Leitsatz (amtlich)
1. Eine Hauterkrankung (7. BKVO Anl Nr 46) ist auch dann als "schwer" anzusehen, wenn sie zwar in einer medizinisch nicht schweren Erscheinungsform verlaufen ist, jedoch längere Zeit ununterbrochen bestanden hat (Anschluß an BSG 1959-10-30 2 RU 5/58 = BSGE 10, 286 und BSG 196212-13 5 RKn 70/59 = SozR Nr 4 zur 5. BKVO Anl Nr 19).
2. "Längere Zeit" bedeutet in der Regel mindestens eine ununterbrochene Behandlungsbedürftigkeit von 6 Monaten.
Normenkette
RVO § 551; BKVO 7 Anl 1 Nr. 46
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. November 1971 und des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Juli 1970 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei dem Kläger eine schwere Hauterkrankung im Sinne von Nr. 46 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) schon dann vorliegt, wenn die ununterbrochene Behandlungsbedürftigkeit drei Monate nur knapp übersteigt.
Der 1948 geborene Kläger ist gelernter Maurer. Nach seiner Lehre vom 1. April 1964 bis 10. März 1967 hat er als Maurer weitergearbeitet. Am 3. Januar 1968 begab er sich in die Behandlung des Hautarztes Dr. R. Dieser stellte bei ihm eine Kaliumbichromat- und Kobaltsulfatallergie mit Hauterscheinungen an beiden Händen fest. Dieser Arzt erstattete eine Anzeige über eine Berufskrankheit. Wegen des Handekzems war der Kläger vom 15. Februar 1968 bis 4. April 1968 arbeitsunfähig. Auf ärztliche Empfehlung gab er seinen Maurerberuf auf und arbeitete ab 8. April 1968 im Allgemeinen Krankenhaus H als Pflegehelfer. Die Beklagte gewährte ihm unter Bezugnahme auf § 5 der 3. BKVO vom April bis einschließlich September 1968 einen monatlichen Zuschuß zum Lebensunterhalt von 150 DM.
Am 1. Oktober 1968 begann der Kläger auf Kosten der Beklagten eine Umschulung zum Lernpfleger. Die Ausbildung war am 30. September 1971 beendet. Während dieser Zeit gewährte die Beklagte dem Kläger zu seinem Ausbildungsgeld einen monatlichen Zuschuß.
Mit Bescheid vom 13. Februar 1969 lehnte sie die Entschädigung einer Berufskrankheit nach § 551 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) i.V.m. Nr. 46 der Anlage zur 7. BKVO mit der Begründung ab, daß zwar eine berufsbedingte Empfindlichkeitssteigerung gegen Chromate und Kobaltsulfate bestehe, es sich aber nicht um eine schwere oder wiederholt rückfällige Erkrankung handele. Auch habe im Frühjahr 1968 kein unmittelbarer Zwang zur Berufsaufgabe bestanden. Die Beklagte stützte sich dabei auf das hautärztliche Gutachten des Dr. H vom 6. Dezember 1968. Diesem Gutachten hatte sich der Staatliche Gewerbearzt angeschlossen.
Gegen den vorgenannten Bescheid hat der Kläger Klage erhoben. In einem auf Veranlassung des Sozialgerichts (SG) eingeholten Gutachten vom 17. Oktober 1969 kamen Prof. Dr. Dr. K, Privatdozent Dr. J und Dr. I von der Hautklinik der Universitätsklinik E zu dem Ergebnis, daß bei dem Kläger eine berufsbedingte Chromatallergie sowie eine Herabsetzung der Alkaliresistenz bestehe. Die Erkrankung sei weder schwer gewesen, noch habe im April 1968 ein unmittelbarer Zwang bestanden, die Tätigkeit als Maurer aufzugeben. Dieser Auffassung hat sich im wesentlichen auch Prof. Dr. S in seinen mündlichen Ausführungen am 13. Juli 1970 vor dem SG angeschlossen und ergänzend ausgeführt: Falls eine Berufskrankheit aus rechtlichen Gründen angenommen werde, sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 30 v.H. zu bemessen und ein Jahr nach Abheilung der Hauterscheinung mit 20 v.H.
Durch Urteil vom 13. Juli 1970 hat das SG Hamburg den Bescheid vom 13. Februar 1969 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Anerkennung der bei ihm vorhandenen gesundheitlichen Veränderungen als Berufskrankheit im Sinne von Nr. 46 der 7. BKVO Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren und ihm darüber einen neuen Bescheid zu erteilen.
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) nach Beiladung der Allgemeinen Ortskrankenkasse H das Urteil des SG geändert und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 13. Februar 1969 verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 46 der Anlage 1 zur 7. BKVO für die Zeit vom 9. April 1968 bis 30. September 1971 eine Rente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren. Im übrigen hat es die Berufung und die Anschlußberufung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Bei dem Kläger liege eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit nach § 551 RVO i.V.m. Nr. 46 der Anlage zur 7. BKVO vor. Die Erkrankung des Klägers sei zwar im medizinischen Sinne nicht schwer gewesen, wohl aber mit Rücksicht auf ihre Dauer, denn sie habe längere Zeit ununterbrochen bestanden, weil sie vom 3. Januar 1968 bis 7. April 1968 behandlungsbedürftig gewesen sei und damit einen Zeitraum von drei Monaten überstiegen habe. Dieser Zeitraum sei auch sonst in der Unfallversicherung von Bedeutung, wie sich aus § 580 bzw. 590 Abs. 2 RVO ergebe. Im übrigen sei eine solche Zeitbegrenzung auch praktikabel. Die Schwere der Hauterkrankung habe den Kläger auch zur Aufgabe seines Maurerberufs und damit zur Aufgabe seiner beruflichen Beschäftigung - wenn auch aus prophylaktischen Gründen - gezwungen. Der Versicherungsfall der entschädigungspflichtigen Berufskrankheit sei am 8. April 1968 eingetreten, die MdE des Klägers betrage vom 9. April 1968 bis 30. September 1971 - dem Abschluß der Umschulung - durchgehend 20 v.H.. Dabei habe der Senat insbesondere berücksichtigt, daß der Kläger während der Dauer seiner Umschulungszeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in seiner Erwerbsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen sei.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Bei einem Zeitraum von etwas mehr als drei Monaten könne noch nicht von einer schweren Hauterkrankung gesprochen werden. Die vom LSG angeführten §§ 580 und 590 Abs. 2 RVO hätten mit dem vorliegenden Problem eigentlich nichts zu tun. Im übrigen müsse auch der Einzelfall im medizinischen Sinne berücksichtigt werden; hier sei der Kläger nur sieben Wochen arbeitsunfähig gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Hamburg vom 24. November 1971 und das Urteil des SG Hamburg vom 13. Juli 1970 aufzuheben und unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers dessen Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1969 abzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil mit den ihm zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Der Kläger, der seinerseits ebenfalls Revision eingelegt hat, beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte noch zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 9. April 1968 bis 30. September 1971 Berufskrankheitenrente nach einer MdE um 30 v.H. und vom 1. Oktober 1971 nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Der Kläger hält zwar die Auffassung des LSG hinsichtlich der Dreimonatsfrist für zutreffend, meint jedoch, das Gutachten des Professors Dr. Sch vom 13. Juli 1970 habe die größere Überzeugungskraft; deswegen sei die MdE entsprechend diesem Gutachten vom 9. April 1968 für ein Jahr mit 30 v.H. zu bemessen. Für die Zeit danach hätte er befragt werden müssen, weshalb die MdE dann nur 20 v.H. betragen solle. Auch wäre eine weitere Befragung des Sachverständigen W, der trotz einer Jahrzehnte bestehenden Überempfindlichkeit Rente nur für ein Jahr vorgeschlagen habe, erforderlich gewesen.
Demgegenüber beantragt die Beklagte,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die beigeladene Allgemeine Ortskrankenkasse schließt sich dem Antrag des Klägers an. Sie meint, die Erkrankung des Klägers bleibe auch nach Abklingen der akuten Hauterscheinungen eine Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne, auch wenn sie nicht mehr zur Arbeitsunfähigkeit führe. Im übrigen sei die Hauterkrankung auch als schwer anzusehen, weil sie zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung gezwungen habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Bei dem Kläger liegt keine entschädigungspflichtige Berufskrankheit nach § 551 RVO i.V.m. Nr. 46 der Anlage zur 7. BKVO vor. Nach dieser Vorschrift sind schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen haben, Berufskrankheiten. Zwischen den Beteiligten ist in der Revisionsinstanz unstreitig, daß sich der Kläger bei seiner Tätigkeit als Maurer eine Chromatallergie sowie eine herabgesetzte Alkaliresistenz zugezogen hat und daß nach medizinischen Gesichtspunkten diese nicht als schwere Hauterkrankung zu bewerten ist. Das LSG ist nunmehr zutreffend davon ausgegangen, daß eine berufliche Hauterkrankung auch dann als schwer anzusehen ist, wenn sie zwar in einer medizinisch nicht schweren Erscheinungsform verlaufen ist, jedoch längere Zeit ununterbrochen bestanden hat. Das entspricht der Rechtsprechung des 2. und 5. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) zur 5. BKVO (2. Senat: BSG 10, 286, 289 mit weiteren Nachweisen sowie die unveröffentlichte Entscheidung vom 31. Mai 1967 - 2 RU 88/66 -; 5. Senat: in SozR Nr. 4 zur 5. BKVO Anl. Nr. 19). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat mit Rücksicht darauf an, daß eine andere Auffassung zu dem unbefriedigenden Ergebnis führen würde, daß ein Versicherter, dessen verhältnismäßig leicht verlaufende Krankheit zwischendurch immer wieder abgeheilt und der deshalb im Ergebnis rückfällig krank ist, besser gestellt wäre als ein Versicherter, der vom Beginn einer gleichartigen Erkrankung an fortlaufend erkrankt ist (vgl. auch RVA in EuM Bd. 47, 113, 114; BSG 10, 289). Die - nicht völlig eindeutige - Fassung des Gesetzes will nicht etwa die beiden Gruppen einer medizinisch schweren und einer medizinisch leichten, aber wiederholt rückfälligen Erkrankung gegenüberstellen, sondern sie geht vielmehr von der Vorstellung aus, daß eine lang anhaltende derartige Erkrankung - falls die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind - stets als schwer anzusehen ist, daß es jedoch bei wiederholtem Rückfall (also mindestens dreimaligem Auftreten) der Krankheitserscheinungen nach krankheitsfreien Zwischenräumen nicht mehr darauf ankommt, ob der einzelne Krankheitsschub medizinisch schwer oder leicht gewesen ist (vgl. SozR aaO Nr. 4).
Bisher ist nun in der Rechtsprechung nicht geklärt, wie lange eine berufliche Hauterkrankung, die nicht als schwer im medizinischen Sinne zu bewerten ist, bestanden haben muß, um sie dennoch als "schwer" im Sinne eines Zeitraums, in dem sie ununterbrochen bestanden hat, anzusehen. Die genannten Entscheidungen des 2. und 5. Senats des BSG sprechen von einer "längeren Zeit" (ebenso Linde, Der medizinische Sachverständige 1961, 273, 278). Diese Senate hatten über Fälle zu entscheiden, bei denen die Erkrankungen zehn Monate (BSG 10, 290) und mehr (5. Senat) betrugen. Schulte-Holthausen (BG 1939, 285, 286) und Podzun (WzS 1954, 313, 314) sprechen von einer "unverhältnismäßig langen Zeit". Petermeyer (SozSich 1961, 301) meint unter Hinweis auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg in Breithaupt 1958, 833, 834, die behandlungsbedürftige und Arbeitsunfähigkeit bedingende Erkrankung müsse "mehrere Monate" gedauert haben (im Falle des LSG Baden-Württemberg betrug die Dauer der Erkrankung rd. zehn Monate). Das LSG geht davon aus, eine Erkrankung sei dann als schwere Hauterkrankung im Sinne von Nr. 46 der Anlage zur 7. BKVO anzuerkennen, wenn sie einen Zeitraum von drei Monaten übersteige. Es hat diesen Zeitraum deshalb zugrunde gelegt, weil er auch sonst in der Unfallversicherung von Bedeutung sei. So könne z.B. nach § 580 RVO eine Unfallrente überhaupt nur gewährt werden, wenn ein rentenberechtigender Grad der MdE über die 13. Woche hinaus nach dem Arbeitsunfall andauere. Auch hänge die Witwenrente nach § 590 Abs. 2 RVO ihrer Höhe nach u.a. davon ab, ob die Witwe mindestens drei Monate berufsunfähig gewesen ist. Dieser Auffassung vermag sich der erkennende Senat nicht voll anzuschließen.
Die Beispiele des LSG beziehen sich im wesentlichen auf Arbeitsunfälle und werden den Besonderheiten einer leichten Hauterkrankung nicht gerecht. Im übrigen hat die Rechtsprechung des BSG einen Zeitraum bis zu drei Monaten als einen kurzfristigen Zeitraum angesehen (vgl. BSG in SozR Nrn. 43 und 45 zu § 1248 RVO sowie Urteil des Senats vom 11. Oktober 1973 - 8/2 RU 42/69 - in SozR Nr. 3 zu § 571 RVO). Im vorliegenden Fall ist der Kläger zwar länger als drei Monate behandlungsbedürftig gewesen, nach den Feststellungen des LSG nämlich vom 3. Januar bis 7. April 1968, wobei er vom 15. Februar bis 4. April 1968 arbeitsunfähig war. Nimmt man die Zeit der Behandlungsbedürftigkeit, so wird der Zeitraum von drei Monaten aber nur knapp, d.h. um fünf Tage, überschritten. Der Senat ist der Auffassung, daß damit noch nicht der Begriff "längere Zeit" erfüllt ist, wie ihn die obengenannte Rechtsprechung aufgefaßt hat. Vielmehr muß der Zeitraum der Behandlungsbedürftigkeit grundsätzlich mindestens etwa sechs Monate betragen. Man wird allerdings auch diese Zeit nicht als alleingültigen Maßstab nehmen können, da neben dem "Zeitbegriff" das klinische Bild nicht völlig außer acht gelassen werden kann (Groetschel, Berufsdermatosen 1963 S. 169 und Asanger in "Die Berufsdermatosen", Enke-Verlag Stuttgart 1968 S. 103, 113). Es wird deshalb bei der Abgrenzung des Begriffs "längere Zeit" auch zu berücksichtigen sein, daß bei Hauterkrankungen, die zwar im medizinischen Sinne noch nicht "schwer" sind, die aber diese gesetzliche Voraussetzung gerade eben noch nicht erfüllen, u.U. eine kürzere Frist als angemessen zu erachten ist; bei Hauterkrankungen, deren klinisches Bild leichter ist, wird andererseits die "längere Zeit" u.U. mit mehr als sechs Monaten zu bemessen sein. Für den Regelfall ist aber von einem Zeitraum von mindestens sechs Monaten auszugehen. Zur Ausfüllung des Begriffs "längere Zeit" für den Durchschnittsfall bietet sich diese Sechsmonatsfrist zunächst deswegen an, weil sie schon rein zeitlich zu der Dreimonatsfrist, die als kurzfristiger Zeitraum anzusehen ist, in einem Verhältnis steht, das es gestattet, von einer "längeren Zeit" zu sprechen. Darüber hinaus kann die Sechsmonatsfrist auch mit einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung aus dem Recht der Kriegsopferversorgung in einen sinnvollen Einklang gebracht werden. Nach § 30 Abs. 1 Satz 3 Bundesversorgungsgesetz idF des 3. Anpassungsgesetzes vom 16. Dezember 1971 (BGBl I 1985) sind vorübergehende Gesundheitsstörungen bei der MdE nicht zu berücksichtigen, und nach Satz 4 aaO gilt als vorübergehend ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. "Vorübergehend" steht aber begrifflich in einem derart eindeutigen Gegensatz zu "längerer Zeit", daß auch unter Würdigung der im vorliegenden Fall zu beachtenden Besonderheiten die Regelfrist von sechs Monaten grundsätzlich als Mindesterfordernis angesehen werden muß. Im übrigen wird die Sechsmonatsfrist offenbar auch in der Praxis als angemessen und sachgerecht erachtet (vgl. dazu Groetschel, aaO 1963 S. 168 unter Hinweis auf Wende, Berufsdermatosen 1954, 156 ff; vgl. ferner neuerdings Asanger in "Die Berufsdermatosen", aaO S. 103, 113, der sich auf Groetschel bezieht, allerdings nur allgemein eine "unverhältnismäßig lange Zeit" fordert).
Der Zeitraum während dessen der Kläger (vom 3. Januar bis 7. April 1968) wegen einer Hauterkrankung behandlungsbedürftig war, liegt also ganz dicht bei der keineswegs ausreichenden Dreimonatsfrist und damit weit unter der genannten Sechsmonatsfrist. Auch wenn man die Hauterscheinungen des Klägers medizinisch als beinahe schwer bezeichnen wollte, so fehlt es doch nach den obigen Darlegungen an der Voraussetzung, daß die Erkrankung "längere Zeit" ununterbrochen angedauert hat. Mithin hat eine schwere Hauterkrankung im Sinne von Nr. 46 der Anlage zur 7. BKVO auch in zeitlicher Hinsicht nicht bestanden.
Dieser Ansicht steht auch nicht die Auffassung der beigeladenen Allgemeinen Ortskrankenkasse entgegen, die den Sachverhalt mehr aus der Sicht der Krankenversicherung nicht. Im vorliegenden Fall ist nicht darüber zu entscheiden, ob der Kläger krank im Sinne des § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO gewesen ist oder ob eine Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig gemacht hat (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO), sondern ob bei ihm eine schwere Hauterkrankung bestand, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung zwang. Im Gegensatz zur Auffassung der Beigeladenen ist eine Hautkrankheit nicht schon dann schwer, wenn objektiv der Zwang zur Aufgabe der Beschäftigung bestand, sondern Nr. 46 der Anlage zur 7. BKVO setzt neben der Aufgabe der beruflichen Beschäftigung voraus, daß auch eine "schwere" Hauterkrankung besteht. Eine sowohl im medizinischen als auch im zeitlichen Sinn leichte Hauterkrankung, die zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung führt, bedingt noch keine Entschädigungspflicht, sondern kann lediglich Maßnahmen nach § 3 der 7. BKVO zur Folge haben. Voraussetzung für die Anwendung der Nr. 46 ist also, daß eine Hauterkrankung vorliegt, daß diese entweder schwer oder wiederholt rückfällig ist und außerdem, daß eine solche Hauterkrankung entweder zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. bis 7. Aufl., Stand 15. August 1973 Bd. II S. 492 o). Es müssen somit die mehreren Voraussetzungen nebeneinander vorgelegen haben. Das ist jedoch hier nicht der Fall, weil - wie weiter oben bereits erörtert - die Hauterkrankung nicht schwer war. Nach alledem war das Urteil des LSG vom 24. November 1971 und das Urteil des SG vom 13. Juli 1970 aufzuheben und die Klage des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1969 abzuweisen.
Mit Rücksicht darauf, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 46 der Anlage zur 7. BKVO überhaupt nicht vorliegen, war auch die Revision des Klägers, der eine höhere Rente als die vom LSG zugebilligte bzw. Rentengewährung über den 30. September 1971 hinaus begehrt, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 1646759 |
BSGE, 17 |