Leitsatz (redaktionell)
Ein Ausführungsbescheid kann nicht mehr angefochten werden, soweit er nur ein Urteil ausführt. Eine insoweit erhobene Klage ist demnach nicht statthaft, da der Ausführungsbescheid abhängig ist von dem Bestand oder der Aufhebung des Urteils, Einwendungen hiergegen somit nur in einem Verfahren gegen das Urteil selbst geltend gemacht werden können. Anders verhält es sich, soweit die in dem Ausführungsbescheid (außerdem noch) vorgenommene betragsmäßige Errechnung der Rente angegriffen wird.
Normenkette
SGG § 154 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03; KOVVfG § 22 Fassung: 1955-05-02
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Januar 1960 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger erhielt, nachdem er wegen Herzerweiterung mit Herzschwäche und chronischen Magenkatarrhs als Folge erlittener Kriegsdienstbeschädigung für dauernd militärdienstunfähig erachtet worden war, durch Bescheid des Versorgungsamts (VersorgA) I. vom 8. März 1927 auf Grund des Offiziers-Pensions-Gesetzes (OPG) vom 31. Mai 1906 Versorgungsgebührnisse. Nach seiner Reaktivierung erlitt er 1940/41 bei einem Autounfall eine Gehirnerschütterung; am 14. April 1945 mißhandelten ihn Russen und Polen. Mit Bescheid der Versorgungsbehörde vom 31. Juli 1947 wurde entsprechend der damaligen allgemeinen Anordnung der Militärregierung Kriegsrente abgelehnt. Auch Invalidenrente wurde nicht gewährt, weil die reizbare anlagemäßige Nervenschwäche und die beginnende Aortensklerose mit der Dienstbeschädigung nicht in ursächlichem Zusammenhang stünden und der Kläger noch nicht invalide sei. Mit Bescheid nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 vom 15. März 1949 wurde nur überstandene Gehirnerschütterung als Versorgungsschaden ohne Rentengewährung anerkannt. Der Einspruch blieb erfolglos. Durch Urteil des Oberversicherungsamtes (OVA) Lüneburg vom 23. November 1951 wurde geringe Herzmuskelschädigung nach überstandenem Gelenkrheumatismus bei an sich vorhandener altersbedingter allgemeiner Schlagaderverhärtung mit Durchblutungsstörungen des Herzmuskels als Wehrdienstbeschädigung (WDB) im Sinne einmaliger nicht richtunggebender Verschlimmerung anerkannt und dem Kläger Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v. H.) zugesprochen. Am 7. Januar 1952 erließ das VersorgA für die Zeit ab 1. August 1947 einen entsprechenden Ausführungsbescheid nach der SVD Nr. 27 und am 8. Januar 1952 einen Umanerkennungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Diese Bescheide wurden am 15. Januar 1952 abgesandt. Mit Schreiben vom 15. Februar 1952, beim VersorgA eingegangen am 21. Februar 1952, erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 7. Januar 1952 Einspruch, mit dem er sich u. a. gegen die Annahme anlage- und altersbedingter Erkrankungen wandte und eine Nachuntersuchung und "Wiederaufnahme des Verfahrens" begehrte. Während des Einspruchsverfahrens wurden mit Bescheid vom 29. Juni 1953 die vorerwähnten Leiden im Sinne der Verschlimmerung sowie Schwerhörigkeit leichten Grades beiderseits im Sinne der Entstehung als Schädigungsfolge bei gleicher MdE anerkannt. Der hiergegen fristgerecht eingelegte Einspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1954 zurückgewiesen. Das Sozialgericht (SG) hörte Dr. D und Dr. T und wies die gegen den Bescheid vom 29. Juni 1953 und den Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1954 gerichtete Klage mit Urteil vom 30. Juni 1955 ab. Die Berufung des Klägers, mit der er Rente nach einer MdE um 50 v. H. begehrte, wurde durch Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 28. Januar 1960 zurückgewiesen. Die Klage gegen den Ausführungsbescheid sei unzulässig, die gegen den Umanerkennungsbescheid nach dem BVG unbegründet. Ersterer stimme mit dem Urteilstenor des OVA Lüneburg überein, er stelle daher keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 54 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dar. Der Umanerkennungsbescheid sei vom LSG nachzuprüfen gewesen, obwohl sich der Einspruch des Klägers vom 15. Februar 1952 nur gegen den Ausführungsbescheid gerichtet habe. Dieser habe sich, da der Kläger auch nach dem BVG eine höhere als 30%ige Rente beansprucht habe, auch auf den Umanerkennungsbescheid erstreckt. Das OVA-Urteil sei entgegen der Ansicht des Klägers rechtskräftig geworden, da der Kläger hiergegen weder "weitere" Berufung nach der Verordnung (VO) Nr. 165 noch das Rechtsmittel gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1 SGG eingelegt habe. Auch wenn der Einspruch als Berufung aufgefaßt würde, sei dadurch die Berufungsfrist nicht gewahrt worden. Mit dem Urteil des OVA Lüneburg sei sonach rechtskräftig festgestellt worden, daß die allgemeine Schlagaderverhärtung mit Durchblutungsstörungen des Herzmuskels kein Versorgungsschaden sei. Der Kläger habe, wie sich aus den Urteilsgründen ergebe, die einzelnen Gesundheitsstörungen nicht nur zur Begründung des Rentenanspruchs geltend gemacht, sondern darüber hinaus die Feststellung der Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolge begehrt. In den Gründen des OVA-Urteils heiße es, daß weitere Versorgungsschäden nicht vorhanden seien. Somit habe das OVA die Herzerweiterung und Herzschwäche nicht mehr als Versorgungsschäden festgestellt. Über den chronischen Magenkatarrh, der als Schädigungsfolge anerkannt gewesen sei, habe das OVA nicht ausdrücklich entschieden, weil ein solcher ärztlich nicht bestätigt worden sei. Die Magen- und Darmbeschwerden seien im übrigen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf Einwirkungen des ersten Weltkrieges zurückzuführen, zumal eine Ruhr nicht erwiesen sei. Auch die Blutdrucksteigerung, Lungenblähung und Vergrößerung der Vorsteherdrüse seien keine Versorgungsschäden, sondern anlage- bzw. altersbedingt, ebenso seien der indirekte Leistenbruch rechts, die Krampfadern und Hämorrhoiden anlagebedingt. Folgen der Gasvergiftung von 1918 seien nicht festgestellt worden, insbesondere beruhten die Magen- und Darmstörungen und die Herzbeschwerden nicht hierauf. Ein Rheumatismus sei von den Gutachtern nicht bestätigt worden, Folgen der Gehirnerschütterung seien als nicht mehr vorliegend zu erachten. Schon das OVA habe sie als ausgeheilt angesehen. Auch die 1945 erlittenen Mißhandlungen hätten Dauerschäden nicht hinterlassen. Die nervösen Beschwerden des Klägers seien von Dr. R in der Hauptsache auf die anlagebedingte reizbare Schwäche des Nervensystems zurückgeführt worden. Eine Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG komme nicht in Betracht, da eine besondere berufliche Betroffenheit im Beruf des Klägers als Berufsoffizier nicht vorliege und die wesentliche Ursache der seelischen Erscheinungen in der starken beruflichen Inanspruchnahme des Klägers zu suchen sei. Durch die anerkannten Schädigungsfolgen (Herzmuskelschädigung und Schwerhörigkeit) sei nach ärztlichem Urteil eine MdE um mehr als 30 v. H. nicht bedingt.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung der §§ 141, 214 SGG, 85 BVG. Der Auffassung des LSG, es sei an die Feststellungen im Tenor des Urteils des OVA gebunden, das Urteil habe, da der Kläger seinen Einspruch lediglich gegen die Bescheide vom 7. und 8. Januar 1952 gerichtet habe, formell und materiell Rechtskraft erlangt, diese erstrecke sich auf den gesamten Inhalt des Urteils, der Ausführungsbescheid vom 7. Januar 1952 sei ohne rechtliche Wirkung und daher die Klage insoweit wegen des Fehlens eines Verwaltungsaktes nicht statthaft, der Einspruch habe sich auch gegen den Umanerkennungsbescheid gerichtet, könne nicht gefolgt werden. Der Kläger habe zwar im Schreiben vom 15. Februar 1952 das Wort "Einspruch" gebraucht, aber zum Ausdruck gebracht, er sei sich bewußt, daß über das von ihm eingelegte Rechtsmittel erst nach Errichtung der damals in Aussicht genommenen Revisionsinstanz entschieden werden könne; er habe Nachuntersuchung und Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Damit richte sich das Schreiben erkennbar nicht gegen den Ausführungsbescheid, sondern gegen ein "Verfahren", dessen Instanzenzug nur als vorläufig abgeschlossen anzusehen gewesen sei. Deshalb habe der Beklagte auch im Bescheid vom 29. Juni 1953 angefragt, ob der "Einspruch" als Rekurs anzusehen sei. Der Kläger habe dagegen erneut Einspruch eingelegt und damit seinen Willen, den Rekurs aufrecht zu erhalten, erneut erklärt. Es handele sich daher um eine Rekurseinlegung im Sinne des § 214 Abs. 4-6 SGG, der Rekurs sei mit dem Inkrafttreten des SGG als Berufung beim LSG anhängig geworden. Die notwendige Belehrung nach § 214 Abs. 4 SGG sei unterlassen worden. Wäre das Berufungsverfahren vom LSG durchgeführt worden, so hätte es prüfen müssen, ob eine Bezugnahme auf den nach § 26 der SVD Nr. 27 ergangenen Bescheid angesichts des § 85 BVG rechtens gewesen sei.
Aber auch wenn man die Entscheidung des OVA für rechtskräftig halten wolle, sei festzustellen, daß sich das OVA in der Urteilsformel nur mit dem Herzleiden befaßt habe, über das Magenleiden habe es nicht entschieden. Die vom OVA eingeholten medizinischen Beurteilungen seien nicht in der Lage, die Rechtsverbindlichkeit des 1927 erfolgten Anerkenntnisses der Magenerkrankung zu beseitigen. Zu Unrecht nehme das LSG an, die bindende Wirkung der Entscheidung des OVA beziehe sich auch auf Krankheitserscheinungen, über die überhaupt nicht entschieden sei. Die Auffassung des LSG, auch die Gründe seien Gegenstand der Rechtskraft, sei irrig. Deshalb sei § 141 SGG verletzt, ferner auch insoweit, als Streitgegenstand in den Bescheiden vom 15. März 1949 und 13. Juni 1949 nicht das Herzleiden des Klägers gewesen sei.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LSG Niedersachsen vom 28. Januar 1960 und des Urteils des SG Hannover vom 30. Juli 1955 nach dem Klageantrag zu erkennen. Der Beklagte beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Der Bescheid vom 8. März 1927 über Leistungen nach dem OPG sei keine Entscheidung nach früheren versorgungsrechtlichen Bestimmungen im Sinne des § 85 BVG, die damaligen Leiden seien nicht als Schädigungsfolgen anerkannt worden. Nach der SVD Nr. 27 hätten die Anspruchsgrundlagen neu geprüft werden können. Die Entscheidung des OVA sei rechtsverbindlich geworden, da der Kläger innerhalb der Frist des § 214 SGG keine Berufung beim LSG eingelegt habe. Das LSG habe sich nicht allein auf das Urteil des OVA und § 85 BVG gestützt, sondern habe sich mit den verschiedenen Gesundheitsstörungen des Klägers befaßt, dessen Anspruch also auch sachlich geprüft.
Mit Schriftsatz vom 24. Juni 1963 hat der Kläger noch Wiedereinsetzungsgründe gegen die Versäumnis der Rekurseinlegungsfrist vorgebracht und erklärt, er wolle sein Schreiben vom 15. Februar 1952, mit dem er um Wiederaufnahme des Verfahrens nachgesucht habe, als Wiedereinsetzungsantrag aufgefaßt wissen. Auf die Erörterung der durch seine frühere Magenerkrankung eingetretenen Schädigungsfolgen verzichte er.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sie ist jedoch sachlich nicht begründet.
Der Senat hatte bei der zugelassenen Revision zunächst zu prüfen, ob von Amts wegen zu berücksichtigende Mängel vorliegen, die sich aus dem Fehlen unverzichtbarer Prozeßvoraussetzungen ergeben, auch wenn der Mangel schon das Klage- und Berufungsverfahren betreffen sollte (vgl. BSG 2, 226). Während der Kläger im Klageverfahren nur die Aufhebung des Bescheides vom 29. Juni 1953 und des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 1954 begehrte, beantragte er im Berufungsverfahren zusätzlich, die Bescheide vom 7. und 8. Januar 1952 abzuändern. Der gegen den Bescheid vom 7. Januar 1952 erhobene Einspruch ist zwar erst am 21. Februar 1952 beim VersorgA eingegangen. Der Bescheid vom 7. Januar 1952 ist aber schon deshalb als rechtzeitig angefochten zu erachten, weil er sich zu Unrecht als endgültig bezeichnet hat. Die Auffassung des LSG, daß es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 54 Abs. 1 SGG handele, trifft nicht zu. Zu Unrecht beruft sich das LSG insoweit auf BSG in SozR SGG § 96 Da 4 Nr. 11 (= BSG 9, 169). Hier wurde nur entschieden, daß der in Ausführung eines Urteils ergangene Bescheid nicht Gegenstand des Verfahrens im Sinne des § 96 SGG ist. Zwar trifft es zu, daß der Bescheid, soweit er nur ein Urteil ausführt, nicht erneut angefochten werden kann. Im vorliegenden Fall hat der Bescheid vom 7. Januar 1952 jedoch nicht lediglich das OVA-Urteil ausgeführt, sondern auch die Rente unter Berücksichtigung des Einkommens des Klägers betragsmäßig errechnet. Gegen einen hierbei vorgekommenen Fehler konnte der Kläger aber Einspruch erheben. Folglich fehlte diesem Bescheid die vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung, weshalb die Monatsfrist der Sozialversicherungsanordnung (SVA) Nr. 11 Ziff. 40 nicht in Lauf gesetzt wurde (vgl. § 1590 RVO i. V. m. Nrn. 1, 2 der SVD Nr. 27; Nr. 43 der SVA Nr. 11; Mitgl. Komm. zur RVO Bd. I Anm. 6 zu § 1590 RVO). Es kann dem LSG auch darin gefolgt werden, daß sich der Einspruch gegen den Bescheid vom 7. Januar 1952 sinngemäß auch gegen den Umanerkennungsbescheid vom 8. Januar 1952 richtete. Dieser ist am Dienstag den 15. Januar 1952 zur Post gegeben worden und galt gemäß § 5 der Postzustellungsverordnung vom 23. August 1943 (RGBl I S. 527), da der Kläger im Bereich des Ortsbestellverkehrs wohnte, am zweiten Werktag nach der Aufgabe zur Post, d. i. am 17. Januar 1952, als zugestellt. Der Einspruch war daher insoweit an sich verspätet. Trotzdem konnte das LSG auch über diesen Bescheid entscheiden, denn der weitere Bescheid vom 29. Juni 1953, gegen den der Kläger fristgerecht Einspruch erhoben hat, hat den Inhalt des Bescheides vom 8. Januar 1952 im wesentlichen wiederholt und ausdrücklich betont, daß er eine Ergänzung des Bescheides vom 8. Januar 1952 sei, letzterer sei nur noch in Verbindung mit ersterem gültig.
Das LSG hat daher zutreffend auch die Bescheide vom 7. und 8. Januar 1952 als mit der Klage ordnungsgemäß angefochten angesehen; dabei schadete es nicht, daß der Widerspruchsbescheid sich nur auf den Bescheid vom 29. Juni 1953 bezogen hat. Denn dieser hat den Bescheid vom 8. Januar 1952 erneuert bzw. ergänzt. Daß der Einspruch gegen den Bescheid vom 7. Januar 1952 bei der Entscheidung etwa ausgeklammert bzw. daß nur über die Ansprüche nach dem BVG entschieden werden sollte, ist im Widerspruchsbescheid nicht zum Ausdruck gekommen.
Das LSG hat geprüft, ob die vom Kläger vorgebrachten Gesundheitsstörungen, soweit sie vorliegen, mit Wahrscheinlichkeit auf die geltend gemachten schädigenden Einwirkungen zurückzuführen sind. Gegen diese Feststellungen hat die Revision keine Rügen erhoben. Sie sind daher gemäß § 163 SGG für das Revisionsgericht bindend. Das Revisionsvorbringen, das eine Verletzung der §§ 141, 214 SGG und § 85 BVG dartun will, ist sonach im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob sich das LSG zu Unrecht über die Bindung einer früheren Entscheidung hinweggesetzt hat. In dieser Hinsicht ist das Urteil des LSG aber - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.
Ob nach dem ersten Weltkrieg eine förmliche Anerkennung von Herzerweiterung mit Herzschwäche und chronischem Magenkatarrh als Kriegsdienstbeschädigung erfolgt ist, kann aus den Aktenunterlagen nicht eindeutig entnommen werden. Aus dem Inhalt des Bescheides vom 8. März 1927 in Verbindung mit den versorgungsärztlichen Gutachten vom 29. Juni 1928, 13. Februar 1931 und dem Antrag des VersorgA vom 26. Februar 1931 ist jedoch zu schließen, daß diese Gesundheitsstörungen als "Rentenleiden" bzw. "Dienstbeschädigungsleiden" angesehen worden sind. Sonach muß davon ausgegangen werden, daß die fraglichen Gesundheitsstörungen als Kriegsdienstbeschädigungen gelten, wobei allerdings nicht feststeht, ob im Sinne der Entstehung oder der Verschlimmerung. Der Kläger hat dahingehende Beschwerden auch in seinem Versorgungsantrag von 1946 geltend gemacht, nämlich u. a. Angina pectoris, Herzinfektion sowie Magen- und Darmbeschwerden. Der nach der SVD Nr. 27 ergangene Bescheid vom 15. März 1949 hat nur überstandene Gehirnerschütterung als Schädigungsfolge anerkannt, dagegen "reizbare anlagemäßige Nervenschwäche, beginnende Aortensklerose" ausdrücklich als Schädigungsfolgen verneint. Mit diesem Bescheid konnten die Schädigungsfolgen unabhängig von Entscheidungen nach früherem Recht neu festgestellt werden, da die SVD Nr. 27 grundsätzlich von der Wirkungslosigkeit dieser früheren Entscheidungen ausging (vgl. BSG 3, 259), insbesondere eine dem § 85 BVG entsprechende Vorschrift nicht enthielt. Dieser Bescheid sowie die Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 13. Juni 1949, die sich eingehend mit den Herzbeschwerden des Klägers befaßte, sind durch das Urteil des OVA Lüneburg vom 23. November 1951 dahin ergänzt worden, daß "geringe Herzmuskelschädigung nach überstandenem Gelenkrheumatismus bei an sich vorhandener altersbedingter allgemeiner Schlagaderverhärtung mit Durchblutungsstörungen des Herzmuskels" als Wehrdienstbeschädigung im Sinne einer einmaligen, nicht richtunggebenden Verschlimmerung anerkannt wurden und daß das VersorgA ab 1. August 1947 "KB-Rente" nach einer Erwerbsminderung von 30 v. H. zu zahlen hatte. Dieser Urteilstenor ist insofern unvollständig, als der Kläger mit seiner Berufung die Gewährung einer Rente von 50 v. H. beantragt und die Berücksichtigung weiterer Schädigungsleiden begehrt hat. Es wäre daher erforderlich gewesen, im Tenor die Berufung "im übrigen" als unbegründet zurückzuweisen. Die Urteilsformel ist jedoch durch Heranziehung der Urteilsgründe auszulegen und notfalls zu ergänzen, wenn die Urteilsgründe klar und eindeutig sind (BSG 6, 98). In den Urteilsgründen heißt es aber klar und eindeutig, "die Berufung war ... im übrigen zurückzuweisen". Das OVA begründete dies damit, daß die Versorgungsansprüche des Klägers nach den Bestimmungen der SVD Nr. 27 auf der Grundlage der jetzt vorliegenden Verhältnisse zu beurteilen seien und weitere auf Wehrdienstfolgen zurückzuführende Gesundheitsschäden nicht vorlägen. Damit waren auch die Magenbeschwerden des Klägers als WDB abgelehnt, die Gegenstand der ärztlichen Untersuchungen gewesen waren und deren Ergebnis im Tatbestand des Urteils ausdrücklich hervorgehoben ist, denn es heißt dort: "Die geklagten Beschwerden des Magen-Darmkanals seien nicht Folge des Wehrdienstes" bzw. "hinsichtlich der Magen- und Darmbeschwerden könne Wehrdienstbeschädigung nicht angenommen werden". Das OVA hat sich auch mit den Herzbeschwerden des Klägers befaßt und eine geringe Herzmuskelschädigung als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung anerkannt. Sonach hat es hinsichtlich der früher etwa anerkannten Herz- und Magenbeschwerden eine - abweichende - Entscheidung getroffen. Das LSG hat daher nicht gegen § 141 SGG verstoßen, wenn es zur Auslegung des OVA-Urteils auf dessen Gründe zurückgegriffen und angenommen hat, daß das Urteil, da es weitere Versorgungsschäden verneinte, darüber eine negative Feststellung getroffen und damit eine etwaige abweichende Anerkennung nach früherem Recht beseitigt hat. Bei dieser Sachlage konnte der Senat unerörtert lassen, ob es sich bei dem Bescheid vom 8. März 1927 über Leistungen nach dem OPG um eine Entscheidung nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften im Sinne des § 85 BVG gehandelt hat. Im übrigen hat sich der Bescheid vom 13. Juni 1949 entgegen dem Revisionsvorbringen mit den Herzbeschwerden des Klägers befaßt.
Das LSG hat aber auch nicht die §§ 214 SGG, 85 BVG verletzt. Denn es ist zutreffend zum Ergebnis gelangt, daß das OVA-Urteil rechtskräftig geworden ist. Es hat festgestellt, daß der Kläger weder die "weitere" Berufung nach der VO Nr. 165 noch das Rechtsmittel gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1 SGG eingelegt hat. Daß der Kläger eine weitere Berufung oder auch nur eine Klage nach der VO Nr. 165, d. h. bei der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, eingelegt hätte, behauptet die Revision selbst nicht. Auch ihr Vorbringen, der Kläger habe mit dem Schreiben vom 15. Februar 1952 in Wirklichkeit einen Rekurs einlegen wollen, kann zu keinem dem Kläger günstigeren Ergebnis führen. Zwar heißt es in diesem Schreiben: "Mir ist bekannt, daß der Einspruch erst nach Errichtung eines im Gesetz vorgesehenen Verwaltungsgerichtshofes entschieden werden kann". Diese Bemerkung ist irrig, da damals durchaus über den Einspruch gegen einen Bescheid des VersorgA entschieden werden konnte; doch könnte sie zu Zweifeln Anlaß geben, ob der Kläger damals nicht an einen Rekurs dachte. Die Versorgungsbehörde hat den Kläger dementsprechend am 29. Juni 1953 befragt, ob der Einspruch als "Rekurs" gelten solle und ihn hierüber belehrt. Der Kläger ist aber in seinem Antwortschreiben vom 14. August 1953 mit keinem Wort auf diese, nach seinem jetzigen Vorbringen doch sehr wesentliche Frage eingegangen. Selbst wenn sein Einspruch vom 15. Februar 1952 als Rekurs zu werten wäre, so müßte aus seinem Schweigen auf die ausdrückliche Anfrage der Versorgungsbehörde in Verbindung mit seinem späteren Verhalten zumindest geschlossen werden, daß er den Rekurs nicht mehr aufrechterhalten wollte. Im übrigen ist aber aus dem weiteren Verfahrensablauf zu schließen, daß die fragliche Bemerkung allenfalls einen Irrtum über die Möglichkeit der Verbescheidung des Einspruchs, nicht aber die Absicht, einen Rekurs nach den Vorschriften der RVO anzubringen, erkennen läßt. Denn der Kläger hat nicht nur auf die Anfrage der Versorgungsbehörde geschwiegen, sondern auch später zum Ausdruck gebracht, daß er einen Bescheid der Versorgungsbehörde, nicht aber ein Urteil anfechten wollte. Er hat trotz der Belehrung über den Rekurs durch das VersorgA gegen den Bescheid vom 29. Juni 1953, der auf seinen angeblichen "Rekurs" vom 15. Februar 1952 erging, im Juli 1953 wiederum "Einspruch" und gegen den hiernach ergangenen Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1954 erneut "Einspruch" erhoben, der als Klage behandelt wurde. In der Klageschrift vom 18. März 1954, also nach Inkrafttreten des SGG, ist ebenfalls kein Wort davon gesagt, daß der Einspruch als "Rekurs", d. h. jetzt als "Berufung", gelten solle. Auf das Schreiben des SG vom 18. Mai 1954, mit dem um Ergänzung der Klage ersucht wurde, hat der Kläger nicht geantwortet. Er hat sich erst nach Ablauf der 6-Monatsfrist des § 214 Abs. 3 SGG, innerhalb der er gegen das Urteil des OVA noch selbständig hätte Berufung einlegen können, auf das Gutachten des Dr. D geäußert. Aber auch hier ist von "Rekurs" oder "Berufung" nicht die Rede. Auch in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 1955 ist nichts dazu vorgebracht worden. Das LSG konnte daher ohne Gesetzesverstoß davon ausgehen, daß der Kläger weder eine weitere Berufung nach der VO Nr. 165, die innerhalb eines Monats beim OVA oder Oberverwaltungsgericht unter Bezeichnung des angefochtenen Urteils hätte eingelegt werden müssen (vgl. § 83 Abs. 1 u. 2 der VO Nr. 165 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der brit. Zone, Amtsbl. der Militärregierung Deutschland. Britisches Kontrollgebiet 1948 S. 799) noch das Rechtsmittel gemäß § 214 Abs. 1 Nr. 1 SGG eingelegt hat, noch einen Rekurs im Sinne des § 214 Abs. 4 SGG einlegen wollte. Demnach brauchte es ihn auch nicht gemäß § 214 Abs. 4 SGG zu belehren.
Bei dieser Sachlage konnte unerörtert bleiben, ob es sich um einen fristgerecht eingelegten Rekurs, wie § 214 Abs. 4 SGG voraussetzt, gehandelt haben würde und ob dem Kläger gegen eine Versäumung dieser Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre.
Da sonach das Urteil des OVA Lüneburg vom 23. November 1951, das eine etwaige frühere Anerkennung beseitigt hat, rechtskräftig geworden ist, hat sich das LSG nicht zu Unrecht über die Rechtsverbindlichkeit einer Entscheidung nach früherem Recht hinweggesetzt und daher auch nicht gegen § 85 BVG verstoßen.
Das Urteil des LSG ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als es die Klage gegen den Ausführungsbescheid vom 7. Januar 1952 nicht als statthaft angesehen hat. Denn diese hat sich nicht gegen die betragsmäßige Errechnung der Rente gewandt, sondern gegen denjenigen Inhalt des Bescheides, der lediglich das OVA-Urteil ausführte. Insoweit ist der Ausführungsbescheid jedoch "abhängig gemacht von dem Bestand oder der Aufhebung des Urteils" (vgl. BSG 9, 170). Einwendungen hiergegen können somit nur in einem Verfahren gegen das Urteil selbst geltend gemacht werden.
Nach alledem war die Revision des Klägers gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen