Leitsatz (amtlich)

Der im 2. Weltkrieg geleistete Eisenbahndienst der Reichsbahnbediensteten, die von ihrer vorgesetzten Reichsbahndienststelle nicht zur Wehrmacht, sondern zu einer anderen Reichsbahndienststelle zur Dienstleistung abgeordnet waren, ist kein militärähnlicher Dienst im Sinne des KBLG WB § 1 Abs 1, 3. DV KBLG WB § 4 Abs 1 Buchst b Halbs 1, auch wenn dieser Dienst in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Ostgebieten geleistet worden ist.

 

Normenkette

KBLG WB § 1 Abs. 1; KBLGDV WB 3 § 4 Abs. 1 Buchst. b Hs. 1

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart vom 14. September 1954 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der ... 1886 geborene, jetzt im Ruhestand lebende Kläger wurde am 6. Juni 1942 von seiner vorgesetzten Dienststelle, der damaligen Reichsbahndirektion Karlsruhe, in seiner Eigenschaft als Reichsbahninspektor nach Rußland abgeordnet und gleichzeitig der Hauptbetriebsdirektion Ost unterstellt. Er war zunächst in Melitopol und dann als Leiter der Güterabfertigung des Bahnhofs Konstantinowka beschäftigt. Am 17. Oktober 1942, auf der ersten Urlaubsreise in die Heimat, erlitt er im Bahnhof Fastow I während des Umsteigens in einen anderen Zug einen Unfall dadurch, daß er von einer von ihm nicht bemerkten Lokomotive erfaßt und zu Boden geworfen wurde; dabei wurde er am Kopf und insbesondere am rechten Arm so erheblich verletzt, daß ihm in einem Lazarett in Kiew der rechte Arm oberhalb des Ellenbogens abgenommen werden mußte. Nach weiterer ärztlicher Behandlung im Reservelazarett Karlsruhe konnte der Kläger im April 1943 seinen Dienst als Reichsbahninspektor in Karlsruhe wieder aufnehmen, nachdem der erlittene Unfall am 1. Dezember 1942 von der Reichsbahndirektion Karlsruhe als Dienstunfall anerkannt worden war.

Im Jahre 1944 stellte der Kläger beim Versorgungsamt (VersorgA.) Karlsruhe erstmals Antrag auf Fürsorge und Versorgung nach dem Wehrmachtfürsorge- und Versorgungsgesetz (WFVG). Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 10. Juni 1944 abgelehnt, nachdem die Reichsbahndirektion Karlsruhe dem VersorgA. auf Anfrage mitgeteilt hatte, daß der Kläger während der Zeit seiner Dienstleistung in Rußland nicht zu den zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten gehört habe. Das VersorgA. begründete seine Ablehnung damit, daß es sich bei dem vom Kläger erlittenen Unfall um einen Betriebsunfall gehandelt habe, dessen Abgeltung in die Zuständigkeit der Deutschen Reichsbahn falle; im Hinblick auf die dienstliche Abordnung des Klägers nach Rußland und seine Unterstellung unter die Hauptbetriebsdirektion Ost gehöre er nicht zu dem in § 68 WFVG genannten Personenkreise.

Mit Schreiben vom 10. März 1947 an die Landesversicherungsanstalt (LVA.) Baden in Karlsruhe wiederholte der Kläger seinen Antrag auf Versorgung wegen des mit dem Verlust des rechten Armes verbundenen Unfalls vom 17. Oktober 1942 und machte dabei geltend, daß er als Leiter des Verkehrsdienstes des Bahnhofs Konstantinowka dienstlich nicht nur seiner vorgesetzten Reichsbahndienststelle, sondern auch der Befehlsgewalt des damaligen Bahnhofskommandanten, eines Hauptmanns der Wehrmacht, unterstellt gewesen sei; dieser habe ihm Anweisungen darüber gegeben, wie der Bahnhof Konstantinowka im Falle eines Angriffs zu verteidigen sei, habe Probealarme durchgeführt und in täglichen Besprechungen die Bereitstellung leerer Eisenbahnwagen für Kranken- und Truppentransporte angeordnet. Er gehöre deshalb zu den nach dem Gesetz Nr. 74 über Leistungen an Körperbeschädigte (KB-Leistungsgesetz - KBLG) vom 21. Januar 1947 - Regierungsblatt der Regierung Württemberg-Baden 1947 Nr. 2 S. 7 - zu versorgenden Personen.

Mit berufungsfähigem Bescheid vom 29. April 1949 hat die LVA. den Antrag abgelehnt. Der Kläger habe nicht zu den zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten gehört, seine Tätigkeit in Rußland sei weder militär- noch militärähnlicher Dienst gewesen; der erlittene Unfall sei auch nicht durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung verursacht worden. Der Kläger falle deshalb nicht unter den nach § 1 Abs. 1 KBLG leistungsberechtigten Personenkreis.

Gegen diesen Bescheid der LVA. Baden in Karlsruhe hat der Kläger am 14. Mai 1949 form- und fristgerecht Berufung beim Oberversicherungsamt (OVA.) Karlsruhe eingelegt; er hat beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und ihm für den Verlust des rechten Armes Leistungen nach dem KBLG zu gewähren. Zur Begründung seines Antrags hat er ausgeführt, er habe bei Antritt seines Dienstes in Konstantinowka zusammen mit 48 anderen deutschen Reichsbahnbediensteten eine feldgraue Eisenbahnerkompanie abgelöst; vorher sei er ebenso wie seine Kameraden mit Schußwaffen und Munition ausgerüstet worden. Bis zur endgültigen Übernahme des Bahnhofs Konstantinowka habe der Kompanieführer der abzulösenden feldgrauen Eisenbahner nicht nur den Eisenbahndienst betreffende Weisungen, sondern auch rein militärische Befehle erteilt. Dann habe die Bahnhofskommandantur ein Hauptmann der Wehrmacht übernommen, dem alle Eisenbahnbediensteten in militärischen Angelegenheiten unterstellt gewesen seien; der Hauptmann habe, da ihm Soldaten der Wehrmacht nicht zur Verfügung gestanden hätten, angeordnet, wie der Bahnhof im Falle eines Angriffs durch russische Truppen oder durch Partisanen zu verteidigen sei, und jeder Eisenbahnbedienstete sei von ihm für den Fall der notwendigen Verteidigung an einen genau bestimmten Platz in gedeckter Erdstellung eingewiesen worden. Dieser tatsächliche Einsatz sei - neben dem Eisenbahndienst - militärischer Natur gewesen, so daß die dienstliche Abordnung allein nicht dafür entscheidend sein könne, ob Leistungen nach dem KBLG zu gewähren seien oder nicht.

Nach Einholung einer Auskunft bei der Eisenbahndirektion Stuttgart, mit der diese unter dem 23. Februar 1950 mitgeteilt hat, der Kläger sei als sogenannter "blauer Eisenbahner" dienstlich im Osten gewesen, er falle wegen seines Unfalls jedoch nicht unter die gesetzliche Unfallversicherung, weil für ihn die Unfallbestimmungen des Deutschen Beamtengesetzes zu gelten hätten, hat das OVA. am 7. Juni 1950 durch Entscheidung des Vorsitzenden nach § 33 KBLG, §§ 1657, 1679 der Reichsversicherungsordnung (RVO) den angefochtenen Bescheid vom 29. April 1949 aufgehoben und die LVA. verurteilt, den Unfall des Klägers vom 17. Oktober 1942 "als anläßlich militärischen Dienstes entstanden anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen zu gewähren."

In der Begründung zu seiner Entscheidung hat das OVA. ausgeführt, der Kläger habe seinen Unfall zwar nicht durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung, sondern lediglich durch ein Ereignis im Eisenbahnverkehr erlitten. Im Zeitpunkt des Unfallereignisses habe er sich aber auf der Reise in den Heimaturlaub befunden; für die Frage, ob für die Folgen des Unfalls Leistungen nach dem KBLG zu gewähren seien, sei entscheidend, ob die dem Urlaubsantritt vorausgegangene Dienstleistung des Klägers beim Bahnhof Konstantinowka als militärischer oder militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG anzusehen sei. Diese Frage sei trotz der erfolgten Abordnung als "blauer Eisenbahner" zu bejahen. Die Dienstleistung nahe der Front und im Partisanengebiet, die Pflicht, ständig bewaffnet zu sein und, wie ein im Verfahren vernommener Zeuge bestätigt habe, regelmäßiges Exerzieren und regelmäßige Schießübungen hätten zusammen mit dem bestehenden Befehl, den Bahnhof gegen feindliche Angriffe zu sichern und ihn notfalls zu verteidigen, dem Dienst des Klägers ein vorwiegend militärisches Gepräge gegeben. Dabei sei unerheblich, daß ein feindlicher Angriff auf den Bahnhof Konstantinowka während der Dienstleistung des Klägers nicht stattgefunden habe; die ständig erforderliche Einsatzbereitschaft und die dauernde Möglichkeit eines feindlichen Angriffs seien ausreichend gewesen, den Dienst des Klägers in Konstantinowka aus kriegsbedingten Gründen zu einem militärähnlichen zu machen. Deshalb sei der Unfall, den der Kläger bei der Reise in den Heimaturlaub erlitten habe, ebenso zu betrachten, als ob er sich gelegentlich eines militärähnlichen Dienstes ereignet hätte.

Die LVA. Baden hat gegen die Entscheidung des OVA. Karlsruhe vom 7. Juni 1950 Rekurs beim Landesversicherungsamt (LVAmt) Württemberg-Baden in Stuttgart eingelegt und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Bescheid vom 29. April 1949 wiederherzustellen. Der Dienst des Klägers als Eisenbahner in Konstantinowka sei weder militärischer noch militärähnlicher Natur gewesen; daran ändere die Tatsache des Waffentragens während des Dienstes und die einer gewissen Unterweisung über kriegsmäßiges Verhalten im Falle eines feindlichen Angriffs nichts. Überdies habe während der Dienstleistung des Klägers in Konstantinowka ein Angriff feindlicher Streitkräfte oder Partisanen niemals stattgefunden. Selbst wenn man für die Durchführung der jeweiligen militärischen Unterweisungen militärähnlichen Dienst annehmen wolle, habe dieser mindestens vom Zeitpunkt des Urlaubsantritts ab nicht mehr bestanden; von diesem Zeitpunkt ab habe jegliche Beziehung zu einer militärischen Dienststelle aufgehört, und der Kläger sei nur noch Reichsbahnbeamter gewesen. Auch die Tatsache, daß der Kläger in seiner Eigenschaft als Leiter der Güterabfertigung Weisungen des militärischen Bahnhofskommandanten hinsichtlich der Gestellung von Wagenmaterial habe entgegennehmen müssen, könne nicht als Unterstellung unter den Befehl der Wehrmacht angesehen werden. Im übrigen verlange der Kläger Versorgung nach dem KBLG für den gleichen Unfall, der schon von seiner vorgesetzten Dienststelle als Dienstunfall anerkannt worden sei.

Demgegenüber hat der Kläger eingewandt, mindestens seine täglichen Besprechungen mit dem Bahnhofskommandanten über Art und Umfang der Sicherung und gegebenenfalls Verteidigung des Bahnhofs seien rein militärischer Natur gewesen. Überdies habe er alle Weisungen und Anordnungen militärischer Art vom militärischen Bahnhofskommandanten erhalten. Sein am 17. Oktober 1942 erlittener Unfall sei deshalb nicht allein auf seinen Eisenbahndienst zurückzuführen.

Das Landessozialgericht (LSG.) Baden-Württemberg in Stuttgart, auf das der vom Beklagten beim LVAmt eingelegte Rekurs nach § 215 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Berufung übergegangen ist, hat durch Urteil vom 14. September 1954, zugestellt am 9. Oktober 1954, die Entscheidung des OVA. Karlsruhe vom 7. Juni 1950 aufgehoben und den Bescheid der LVA. Baden vom 29. April 1949 wiederhergestellt. Es hat in Anwendung des § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Revision zum Bundessozialgericht (BSG.) zugelassen.

Das LSG. hat dazu ausgeführt, daß der vom Kläger als sogenannter blauer Eisenbahner in Rußland geleistete Dienst kein militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG gewesen sei; das ergebe sich aus § 4 Abs. 1 b der Verordnung Nr. 739 des Arbeitsministeriums Württemberg-Baden, Dritte Durchführungsverordnung (DurchfVO) zum KBLG vom 23. Juli 1949 - Regierungsblatt 1949 S. 212 -, in dem nur die zur Wehrmacht ausdrücklich abgeordneten Reichsbahnbediensteten als anspruchsberechtigt nach dem KBLG aufgeführt seien. Diesem Personenkreis seien die blauen Eisenbahner nicht zuzurechnen, deren Verhältnis zu ihrer vorgesetzten Dienstbehörde auch nach erfolgter Abordnung rein ziviler Natur geblieben sei, und die im Gegensatz zu den sogenannten feldgrauen Eisenbahnern nicht der Wehrmacht unterstellt gewesen seien. Daran ändere nichts, daß die blauen Eisenbahner im besetzten Gebiet nach und nach mit Waffen versehen und damit ausgebildet worden seien, und daß bei ihrem sonst rein zivilen Dienst die Verpflichtung bestanden habe, den auf ihr Aufgabengebiet bezogenen Wehrmachtsbefehlen Folge zu leisten; diese Verpflichtung habe auch für die Reichsbahnbediensteten in der Heimat gegolten. Bei zunehmender Verschärfung der Kriegslage sei allerdings auch von den Zivilbeamten in immer stärker werdendem Maße verlangt worden, den gefährlicher werdenden Verhältnissen Rechnung zu tragen und notfalls jeder Gefahr mit der Waffe zu begegnen. Dabei habe dann auch der Zivilbeamte zeitweise militärähnlichen Dienst im Sinne des § 4 Abs. 1 Buchstaben b und h der Dritten DurchfVO zum KBLG geleistet, zu dem nicht nur direkte Kampfhandlungen, sondern auch militärische Vorbereitungsmaßnahmen wie kriegsmäßige Unterweisung und Ausbildung mit der Waffe zu rechnen seien. Jedoch könne nur eine anläßlich eines solchen militärähnlichen Dienstes erlittene Gesundheitsschädigung nach dem KBLG entschädigt werden, nicht aber auch eine solche, die der Beamte nach Beendigung seines vorübergehenden militärähnlichen Dienstes und nach Wiederaufnahme seiner zivilen Tätigkeit erlitten habe. Für derartige "zivile" Schäden hafte entweder der Staat nach den Unfallbestimmungen des Deutschen Beamtengesetzes oder der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Um einen solchen zivilen Schaden handele es sich aber beim Kläger, dessen Unfall am 17. Oktober 1942 weder mit einem kriegsbedingten Ereignis noch mit seinem zeitweise verrichteten militärähnlichen Dienst etwas zu tun gehabt habe. Der Kläger sei als Zivilbeamter und nicht etwa als zur Wehrmacht Gehöriger in Heimaturlaub gefahren, der dabei erlittene Unfall sei durch den gelegentlich militärähnlichen Dienst vorher in keiner Weise beeinflußt worden. Versorgung nach dem KBLG stehe dem Kläger deshalb nicht zu. Die Zulassung der Revision erfolge, weil die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Dienst der nicht zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten als militärähnlicher Dienst anzusehen sei, grundsätzliche Bedeutung habe. Im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil des LSG. hat der Kläger durch seinen Prozeßbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 26. Oktober 1954, eingegangen am 27. Oktober 1954, Revision eingelegt. Mit demselben Schriftsatz hat er seine Revision begründet; eine weitere Revisionsbegründungsschrift vom 29. Oktober 1954 ist am 2. November 1954 eingegangen. Der Kläger hat geltend gemacht, daß es nicht angehe, ihn deshalb aus dem Kreis der nach dem KBLG Versorgungsberechtigten auszuschließen, weil er blauer und nicht feldgrauer Eisenbahner gewesen sei. Er habe während seiner Tätigkeit auf dem Bahnhof Konstantinowka nicht nur seiner vorgesetzten Reichsbahndienststelle, sondern auch der Befehlsgewalt des militärischen Bahnhofskommandanten unterstanden. Seine Pflicht zum Waffentragen, seine regelmäßige Teilnahme an militärischen Übungen und die ständige Einsatzbereitschaft auch der blauen Eisenbahner zum Schutz der Eisenbahnanlagen gegen feindliche Angriffe und Partisanenüberfälle hätten seinen Dienst in Rußland, zumal er in Frontnähe ausgeübt worden sei, zu einem militärähnlichen gemacht. Daß der erlittene Unfall sich auf dem Urlaubswege ereignet habe, sei unerheblich; jedenfalls habe er sich im Kriegsgebiet zugetragen, in einem Gebiet also, in das er nur durch seine dienstliche Abordnung nach Rußland gekommen sei. Sein militärähnlicher Dienst in Rußland rechtfertige es, den durch den Unfall am 17. Oktober 1942 eingetretenen Verlust des rechten Armes als Gesundheitsschaden im Sinne des KBLG anzuerkennen. Auf die weiteren Darlegungen in den Schriftsätzen des Klägers vom 26. und 29. Oktober 1954 und auf das Vorbringen seines Prozeßbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des LSG. Baden-Württemberg vom 14. September 1954 die Berufung des Beklagten gegen die Vorentscheidung des OVA. Karlsruhe vom 7. Juni 1950 als unbegründet zurückzuweisen,

hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG. Baden-Württemberg zurückzuverweisen.

Das beklagte Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landesversorgungsamt (LVersorgA.) Baden-Württemberg in Stuttgart, hat beantragt,

die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.

Es hat dazu ausgeführt, daß der Kläger als blauer Eisenbahner nicht zu den zur Wehrmacht abgeordneten reichsdeutschen Eisenbahnbediensteten mit Anspruch auf Versorgung nach dem KBLG gehört habe. Aus der Tatsache, daß der Kläger bei seinem sonst rein zivilen Dienst auch solchen Wehrmachtsbefehlen, die sich auf sein eigentliches Aufgabengebiet bezogen hätten, Folge zu leisten gehabt habe, könne nicht der Schluß auf eine militärähnliche Dienstleistung gezogen werden; ein solcher Dienst könne nur für die jeweiligen Übungen und Einsätze, die auf Veranlassung der militärischen Dienststelle erfolgt seien, angenommen werden. Die Verpflichtung zum ständigen Waffentragen in Rußland ändere daran nichts. Der Kläger sei auch nicht bei einem militärischen Einsatz zu Schaden gekommen, sondern der Unfall, der zum Verlust des rechten Oberarms geführt habe, habe sich auf einer Urlaubsfahrt zugetragen, die der Kläger als Zivilbeamter ausgeführt habe. Auf den Schriftsatz des Beklagten vom 10. Juni 1955, eingegangen am 16. Juni 1955, wird ebenfalls Bezug genommen.

Die Revision ist statthaft, weil das LSG., auf das die Sache nach dem Inkrafttreten des SGG gemäß § 215 Abs. 3 SGG als Berufung übergegangen war, sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage zugelassen hat (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden und deshalb zulässig. Der Durchführung des Revisionsverfahrens steht die Vorschrift des § 162 Abs. 2 SGG nicht entgegen. Der Kläger stützt die Revision darauf, daß die Entscheidung des LSG. auf einer unrichtigen Anwendung des KBLG des ehemaligen Landes Württemberg-Baden beruhe. Das KBLG ist revisibles Recht im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG, denn es galt vor dem Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) einheitlich in allen drei Ländern der amerikanisch besetzten Zone Deutschlands und erstreckte sich damit in seinem Geltungsbereich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus.

Die Revision ist jedoch unbegründet.

Nach dem Vorbringen des Klägers und den dem Revisionsgericht vorliegenden Vorgängen sowie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger am 17. Oktober 1942 auf der Urlaubsreise von Konstantinowka in die Heimat im Bahnhof Fastow I in Rußland einen Eisenbahnunfall erlitten, der die Absetzung des rechten Armes erforderlich machte. Der vom Kläger auf diese Schädigungsfolge gestützte und im anhängigen Revisionsverfahren geltend gemachte Anspruch auf Versorgung nach dem KBLG konnte keinen Erfolg haben. Dabei bedurfte es keiner Prüfung durch den Senat, ob es sich bei dem Unfall des Klägers während seines Urlaubs, der mit der Freistellung vom Dienst in Konstantinowka begonnen hatte (vgl. RVGer. 1 S. 96), um einen seinen Anspruch auf Versorgung nach dem KBLG begründenden Urlaubsunfall gehandelt hat. Denn die schädigende Folge eines Urlaubsunfalls kann bei Vorliegen der übrigen dazu notwendigen, hier nicht näher zu prüfenden Voraussetzungen in jedem Falle nur dann ein Anspruch auf Versorgung begründen, wenn der Dienst selbst, aus dem heraus der Urlaub angetreten worden ist, militärischer oder militärähnlicher Dienst gewesen ist, es sei denn, daß der Unfall und durch ihn die mit ihm verbundene Gesundheitsschädigung durch unmittelbare Kriegseinwirkung eingetreten wäre. Das ist beim Kläger nicht der Fall.

Eine für die Schädigung des Klägers verantwortliche unmittelbare Kriegseinwirkung hat bei seinem am 17. Oktober 1942 erlittenen Eisenbahnunfall nicht mitgewirkt, das wird von ihm auch nicht behauptet. Leistungen nach dem KBLG könnten deshalb dem Kläger nur zustehen, wenn es sich bei dem von ihm während der Dauer seiner dienstlichen Abordnung nach Rußland geleisteten Dienst, insbesondere bei seiner Tätigkeit in Konstantinowka, um militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG gehandelt hat.

Militärischer Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG ist nach § 3 Abs. 1 - die Anwendung der Absätze 2 und 3 des § 3 scheiden für den Kläger ohne weiteres aus - der Verordnung Nr. 739 des Arbeitsministeriums Württemberg-Baden, Dritte DurchfVO zum Gesetz Nr.74 über Leistungen an Körperbeschädigte (Dritte DurchfVO zum KBLG) vom 23. Juli 1949 (Regierungsblatt der Regierung Württemberg-Baden 1949 S. 212) der nach deutschem Wehrrecht geleistete Dienst, der Dienst auf Grund der Verordnung über den deutschen Volkssturm der Dienst in den Heimatflakbatterien und der Dienst in der Feldgendarmerie. Diese Aufzählung des § 3 Abs. 1 der Dritten DurchfVO zum KBLG, der sich inhaltlich ganz und im Wortlaut nahezu mit dem Absatz 1 des § 2 (Begriff des militärischen Dienstes) des BVG deckt, ist erschöpfend und läßt keine Möglichkeit zu, den auf Grund einer dienstlichen Abordnung durch seine vorgesetzte Reichsbahnbehörde geleisteten Dienst des Klägers in Rußland als militärischen Dienst anzusehen; insbesondere lag bei ihm kein nach deutschem Wehrrecht geleisteter Dienst als Soldat oder Wehrmachtsbeamter vor.

Das angefochtene Urteil des LSG. hat auch zutreffend entschieden, daß der in Konstantinowka geleistete Dienst des Klägers kein militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG gewesen ist. Unstreitig ist, daß der Kläger auf Veranlassung und durch Abordnungsverfügung seiner vorgesetzten Dienstbehörde, der damaligen Reichsbahndirektion Karlsruhe, im Juni 1942 zur Dienstleistung als Eisenbahner nach Rußland abgeordnet und dabei der Hauptbetriebsdirektion Ost der Deutschen Reichsbahn unterstellt worden ist. Er trug die blaue Eisenbahneruniform und war als Reichsbahninspektor und Leiter der Güterabfertigung des Bahnhofs Konstantinowka tätig. Diese dienstliche Tätigkeit war rein ziviler Natur; sie unterschied sich abgesehen davon, daß sie im besetzten Gebiet nahe der Front und unter den dort obwaltenden veränderten Umständen verrichtet werden mußte, nicht oder nur wenig von derjenigen, die er vor seiner Abordnung nach Rußland im Heimatgebiet hatte leisten müssen. Dabei hat der Senat nicht übersehen, daß unter Umständen auch ein rein ziviler Dienst den Charakter von militärähnlichem Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG haben konnte. Es gab im zweiten Weltkrieg zahlreiche Dienstverhältnisse arbeitsrechtlichen Charakters, die trotz ihrer rein zivilen Natur als militärähnlicher Dienst angesehen werden müssen und angesehen werden, wie der Dienst der Wehrmachtshelfer und -helferinnen oder der der Angehörigen der Organisation Todt auch im Heimatgebiet, sämtlich Dienstleistungen, über deren Schutz durch die Versorgungsgesetzgebung kein Zweifel besteht. Jedoch handelte es sich bei diesen wie bei allen versorgungsrechtlich geschützten Dienstverhältnissen um solche, die in einer mehr oder weniger engen Bindung zur Wehrmacht standen und die im Gesetz oder in den zu ihm erlassenen Durchführungsverordnungen ausdrücklich als militärähnlicher Dienst anerkannt worden sind (vgl. § 4 Abs. 1 Buchst. c und m der Dritten DurchfVO zum KBLG). Dazu gehörte auch der Dienst der zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten, der zwar in aller Regel auch reiner Dienst als Eisenbahner war, der aber im Hinblick auf das Abordnungsverhältnis zur Wehrmacht (graue Uniform) im § 4 Abs. 1 Buchst. b 1. Halbsatz der Dritten DurchfVO zum KBLG die ausdrückliche Anerkennung als militärähnlicher Dienst gefunden hat. Zu Unrecht beruft sich auch der Kläger auf diese Vorschrift, da diese für seinen Dienst als nicht zur Wehrmacht, sondern zu einer Reichsbahndienststelle abgeordneter Reichsbahnbeamter keine Geltung hat.

Das war auch die für die Rechtsfindung zwar nicht entscheidende, aber zur Auslegung des § 4 Abs. 1 Buchst. b 1. Halbsatz der Dritten DurchfVO zum KBLG verwertbare Ansicht des Arbeitsministeriums Württemberg-Baden, als es in seinem vom OVA. Karlsruhe in der Entscheidung vom 7. Juni 1950 angeführten Erlaß vom 3. März 1949 zur Auslegung der zu diesem Zeitpunkt noch geltenden, mit § 4 Abs. 1 Buchst. b 1. Halbsatz der Dritten DurchfVO zum KBLG inhaltsgleichen Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 6 1. Halbsatz der VO Nr. 704, Erste DurchVO des Arbeitsministeriums zum KBLG vom 27. Januar 1947 (Regierungsblatt 1947 S. 114) ausführte, daß die sogenannten blauen Eisenbahner, auch wenn sie in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten eingesetzt gewesen seien, nicht zum Kreis der nach dem KBLG leistungsberechtigten Personen zu rechnen seien, weil sie nicht zu den zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten gehört hätten.

Zur Auslegung des Begriffs des Dienstes der zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten waren auch die für die Verwaltungsstellen der Kriegsopferversorgung zum WFVG herausgegebenen Wehrmachtfürsorge- und Versorgungsbestimmungen mit heranzuziehen. Nach diesen (Erlaß vom 5.10.1942, Wehrmachtfürsorge- und Versorgungsbestimmungen 1942 Nr. 234 S. 172) gehörten mit Wirkung vom 26. August 1939 ab gemäß gemeinsamer Feststellung durch das frühere Oberkommando der Wehrmacht und das frühere Reichsverkehrsministerium zum Personenkreis der zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten folgende Personen:

1.) Reichsbahnbedienstete, soweit und solange sie dem Oberquartiermeister Belgien und Frankreich unterstellt waren,

2.) die in Holland, Dänemark und Norwegen eingesetzten Reichsbahnbediensteten, soweit und solange sie zu Lasten des Heereshaushalts abgefunden wurden,

3.) zum Chef des Transportwesens abgeordnete und außerhalb der Reichsgrenzen eingesetzte Reichsbahnbedienstete für die Dauer der Abordnung, jedoch

a) in den sowjetischen Gebieten bis zum 14. Januar 1942,

b) bei den Wehrmachtsverkehrsdirektionen Brüssel und Paris bis zum 15. Juni 1942,

4.) die zu den Feldeisenbahnkommandos (früher Feldeisenbahndirektionen) abgeordneten Reichsbahnbediensteten für die Dauer der Abordnung,

5.) das ständige Begleitpersonal für Sonderzüge,

6.) das ständige Personal der Lazarett- und Leichtkrankenzüge,

7.) die bei den E-Batterien zur Betreuung von Verbrennungstriebwagen und bei der Eisenbahn-Artillerie im Bereich der Wehrmacht eingesetzten Reichsbahnbediensteten,

8.) Reichsbahnbedienstete, solange sie zu den außerhalb der Reichsgrenzen oder zu den im Marinefestungs- (Küsten-) gebiet gelegenen Dienststellen der Kriegsmarie , insbesondere zu Kriegsmarinewerften, zur Bedienung von Notstrom-Triebwagen und Kranwagen usw. abgeordnet waren.

Die frühere Zugehörigkeit des Klägers zu dem in den vorstehenden Nr. 1 bis 2, 3b, 5 bis 8 genannten Personenkreis ist nicht gegeben; er ist auch nicht zu einem sogenannten Feldeisenbahnkommando - früher Feldeisenbahndirektion - (vgl. vorstehende Nr. 4) abgeordnet gewesen. Aber auch die Nr. 3a ist nicht auf ihn anwendbar; denn während seiner Dienstleistung außerhalb der Reichsgrenzen im sowjetischen Gebiet war er nicht zum Chef des Transportwesens mit dienstlicher Unterstellung unter diesen abgeordnet, sondern er leistete zivilen Eisenbahndienst im Gebiet der ihm durch seine Abordnung vorgesetzten zivilen Eisenbahn-Hauptbetriebsdirektion Ost. Darüber hinaus hatte sein Einsatz in Rußland und in Konstantinowka erst im September 1942 und damit zu einem Zeitpunkt begonnen, als selbst der Dienst der zum Chef des Transportwesens in die sowjetischen Gebiete abgeordneten Eisenbahner nicht mehr Dienst von zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten im Sinne des § 4 Abs. 1 Buchst. b 1. Halbsatz der Dritten DurchfVO zum KBLG war, weil vom 15. Januar 1942 ab deren Versorgung nach beamtenrechtlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften geregelt worden war (vgl. Urteil des Bayerischen LSG. vom 10.11.1955 in Amtsbl. des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge 1956 S. B 65).

Im übrigen sind die vorgenannten Fürsorge- und Versorgungsbestimmungen unter Nr. 2 Abs. 1 zu § 3 Abs. 1 Buchst. d BVG als zur Auslegung dienend in die Verwaltungsvorschriften zu § 3 BVG übernommen worden. Dabei war festzustellen, daß § 3 Abs. 1 Buchst. d 1. Halbsatz BVG mit dem § 4 Abs. 1 Buchst. b 1. Halbsatz der Dritten DurchfVO zum KBLG wörtlich übereinstimmt. Beachtung verdienten in diesem Zusammenhang auch die Verhandlungen des (26.) Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen des Deutschen Bundestages über das BVG, in denen (S. 5 A und B, S. 6 D, S. 7 A und B) dem Vorschlag des Verbandes der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands e.V. zur Änderung des damals vorliegenden Gesetzentwurfs und zur Einfügung der Worte "und der Dienst der blauen Eisenbahner im Operationsgebiet" bei § 3 Abs. 1 Buchst. d BVG nicht gefolgt und die Fassung der Regierungsvorlage ohne Berücksichtigung und Benennung der blauen Eisenbahner beibehalten worden ist, obwohl bei dieser Beschlußfassung der Ausschuß davon ausging, daß bei dem Wortlaut der Regierungsvorlage ("der Dienst der zur Wehrmacht abgeordneten Reichsbahnbediensteten") der Dienst der durch Abordnungsverfügung ihrer vorgesetzten Reichsbahndienststelle abgeordneten blauen Eisenbahner nicht mit erfaßt war. Grund für diese Beschlußfassung war, daß den abgeordneten blauen Eisenbahnern für den Fall einer durch ihre Dienstverrichtung erlittenen Gesundheitsschädigung und für deren gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen Versorgung nach den Vorschriften über die beamtenrechtliche Unfallversorgung oder nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren und der versorgungsrechtliche Schutz deshalb entbehrlich sei. Dabei wurde allerdings ausdrücklich festgestellt, daß auch der blaue Eisenbahner Versorgung nach dem BVG erhält, wenn eine erlittene Schädigung mit gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf eine unmittelbare Kriegseinwirkung zurückzuführen ist; sein Versorgungsanspruch beruhe dann jedoch auf der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Buchst. a BVG (vgl. § 1 Abs.1 KBLG, § 2 der Dritten DurchfVO zum KBLG).

Zusammenfassend war danach festzustellen: der während des zweiten Weltkrieges geleistete Dienst der Eisenbahner, die von ihrer vorgesetzten Reichsbahndienststelle als Beamte zur Dienstleistung in das von der deutschen Wehrmacht besetzte Gebiet nicht zur Wehrmacht selbst, sondern zu einer anderen Reichsbahndienststelle abgeordnet worden sind, gehören nicht zu dem versorgungsrechtlich geschützten Personenkreis im Sinne des § 4 Abs. 1 Buchst. b 1. Halbsatz der Dritten DurchfVO zum KBLG; ihr Dienst war kein militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 KBLG. Das hat das LSG. in seinem angefochtenen Urteil hinsichtlich des vom Kläger im Jahre 1942 geleisteten Dienstes in Konstantinowka mit Unterstellung unter die Reichsbahnhauptdirektion Ost zutreffend ausgeführt (vgl. auch Bayerisches LSG., Urteil vom 10.11.1955 a.a.O.; Schönleiter, Bundesversorgungsgesetz, Erläuterung Nr. 7 zu § 3 BVG; Schieckel, Bundesversorgungsgesetz, Anm. 7 zu § 3 BVG; Thannheiser-Wende-Zech, Handbuch des Bundesversorgungsrechts, Erläuterung zu Buchst. d des § 3 BVG). Das gilt um so mehr, als der Kläger unbestritten und nach der Bescheinigung der Eisenbahndirektion Stuttgart vom 23. Februar 1950 wegen der Folgen seines im Oktober 1942 erlittenen Dienstunfalls Versorgung nach den Unfallbestimmungen des Deutschen Beamtengesetzes erhält. Im übrigen hat auch nach § 4 Abs. 3 der Dritten DurchfVO zum KBLG der wie immer geartete zivile Dienst, selbst der auf Grund einer Dienstverpflichtung verrichtete, keinen militärähnlichen Charakter, es sei denn, daß er zu den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 aufgezählten Dienstarten gehört. Das aber ist vorliegend nicht der Fall.

Daran ändert beim Kläger nichts, daß er bei seinem Dienstantritt in Konstantinowka zu einer Gruppe von Reichsbahnbediensteten gehörte, die eine Kompanie feldgrauer, der Wehrmacht unmittelbar unterstellter Eisenbahner mit militärischen Befehlshabern ablösen mußte. Im Gegenteil spricht gerade dieser Umstand dafür, daß die Lage im Jahre 1942 in Konstantinowka so war, daß militärische Eisenbahnereinheiten entbehrlich wurden und deshalb ihre Aufgaben den zivilen Reichsbahnbediensteten übergeben werden konnten.

Weiter ändert nichts, daß der Kläger während seiner Dienstleistung in Rußland mit Waffen ausgerüstet gewesen und in Konstantinowka durch den militärischen Bahnhofskommandanten, einen Hauptmann der Wehrmacht, über kriegsmäßiges Verhalten und Waffengebrauch unterwiesen worden ist. Selbst regelmäßige Exerzier- und Geländeübungen, an denen der Kläger auf Befehl und Veranlassung des militärischen Bahnhofskommandanten teilgenommen hat, um gegebenenfalls zusammen mit anderen Reichsbahnbediensteten den Bahnhof gegen angreifende Partisanen oder feindliche Streitkräfte erfolgreich verteidigen zu können, sind nicht geeignet, seinen Regeldienst als Eisenbahner in einen militärähnlichen umzudeuten. Dafür überwog schon rein zeitlich die zivile Tätigkeit als Reichsbahninspektor und Leiter der Güterabfertigung gegenüber dem Exerzier- und Ausbildungsdienst mit der Waffe. Im übrigen war es nach Ausbruch des Krieges an allen Fronten üblich geworden, alle sich in den von der Wehrmacht besetzten und insbesondere in den von Partisanen bedrohten Gebieten aufhaltenden Deutschen mit rein ziviler Tätigkeit (z.B. Angestellte und Arbeiter von Baugeschäften beim Bau von Wehrmachtsanlagen, Angestellte und Arbeiter von sogenannten Kriegsgesellschaften im besetzten Gebiet, Angehörige der zur Wehrmachtsbetreuung eingesetzten Unterhaltungs- und Schauspieltrupps) mit Schußwaffen zu versehen, sie in deren Gebrauch zu unterweisen und darüber hinaus zu verpflichten, solchen Wehrmachtsbefehlen Folge zu leisten, die sich auf ihr Aufgabengebiet bezogen. Es besteht jedoch kein ersichtlicher Grund, solche rein zivilen Tätigkeiten deshalb als militärähnlichen Dienst anzusehen, zumal die genannten Maßnahmen nicht so sehr oder nicht nur im Interesse der Wehrmacht, sondern vielmehr auch im Interesse und zum Schutz dieser Zivilpersonen erforderlich waren.

Endlich war auch die vom Kläger vorgetragene und zur Stützung seines Antrags auf Versorgung geltend gemachte Tatsache, daß seine militärische Unterweisung in Konstantinowka durch den dortigen Bahnhofskommandanten der Vorbereitung einer Abwehr gegen etwaige Partisanenangriffe auf den Bahnhof und die Bahnanlagen gedient habe, kein Grund dafür, seinen Dienst als militärähnlichen anzusehen. Denn ein Partisanenangriff hat während seiner Anwesenheit in Konstantinowka unbestritten niemals stattgefunden; daß ein solcher im Bereich der Möglichkeit lag und unter Umständen auch wahrscheinlich war, reicht aber nicht aus, um dem Dienst des Klägers ein "vorwiegend militärisches Gepräge" zu geben, wie es das OVA. Karlsruhe im Urteil vom 7. Juni 1950 getan hat.

Das vom Prozeßbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung angeführte Urteil des LSG. Rheinland-Pfalz vom 19. Oktober 1955 (Breithaupt, Sammlung von Entscheidungen, 1956 S. 298), in dem entschieden worden ist, daß es sich "bei den zum sogenannten "Osteinsatz" abgeordneten "blauen Eisenbahnern" um militärähnlichen Dienst gehandelt hat", war nicht geeignet, den Senat zu einer anderen als der dargelegten Rechtsauffassung über den vom Kläger in Rußland geleisteten Dienst gelangen zu lassen. Denn maßgebend für diese Entscheidung war die vom LSG. Rheinland-Pfalz getroffene tatsächliche Feststellung, daß der Kläger trotz blauer Uniform zu einer Wehrmacht- und nicht zu einer Reichsbahndienststelle abgeordnet worden war. Dabei konnte dahingestellt bleiben, ob die einen Versorgungsanspruch bejahende Auslegung des LSG. Rheinland-Pfalz zu § 3 Abs. 2 BVG in den weiteren Entscheidungsgründen zutreffend ist, denn die auf den Fall des Klägers unanwendbare, einer Versorgung sogar ausdrücklich entgegenstehende Vorschrift des § 4 Abs. 3 der Dritten DurchfVO zum KBLG (s.o.) hat in § 3 Abs. 2 BVG eine wesentlich andere, auch inhaltlich unterschiedliche Fassung erhalten.

Danach war nicht von entscheidender Bedeutung, daß der Kläger während seiner dienstlichen Tätigkeit in Konstantinowka neben seinem regelmäßigen zivilen Dienst zeitweise, wenn auch auf Anweisung des militärischen Bahnhofskommandanten, an militärischen Übungen teilgenommen hat, daß er eine Schußwaffe trug und außer den Weisungen seiner vorgesetzten Reichsbahndienststelle auch solchen Wehrmachtsbefehlen nachzukommen hatte, die sein dienstliches Aufgabengebiet als Eisenbahner betrafen. Gerade letzteres wurde im zweiten Weltkrieg nicht nur von den im besetzten Gebiet befindlichen, sondern von allen deutschen Zivilpersonen auch im Heimatgebiet gefordert und durchgeführt, deren berufliche Tätigkeit den Belangen der Wehrmacht dienlich war.

Es konnte auch dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein wie der Kläger in das besetzte sowjetische Gebiet dienstlich abgeordneter Reichsbahnbediensteter nach den Vorschriften des KBLG Versorgung erhält, wenn er beim Umgang mit der ihm zur Verfügung gestellten Schußwaffe, bei Teilnahme an Exerzier- und Geländeübungen oder gar beim Einsatz gegen Partisanen oder feindliche Streitkräfte zu Schaden gekommen ist. Der Kläger hat einen Eisenbahnunfall erlitten, der weder durch Feindeinwirkung oder Partisanentätigkeit verursacht worden ist noch mit dem zeitweilig ausgeübten nicht zivilen Dienst in Konstantinowka im Zusammenhang stand, und für den entweder das Zusammentreffen unglücklicher Umstände oder gar menschliches Versagen verantwortlich waren. Der Unfall ereignete sich während der Reise des Klägers in die Heimat, die er aus Anlaß eines Urlaubs vom zivilen Dienst als Reichsbahnbediensteter angetreten hatte. Eine Versorgung nach dem KBLG steht dem Kläger danach nicht zu.

Die Revision mußte deshalb wie geschehen als unbegründet zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2297069

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge