Leitsatz (amtlich)
Die ermessensfehlerfrei zustandegekommen Erklärung "Eine Nachuntersuchung ist nicht mehr beabsichtigt" in einem nach Erlaß des Umanerkennungsbescheides ergangenen Verwaltungsakt, der einem Bescheid nach BVG § 62 Abs 1 gleichzusetzen ist, hindert die Versorgungsbehörde daran, von sich aus eine weitere Nachuntersuchung zu veranlassen und wegen der dabei festgestellten wesentlichen Besserung die Rente zu entziehen.
Leitsatz (redaktionell)
Bindung der Versorgungsverwaltung an den in einem Neufeststellungsbescheid ausgesprochenen Verzicht auf eine weitere Nachuntersuchung.
Normenkette
BVG § 62 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Juni 1962 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger bezog auf Grund des ohne ärztliche Nachuntersuchung ergangenen Umanerkennungsbescheides vom 24. Februar 1951 wegen starker Bewegungseinschränkung des Zeige- und Mittelfingers rechts mit Herabsetzung der groben Kraft ab 1. Oktober 1950 - wie früher - Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v.H.). Nach versorgungsärztlicher Begutachtung durch Dr. Th vom 29. April 1952 teilte das Versorgungsamt (VersorgA) am 7. Mai 1952 dem Kläger mit, eine wesentliche Änderung in seiner anerkannten Schädigungsfolge sei nicht eingetreten und die MdE betrage wie bisher 30 v.H. Danach heißt es: "Eine Nachuntersuchung ist nicht mehr beabsichtigt". Nachdem der Bundesrechnungshof beanstandet hatte, daß im Zusammenhang mit der von der Versorgungsbehörde angeblich zu Unrecht angenommenen besonderen beruflichen Betroffenheit des Klägers zu den Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nicht Stellung genommen worden sei, stellte das VersorgA 1956 Ermittlungen an und veranlaßte sodann eine weitere versorgungsärztliche Untersuchung. Das Gutachten des Reg. Medizinalrats Dr. Th vom 15./17. November 1956 nahm eine erhebliche Besserung an und schätzte die MdE nur noch auf 10 v.H. Darauf wurde die Rente mit Bescheid des VersorgA vom 23. November 1956 ab 1. Januar 1957 entzogen. Der Widerspruch blieb erfolglos. Das Sozialgericht (SG) hob mit Urteil vom 7. Juli 1959 den Bescheid vom 23. November 1956 und den Widerspruchsbescheid auf. Die Berufung des Beklagten wurde mit Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 7. Juni 1962 zurückgewiesen. Die Erklärung, "Nachuntersuchung ist nicht mehr beabsichtigt", sei ein rechtsgestaltender, den Versorgungsberechtigten begünstigender Verwaltungsakt, an den der Beklagte gebunden sei. Da der Vermerk in einem nach § 62 BVG erteilten Bescheid enthalten sei, habe die Versorgungsverwaltung damit zum Ausdruck gebracht, daß sie auf weitere Neufeststellung nach § 62 BVG verzichte. Ein solcher Verzicht sei zulässig und auch dann bindend, wenn die Annahme, eine wesentliche Änderung sei nicht mehr zu erwarten, fehlerhaft zustande gekommen sei; im übrigen sei eine Berichtigung nicht erfolgt. Der Kläger habe auch nicht dadurch, daß er 1956 der Aufforderung zur Nachuntersuchung folgte, auf den ihn begünstigenden Verwaltungsakt verzichtet. Sonach sei der Bescheid auch dann aufzuheben, wenn entsprechend der späteren Beurteilung des Dr. Th die zu Bedenken Anlaß gebe, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 62 BVG tatsächlich vorgelegen habe.
Mit der zugelassenen Revision rügt der Beklagte Verletzung des § 62 Abs. 1 BVG. Die Entziehung der Rente sei nach dieser Vorschrift gerechtfertigt gewesen. Die Versorgungsbehörde sei bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse zu einer Neufeststellung nach § 62 BVG verpflichtet; deshalb sei es ohne Bedeutung, auf welche Weise sie von der Änderung Kenntnis erlange. Die Anwendung des Gesetzes werde nicht dadurch rechtswidrig, daß die Versorgungsbehörde diese Kenntnis durch Ermittlungen erlangt habe, die der Betroffene nicht zu dulden verpflichtet gewesen wäre; das schutzwürdige Interesse des Betroffenen stehe der Herstellung eines dem Gesetz entsprechenden Zustandes nicht entgegen, sofern kein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliege. Unabhängig hiervon habe das LSG den Inhalt der Mitteilung des VersorgA vom 7. Mai 1952 nicht richtig ausgelegt. Aus ihm folge nicht, daß jede Neufeststellung im Zusammenhang mit einer versorgungsärztlichen Untersuchung ausgeschlossen sein solle. Die Erklärung, eine Nachuntersuchung sei nicht mehr beabsichtigt, sei zusammen mit dem vorangehenden Satz zu würdigen und dahin auszulegen, daß eine Nachuntersuchung nur insoweit nicht mehr beabsichtigt sei, als die Versorgungsbehörde auf Grund des letzten ärztlichen Befundes auf die künftige Entwicklung des Leidens habe schließen können. Damit habe lediglich eine turnusmäßige Prüfung nicht mehr erfolgen sollen. Die Erklärung, die durch das Wort "Absicht" eingeschränkt sei, sei unter dem Vorbehalt ergangen, daß sich die Verhältnisse nicht grundlegend ändern und sich nicht herausstelle, daß die Anspruchsvoraussetzungen in Wirklichkeit nicht vorlagen. Eine Nachuntersuchung sei daher nicht ausgeschlossen, wenn Umstände bekannt würden, aus denen die Versorgungsbehörde entgegen ihrer ursprünglichen Erwartung auf eine Änderung der Verhältnisse schließen könne. Zu Unrecht sehe das LSG überhaupt jede Neufeststellung auf Grund eines neuen medizinischen Befundes oder einer anderen medizinischen Beurteilung als ausgeschlossen an. Ein Verzicht auf Neufeststellung wäre im übrigen nichtig, weil er dem gesetzlichen Gebot des § 62 BVG widerspräche. Die Nachuntersuchung sei im vorliegenden Fall weder turnusmäßig angeordnet noch überhaupt zu dem Zweck durchgeführt worden, eine etwaige Besserung festzustellen; diese habe sich nur nebenher ergeben. Die Nachuntersuchung sei durch die Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofs veranlaßt gewesen und habe klären sollen, ob die Voraussetzungen der besonderen beruflichen Betroffenheit vorlagen. Außerdem sei die Nachuntersuchung durch die inzwischen erlangte Kenntnis, daß der Kläger seine Arbeit als Kraftfahrer nicht mehr ausüben könne und deswegen die Knappschaftsvollrente beantragt habe, also durch einen bisher unbekannten Tatbestand, motiviert gewesen. Das LSG habe sonach zu Unrecht die Voraussetzungen des § 62 Abs.1 BVG verneint; es habe nur prüfen dürfen, ob die vom Kläger bestrittene Besserung tatsächlich eingetreten sei.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Die Versorgungsverwaltung müsse den Bescheid vom 7. Mai 1952 so gegen sich gelten lassen wie der Kläger ihn habe verstehen dürfen, nämlich so, daß von einer Neufeststellung der Versorgungsbezüge gemäß § 62 Abs. 1 BVG auf Grund einer weiteren Nachuntersuchung abgesehen werde. Die Erklärung enthalte keine Einschränkung und keinen erkennbaren Vorbehalt in dem vom Beklagten angedeuteten Sinne.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1; 164, 166 SGG). Sachlich ist sie nicht begründet.
Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits wiederholt entschieden hat, handelt es sich bei der von der Versorgungsbehörde in einem Umanerkennungsbescheid abgegebenen Erklärung "Nachuntersuchung ist nicht mehr beabsichtigt" um einen gestaltenden, den Betroffenen begünstigenden Verwaltungsakt (vgl. BSG 6, 175; 11, 237 und Urteil des erkennenden Senats vom 28. November 1962 - 9 RV 162/59 -). Eine solche Erklärung der Versorgungsverwaltung beinhaltet eine Selbstbindung der Verwaltung, die sie gegenüber dem Kläger völlig freiwillig übernommen hat und zu der sie auch befugt ist, denn sie kann den medizinischen Sachverhalt in dem Sinne als geklärt erachten, daß Nachuntersuchungen nicht mehr erforderlich sind. In den bisher entschiedenen Fällen führte dieser Verwaltungsakt die gleiche Rechtslage herbei, die sonst entsteht, wenn eine ärztliche Nachuntersuchung nach § 86 Abs. 3 BVG durchgeführt ist; es entfällt also die Möglichkeit einer Neufeststellung nach § 86 Abs. 3 BVG.
Im vorliegenden Fall hat die Versorgungsbehörde allerdings eine solche Erklärung nicht im Umanerkennungsbescheid vom 24. Februar 1951, sondern in der nach versorgungsärztlicher Untersuchung ergangenen Mitteilung vom 7. Mai 1952 abgegeben. Diese Mitteilung ist in ihrem Wesen kein Neufeststellungsbescheid nach § 86 Abs. 3 BVG, weil sie Rente und Anerkennung unverändert läßt. Sie bezieht sich zwar nicht ausdrücklich auf § 62 Abs. 1 BVG, ist aber einem Bescheid gleichzusetzen, durch den eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S. dieser Vorschrift verneint wird, weil sie zum Ausdruck bringt, daß eine solche Änderung nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Nachuntersuchung vom 29. April 1952 nicht eingetreten ist und die MdE unverändert 30 v.H. beträgt. Sie beschränkt sich somit, obgleich sie vor dem 30. September 1954 ergangen ist, nicht auf die Feststellung, daß ein Neufeststellungsbescheid nach § 86 Abs. 3 BVG nicht erforderlich sei; sie hebt vielmehr auf das für § 62 Abs. 1 BVG wesentliche Merkmal der Änderung der Verhältnisse seit der letzten Feststellung ab. Der hieran anschließende Verzicht auf eine ärztliche Nachuntersuchung kann auch nicht etwa nur auf die Zeit bis zum 30. September 1954 bezogen werden, denn nach Erlaß des Verwaltungsakts vom 7. Mai 1952, dem eine "ärztliche Nachuntersuchung" vorausgegangen war, konnte ein Bescheid nach § 86 Abs. 3 BVG nicht mehr ergehen. Der vom VersorgA ausgesprochene Verzicht entspricht zwar nicht der in den Verwaltungsvorschriften (VV) vom 1. März 1951 zu § 86 Nr. 3 zugelassenen Übung der Versorgungsbehörden, es ohne Nachuntersuchung und Neufeststellung nach § 86 Abs. 3 BVG bei der in dem Umanerkennungsbescheid getroffenen Regelung zu belassen. Denn diese VV sahen nur vor, unter den dort genannten Voraussetzungen im Umanerkennungsbescheid zum Ausdruck zu bringen, eine ärztliche Nachuntersuchung sei nicht mehr beabsichtigt. Nur mit diesen Fällen hat sich bisher die Rechtsprechung des BSG befaßt (vgl. BSG 6, 175; 11, 237) und entschieden (vgl. BSG in BSG 11, 237), daß dann, wenn der Verzicht auf die Nachuntersuchung in einem Umanerkennungsbescheid ausgesprochen worden ist, sinngemäß nur eine Neufeststellung nach § 86 Abs. 3 BVG, nicht aber eine solche gemäß § 62 BVG ausgeschlossen ist. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Die Versorgungsbehörde war jedoch nicht gehindert, auch im vorliegenden, nach § 62 Abs. 1 BVG zu beurteilenden Fall in Anlehnung an die in den VV zu § 86 BVG zugelassene Übung auf eine Nachuntersuchung zu verzichten, da sie die wesentlichen Voraussetzungen der VV zu § 86 Nr. 3, daß nämlich die Schädigungsfolgen eine Besserung nicht mehr erwarten lassen und die bisher festgestellte MdE den Grundsätzen des BVG entspricht, als erfüllt angesehen hat und ansehen konnte. In einem solchen Fall ist eine Nachuntersuchung unnötig. Die Versorgungsbehörde handelt aber weder ermessenswidrig noch verstößt sie gegen gesetzliche Vorschriften, wenn sie auf die Durchführung unnötiger die Verwaltung zwecklos belastender Maßnahmen verzichtet. Der Verzicht auf Nachuntersuchung verstößt insbesondere auch nicht gegen die Vorschrift des § 62 BVG. Diese enthielt 1952 und 1956 kein Gebot, daß Nachuntersuchungen durchzuführen seien, sie erwähnte dieses Wort überhaupt nicht. Erst die ab 1. Juni 1960 durch das Erste Neuordnungsgesetz zum BVG vom 27. Juni 1960 geänderte Fassung des § 62 spricht - zwar nicht von "Nachuntersuchung" aber - von ärztlicher Begutachtung, jedoch nur in dem Sinne, daß eine Neufeststellung "wegen Besserung des Gesundheitszustandes" in gewissen Fällen zu unterbleiben hat, also praktisch eine Nachuntersuchung von Amts wegen verboten ist. Daher kann der vom LSG Niedersachsen (vgl. SGb 1962, 219 ff) in einem anders liegenden Fall vertretenen Auffassung nicht gefolgt werden, der Verzicht auf Nachuntersuchung im Umanerkennungsbescheid wäre nichtig, wenn er sich auf eine Nachuntersuchung nach § 62 BVG bezöge, da er dann gegen ein gesetzliches "Verbot" verstieße (vgl. hierzu auch die kritische Anmerkung von Gurgel in SGb 1962, 221). Im übrigen ist in den späteren VV zu § 62 ausdrücklich bestimmt worden, daß auch im Rahmen des § 62 BVG von ärztlichen Nachuntersuchungen abgesehen werden kann. So ist in den VV Nr. 6 zu § 62 BVG vom 9. August 1956 gerade auch für Gelenkversteifungen, die seit vielen Jahren bestehen, der Verzicht auf ärztliche Nachuntersuchung vorgesehen. Handelt es sich sonach um einen nach § 62 Abs. 1 BVG ergangenen - negativen - Feststellungsbescheid, so besagt die darin enthaltene Erklärung: "Eine Nachuntersuchung ist nicht mehr beabsichtigt", daß die Versorgungsbehörde eine Neufeststellung der Versorgungsbezüge nach § 62 Abs. 1 BVG aufgrund einer von ihr veranlaßten Nachuntersuchung nicht mehr vornehmen wollte. In Verbindung mit dem vorangehenden Satz ist die Erklärung als eine Regelung dahin aufzufassen, daß es bei der MdE um 30 v.H. verbleiben solle, weil die Schädigungsfolgen so beständig geworden seien, daß eine Besserung nicht mehr zu erwarten sei und es deshalb sachlich auch nicht auf eine weitere Untersuchung ankommen könne. Diese Erwägung kann nicht als fehlerhaft erachtet werden, wenn berücksichtigt wird, daß die letzte Untersuchung fast zehn Jahre zurücklag (18. Mai 1942) und sich in dieser langen Zeit keine wesentliche Änderung ergeben hatte. Daher ist auch kein stichhaltiger Anhalt dafür ersichtlich, daß die Ermessenserwägungen des Beklagten fehlerhaft gewesen seien, die zu der Erklärung "Nachuntersuchung ist nicht mehr beabsichtigt" geführt haben, und daß etwa deshalb der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen sei (vgl. BSG 6, 179, 180).
Bei dieser Sachlage war es der Versorgungsbehörde verwehrt, von sich aus eine weitere Nachuntersuchung zu veranlassen und wegen der dabei festgestellten angeblich wesentlichen Besserung die Rente zu entziehen. Nachdem der Beklagte mit dem bindend gewordenen Bescheid vom 7. Mai 1952 eine den Kläger begünstigende Regelung getroffen hatte, konnte er sich nicht einseitig darüber hinwegsetzen. Zweck der Bindung ist es, im Interesse der Versorgungsberechtigten, ebenso aber auch der Leistungspflichtigen, dem Bescheid der Versorgungsbehörde endgültige Wirkung beizulegen (vgl. BSG 7, 156). Dabei ist es für die Bindungswirkung grundsätzlich gleichgültig, ob das Handeln der Verwaltung durch eine Mußvorschrift, eine Kannvorschrift oder gar keine Vorschrift ausgelöst ist (vgl. BSG 6, 179). Der Beklagte will offenbar einräumen, daß er mit bindender Wirkung auf Nachuntersuchung verzichtet hat, er wendet jedoch ein, daß er nur auf eine turnusmäßige Überprüfung habe verzichten wollen. Eine solche Einschränkung ist weder im Wortlaut des Bescheides zum Ausdruck gekommen noch ist es wahrscheinlich, daß die Versorgungsbehörde, wenn sie nur von einer turnusmäßigen Untersuchung absehen will, hiervon den Versorgungsberechtigten im voraus verständigt. Demgemäß sahen auch die damaligen Verwaltungsvorschriften Nr. 3 Abs. 2 zu § 86 Abs. 3 BVG die Entscheidung, daß eine ärztliche Nachuntersuchung nicht mehr beabsichtigt ist, nur vor, wenn die Schädigungsfolgen "eine Besserung nicht mehr erwarten lassen" und von einer ärztlichen Nachuntersuchung "überhaupt" abgesehen werden kann.
Auch das Wort "beabsichtigt" bedeutet keine die Bindung abschwächende Einschränkung der Erklärung; denn die Versorgungsbehörde kann nicht bestimmen: "Eine Nachuntersuchung findet nicht mehr statt", weil sie damit in unzulässiger Weise in das Recht des Versorgungsberechtigten eingreifen würde, von sich aus - etwa wegen behaupteter Verschlimmerung - eine (dann von der Versorgungsbehörde "nicht beabsichtigte") Nachuntersuchung zu beantragen. Ob die fragliche Erklärung unter dem Vorbehalt abgegeben ist, daß sich die Verhältnisse nicht grundlegend ändern und sich nicht herausstelle, daß die Anspruchsvoraussetzungen in Wirklichkeit nicht vorgelegen haben, brauchte der Senat nicht zu entscheiden; denn im vorliegenden Fall haben sich die Verhältnisse bis zu dem Gutachten vom 15./17. November 1956 weder grundlegend geändert, noch ist der Bescheid vom 23. November 1956 damit begründet, daß die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Weder hinsichtlich der Zugehörigkeit des Klägers zum versorgungsberechtigten Personenkreis noch zur Frage der Schädigungseinwirkung oder der Schädigungsfolge waren Zweifel aufgetaucht. Anlaß zur Nachuntersuchung war lediglich die Prüfungsmitteilung des Bundesrechnungshofes gewesen. Wenn dieser beanstandet hatte, die Voraussetzungen der besonderen beruflichen Betroffenheit seien nicht näher geklärt bzw. zu Unrecht angenommen worden, so hatten sich damit die Verhältnisse, die zur Rentengewährung geführt haben, keineswegs "grundlegend geändert"; es kam insoweit äußerstenfalls eine unrichtige Gesetzesanwendung auf einen zutreffend erkannten Sachverhalt in Betracht. Darum könnte der Bescheid vom 7. Mai 1952 auch nicht nach § 41 VerwVG berichtigt werden.
Bei dieser Sachlage und da die Versorgungsbehörde auch hinsichtlich des Verzichts auf Nachuntersuchung - wie oben dargetan - nicht ermessensfehlerhaft gehandelt hat, brauchten vom Senat die Möglichkeiten einer evtl. Berichtigung nicht näher erörtert zu werden (vgl. hierzu Rohr in ZfS 1959, 229, 231; Heuer in KOV 1960, 113, 117). Weil der Beklagte sich des Rechts der Nachuntersuchung wirksam begeben hatte, beruft sich die Revision zu Unrecht darauf, die Versorgungsbehörde sei zu einer Neufeststellung nach § 62 BVG gesetzlich verpflichtet, deshalb sei es ohne Bedeutung, auf welche Weise sie von der wesentlichen Änderung der Verhältnisse Kenntnis erlange, und daß der Betroffene zur Duldung der Nachuntersuchung nicht verpflichtet gewesen wäre. Eine solche Betrachtungsweise läßt unberücksichtigt, daß der Versorgungsberechtigte im Rahmen des Versorgungsrechtsverhältnisses, das von den Grundsätzen von Treu und Glauben bestimmt wird (BSG 9, 48, 53), in seinem Vertrauen auf den Fortbestand eines von der Versorgungsbehörde erlassenen und bindend gewordenen Verwaltungsakts geschützt werden muß (vgl. BSG 10, 76). Diesen Vertrauensschutz kann die Versorgungsbehörde nicht mit der Berufung auf Pflichten, die ihr bei Abgabe der Verzichtserklärung bekannt und bewußt waren, beiseiteschieben , da die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns nicht allein durch § 62 BVG, sondern durch die Gesamtheit der geltenden Rechtsvorschriften, wozu auch die Normen über die Bindungswirkung gehören, bestimmt wird; dies wird von Rohr aaO nicht hinreichend berücksichtigt. Im übrigen hat das BSG bereits entschieden, daß die Verwaltung, wenn sie sich des Rechts begeben hat, den Versorgungsberechtigten ärztlich untersuchen zu lassen, eine Neufeststellung nicht auf eine entgegen diesem Verzicht vorgenommene Untersuchung stützen kann und daß auch das widerspruchslose Einlassen des Versorgungsberechtigten auf eine Nachuntersuchung den einmal eingetretenen Rechtsverlust der Verwaltung nicht aufhebt (BSG 6, 179).
Auch der Umstand, daß der Kläger, wie die Revision vorträgt, seine bisherige Tätigkeit als Kraftfahrer, die bei der früheren versorgungsärztlichen Untersuchung vom 29. April 1952 zugrunde gelegt worden sei, nach dem Ergebnis einer arbeitsärztlichen Untersuchung nicht mehr ausüben könne und deswegen die Knappschaftsvollrente beantragt habe, ändert an dem eingetretenen Rechtsverlust der Verwaltung nichts; denn die Aufgabe des Berufes beseitigt nicht die berufliche Betroffenheit i.S. des § 30 BVG. Im übrigen ist es nicht verständlich, daß trotz dieser von der Versorgungsbehörde selbst geltend gemachten Unmöglichkeit der Ausübung des bisherigen Berufs eine Rentenentziehung aufgrund des Gutachtens eines Sachverständigen erfolgen konnte, der im Gegensatz zu seiner früheren Beurteilung nunmehr überraschenderweise annahm, der Kläger könne trotz der anerkannten Schädigungsfolgen "alle Arbeiten ausführen".
Somit war die Versorgungsbehörde nicht berechtigt, mit dem auf die Nachuntersuchung vom 15./17. November 1956 gestützten Neufeststellungsbescheid vom 23. November 1956 gemäß § 62 Abs. 1 BVG die Rente zu entziehen.
Da die Entscheidung des LSG sonach nicht zu beanstanden war, mußte die Revision als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen