Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitsausfall iS des AVAVG § 143e liegt nur vor, wenn es einem Betrieb des Baugewerbes ausschließlich aus zwingenden witterungsbedingten Gründen unmöglich wird, die von ihm auf einer bestimmten Baustelle begonnenen Arbeiten fortzuführen. Es genügt nicht, wenn der Betrieb die von ihm zu verrichtenden Arbeiten nur deshalb nicht aufnehmen kann, weil dafür notwendige Vorarbeiten eines anderen Betriebes aus Witterungsgründen nicht rechtzeitig fertiggestellt worden sind.
Normenkette
AVAVG § 143e Abs. 2 Fassung: 1960-10-28, Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1960-10-28
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Februar 1965 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 10. Oktober 1963 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des zweiten und dritten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin, Inhaberin eines Zimmereigeschäfts mit Sägewerk und Schreinerei, zeigte am 11. März 1963 dem zuständigen Arbeitsamt witterungsbedingten Arbeitsausfall auf zwei Baustellen für die drei beigeladenen Arbeitnehmer an. Eine unverzügliche Überprüfung dieser Baustelle ergab, daß dort bei der herrschenden Witterung Zimmerarbeiten an sich durchführbar gewesen wären. Wegen vorangegangenen Frostes waren jedoch auf der einen Baustelle die Außenwände des ersten Obergeschosses nur zum Teil fertig, bei der anderen noch nicht einmal begonnen. Deshalb konnte in beiden Fällen der Dachstuhl nicht aufgeschlagen werden. Das hierfür vorgesehene Baumaterial der Klägerin, zugeschnittenes Gebälk, lagerte an den Baustellen und war gegen Regen geschützt.
Die Beklagte antwortete auf die Anzeige der Klägerin durch mit Rechtsmittelbelehrung versehenem Schreiben vom 12. März 1963, in dem es ua heißt:
"Ich habe Ihnen bereits fernmündlich mitgeteilt, daß das Vorliegen von zwingenden witterungsbedingten Gründen im Sinne des § 143 e Abs. 2 AVAVG voraussichtlich nicht anerkannt werden kann. Diesen ablehnenden Sofortbescheid bestätige ich hiermit und weise gleichzeitig darauf hin, daß einem Antrag auf Gewährung von Schlechtwettergeld für den 11.3.1963 im Falle, daß auf der o. a. Baustellen tatsächlich nicht gearbeitet wurde, für die dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht entsprochen werden kann."
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen des § 143 e Abs. 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) seien nicht erfüllt. Widerspruch und Klage blieben erfolglos.
Auf die vom Sozialgericht (SG) zugelassene Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, der Klägerin das erstrebte Schlechtwettergeld zu zahlen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Unstreitig habe die Klägerin ihre Arbeiten am 11. März 1963 nur deshalb nicht durchführen können, weil Folgewirkungen von Frost die rechtzeitige Fertigstellung der Maurerarbeiten verhindert hätten. Dieser Frost sei aber damit gleichzeitig in ununterbrochener Ursachenreihe zwingender witterungsbedingter Grund für die technische Unmöglichkeit der Zimmerarbeiten im Sinne des § 143 e Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AVAVG gewesen. Hierbei sei es unschädlich, daß wegen der dazwischenliegenden Unmöglichkeit der Maurerarbeiten nur ein mittelbarer Kausalzusammenhang vorliege. Ebenso wie ein solcher in anderen Rechtsgebieten, zB im Zivilrecht und dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ausreiche, um die Ursächlichkeit zu begründen, müsse dies auch im Rahmen der Schlechtwettergeldregelung gelten, da der Gesetzgeber nichts Gegenteiliges zum Ausdruck gebracht habe. Voraussetzung sei nur, daß - was hier zutreffe - die Baustelle, an der der Arbeitsausfall entstehe, durch die atmosphärische Einwirkung unmittelbar betroffen werde. Von dieser Frage nach dem unmittelbaren oder mittelbaren Kausalzusammenhang sei diejenige, ob der Arbeitsausfall ausschließlich durch zwingende witterungsbedingte Gründe verursacht sei, zu trennen. Die Ausschließlichkeit verlange, daß für den Arbeitsausfall nicht auch andere, beispielsweise betriebstechnische oder personelle Gründe verantwortlich sein dürften. Da solche für den Arbeitsausfall der Klägerin am 11. März 1963 nicht erkennbar seien, liege bei ihr für diesen Tag ein ausschließlich durch zwingende witterungsbedingte Gründe verursachter Arbeitsausfall vor.
Revision wurde zugelassen.
Die Beklagte hat Revision eingelegt mit dem Antrag,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG Speyer als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Sie rügt eine Verletzung des § 143 e AVAVG: Der Arbeitsausfall der Klägerin sei keine Folgewirkung im Sinne des § 143 e Abs. 2 AVAVG, da hierunter nur solche meteorologisch-physikalischer Art zu verstehen seien. Auch seien die Zimmerarbeiten nicht im Sinn dieser Vorschrift "technisch", sondern nur tatsächlich unmöglich gewesen. Jedenfalls sei der Arbeitsausfall der Klägerin nicht ausschließlich durch mittelbare Folgewirkungen von Witterungsgründen verursacht worden, er sei vielmehr auch auf mangelnden Baufortschritt und fehlende oder unzureichende betriebliche Disposition zurückzuführen. Von der Klägerin her gesehen sei nicht das Wetter, sondern das Zurückbleiben der Maurerarbeiten für den Arbeitsausfall maßgebend gewesen. Dies sei für sie vor allem deshalb hinreichend voraussehbar und somit disponierbar gewesen, weil sie als "nachgeschalteter Betrieb" stets mit solchen Verzögerungen der Vorarbeiten rechnen müsse. Zudem sei ihr, da sie überhaupt noch nicht mit der Errichtung des Dachstuhles begonnen gehabt habe, nicht die "Fortführung" der Arbeit, sondern allein deren Beginn unmöglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem angefochtenen Urteil an. Das Aufsetzen des Dachstuhles sei technisch unmöglich gewesen, weil das Mauerwerk noch nicht die hierfür erforderliche Höhe erreicht gehabt habe. Diese technische Unmöglichkeit gehe in ununterbrochener Ursachenreihe auf die zwingenden witterungsbedingten Gründe zurück, welche die Maurerarbeiten verzögert hätten. Ein derartiger mittelbarer Kausalzusammenhang genüge zur Annahme eines witterungsbedingten Arbeitsausfalls. Dieser sei im Falle der Klägerin auch ausschließlich durch witterungsbedingte Gründe verursacht worden, da einmal der verzögerte Baufortschritt nur hierauf beruhe und zum anderen der Klägerin keine mangelhafte betriebliche Disposition anzulasten sei. Denn winterliche Bauverzögerungen seien wegen der Ungewißheit des Wetterablaufs nicht voraussehbar. Deshalb müßten sich die Zimmereibetriebe mit ihren Arbeiten immer darauf einstellen, daß keine witterungsbedingten Verzögerungen der Bauarbeiten eintreten. Daraus ergebe sich für Zimmereibetriebe im Winter ein typisches Risiko für Arbeitsausfälle, die als Folgewirkungen ausschließlich auf atmosphärischen Einwirkungen beruhten. Dem könne, wenn sich das Ende der Maurerarbeiten nur um wenige Tage verschiebe, nicht durch betriebliche Dispositionen begegnet werden. Zwar möge es unter Umständen schwierig sein nachzuprüfen, ob die Verzögerung der vorgeschalteten Maurerarbeiten ausschließlich auf zwingenden, witterungsbedingten Gründen beruhe, doch sei dies vorliegend nach den Feststellungen des LSG unstreitig. Da schließlich das Zurichten des Gebälks und das Aufschlagen des Dachstuhls eine einheitliche Bauleistung darstelle, habe die Klägerin bereits eine Baustelle begründet und ihre Arbeiten begonnen gehabt, sei also im Sinne des § 143 e Abs. 2 AVAVG an der "Fortführung" der Arbeit gehindert gewesen.
Die Beigeladenen haben im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt oder Erklärungen abgegeben.
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet.
Vor einer Entscheidung in der Sache selbst mußte von Amts wegen die Zulässigkeit der erhobenen Klage geprüft werden (vgl. BSG 10, 218, 219; 2, 225, 227). Die Klägerin hat vor dem SG beantragt, den einen witterungsbedingten Arbeitsausfall im Sinne des § 143 e Abs. 1 und Abs. 2 AVAVG ablehnenden Bescheid vom 12. März 1963 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von 51,53 DM Schlechtwettergeld zu verurteilen. Sie hat diese Aufhebungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) auch in der Berufungsinstanz nicht geändert, denn sie hat dort beantragt, die Bescheide der Beklagten aufzuheben und diese zu verurteilen, ihr auf ihre Anzeige vom 11. März 1963 Schlechtwettergeld zu zahlen. Zwar bezifferte dieser Antrag die Höhe des geforderten Schlechtwettergeldes nicht mehr, doch wird mit ihm, ebenso wie mit dem Antrag vor dem SG, auf Grund der für den 11. März 1963 erstatteten Anzeige die Zahlung von Schlechtwettergeld für diesen Tag verlangt, der ursprüngliche Leistungsantrag also aufrechterhalten (vgl. BSG 16, 140, 142). Diese Aufhebungs- und Leistungsklage ist nach § 54 Abs. 4 SGG nur gegen einen Verwaltungsakt zulässig, mit dem die Behörde eine Leistung abgelehnt hat (vgl. BSG 9, 192; 14, 230). Das ist mit dem Schreiben der Beklagten vom 12. März 1963 geschehen. Der gesamte Inhalt ihrer Mitteilung, die nicht nur die Anerkennung witterungsbedingten Arbeitsausfalls, sondern darüber hinaus einen Schlechtwettergeldanspruch überhaupt ablehnt, dies mit dem Fehlen der Voraussetzungen des § 143 e AVAVG begründet und schließlich auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinweist, läßt darauf schließen, daß die Beklagte verbindlich über den Schlechtwettergeldanspruch entscheiden, d. h. einen Verwaltungsakt erlassen wollte (vgl. Peters/Sautter/Wolff, Komm. z. SGb, § 54 Anm. 2 b, S. 153). Als solcher mußte dieses Schreiben auch bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Klägerin aufgefaßt werden (vgl. BSG 17, 124, 126). Sie erstattete die Anzeige nur im Hinblick auf ihren künftig zu erhebenden Schlechtwettergeldanspruch, um das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des § 143 e Abs. 1 Nr. 1 (witterungsbedingter Arbeitsausfall) anzuzeigen und hierdurch gleichzeitig die Anspruchsvoraussetzung des § 143 e Abs. 1 Nr. 3 AVAVG (unverzügliche Anzeige) zu erfüllen (vgl. BSG in SozR AVAVG § 143 e Nr. 1). Die Klägerin mußte daher die nach Überprüfung der Baustelle durch die Beklagte erteilte Antwort, witterungsbedingter Arbeitsausfall liege nicht vor, und den damit verbundenen Hinweis, "daß einem Antrag auf Schlechtwettergeld für den 11. März 1963 im Falle, daß auf der Baustelle tatsächlich nicht gearbeitet wurde, für die dortigen Arbeitnehmer nicht entsprochen werden kann", als verbindlichen Ausspruch der Behörde, ein Antrag sei zwecklos, da ein Schlechtwettergeldanspruch nicht bestehe, auffassen. Mithin lag ein das Schlechtwettergeld versagender Verwaltungsakt vor (vgl. BSG 12, 65, 67; 17, 126).
Die somit zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Die Zahlung von Schlechtwettergeld ist von der Erfüllung gewisser allgemeiner (§ 143 d AVAVG), betrieblicher (§ 143 e AVAVG) und persönlicher Voraussetzungen (§ 143 f AVAVG) abhängig. Zu den betrieblichen Voraussetzungen gehört nach § 143 e Abs. 1 Nr. 1 AVAVG der ausschließlich durch zwingende witterungsbedingte Gründe verursachte Arbeitsausfall. Solche zwingenden witterungsbedingten Gründe liegen nach Abs. 2 der gleichen Bestimmung nur vor, "wenn atmosphärische Einwirkungen (Regen, Schnee und Frost usw.) oder deren Folgewirkungen so stark oder so nachhaltig sind, daß die Fortführung der Arbeit technisch unmöglich ist oder den Arbeitnehmern nicht zugemutet werden kann." § 143 e Abs. 2 AVAVG kennzeichnet aber auch den Begriff des Arbeitsausfalls selbst, wenn er verlangt, daß durch die zwingenden witterungsbedingten Gründe die "Fortführung" der Arbeit unmöglich werden muß. Daraus, daß hier nicht etwa nur von der "Durch- oder Ausführung", sondern speziell von der "Fort f ü h r u n g" (im ursprünglichen Regierungsentwurf des Zweiten Änderungsgesetzes - 2. ÄndG zum AVAVG -, BT-Drucks. 1240, III. Wahlperiode 1957, S. 5 - hieß es "Fortsetzung") der Arbeit gesprochen wird, was denknotwendig deren Beginn voraussetzt, ergibt sich, daß ein Arbeitsausfall im Sinne des § 143 e Abs. 1 Nr. 1 AVAVG nur vorliegt, wenn bereits begonnene Arbeiten unmöglich werden. Hierbei muß es sich, da § 143 e AVAVG die betrieblichen, also von dem einen witterungsbedingten Arbeitsausfall anzeigenden Betrieb selbst zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen enthält, um Arbeiten eben dieses Betriebes handeln. Er selbst muß bereits mit den ihm obliegenden Arbeiten begonnen haben und dann durch Witterungsgründe an ihrer Fortführung gehindert worden sein, wenn ein witterungsbedingter Arbeitsausfall im Sinne des § 143 e Abs. 1 Nr. 1 AVAVG zutreffen soll. Hat er dagegen noch nicht einmal mit der Durchführung seiner Arbeiten begonnen, kann er demnach nicht an ihrer Fortführung gehindert werden, so liegt kein Arbeitsausfall im Sinne dieser Vorschrift vor.
Diese wörtliche Auslegung des Begriffs "Arbeitsausfall" in § 143 e Abs. 2 AVAVG wird durch die nachfolgende Bestimmung des § 143 f Abs. 1 Nr. 1 AVAVG bestätigt: § 143 f AVAVG, der die persönlichen, d. h. von den Arbeitnehmern zu erfüllenden Voraussetzungen für die Gewährung von Schlechtwettergeld enthält und so das Gegenstück zu § 143 e AVAVG bildet, bestimmt in seinem Absatz 1 Nr. 1, daß Anspruch auf Schlechtwettergeld hat, "wer auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz bei Beginn des Arbeitsausfalls" in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung steht. Auch hier genügt also zur Annahme eines den Anspruch auf Schlechtwettergeld auslösenden Arbeitsausfalls nicht, daß ein Arbeitnehmer aus unmittelbar oder mittelbar witterungsbedingten Gründen nicht arbeiten kann. Persönliche Anspruchsvoraussetzung ist vielmehr, daß er "bei Beginn des Arbeitsausfalls" auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz in Beschäftigung steht. Dies ist aber regelmäßig nur dann der Fall, wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits an der Baustelle, auf der ihn der Arbeitsausfall trifft, seine Arbeit aufgenommen hat. Somit deckt sich § 143 f Abs. 1 Nr. 1 AVAVG mit der oben gefundenen Auslegung des Begriffs "Arbeitsausfall" in § 143 e AVAVG. Ebenso wie dort der Betrieb durch Witterungsgründe an der Fortführung seiner Arbeit gehindert sein, diese also bei Beginn des Arbeitsausfalls schon in Angriff genommen haben muß, gewährt § 143 f Abs. 1 Nr. 1 AVAVG dem jeweiligen Arbeitnehmer regelmäßig nur dann einen Anspruch auf Schlechtwettergeld, wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits einen witterungsabhängigen Arbeitsplatz innehatte, was gleichfalls den Beginn seiner Arbeiten voraussetzt (vgl. Kranz, BABl 65, 687, 688; Krebs, Komm. z. AVAVG, 2. Aufl., § 143 f Anm. 11; Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Komm. z. AVAVG, § 143 f Anm. 3). Sowohl aus § 143 e Abs. 2 AVAVG als auch aus § 143 f Abs. 1 Nr. 1 AVAVG ergibt sich also, daß die gesamte Schlechtwettergeldregelung von einem einheitlichen Begriff des "Arbeitsausfalls" ausgeht und dieser nicht schon dann erfüllt ist, wenn der anzeigende Betrieb mit seinen Arbeiten nicht beginnen kann, sondern erst dann, wenn er bereits mit der Durchführung seiner Arbeiten begonnen hat und danach - durch witterungsbedingte Gründe - an ihrer Fortführung gehindert wird (vgl. auch Kranz, aaO, und LSG Schleswig-Holstein vom 29. Januar 1965 in Breith. 65, 519).
Dabei kann es mit Rücksicht auf die Vielfalt der arbeitsteiligen Bauausführung gewisse Schwierigkeiten bereiten, theoretisch eine allgemein gültige, klare Abgrenzung zu finden, wann ein Betrieb in diesem Sinne seine Arbeiten bereits begonnen hat und wann nicht. In der Praxis ist dieses Abgrenzungsproblem jedoch in aller Regel durchaus zu lösen. So erscheint es bei einer lebensnahen, funktionsgerechten Betrachtungsweise zumindest nicht ausgeschlossen, den Beginn der von einem Betrieb auszuführenden Arbeiten als Voraussetzung des Arbeitsausfalls im Sinne der §§ 143 e und f AVAVG schon dann anzunehmen, wenn der Betrieb alle technischen und organisatorischen Vorbereitungen (zB Lagern des Materials und der Maschinen, Aufstellen des Baustellenwagens, Einteilung der Arbeitnehmer auf feste Arbeitsplätze an der Baustelle) zu einer unmittelbar anschließenden Ausführung seiner Arbeiten auf der Baustelle getroffen hat. Ähnlich könnte man die persönliche Anspruchsvoraussetzung des § 143 Abs. 1 Nr. 1 AVAVG unter Umständen schon dann als erfüllt ansehen, wenn ein Arbeitnehmer unmittelbar vor Eintritt des Arbeitsausfalls für einen witterungsabhängigen Arbeitsplatz eingeteilt würde. Diese Fragen brauchten jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht näher erörtert zu werden. Denn ein Beginn der Arbeiten des Betriebes liegt, auch bei einer im angedeuteten Sinn erweiterten Auslegung dieses Begriffs, jedenfalls dann nicht vor, wenn - wie im Falle der Klägerin - die dafür notwendigen Vorarbeiten eines anderen Betriebes so erheblich im Rückstand sind, daß es für den Nachfolgebetrieb schon aus diesem Grunde technisch unmöglich ist, die ihm obliegenden Bauarbeiten unmittelbar anzuschließen.
Der für §§ 143 e und f AVAVG erforderliche Beginn der Arbeiten kann auch nicht bereits im Zuschneiden des Holzes im Sägewerk der Klägerin gefunden werden, und zwar selbst dann nicht, wenn es sich dabei zusammen mit dem Aufschlagen des Dachstuhles um eine einheitliche Bauleistung handelt. Denn der Beginn der Arbeit als Voraussetzung des Arbeitsausfalls nach § 143 e ff AVAVG muß stets auf der Baustelle selbst stattgefunden haben. Dies ergibt sich schon daraus, daß nach § 143 e Abs. 1 Nr. 3, § 143 1 AVAVG der Arbeitsausfall dem Arbeitsamt anzuzeigen ist, in dessen Bezirk die "Baustelle" liegt (vgl. Kranz, aaO, S. 688), sowie daraus, daß nach § 143 m AVAVG ein Betrieb in der Schlechtwetterzeit Entlassungen nicht etwa ganz allgemein, also auch auf innerbetrieblichen Arbeitsplätzen, sondern nur "Entlassungen auf Baustellen" dem Arbeitsamt anzuzeigen hat. Entscheidend ist vor allem, daß nach § 143 e Abs. 2 AVAVG durch die witterungsbedingten Gründe die Fortführung der Arbeit "technisch unmöglich oder den Arbeitnehmern unzumutbar" werden muß. Technisch unmöglich oder den Arbeitnehmern unzumutbar kann die Fortführung der Arbeit jedoch nur auf der Baustelle selbst werden; deshalb tritt Arbeitsausfall im Sinne des § 143 e Abs. 2 AVAVG erst dann ein, wenn der Betrieb dort die Ausführung seiner Arbeit aufgenommen hat. Dies wird wiederum durch § 143 f Abs. 1 Nr. 1 AVAVG bestätigt, der einen witterungsabhängigen Arbeitsplatz und damit gleichfalls eine Baustelle voraussetzt, auf der der Arbeitnehmer schon bei Beginn des Arbeitsausfalls beschäftigt sein muß. Nur dort, wo diese Voraussetzungen erfüllt sind, wo also Betriebsangehörige bereits auf witterungsabhängigen Arbeitsplätzen stehen, ist die Arbeit schon begonnen, eine eigene Baustelle des anzeigenden Betriebes eröffnet und damit ein Arbeitsausfall im Sinne des Gesetzes möglich (vgl. Kranz, aaO, S. 688). Daher stellen Arbeiten, die ein Unternehmen, ohne am Bauplatz selbst eine eigene Baustelle eröffnet zu haben, zur Vorbereitung späterer Arbeiten an einem anderen Ort ausführt, wie zB das Zuschneiden des Dachgebälks im Sägewerk der Klägerin, nicht den bei einem Arbeitsausfall im Sinne der §§ 143 e, 143 f AVAVG vorauszusetzenden Beginn der Arbeiten dieses Betriebes an der Baustelle dar. Dies ist selbst dann nicht der Fall, wenn - wie vorliegend - das anderwärts vorbereitete Material schon auf dem Baugrund gelagert wurde, da hiermit allein ein Betrieb seine Arbeit an der Baustelle selbst noch nicht begonnen, insbesondere noch keine eigenen witterungsabhängigen Arbeitsplätze dort eingerichtet hat, auf denen er durch Witterungsgründe an der Fortführung der Arbeit gehindert werden kann. Eine andere Beurteilung rechtfertigt auch die Tatsache nicht, daß das Dachgebälk gelegentlich noch unmittelbar an der Baustelle zugeschnitten wird.
Ist dies im Einzelfall aus betrieblichen Gründen notwendig, so könnte Schlechtwettergeld allenfalls für die Zeit gewährt werden, in der aus Witterungsgründen der Zuschnitt nicht fortgesetzt werden kann. Dies trifft aber dann nicht zu, wenn ein Zimmereibetrieb - wie die Klägerin - die Möglichkeit besitzt, das Gebälk vorweg in seinem witterungsunabhängigen Sägewerk zuzuschneiden. Wollte er den Zuschnitt ohne zwingenden Anlaß auf der Baustelle selbst verrichten und könnte er dort aus Witterungsgründen nicht arbeiten, so wäre diese Arbeit für ihn weder technisch unmöglich noch für seine Arbeitnehmer unzumutbar. Mithin dürfte auch in diesem Fall kein Schlechtwettergeld gewährt werden. Daher geht der Einwand der Klägerin, sie hätte das Dachgebälk auf der Baustelle selbst zurichten und dann Schlechtwettergeld beanspruchen können, fehl.
Aus alledem ergibt sich, daß ein Arbeitsausfall im Sinne der §§ 143 e Abs. 1 und Abs. 2, 143 f Abs. 1 Nr. 1 AVAVG nur vorliegt, wenn es einem Betrieb des Baugewerbes unmöglich wird, die von ihm auf einer bestimmten Baustelle bereits begonnenen Arbeiten fortzuführen. Diese Auslegung widerspricht nicht - wie die Klägerin annimmt - dem Sinn der Einbeziehung von Zimmereibetrieben in die Schlechtwettergeldregelung. Diese behält vielmehr ihre Bedeutung in all den Fällen, in denen ein Zimmereibetrieb während der Ausführung seiner Arbeiten auf der Baustelle selbst von ausschließlich witterungsbedingtem Arbeitsausfall betroffen wird. Allein diese Auslegung des § 143 e Abs. 1 und 2 AVAVG entspricht dem Willen des Gesetzgebers, eine genaue Prüfung der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen durch das Arbeitsamt sicherzustellen und dadurch Mißbräuchen der Schlechtwettergeldregelung entgegenzutreten. Nur wenn der Arbeitsausfall - wie dargelegt - auf an der Baustelle begonnene Arbeiten beschränkt bleibt, kann ermittelt werden, wieviele der vom Arbeitgeber gemeldeten "Aussetzer" tatsächlich auf der Baustelle beschäftigt sind, also vom Arbeitsausfall betroffen werden. Nur dadurch wird ferner gewährleistet, daß Schlechtwettergeld entsprechend § 143 e Abs. 1 Nr. 1 AVAVG allein für ausschließlich witterungsbedingten und nicht für einen durch andere, zB betriebliche Gründe verursachten Arbeitsausfall gewährt wird. Denn es wäre für das Arbeitsamt kaum möglich zu prüfen, ob ein Betrieb, der den Arbeitsausfall noch nicht begonnener Arbeiten anzeigt, tatsächlich zum vorgesehenen Zeitpunkt mit der gemeldeten Zahl von Arbeitnehmern begonnen hätte, ob der Arbeitsausfall nicht in das Betriebsrisiko fällt (zB Materialmangel) und ob es dem Betrieb nicht möglich gewesen wäre, den Arbeitsausfall durch rechtzeitiges Vorhersehen sowie rechtzeitige und angemessene betriebliche Disposition (zB Umsetzung von Arbeitskräften, Übernahme anderer Aufträge) zu verhindern. Darüber hinaus wäre es noch schwieriger, nachträglich festzustellen, ob die Verzögerung der vorgeschalteten Arbeiten gleichfalls ausschließlich witterungsbedingt und nicht für den Erstbetrieb, zB durch erhöhten Einsatz von Arbeitskräften und Maschinen, vermeidbar war. Alles dies beweist, daß unter "Arbeitsausfall" im Sinne des § 143 e Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AVAVG nur die Unmöglichkeit der Fortführung bereits vom anzeigenden Betrieb an der Baustelle begonnener Arbeiten verstanden werden kann, weil diese Auslegung allein dem Willen des Gesetzgebers gerecht wird, Schlechtwettergeld nur für ausschließlich durch zwingende witterungsbedingte Gründe verursachten Arbeitsausfall zu gewähren. Deshalb steht Arbeitnehmern eines mit Fortsetzungsarbeiten befaßten, bisher an einer Baustelle noch nicht eingesetzten Betriebes nicht schon deshalb ein Anspruch auf Schlechtwettergeld zu, weil sich notwendige Bauarbeiten eines Vorbetriebes (zB Maurerarbeiten) wegen ausschließlich witterungsbedingter Gründe so verzögert haben, daß die anschließenden Arbeitsverrichtungen (zB Zimmerarbeiten) noch nicht durchführbar sind. Bei einem nachgeschalteten Betrieb setzt die Gewährung von Schlechtwettergeld nach der geltenden gesetzlichen Regelung vielmehr voraus, daß der Arbeitsausfall nach Beginn seiner Arbeiten eintritt und dann ebenfalls auf ausschließlich zwingenden witterungsbedingten Gründen im Sinne des § 143 e Abs. 2 AVAVG beruht.
Da aber die Klägerin am 11. März 1963 ihre Arbeit an den in Betracht kommenden Baustellen selbst noch nicht aufgenommen hatte, entstand kein Anspruch auf Schlechtwettergeld. Die Entscheidung des LSG war infolgedessen aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen