Leitsatz (amtlich)

Eine Beamtenwitwe, der rückwirkend Witwengeld nach dem G131 für eine Zeit nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bewilligt worden ist, während der sie versicherungspflichtig beschäftigt war, hat keinen Anspruch auf rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht nach G131 § 73 Abs 5 S 1 Fassung: 1957-09-11; sie ist nicht Ruhestandsbeamten und auch nicht Personen gleichzusetzen, die Anwartschaft auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach dem G131 haben.

 

Normenkette

G131 § 73 Abs. 5 S. 1 Fassung: 1957-09-11

 

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und der beigeladenen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 17. Februar 1956 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Januar 1955 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen

 

Gründe

I

Die Klägerin ist die Witwe eines 1941 in Breslau verstorbenen Obermedizinalrats. Sie erhielt dort bis zum Zusammenbruch Witwenpension. Von Juni 1948 bis Ende 1952 stand die Klägerin im Dienst des Bezirksamts B als Pflegerin in einem städtischen Altersheim (Angestelltenverhältnis nach Gruppe IX der Tarifordnung). Am 14. November 1952 erteilte ihr der Senator für Inneres den Bescheid, sie werde mit Wirkung vom 1. Oktober 1951 an wieder Witwenpension erhalten. Daraufhin gab die Klägerin ihre Anstellung zum 31. Dezember 1952 auf.

Ihr Antrag vom 24. Januar 1953 auf Rückzahlung der Arbeitnehmeranteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis 31. Dezember 1952 wurde von der beklagten Krankenkasse mit Bescheid vom 6. August 1953 abgelehnt, da die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht nicht vor Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses beantragt habe und eine rückwirkende Befreiung mit der Folge der Beitragserstattung nicht möglich sei. Mit der gleichen Begründung wurde ihre Beschwerde vom Beschwerdeausschuß der Beklagten durch Bescheid vom 21. Dezember 1953 zurückgewiesen.

Mit der Klage beantragte die Klägerin, die beklagte Krankenkasse unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 6. August und 21. Dezember 1953 zur Rückzahlung der von ihr für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis 31. Dezember 1952 geleisteten Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu verurteilen. Die Klägerin ist der Auffassung, die Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S. 207) - G 131 - über die Rückzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen an Beamte z.Wv. müßten auf Beamtenwitwen entsprechend angewendet werden, sofern man diese nicht als den Beamten z.Wv. schon vom Gesetz gleichgestellte Personen ansehen wolle. Das Sozialgericht wies die Klage durch Urteil vom 21. Januar 1955 ab.

Auf die Berufung der Klägerin hin hob das Landessozialgericht (LSG.) das angefochtene Urteil auf und verurteilte die beklagte Krankenkasse, der Klägerin Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis zum 31. Dezember 1952 für die Renten- und Arbeitslosenversicherung zu gewähren und die dazu gezahlten Arbeitnehmeranteile der Beiträge zurückzuerstatten. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA.) und die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BfArb.) wurden verurteilt, der Rückzahlung zuzustimmen (Urteil vom 17. Februar 1956). Nach der Auffassung des LSG. gehört die Klägerin zum Personenkreis des § 73 Abs. 4 G 131 in der Fassung des Ersten Änderungsgesetzes vom 19. August 1953 (BGBl. I S. 980). Dabei spiele es keine Rolle, daß sie nicht eine Anwartschaft auf Versorgung, sondern einen Anspruch darauf habe; denn ein Anspruch sei mehr als eine Anwartschaft. Zwar gelte § 73 Abs. 4 des G 131 für die nicht im öffentlichen Dienst Tätigen. Die Klägerin müsse aber so behandelt werden, als sei sie nicht im öffentlichen Dienst tätig gewesen, da sie bis zum Bescheid des Senators für Inneres über die Wiedergewährung der Witwenpension keine ruhegehaltsähnlichen Bezüge im Sinne des § 173 Reichsversicherungsordnung (RVO) erhalten habe.

Gegen dieses Urteil haben die beklagte Krankenkasse und die beigeladene BfA. Revision eingelegt. Beide Revisionskläger rügen die Verletzung des § 73 Abs. 4 G 131 in der Fassung des Ersten Änderungsgesetzes und des § 173 RVO. Sie sind der Auffassung, das LSG. habe den grundsätzlichen Unterschied von Arbeitnehmern mit Anwartschaft auf Versorgung und von Arbeitnehmern mit Anspruch auf Versorgung verkannt. § 173 RVO sei im vorliegenden Fall unanwendbar, weil neben der Bewilligung von Ruhegehalt nicht auch Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet sei. Sie haben beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

II

Die Revisionen sind begründet.

Die Klägerin könnte nur dann die Rückzahlung der von ihr für die Zeit vom 1. Oktober 1951 bis 31. Dezember 1952 getragenen Beitragsanteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung verlangen, wenn sie für diesen Zeitraum, in dem sie als Angestellte im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig beschäftigt war, nachträglich von der Versicherungspflicht befreit würde. Die Voraussetzungen für eine solche Befreiung von der Versicherungspflicht sind jedoch nicht gegeben.

Im Lande Berlin richtete sich die Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung für den fraglichen Zeitraum (1.10.1951 bis 31.12.1952) nach dem Recht der Krankenversicherung (Art. II § 4 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Arbeitslosenversicherung in Berlin vom 28.12.1950 (VOBl. I S. 566) in Verbindung mit § 69 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 10.7.1927). Das gleiche galt in der Rentenversicherung für die Zeit nach dem 1. April 1952, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Berliner Rentenversicherungsüberleitungsgesetzes vom 10. Juli 1952 - BerlRVÜG - (GVBl. S. 588); denn § 1 Abs. 2 BerlRVÜG verwies für den Fall, daß das BerlRVÜG nichts anderes vorschrieb, auf das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) in der Fassung der Ersten Vereinfachungsverordnung (VereinfVO) vom 17. März 1945 (RGBl. I S. 41), dieses wiederum (§ 1 Abs. 2) in der Frage der Versicherungspflicht auf das Recht der Krankenversicherung. Ob dieses Recht auch für die Zeit vor dem 1. April 1952 nach der Generalklausel des § 84 des Berliner Sozialversicherungsanpassungsgesetzes - BerlSVAG - vom 3. Dezember 1950 (VOBl. I S. 542) ergänzend anzuwenden war, ist fraglich, weil das BerlSVAG (§§ 9 und 10) eine eigenständige Regelung über die Versicherungspflicht enthielt, die keine Befreiung von der Versicherungspflicht vorsah. Selbst wenn man aber davon ausgeht, daß sich die Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung in dem gesamten Zeitraum vom 1. Oktober 1951 bis zum 31. Dezember 1952 nach dem Recht der Krankenversicherung richtete, erweist sich die allein für eine Befreiung von der Versicherungspflicht in Frage kommende Vorschrift des § 173 RVO in der Fassung der Ersten VereinfVO im vorliegenden Falle als unanwendbar. Hiernach ist Befreiung von der Versicherungspflicht grundsätzlich nur für die Zukunft möglich (§ 173 Abs. 2 Satz 2 RVO). Schon deshalb entfällt diese Vorschrift als Anspruchsgrundlage; die Klägerin hat ihren Befreiungsantrag erst nach Beendigung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gestellt.

Allerdings würde die Versagung der Befreiung von der Versicherungspflicht eine Härte bedeuten, wenn die Befreiung nur deshalb einem nach G 131 Anspruchsberechtigten nicht gewährt werden dürfte, weil sie zu spät beantragt wurde. Es ist eine für diesen Personenkreis typische Situation, daß diese Berechtigten von den nach allgemeinem Sozialversicherungsrecht gegebenen Befreiungsmöglichkeiten gar nicht Gebrauch machen konnten, weil erst das G 131 ihren beamten- oder versorgungsrechtlichen Rechtsstand klärte. Deshalb hat das G 131 in seinen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (§§ 73, 74) den nach diesem Gesetz Anspruchsberechtigten weitgehend die Rechtsstellung verschafft, die sie gehabt hätten, wenn ihr beamten- oder versorgungsrechtlicher Rechtsstand nicht erst rückwirkend klargestellt worden wäre. Auch auf diese Vorschriften kann die Klägerin jedoch ihren Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nicht stützen.

§ 74 G 131 gilt - insoweit in allen Fassungen dieses Gesetzes gleich - nur für Beschäftigungsverhältnisse in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 31. März 1951 (vgl. Abs. 1 Satz 1), im Lande Berlin bis zum 30. September 1951 (§ 10 Abs. 1 der 5. DurchfVO zum G 131 vom 21.4.1952 (BGBl. I S. 250)). Deshalb scheidet diese Vorschrift für den vorliegenden Fall von vornherein aus.

Auch § 73 G 131, der im Lande Berlin für Beschäftigungsverhältnisse nach dem 1. Oktober 1951 gilt, trägt den Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht nicht. Maßgebend ist die Fassung des Zweiten Änderungsgesetzes zum G 131 vom 11. September 1957 - II. Nov. 131 - (BGBl. I S. 1275). Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin (Art. VII). Daß das LSG. bei Erlaß des angefochtenen Urteils diese Rechtsänderung noch nicht berücksichtigen konnte, steht der Anwendung der Vorschrift durch das Revisionsgericht nicht entgegen, da die Klage in erster Linie zur Durchsetzung eines Verpflichtungsanspruchs erhoben ist (vgl. BSG. 3 S. 95 (103)). Entscheidend ist der zeitliche Geltungswille des Gesetzes. Nach Art. IX Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. I Nr. 70 Buchst. a, c und f der II. Nov. 131 treten die für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutsamen Teile des § 73 G 131 (Abs. 1 Satz 2-4, Abs. 4 und 5) im Lande Berlin am 1. Oktober 1951 in Kraft. Deshalb ist § 73 G 131 im vorliegenden Fall in der jetzt gültigen Fassung anzuwenden.

§ 73 G 131 regelt in den Absätzen 1 bis 4 sozialversicherungsrechtliche Ansprüche der Beamten zur Wiederverwendung, die nach Inkrafttreten des G 131 außerhalb des öffentlichen Dienstes (Abs. 1 bis 3) oder innerhalb des öffentlichen Dienstes (Abs. 4) als Arbeiter oder Angestellte beschäftigt sind. § 73 Abs. 5 Satz 1 G 131 erklärt diese Regelung "für sonstige Personen, die Anwartschaft auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach diesem Gesetz haben, und für Ruhestandsbeamte" für entsprechend anwendbar. Fiele die Klägerin hierunter, so würde ihr nach dem entsprechend anwendbaren Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 4 rückwirkend vom 1. Oktober 1951 an Befreiung von der Versicherungspflicht zu gewähren sein. Die Klägerin ist jedoch weder Ruhestandsbeamtin noch hat sie nach dem G 131 Anwartschaft auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung.

Zu den "sonstigen" Personen, die Anwartschaft auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach dem G 131 haben, gehören alle diejenigen, die wie die in erster Linie von § 73 Abs. 1 bis 4 erfaßten "Beamten zur Wiederverwendung" eine umfassende Versorgungsanwartschaft haben (vgl. BSG. 5 S. 204 (207) zu dem der Sache nach gleichen Begriff der "Anwartschaft auf Versorgung" in § 74 G 131 a.F.; s. auch den umfangreichen Katalog bei Schroeter; Neue Deutsche Beamtenzeitung 1958 S. 182 (183 f. zu I A) und Anders-Jungkunz-Käppner, G 131 4. Aufl. Abs. 6 zu § 73: z.B. Beamte zur Wiederverwendung, die nach § 24a G 131 entlassen sind, Angestellte und Arbeiter aus dem Personenkreis des § 52 G 131 (mit Anwartschaft auf Versorgung), bestimmte Berufssoldaten u.a.m.). Hierunter fällt die Klägerin nicht. Sie hat keine Anwartschaft, sondern einen Anspruch auf Altersversorgung; auf Hinterbliebenenversorgung hat sie weder Anwartschaft noch Anspruch. Das LSG. verkennt die Zusammenhänge, wenn es für unschädlich hält, daß § 73 Abs. 4 G 131 - in der dem LSG. noch vorliegenden Fassung des Ersten Änderungsgesetzes - von Anwartschaft auf Versorgung spreche, da jedenfalls ein Anspruchsberechtigter nicht schlechter gestellt sein könne als jemand, der nur eine Anwartschaft besitze. Die Voraussetzung "der Anwartschaft auf Versorgung" (§ 73 Abs. 4 G 131 a.F.) war nicht anders als die der "Anwartschaft auf Alters- und Hinterbliebenenversorgung" nach § 73 Abs. 5 Satz 1 G 131 n.F. nur erfüllt, wenn neben der Anwartschaft auf Altersversorgung auch die - der Klägerin fehlende - Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet war. Denn nur das Bestehen einer umfassenden Versorgungsanwartschaft, die der aus dem Versicherungsverhältnis entspringenden Sicherung gleichwertig ist, rechtfertigt die Freistellung von der Versicherungspflicht, sei es allgemein nach § 169 RVO (in der Fassung der Ersten VereinfVO), sei es unter den besonderen Voraussetzungen des G 131 nach § 73 Abs. 5 Satz 1 G 131.

Das gleiche gilt für die zweite - erst durch das Zweite Änderungsgesetz zum G 131 eingefügte - Alternative des § 73 Abs. 5 Satz 1 G 131. Die Klägerin ist weder Ruhestandsbeamtin noch kann sie einer solchen gleichgesetzt werden. Diese Befreiungsvorschrift ist § 173 Abs. 1 RVO in der Fassung der Ersten VereinfVO nachgebildet, die die Befreiung von der Versicherungspflicht u.a. vom Bezuge von Ruhegehalt und der Gewährleistung der Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung abhängig macht. Zwar könnte man die Rechtsposition einer Beamtenwitwe insofern mit der eines Ruhestandsbeamten vergleichen, als man das der Beamtenwitwe zustehende Witwengeld als ruhegehaltsähnlichen Bezug ansehen könnte (so das Reichsversicherungsamt in der Grunds. Entsch. Nr. 5407 (AN. 1941 S. II 87) und im Bescheid vom 25. März 1942 (AN. 1942 S. II 249) zu § 173 Abs. 1 RVO a.F., wonach von der Versicherungspflicht schon befreit werden konnte, "wer Ruhe- oder Wartegeld oder ähnliche Versorgungsbezüge erhält"). Zweifelhaft bleibt auch dies schon, da der Anspruch der Beamtenwitwe auf Witwengeld davon abhängt, daß sie nicht wieder heiratet (vgl. z.B. § 164 Abs. 1 Nr. 1 BBG) und deshalb weniger bestandsgesichert als "Ruhegeld" oder "Wartegeld" ist. Auf jeden Fall fehlt es aber an der Vergleichbarkeit zwischen Beamtenwitwe und Ruhestandsbeamten, soweit es sich um die Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung handelt. Diese hat von den beiden Personengruppen nur der Ruhestandsbeamte. Daß aber der Gewährleistung der Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung für die Frage, ob umfassende, der sozialversicherungsrechtlichen Sicherung gleichwertige Versorgungsanwartschaft besteht, wesentliche Bedeutung zukommt, geht schon daraus hervor, daß diese Voraussetzung erst nachträglich zu der des Ruhegehaltsbezuges von der Ersten VereinfVO hinzugefügt worden ist.

Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob die Klägerin, wie das LSG. erwogen hat, im Zeitpunkt ihres Antrags auf Befreiung von der Versicherungspflicht unterhaltsberechtigte Kinder hatte, die noch als mögliche Anspruchsberechtigte für eine Hinterbliebenenversorgung in Frage kommen (zweifelnd Brackmann, Handb. d. Sozialvers. Stand 15. Sept. 1959 Teil II S. 324 b). Erst im Zeitpunkt des Todes eines Empfängers von Versorgungsbezügen steht fest, ob Hinterbliebene vorhanden sind, die auf Hinterbliebenenversorgung angewiesen sind. Auch bei einer älteren Beamtenwitwe ist es nicht ausgeschlossen, daß sie durch Heirat oder Annahme an Kindes Statt den Kreis ihrer Familienangehörigen um Personen erweitert, die im Fall ihres Todes und vorhandener Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung versorgungsberechtigte Hinterbliebene wären. Allein schon wegen dieser Ungewißheit über die künftige Gestaltung der persönlichen Lebensverhältnisse des Empfängers von Versorgungsbezügen kann bei der Frage der Schutzbedürftigkeit seiner Hinterbliebenen nicht darauf abgestellt werden, ob solche "potentiellen Hinterbliebenen" zu einem früheren Zeitpunkt als dem des Todes des Versorgungsberechtigten vorhanden sind; denn erst der Zeitpunkt des Todes bringt insofern Gewißheit.

Ebensowenig kann der Grad der Wahrscheinlichkeit, ob Hinterbliebene im Zeitpunkt des Todes des Versorgungsberechtigten vorhanden sein werden, einen Grund dafür bieten, von dem für die Befreiung von der Versicherungspflicht aufgestellten Erfordernis, daß die Anwartschaft auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet sein müsse, im Einzelfall abzusehen. Abgesehen davon, daß dieser Wahrscheinlichkeitsgrad - weil vielfach in erster Linie vom Willen des Versorgungsberechtigten abhängig - praktisch kaum abzuschätzen wäre, sind solche differenzierenden Erwägungen dem Recht der Sozialversicherung für die Fragen von Versicherungspflicht und -freiheit fremd. Liegt ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis vor, so kann Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht nur als Ausnahme unter eng begrenzten Voraussetzungen (vgl. §§ 168 ff. RVO) in Anspruch genommen werden. Es widerspräche dem das Recht der Sozialversicherung beherrschenden Grundsatz der Solidarität der abhängig Beschäftigten, wenn solche Ausnahmen erweiternd auf Sachverhalte angewandt würden, bei denen der allein ein Abweichen von der Versicherungspflicht rechtfertigende Gedanke - daß nämlich anderweitig eine umfassende, gleichwertige Versorgungsanwartschaft gewährleistet ist - nicht in vollem Umfange verwirklicht ist. Demnach ist nach dem Zweck des § 73 Abs. 5 G 131 eine ausdehnende Auslegung dieser Vorschrift, die auch Beamtenwitwen zu den hier genannten "Ruhestandsbeamten" rechnen würde, ausgeschlossen.

Die Klägerin hat somit keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Demgemäß entfällt auch der Anspruch auf Rückerstattung der von der Klägerin getragenen Arbeitnehmeranteile zur Renten- und Altersversicherung. Das angefochtene Urteil des LSG. muß aufgehoben und das erstinstanzliche Urteil durch Zurückweisung der Berufung der Klägerin wiederhergestellt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2325653

BSGE, 243

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