eine dennoch auf der Grundlage der neuen Lohnordnung vorgenommene Prüfung des Rentenanspruchs ab 1. Juni 1971 zu keinem anderen Ergebnis. Bei dieser Prüfung entspreche es am besten der Sach- und Rechtslage, bei Hauern einheitlich die Lohngruppe 10 zugrunde zu legen, ohne weiter danach zu differenzieren, welche Arbeiten der Versicherte im einzelnen unter Berücksichtigung der neuen Lohnordnung konkret verrichtet habe. Der früher einheitlich betrachtete Hauerberuf könne nicht nachträglich in verschiedene Gruppen aufgeteilt werden, denn vor dem 1. Juni 1971 sei ein Hauer häufig oder sogar in der Regel im Wechsel mit verschiedenartigen Tätigkeiten beschäftigt worden, die nach der heutigen Lohnordnung unterschiedlich entlohnt würden. Man könne auch gegebenenfalls nachträglich nicht davon ausgehen, daß sich ein Hauer von einer der verschiedenen Hauertätigkeiten gelöst habe und zu einer anderen Hauertätigkeit als Hauptberuf übergegangen sei, weil einem Hauer früher gar nicht habe bewußt sein können, daß es sich um eine Lösung vom früheren Beruf handele. Auch stoße die Feststellung, in welcher Beschäftigungsart der Hauer früher eingesetzt worden sei, in vielen Fällen auf unüberwindliche Schwierigkeiten. Einmal seien die Unterlagen der Zechen, insbesondere wenn es sich um stillgelegte Anlagen handele, nicht mehr vorhanden; zum anderen seien diese Unterlagen damals im Hinblick auf die einheitliche Hauerentlohnung nicht so differenziert festgehalten worden, wie das nach der neuen Lohnordnung erforderlich sei. Da ein Minderverdienst von etwa 20 % bei einer anderen Tätigkeit dem Hauerlohn gegenüber noch im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig sei, seien gegenüber der Lohngruppe 10 alle Untertagetätigkeiten bis hin zur Lohngruppe 05 einschließlich noch im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig, weil die Lohndifferenz zwischen den Lohngruppen 10 und 05 nur 19,10 % betrage. Allerdings sei nach der neuen Lohnordnung der Unterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Untertagelohn geringer geworden und insoweit eine Nivellierung eingetreten, so daß erwogen werden könne, ob die bisherige Grenze wenigstens geringfügig mit der Folge herabgesetzt werden müßte, daß die Lohngruppe 05 aus den Verweisungsgruppen auszuscheiden wäre. Dies brauche aber im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, denn in den Lohngruppen 05 bis 09 befänden sich keine Tätigkeiten, auf die der Kläger nach seinem Gesundheitszustand und ohne Überforderung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten verwiesen werden könne. Das gelte für die Tätigkeiten als Lader, Sprengmittelausgeber, sonstige Hilfsarbeiter, Streckenreparaturarbeiter, Transportarbeiter, Wettermann, Bandaufseher, Betonierer, Einpaster, angelernter Metallhandwerker, angelernter Elektriker, Gleisbauarbeiter, Streckensicherungsarbeiter, Wettermeßhelfer, Vermessungshelfer, Lokfahrer, Stapelzimmerhauer, Blindschachtmaschinist, Anschläger und Förderaufseher. Gegen das Urteil hat das LSG die Revision zugelassen.

Die Beklagte macht mit der von ihr eingelegten Revision geltend, der Kläger könne noch als Maschinist an Hauptförderblindschächten (Lohngruppe I b unter Tage der alten Lohnordnung) bzw. als Blindschachtmaschinist (Lohngruppe 06 unter Tage der neuen Lohnordnung) tätig sein. Auf diese Tätigkeit könne er verwiesen werden. Dieser Maschinist habe nur im geringen Umfang körperliche Arbeiten auszuführen. Die manuelle Tätigkeit bestehe in der Bedienung von zwei Handrädern bzw. Hebeln von einem Sitz aus; einer physischen Belastung unterliege er hierbei nur in geringem Maße. Die Ansicht des LSG, daß ein Blindschachtmaschinist seine Tätigkeit nur nach vorheriger zumindest dreimonatiger Tätigkeit im Schachtförderbetrieb unter Tage und zudem nach einer psycho-technischen Eignungsprüfung aufnehmen könne, sei in der vom LSG vorgenommenen Verallgemeinerung nicht richtig. Für eine Verweisung auf die Tätigkeit eines Blindschachtmaschinisten sei ausreichend, daß der Versicherte mindestens drei Monate im Schachtförderbetrieb gearbeitet habe. Das bedeute keine längere betriebliche Einweisung und Einarbeitung. Der Kläger sei in der Lage, drei Monate im Schachtförderbetrieb, gegebenenfalls vorübergehend als zweiter Mann (Blindschachthaspelfahrer) zu arbeiten, um damit die zumutbare Vorbereitungs- und Einarbeitungszeit nachzuholen. Eine psycho-technische Eignungsprüfung sei nicht zwingend vorgeschrieben. Nach § 76 Abs. 1 Nr. 3 der Bergverordnung des Oberbergamts Dortmund für mittlere und kleine Seilfahrtanlagen vom 20. Februar 1970 könne das Landesoberbergamt lediglich eine solche Prüfung durch einen von ihm anerkannten Sachverständigen verlangen, es brauche sie aber nicht zu fordern.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er trägt vor, ein Maschinist an Hauptförderblindschächten könne diese Tätigkeit erst nach vorheriger zumindest dreimonatiger Beschäftigung im Schachtförderbetrieb unter Tage und nach einer psycho-technischen Eignungsprüfung aufnehmen. Beide Voraussetzungen seien bei ihm nicht erfüllt. Eine vorübergehende Tätigkeit von mindestens drei Monaten als Blindschachthaspelfahrer müsse ausscheiden, weil diese Tätigkeit nach der Lohngruppe 04 unter Tage entlohnt werde und dem Hauerlohn nicht mehr im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig sei. Außerdem sei der Einsatz in dieser Tätigkeit für ihn nicht realisierbar; insofern sei ihm der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen. Er habe nämlich seinen Bergbauarbeitsplatz bereits im Jahre 1968 wegen Stillegung seiner letzten Beschäftigungszeche verloren und habe nicht mehr in den Untertagebetrieb einer anderen Schachtanlage vermittelt werden können. Deshalb sei es auch unerheblich, ob für die Tätigkeit des Blindschachtmaschinisten eine psycho-technische Eignungsprüfung vorgeschrieben sei oder ob es sich hierbei nur um eine "Kann"-Vorschrift handele.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

Nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) ist einem Versicherten auf Antrag die Bergmannsrente zu zahlen, der vermindert bergmännisch berufsfähig ist, wenn er die Wartezeit von 60 Monaten erfüllt hat. Das letztere ist der Fall. Entscheidend ist daher allein, ob der Kläger vermindert bergmännisch berufsfähig ist. Vermindert bergmännisch berufsfähig ist nach § 45 Abs. 2 RKG ein Versicherter, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte weder imstande ist, die von ihm bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit noch andere im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Arbeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in knappschaftlich versicherten Betrieben auszuüben.

Hauptberuf des Klägers, von dem bei der Beurteilung der verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit auszugehen ist, ist der des Hauers, da er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat.

Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG ist der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, diese von ihm bisher verrichtete Tätigkeit auszuüben. Das LSG hat für alle sonstigen Tätigkeiten in knappschaftlichen Betrieben, die der Hauertätigkeit im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig sind, dargelegt, warum der Kläger auch nicht auf diese Tätigkeiten verwiesen werden kann. Nach Ansicht des LSG ist der Kläger entweder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, die in Betracht kommenden Tätigkeiten auszuüben, oder er besitzt nicht die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Die Beklagte greift mit der Revision nur an, daß das LSG die Verweisung als Maschinist an Hauptförderblindschächten (Lohngruppe I b unter Tage der alten Lohnordnung) bzw. als Blindschachtmaschinist (Lohngruppe 06 unter Tage der neuen Lohnordnung) nicht für möglich hält. Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß diese Tätigkeit erst nach vorheriger zumindest dreimonatiger Beschäftigung im Schachförderbetrieb unter Tage aufgenommen werden kann. Uneinigkeit besteht lediglich darüber, ob zur Aufnahme dieser Tätigkeit eine psychotechnische Eignungsprüfung erforderlich ist, oder ob diese nur von der Bergbehörde verlangt werden kann. Auf das letztere kommt es aber nicht an. Der erkennende Senat hat bereits in einem Urteil vom 31. Juli 1973 - 5 RKn 34/72 - (SozR Nr. 40 zu § 45 RKG) entschieden, daß ein Hauer bei Prüfung der vermindert bergmännischen Berufsfähigkeit nicht auf die Tätigkeit eines Maschinisten an Hauptförderblindschächten verwiesen werden kann, weil die Ausübung dieser Tätigkeit den Erwerb neuer Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die ein Hauer erst in "mindestens dreimonatiger" Einweisung und Einarbeitung erwerben kann. Die zwingend vorgeschriebene betriebliche Einweisung und Einarbeitung von "mindestens drei Monaten" ist zu lang, als daß man den Versicherten auf diese Tätigkeit verweisen kann, solange er die Einweisungs- und Einarbeitungszeit nicht mit Erfolg zurückgelegt hat.

Bei der Prüfung der verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit für die Zeit seit dem 1. Juni 1971 sind die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Tarifverträge zu berücksichtigen. Denn mit einer Klage nach § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Gewährung einer Rente, d.h. einer wiederkehrenden Leistung verlangt, so daß das Gericht nicht nur darüber zu befinden hat, ob die Anspruchsvoraussetzungen zur Zeit der Antragstellung vorgelegen haben, sondern auch, ob der Rentenanspruch während der folgenden Zeit bis zum Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung nach der jeweiligen Sach- und Rechtslage fortbestanden hat bzw. entstanden ist. Neue Lohnordnungen sind hierbei für die Zeit vom Tage ihres Inkrafttretens an auch dann anzuwenden, wenn der Rentenantrag bereits vor diesem Tage gestellt worden ist, den Leistungsanspruch also für die Zeit vor und nach diesem Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Lohnordnung streitig ist. Denn neue Lohnordnungen sind arbeitsrechtlicher Natur und erfassen von ihrem Inkrafttreten an auch die bereits laufenden Arbeitsverhältnisse. Für die sozialrechtliche Entscheidung haben sie nur Bedeutung für die Bewertung der Tätigkeiten, die der Versicherte bisher ausgeübt hat und die er noch ausüben kann. Von dem Tage des Inkrafttretens der neuen Lohnordnung an bestimmen diese allein den Wert dieser Tätigkeiten.

Das LSG hat geprüft, ob dem Kläger für die Zeit vor dem 1. Juni 1971 die Bergmannsrente zusteht und ist hierbei ohne feststellbare Verfahrensverstöße und Rechtsirrtümer zu dem Ergebnis gelangt, daß es keine im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeiten in knappschaftlichen Betrieben gibt, auf die der Kläger nach seinem gesundheitlichen Zustand und nach seinem Wissen und Können verwiesen werden kann. Es brauchte deshalb nicht zu prüfen, ob etwa in Betracht kommende Tätigkeiten als solche von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten eines Hauers anzusehen sind.

Für die Zeit nach dem 1. Juni 1971 brauchte das LSG nach der von ihm vertretenen Rechtsauffassung die Verweisungsmöglichkeit nicht zu prüfen. Es hat jedoch eine solche Prüfung hilfsweise durchgeführt. Der Senat stimmt der Ansicht des LSG zu, daß bei dem Kläger, der die Hauertätigkeit schon vor dem Inkrafttreten der neuen Lohnordnung des Jahres 1971 aufgegeben hat, bei Prüfung der im wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit für die Zeit ab 1. Juni 1971 von der Lohngruppe 10 auszugehen ist. Da der Kläger tatsächlich unter der Geltung der neuen Lohnordnung nicht mehr tätig gewesen ist, fällt seine Tätigkeit an sich überhaupt nicht unter die neue Lohnordnung. Er kann insbesondere auch nicht in eine der für Hauer in Betracht kommenden Lohngruppen eingeordnet werden. Dennoch muß, um in diesen Übergangsfällen zu einer Entscheidung zu kommen, eine fingierte Einordnung vorgenommen werden. Nach Ansicht des erkennenden Senats bietet sich für Übergangsfälle dieser Art für einen früheren Lehrhauer bei Prüfung der im wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit die fingierte Einordnung in die Lohngruppe 10 als der mittleren, für Hauer in Betracht kommenden Lohngruppe an.

Gegenüber der Lohngruppe 10 sind die Lohngruppen 09, 08, 07, 06 und 05 unter und über Tage noch im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig, während das bei den Lohngruppen 04 unter und über Tage nicht mehr der Fall ist. Hinsichtlich der nach den Lohngruppen 05 bis 09 in Betracht kommenden Tätigkeiten ist das LSG auch bei Zugrundelegung der neuen Lohnordnung ohne feststellbare Verfahrensfehler und Rechtsirrtümer zu dem Ergebnis gekommen, daß der Kläger diese Tätigkeiten entweder nach seinem Gesundheitszustand oder nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht ausüben kann. Es brauchte deshalb auch hier nicht zu entscheiden, welche Tätigkeiten dieser Lohngruppen der Tätigkeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten eines Hauers angesehen werden könnten.

Das LSG ist demnach mit Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß es keine der Hauertätigkeit im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeiten in knappschaftlichen Betrieben gibt, die der Kläger nach seinem Gesundheitszustand und nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten auszuüben vermag. Das LSG hat deshalb auch zu Recht entschieden, daß der Kläger seit der Rentenantragsstellung im Januar 1968 bis über den 1. Juni 1971 hinaus vermindert bergmännisch berufsfähig ist, und daß die Beklagte ihm deshalb Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren hat. Daher war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1647711

BSGE, 9

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