Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgelteigenschaft von pauschalbesteuerten Bezügen. Einzugsstelle. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bundesanstalt für Arbeit ist berechtigt, die Pflichten der Einzugsstelle zur Einziehung von Beiträgen im Klagewege klären zu lassen.
2. Die Einzugsstelle ist nicht berechtigt, die bisherige Praxis der Erhebung von Beiträgen für pauschalbesteuerte Bezüge rückwirkend zu korrigieren.
Leitsatz (redaktionell)
1. Sind sonstige Bezüge iS des § 40 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG im Zeitpunkt ihres Zuflusses nicht der Lohnsteuerpflicht unterworfen worden und läßt das Finanzamt die Pauschalbesteuerung erst nachträglich zu, dann können von diesen Bezügen im nachhinein jedenfalls dann keine Beiträge zur Sozialversicherung erhoben werden, wenn der Arbeitgeber die rückwirkende Entscheidung des Finanzamtes auch für die Einrichtung der Sozialversicherungsbeiträge als wirksam angesehen und die zuständige Einzugsstelle diese Praxis bisher nicht beanstandet hat.
2. Den Einzugsstellen obliegen gegenüber den in Dienst genommenen Arbeitgebern Fürsorgepflichten. Insbesondere haben die Einzugsstellen durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß die Arbeitgeber ihre Verpflichtungen sachgerecht erfüllen können. Geschieht dies nicht, so kann dies bewirken, daß Beiträge nicht mehr in der vom Gesetz vorgesehenen Weise erhoben werden können und dadurch den Arbeitgebern unzumutbare Lasten aufgebürdet werden.
Das bedeutet allerdings nicht, daß in allen Fällen, in denen eine unklare Rechtslage besteht, der Arbeitgeber das Risiko eines Rechtsirrtums über die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, solange er keine Entscheidung der Einzugsstelle eingeholt hat, von sich abwälzen kann.
Es ist nicht vertretbar, dem Arbeitgeber das aus einer ungeklärten Rechtslage resultierende Risiko anzulasten, insbesondere dann nicht, wenn eine rückwirkende Beitragserhebung zu unverhältnismäßigen verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten führen würde, ohne daß auf Seiten der betroffenen Arbeitnehmer nennenswerte Vorteile gegenüberständen.
Orientierungssatz
§ 182 Abs 2 AFG eröffnet der Bundesanstalt für Arbeit die Möglichkeit zu bindender Entscheidung über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nur soweit diese ausschließlich Besonderheiten der Beitragspflicht nach dem AFG betreffen.
Normenkette
EStG § 40 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2; SGB 4 § 14 Fassung: 1976-12-23; AFG §§ 175, 182 Abs. 2 Fassung: 1969-06-25, § 176 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; ArEV § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Fassung: 1977-07-06; RVO § 393 Abs. 1; SGG § 54 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 24.11.1981; Aktenzeichen S 7 Kr 129/79) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der geldwerte Vorteil bei der verbilligten Ausgabe von Mahlzeiten an Betriebsangehörige, soweit er 1,50 DM täglich übersteigt, als Entgelt bei der Berechnung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu berücksichtigen ist, wenn das zuständige Finanzamt hierfür erst nachträglich Pauschalbesteuerung zugelassen hat.
Aufgrund einer Prüfung bei der beklagten Betriebskrankenkasse im Februar 1978 forderte die klagende Bundesanstalt für Arbeit (BA) die Beklagte auf, für die Zeit vom 1. Juli 1975 bis 31. Dezember 1977 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wegen der den Arbeitnehmern der beigeladenen Firma gewährten geldwerten Vorteile aus verbilligten Mahlzeiten nachzuerheben.
Bereits Mitte 1977 hatte das Finanzamt S der Beigeladenen auf Anfrage mitgeteilt, daß für geldwerte Vorteile in Form verbilligter Mahlzeiten eine Pauschalierung der Lohn- und Kirchensteuer nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zulässig sei. Einem entsprechenden Antrag vom 17. Februar 1978 gaben das Finanzamt W (für das Werk F) mit Schreiben vom 24. Mai 1978 und das Finanzamt S (für das dortige Werk) mit Schreiben vom 3. Juli 1978 statt, beide rückwirkend bis zum Jahre 1975. Auf diese Entscheidungen beriefen sich die Beklagte und die Beigeladene bei der Berechnung der Beiträge für die streitige Zeit und hielten deswegen die fraglichen Vorteile für nicht beitragspflichtig.
Die Klägerin vertrat demgegenüber - zuletzt mit Schreiben vom 6. September 1979 - die Auffassung, daß die Vorteile im Zeitpunkt des Zufließens lohnsteuerpflichtig und deshalb auch beitragspflichtig gewesen seien und sich daran durch die spätere Zulassung der Pauschalbesteuerung für die Beitragspflicht nichts geändert habe. Dem widersprach die Beklagte mit Schreiben vom 24. September 1979.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage beim Sozialgericht (SG). Sie ist weiterhin der Auffassung, daß die genannten Vorteile beitragspflichtiges Entgelt seien; die nachträgliche Zulassung der Pauschalbesteuerung habe die zum Zeitpunkt des Zufließens der Bezüge eingetretene Beitragspflicht nicht mehr beseitigen können.
Das SG Nürnberg hat mit Urteil vom 24. November 1981 die Klage abgewiesen: Beitragspflichtig zur Arbeitslosenversicherung seien zwar nach § 175 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) und § 14 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) alle Einnahmen aus einer Beschäftigung. Abschn 1 Satz 2 Nr 4 des Gemeinsamen Erlasses des Reichsfinanzministers und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 und § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) nähmen davon jedoch "sonstige Bezüge" aus, wenn für sie nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG auf Antrag des Arbeitgebers Pauschalbesteuerung zugelassen sei. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt. § 40 EStG bezwecke, dem Arbeitgeber und dem Finanzamt Arbeitsaufwand hinsichtlich der Berechnung solcher lohnsteuerpflichtigen Einnahmen zu ersparen, die sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber, der die pauschale Lohnsteuer zu tragen habe, von verhältnismäßig geringer Bedeutung seien. Die Vorschrift setze nämlich voraus, daß die Ermittlung der sonst im Wege des Abzugsverfahrens zu erhebenden Steuer "schwierig ist oder einen unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand erfordern würde" (§ 40 Abs 1 Satz 3 EStG). Auf den Zeitpunkt der Stellung des Antrages nach § 40 Abs 1 EStG komme es nicht an. Nach dem Wortlaut des § 40 EStG, auf den § 2 ArEV verweise, seien für die Pauschalbesteuerung lediglich deren materiell-rechtliche Zulässigkeit sowie die tatsächliche Zulassung durch das Finanzamt erforderlich. Über den Zeitpunkt, zu dem die Zulassung vorliegen müsse, schweige § 2 ArEV. Die Beiträge dürften nur bei einer nachträglichen Zulassung noch nicht entrichtet sein. In diesem Falle entscheide das Finanzamt mit der Zulassung nachträglich auch über die Beitragspflicht. Das widerspreche zwar dem Grundsatz, daß Beitragsansprüche mit dem Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen entstünden (§§ 22, 23 SGB IV), stehe jedoch mit dem erwünschten Vereinfachungszweck in Einklang. Ein grundsätzliches Rückwirkungsverbot kenne das Beitragsrecht der Sozialversicherung nicht; auch wesentliche Belange der Versicherten würden hier nicht verletzt.
Mit der durch Beschluß des SG zugelassenen Sprungrevision macht die Klägerin geltend, daß § 2 Abs 1 Satz 1 ArEV schon vom Wortlaut her nur diejenigen Fälle erfasse, in denen eine Pauschalbesteuerung zum Zeitpunkt des Zuflusses der Bezüge zugelassen sei. Sei dies nicht der Fall, so entstehe Beitragspflicht, und hieran ändere sich nichts durch eine spätere Zulassung der Pauschalbesteuerung. Das folge auch aus dem grundsätzlichen Rückwirkungsverbot im Beitragsrecht (BSG vom 28. Februar 1967 -3RK 72/64 -, BKK 1967, 109). Allein mit dem Bedürfnis nach einheitlicher Anwendung des Beitragsrechts und des Lohnsteuerrechts sei eine andere Auslegung von § 2 ArEV nicht zu rechtfertigen. Nach § 17 SGB IV sei ausdrücklich nur eine "möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen".
Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG aufzuheben sowie - vorsorglich unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 24. September 1979 - die Beklagte zu verurteilen, die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit für die nachträglich pauschal besteuerten Arbeitsentgelte, die die Beigeladene in der Zeit vom 1. Juli 1975 bis 31. Dezember 1977 ihren Arbeitnehmern gezahlt hat, nachzuerheben.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie bezieht sich im wesentlichen auf das angefochtene Urteil. Sie hebt ferner hervor, daß das Fehlen von Aufzeichnungen über die einzelnen Arbeitnehmer, die verbilligte Mahlzeiten erhalten hätten, der Beigeladenen nicht angelastet werden könne. Die Aufzeichnungen seien unterblieben, weil die Beigeladene davon ausgegangen sei und auch davon habe ausgehen dürfen, daß die Pauschalbesteuerung zugelassen und für die Beitragspflicht wirksam werden würde.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist befugt, in Beitragsfragen, die ihren Versicherungszweig betreffen, gegen die Einzugsstelle zu klagen. Die Einzugsstelle nimmt ihre Rechte lediglich wie ein "Prozeßstandschafter" für die beteiligte BA als Gläubigerin der einzuziehenden Beiträge wahr (vgl BSGE 15, 118, 122 f; 31, 119, 120; BSG SozR 1500 § 101 Nr 5 und SozR 1500 § 92 Nr 3). Die BA bleibt Inhaberin des Beitragsanspruchs. Sie ist deshalb auch berechtigt, die Pflichten, die der Einzugsstelle ihr gegenüber obliegen, im Klagewege klären zu lassen. Diese Befugnis muß ihr insbesondere dann zustehen, wenn sich die Einzugsstelle - wie hier - weigert, die fraglichen Beiträge einzuziehen. In diesen Fällen kann nämlich die BA die zwischen ihr und der Einzugsstelle streitig gewordene Rechtsfrage nicht durch Anfechtung einer von der Einzugsstelle gegenüber dem Beitragspflichtigen getroffenen, die BA beschwerenden Entscheidung klären lassen (vgl BSGE 15, 118, Leitsatz 3).
Ein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage kann auch nicht deswegen verneint werden, weil die Klägerin nach § 182 Abs 2 AFG Erklärungen zu Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung mit bindender Wirkung für die Einzugsstelle abgeben kann. Diese Einwirkungsmöglichkeit ist auf Fragen beschränkt, "die nur die Beitragspflicht nach diesem Gesetz betreffen". Alle Rechtsfragen, die auch für andere Versicherungszweige von Bedeutung sind, weil die betreffende Norm nur einheitlich anzuwenden ist, können von der BA nicht mit Bindungswirkung für die Einzugsstelle entschieden werden. Dies trifft im vorliegenden Fall zu.
Kein ausreichender Ersatz für eine Klagemöglichkeit der BA ist ferner ihre Berechtigung, die Einziehung der Beiträge nachzuprüfen (§ 185 Abs 3 AFG) und bei Beanstandungen die Aufsichtsbehörde einzuschalten. Das gleiche gilt für das Recht der BA, bei Fehlern der Einzugsstelle Schadenersatz zu fordern (§ 181 AFG); die BA muß die Möglichkeit haben, zur Vermeidung eines späteren Schadens im Klagewege einen Beitragseinzug zu erzwingen.
Die erhobene Klage ist auch im übrigen zulässig. Allerdings kommt hier eine Anfechtungsklage nicht in Betracht, weil das Schreiben der Beklagten vom 24. September 1979 keinen Verwaltungsakt darstellt. Die Klage ist jedoch als Klage auf Verurteilung der Beklagten zum Erlaß eines unterlassenen Verwaltungsakts zulässig (§ 54 Abs 1 SGG). Ihre Zulässigkeit scheitert nicht an mangelnder Konkretisierung des Antrags. Die Klägerin hat nicht eine abstrakte Rechtsfrage zur Entscheidung gestellt, sondern begehrt eine Verpflichtung der Beklagten zum Einzug von Beiträgen für bestimmte Zuwendungen der Beigeladenen an ihre Arbeitnehmer (vgl zu einer solchen Klage BSGE 39, 223, 226). Einer Bezeichnung der einzelnen Beitragspflichtigen bedurfte es dabei nicht, da die Feststellung der Beitragspflichtigen und des Umfangs ihrer Beitragspflicht erst Gegenstand des Verfahrens sein kann, zu dessen Durchführung die Beklagte verurteilt werden soll.
Die Revision der BA ist aber nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß eine nachträgliche Beitragserhebung in den Betrieben der Beigeladenen für den Zeitraum vom 1. Juli 1975 bis 31. Dezember 1977 nicht rechtmäßig ist.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei dem 1,50 DM täglich übersteigenden Teil des Wertes verbilligter Mahlzeiten, soweit er von der Beigeladenen getragen worden ist, an sich um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt handelt. Sonstige Bezüge iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ArEV, zu denen auch die fraglichen Essenszuschüsse gehören, sind jedoch dann von der Beitragspflicht ausgenommen, wenn "der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz erhebt". Ob dies auch für den Fall gilt, daß das Finanzamt die Pauschalbesteuerung erst nachträglich, vielleicht sogar mehrere Jahre rückwirkend, zugelassen hat, ist nicht unzweifelhaft. Selbst wenn dies aber steuerrechtlich zulässig sein sollte, so könnten für das Steuerrecht, was die Rückwirkung von Entscheidungen der Steuerbehörden betrifft, doch andere Grundsätze gelten als im Sozialversicherungsrecht, möglicherweise schon deshalb, weil es sich bei der Lohnsteuer - anders als bei den Beiträgen - um eine Jahresabgabe handelt. Außerdem mag es steuerrechtlich von geringer Bedeutung sein, ob eine Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG oder nach dessen Nr 2 (Nachversteuerung wegen nicht vorschriftsmäßig einbehaltener Lohnsteuer) zugelassen wird. Für die Sozialversicherung wäre dieser Unterschied aber bedeutsam, weil eine Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG nicht zur Beitragsfreiheit führt. Alle diese Bedenken können indessen für die Entscheidung des vorliegenden Falles dahinstehen, weil der Beigeladenen - als der für den Beitragseinzug "in Dienst genommenen" Arbeitgeberin (BSGE 41, 297) - die Belastungen, die sich hier aus einer nachträglichen Erhebung der streitigen Beiträge ergeben würden, wegen der besonderen Lage des Falles nicht zugemutet werden können.
Der Senat hat schon wiederholt ausgesprochen, daß der Einzugsstelle Fürsorgepflichten gegenüber den in Dienst genommenen Arbeitgebern obliegen. Sie hat sie zu beraten, zu unterstützen und nach Möglichkeit vor Schaden zu bewahren (BSGE 51, 31, 38; BSG SozR 4100 § 72 Nr 2 Satz 4; vgl auch BSGE 34, 124; 17, 173, 175; 15, 259, 263; 14,104). Insbesondere hat die Einzugsstelle durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß die in Dienst genommenen Arbeitgeber ihre Verpflichtungen sachgerecht erfüllen können (BSGE 51, 31). Geschieht dies nicht, so kann dies zur Folge haben, daß Beiträge nicht mehr in der vom Gesetz vorgesehenen Weise erhoben werden können und dadurch den Arbeitgebern unzumutbare Lasten aufgebürdet werden (BSG aaO). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die - bisher anscheinend unbeanstandet gebliebene - Praxis, es im Rahmen des Steuereinzugs zuzulassen, daß Anträge auf Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG auch noch im Zusammenhang mit den in mehrjährigen Abständen durchgeführten Lohnsteuerprüfungen gestellt und dann von den Finanzämtern rückwirkend entschieden werden, hat bei den beteiligten Arbeitgebern offenbar dazu geführt, eine solche rückwirkende Entscheidung auch für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge als wirksam anzusehen. Dies lag um so näher, als ein solches Verfahren erhebliche praktische Erleichterungen mit sich bringt, ohne daß andererseits dadurch für die betroffenen Arbeitnehmer ins Gewicht fallende Nachteile entstehen. Auf diese Gesichtspunkte hat bereits das SG zutreffend hingewiesen. Im übrigen hat die Rechtsprechung schon in anderem Zusammenhang anerkannt, daß ein Bedürfnis nach Vereinfachung der Beitragserhebung in Fällen, in denen die Anwendung gesetzlicher Vorschriften zu unverhältnismäßigen verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten führt, eine Abweichung von allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts rechtfertigen kann, und hat insoweit der Verwaltung (und dem in Dienst genommenen Arbeitgeber) das Recht zur Typisierung und Pauschalierung zugebilligt (vgl BSG SozR 2200 § 180 Nr 12 S 38; BSG SozR 4100 § 45 Nr 9; BSG SozR 2100 § 17 Nr 3; ferner Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976, besonders S 174, und in Bay VBl 73, 658). Hinzu kommt hier, daß die Zulässigkeit des genannten Verfahrens im Beitragsrecht der Sozialversicherung in Rechtsprechung und Schrifttum bisher nicht abschließend geklärt worden ist, was im vorliegenden Fall auch darin zum Ausdruck kommt, daß die Beklagte sich den Standpunkt der Beigeladenen zu eigen gemacht hat. Das bedeutet allerdings nicht, daß in allen Fällen, in denen eine unklare Rechtslage besteht, der Arbeitgeber das Risiko eines Rechtsirrtums über die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, solange er keine Entscheidung der Einzugsstelle eingeholt hat, von sich abwälzen kann. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles jedoch, vor allem weil eine rückwirkende Beitragserhebung hier zu unverhältnismäßigen verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten führen würde, ohne daß dem auf Seiten der betroffenen Arbeitnehmer nennenswerte Vorteile gegenüberständen, hat der Senat es nicht für vertretbar gehalten, das aus der ungeklärten Rechtslage folgende Risiko dem Arbeitgeber anzulasten. Er ist deshalb im Ergebnis dem Sozialgericht beigetreten und hat die Klage auf Nacherhebung der streitigen Beiträge als unbegründet angesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen