Leitsatz (amtlich)

1. Die für die Einlegung der Sprungrevision erforderliche schriftliche Einwilligungserklärung des Rechtsmittelgegners unterliegt nicht dem Vertretungszwang des SGG § 166.

2. Der Anspruch auf Sterbegeld aus der Rentner-Krankenversicherung (KVdRV § 9 iVm RVO § 201) schließt den Anspruch auf Sterbegeld auf Grund früherer Mitgliedschaft nach RVO § 202 nicht aus; jedoch mindert sich das auf dem früheren Versicherungsverhältnis beruhende Sterbegeld um das Sterbegeld aus der Rentner-Krankenversicherung. Das Sterbegeld auf Grund einer Zusatzversicherung (KVdRV § 13) bleibt aber außer Betracht.

 

Normenkette

SGG § 161 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1953-09-03, § 166 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; RVO § 201 Fassung: 1924-12-15, § 202 Fassung: 1924-12-15; KVdRV § 9 Fassung: 1941-11-04, § 13 Fassung: 1941-11-04

 

Tenor

Die Sprungrevision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 4. Februar 1955 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte an die Klägerin 278,20 DM zu zahlen hat.

Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Der Ehemann der Klägerin war als Empfänger von Arbeitslosenfürsorgeunterstützung Pflichtmitglied der beklagten Allgemeinen Ortskrankenkasse für den Kreis W. in Gütersloh. Am 21. November 1952 erkrankte er und wurde arbeitsunfähig; die Beklagte gewährte ihm die satzungsmäßigen Leistungen bis zur Aussteuerung am 25. Mai 1953. Er blieb wegen derselben Krankheit weiterhin arbeitsunfähig und starb hieran am 21. Oktober 1953. Infolge Bewilligung von Invalidenrente hatte er noch zu seinen Lebzeiten die Mitgliedschaft bei der Allgemeinen Ortskrankenasse Paderborn als krankenversicherter Rentner erworben; als solcher schloß er bei dieser Krankenkasse eine Versicherung auf Zusatzsterbegeld über 300,- DM nach § 13 der Verordnung über die Krankenversicherung der Rentner vom 4. November 1941 (VO über KVdR.) ab. Die Klägerin erhielt daher nach dem Tode ihres Ehemannes von der Allgemeinen Ortskrankenkasse Paderborn außer dem Regelsterbegeld der Rentnerkrankenversicherung in Höhe von 75,- DM (§ 9 VO über KVdR.) ein Zusatzsterbegeld von 300,- DM. Außerdem beantragte sie bei der beklagten Kasse die Zahlung von Sterbegeld auf Grund früherer Mitgliedschaft ihres Ehemannes (§ 202 der Reichsversicherungsordnung - RVO -). Da die Beklagte den Antrag ablehnte, wandte sich die Klägerin an das zuständige Versicherungsamt, von dem die Sache nach dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf das Sozialgericht überging.

Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte - unter Zulassung der Berufung - zur Zahlung des Sterbegeldes nach § 202 RVO in Höhe von 353,20 DM. Hierbei ging es davon aus, daß dieses Sterbegeld auf einem anderen Versicherungsfall beruhe als das nach § 9 VO über KVdR. in Verbindung mit § 201 RVO zu zahlende Sterbegeld; während der Anspruch auf Sterbegeld im ersten Falle bereits durch die - zum Tode führende - Krankheit begründet werde, entstehe er im zweiten Falle erst durch den Tod. Die Klägerin habe daher außer dem Anspruch auf das sehr geringe Regelsterbegeld aus der Krankenversicherung der Rentner auch einen Sterbegeldanspruch gegen die Beklagte nach § 202 RVO. Das Zusatzsterbegeld nach § 13 VO über KVdR. habe dabei außer Betracht zu bleiben, weil die Zusatzsterbegeldversicherung auf freiwilliger Beitragszahlung beruhe.

Gegen dieses Urteil hat die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse unter Beifügung einer - von der Klägerin persönlich unterzeichneten - Einwilligungserklärung Sprungrevision eingelegt und beantragt, das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie beruft sich auf eine Entscheidung des Oberversicherungsamts Düsseldorf vom 23. Dezember 1952 (BKK 1953 S. 224), wonach kein Sterbegeldanspruch nach § 202 RVO gegeben sei, wenn ein Sterbegeldanspruch aus einer Pflichtversicherung - und darunter falle auch die Krankenversicherung der Rentner - bestehe. § 202 RVO sei, wie sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift ergebe, nur aus Billigkeitserwägungen geschaffen worden, um Lücken zu schließen, die sich bei der Anwendung von § 201 RVO herausgestellt hätten. Demnach entfalle eine Anwendung von § 202 RVO, wenn § 201 RVO zum Zuge komme. Die Gewährung von Sterbegeld nach beiden Vorschriften sei ebensowenig gerechtfertigt wie eine nochmalige Gewährung von Krankenhauspflege, wenn ein Berechtigter von der bisherigen Pflichtversicherung zur Krankenversicherung der Rentner übertrete.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision, weil es unverständlich wäre, wenn eine Witwe, deren Ehemann nach der Aussteuerung nicht mehr versichert gewesen sei, ein hohes Sterbegeld auf Grund von § 202 RVO erhielte, während diejenige Witwe, deren Ehemann nach der Aussteuerung noch Mitglied der Krankenversicherung der Rentner geworden sei, nur Anspruch auf das geringe Regelsterbegeld aus der Rentnerkrankenversicherung hätte.

 

Entscheidungsgründe

Die Sprungrevision ist zulässig.

Die Revisionsbeklagte hat die nach § 161 SGG erforderliche Einwilligung zur Übergehung des Berufungsverfahrens rechtswirksam erklärt. Die Erklärung der Einwilligung durch den Rechtsmittelgegner ist in schriftlicher Form abzugeben und der Revisionsschrift beizufügen (§ 161 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Wirksamkeit der Einwilligung steht nicht entgegen, daß die Revisionsbeklagte selbst die Einwilligungserklärung unterzeichnet hat, obwohl sich die Beteiligten, soweit es sich nicht um Behörden oder Körperschaften (Anstalten) des öffentlichen Rechts handelt, vor dem Bundessozialgericht grundsätzlich durch Prozeßbevollmächtigte vertreten lassen müssen (§ 166 SGG). Dieser Grundsatz gilt nicht ausnahmslos, wie der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zeigt, der unstreitig nicht dem Vertretungszwang unterliegt. Das gleiche muß auch für die Einwilligungserklärung nach § 161 SGG gelten. Das Reichsgericht hat zwar für den Zivilprozeß wiederholt die gegenteilige Auffassung vertreten und ausgesprochen, daß die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision (§ 566 a der Zivilprozeßordnung - ZPO -) - als eine gegenüber dem Revisionsgericht abzugebende Prozeßhandlung - nur durch einen Rechtsanwalt erklärt werden könne (HRR 1931 Nr. 1485; RGZ. 118, 294; DR 1941, 1106).

Diese Auffassung mag für den Zivilprozeß gerechtfertigt sein, zumal der Revisionsbeklagte, der die Erklärung abzugeben hat, bereits in erster Instanz durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (Grundsatz des Anwaltszwanges, § 78 ZPO) und die Erklärung gemäß § 566 a Abs. 2 Satz 2 ZPO auch durch diesen abgeben kann. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren, das einen Vertretungszwang nur für die höheren Rechtszüge kennt (§ 11 ArbGG), ist die Frage, ob die Einwilligungserklärung von einem Anwalt unterzeichnet sein muß, umstritten (dagegen z.B. Dersch - Volkmar, Komm. zum ArbGG, 6. Aufl. (1955), § 76 Anm. 16 unter Berufung auf Baumbach-Teichmann, Komm. zum ArbGG 1926, § 76 Anm. 2). Für das Verfahren vor den Sozialgerichten ist sie jedenfalls zu verneinen. Da in diesem Verfahren weder in der ersten noch in der zweiten Instanz eine Vertretung durch Prozeßbevollmächtigte geboten ist, wäre der nichtvertretene Revisionsbeklagte unter Umständen gezwungen, allein zur Abgabe der Einwilligungserklärung einen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen, und es müßte dem armen Rechtsmittelgegner in vielen Fällen allein zu diesem Zweck ein Armenanwalt beigeordnet werden. Auch müßte dieser so rechtzeitig bestellt werden, daß er noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist von einem Monat seit der Zustellung des Urteils die schriftliche Erklärung dem Revisionskläger zuleiten könnte, da dieser sie noch innerhalb der Revisionsfrist mit der Revisionsschrift dem Bundessozialgericht vorzulegen hat. Dadurch würde aber die Einlegung der Sprungrevision nicht nur wesentlich erschwert, sondern die praktische Brauchbarkeit dieses Rechtsmittels überhaupt in Frage gestellt werden. Dies kann nicht in der Absicht des Gesetzes gelegen haben.

Die Einwilligungserklärung der Revisionsbeklagten braucht auch nicht etwa deswegen durch einen Prozeßbevollmächtigten abgegeben zu werden, weil sie nach § 161 Abs. 2 SGG zugleich als Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung gilt. Denn der Berufungsverzicht unterliegt im sozialgerichtlichen Verfahren - anders als im Zivilprozeß - ebensowenig dem Vertretungszwang wie sonstige vor dem Landessozialgericht vorzunehmende Prozeßhandlungen. Gegen die Rechtswirksamkeit der von der Revisionsbeklagten persönlich unterzeichneten Einwilligungserklärung bestehen hiernach keine Bedenken (im Ergebnis übereinstimmend Peters-Sautter-Wolff Anm. 3 zu § 161 SGG).

Die Revision ist daher zulässig; sie ist aber nur teilweise begründet. Nach § 9 Satz 1 VO über KVdR. erhalten die Rentner die Leistungen der Krankenversicherung nach den Vorschriften des Zweiten Buches der RVO; zu diesen Leistungen gehört das Sterbegeld nach § 201 RVO, das allerdings für Versicherte der Krankenversicherung der Rentner über 14 Jahre nach § 9 Satz 2 VO über KVdR. auf 75,- DM festgesetzt ist. Zutreffend hat das Sozialgericht angenommen, daß der Sterbegeldanspruch nach § 9 VO über KVdR. in Verbindung mit § 201 RVO nicht den Anspruch nach § 202 RVO ausschließt. Nach dieser Vorschrift i.d.F. des Erlasses des RAM. vom 2. November 1943 (AN 1943, S. 485) ist Sterbegeld zu zahlen, wenn ein als Mitglied der Kasse Erkrankter binnen einem Jahre nach dem Zeitpunkt, bis zu dem die Kasse Krankengeld zu gewähren oder Krankengeld oder Krankenhauspflege gewährt hatte, an derselben Krankheit stirbt und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Tode fortgedauert hat. In diesem Falle ist die Höhe des Sterbegeldes nach dem Grundlohn zu bemessen, der zuletzt für die Berechnung des Krankengeldes maßgebend war; dies gilt auch für Weiterversicherte (§ 202 Satz 2 RVO). Der Wortlaut dieser Vorschrift läßt, wie das Reichsversicherungsamt in der Grundsätzlichen Entscheidung Nr. 4922 (AN. 1935, S. 406) ausgeführt hat, nicht erkennen, "daß er sich auf Personen, die bei ihrem Tode noch Kassenmitglieder waren, nicht beziehen soll". Gleichwohl kommt das Reichsversicherungsamt in dieser Entscheidung - mit Rücksicht auf "Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte des § 202" - zu dem Ergebnis, daß das Sterbegeld nur von der nach § 201 RVO verpflichteten Krankenkasse, mithin von der Kasse zu zahlen sei, welcher der Weiterversicherte zur Zeit des Todes angehörte, und zwar nach der Lohnstufe, in der er sich bei seinem Tode befand. Das Reichsversicherungsamt hat diese Rechtsauffassung in der Folgezeit jedoch - offenbar wegen der Unbilligkeit des Ergebnisses - wieder aufgegeben, und zwar zunächst insoweit, als es sich um die Höhe des Sterbegeldes handelt (zu vgl. Grundsätzliche Entscheidung Nr. 5203, AN. 1938, S. 225), später in der Grundsätzlichen Entscheidung Nr. 5389 (AN. 1940, S. 405) auch hinsichtlich der Kassenzuständigkeit. Danach ist das Sterbegeld eines Weiterversicherten bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen von § 202 RVO allein nach dieser Vorschrift, also nach dem Grundlohne zu bemessen, der noch während der Pflichtmitgliedschaft maßgebend war, und es ist auch von der Kasse zu zahlen, bei der die frühere Pflichtversicherung bestanden hatte. Zur Begründung hat das Reichsversicherungsamt ausgeführt, daß ein aus der Pflichtversicherung erwachsener Sterbegeldanspruch nach § 202 RVO durch die spätere freiwillige Weiterversicherung nicht beeinträchtigt werden könne. Dieser bereits in der grundsätzlichen Entscheidung Nr. 1953 (AN. 1915, S. 350) ausgesprochene Grundsatz sei durch die Notverordnung vom 26. Juli 1930 (RGBl. I S. 311) bestätigt worden, die dem § 202 RVO den zweiten Satz angefügt habe. Die für die ursprüngliche Pflichtversicherung zuständige Kasse müsse für die Zahlung des Sterbegeldes deshalb zuständig sein, weil nach § 202 RVO, im Gegensatz zu § 201 RVO, nicht der Tod, sondern die vorausgegangene Krankheit des Versicherten den Versicherungsfall bilde und weil dieser Versicherungsfall noch in der Zeit eingetreten sei, während welcher die Pflichtversicherung bestanden habe. Ob dieser Rechtsprechung in vollem Umfang beizutreten ist, kann hier dahingestellt bleiben; denn im vorliegenden Fall konkurrieren nicht ein Sterbegeldanspruch aus einer früheren Pflichtmitgliedschaft nach dem Zweiten Buche der RVO und ein Anspruch aus späterer freiwilliger Versicherung miteinander, sondern zwei Sterbegeldansprüche aus gesetzlich begründeten Versicherungsverhältnissen, nämlich einmal ein Anspruch aus der Krankenversicherung der Empfänger von Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (MRVO 117, Anh. § 13 - Arb. Bl. f. d. brit. Zone 1948 S. 2 - i. Verb. mit §§ 117 ff. AVAVG), zum anderen ein Anspruch aus der Krankenversicherung der Rentner nach der Verordnung vom 4. November 1941 (RGBl. I. S. 689). Jedenfalls verdient der in der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts entwickelte Gedanke, daß der Sterbegeldanspruch nach § 202 RVO nicht durch die spätere Gestaltung des Versicherungsverhältnisses beeinträchtigt werden darf, auch im Falle des Zusammentreffens von Ansprüchen aus zwei Pflichtversicherungen Berücksichtigung. Um diese Ansprüche jedoch sinnvoll aufeinander abzustimmen, ist davon auszugehen, daß der Anspruch aus § 201 RVO i. Verbindung mit § 9 VO über KVdR auf jeden Fall zu erfüllen ist, weil er auf einem Versicherungsverhältnis beruht, das im Zeitpunkte des Todes noch bestanden hat. Damit wird auch einem praktischen Bedürfnis Rechnung getragen, weil sich die Hinterbliebenen wegen der Bestattungskosten zunächst an diejenige Kasse halten können, mit welcher der Verstorbene zuletzt in Rechtsbeziehungen gestanden hat und die auch seinem letzten Wohnort in der Regel am nächsten liegt.

Neben dem Anspruch aus § 201 RVO muß den Hinterbliebenen aber grundsätzlich - vorbehaltlich einer noch zu erörternden Einschränkung - auch der Anspruch aus § 202 RVO verbleiben, der durch die frühere Mitgliedschaft begründet worden ist. Wenn der Gesetzgeber bei Begründung einer neuen Pflichtmitgliedschaft in jedem Falle, d.h. ohne Rücksicht auf die Höhe der in Frage kommenden Leistungen, den Anspruch nach § 202 RVO hätte ausschließen wollen, so hätte es hierzu einer besonderen Regelung bedurft. Hieran fehlt es jedoch in § 202 RVO - anders als z.B. in § 214 RVO, wo in Abs. 3 bestimmt wird, daß der Anspruch (aus § 214 Abs. 1) wegfällt, sobald der Erwerbslose auf Grund des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) gegen Krankheit versichert ist. Dabei hätte gerade die Änderung von § 214 Abs. 3 RVO - sie beruht auf der gleichen Notverordnung, die auch der Vorschrift des § 202 RVO den Satz 2 neu angefügt hat - den Gesetzgeber bei entsprechender Willensrichtung veranlassen müssen, auch die Vorschrift des § 202 RVO in gleicher Weise zu ändern. Wenn dies nicht geschehen ist, so berechtigt das zu der Annahme, daß der Anspruch aus § 202 RVO mit dem Erwerb eines Anspruchs aus § 201 RVO - hier § 201 RVO i. Verbindung mit § 9 der VO über KVdR. - nicht ohne weiteres erlöschen soll (ebenso Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 1954, § 202 Anm. 1 e; Grünewald, Die Krankenversicherung der Rentner, 1943 S. 49; WzS 1950 S. 85).

Der Anspruch aus § 202 RVO ist jedoch nur insoweit zu befriedigen, als er den Anspruch aus § 201 RVO übersteigt. Der Gedanke der Einheit der gesetzlichen Krankenversicherung, der den Vorschriften der RVO zugrunde liegt (BSG. 1, 158 (163)) erfordert, daß Versicherungsleistungen, die durch das gleiche Ereignis - den Tod - ausgelöst werden und die der Befriedigung derselben Bedürfnisse - Bestreitung der Bestattungskosten - dienen, auch dann aufeinander anzurechnen sind, wenn sie verschiedenen Versicherungsverhältnissen und möglicherweise sogar verschiedenen Versicherungsfällen im rechtstechnischen Sinne entspringen. Dieser Grundsatz hat, soweit es sich um die Anrechnung von Leistungen handelt, die für bestimmte Zeiten gewährt werden, in § 212 Abs. 1 RVO Ausdruck gefunden. Dort ist bestimmt, daß im Falle des Wechsels der Kassenzugehörigkeit - trotz Begründung eines neuen Versicherungsverhältnisses - die Zeit der bereits genossenen Leistungen auf die weitere Leistung der neuen Kasse anzurechnen ist. Der gleiche Grundsatz ist aber auch dort anzuwenden, wo es sich nicht um die Anrechnung von Leistungen, die sich auf bestimmte Zeiten beziehen, sondern um die Anrechnung von einmaligen Leistungen handelt. In diesem Sinne hat § 202 RVO allerdings, was der Vorderrichter verkannt hat, einen lückenfüllenden, "subsidiären" Charakter. Die Vorschrift gewährt im Ergebnis nur einen Ergänzungsanspruch; die Berechtigten müssen sich daher auf den in der Regel höheren Sterbegeldanspruch nach § 202 RVO das Regelsterbegeld aus der Rentnerkrankenversicherung in Höhe von DM 75,- anrechnen lassen. Im übrigen bleibt der Anspruch aus § 202 RVO jedoch ungeschmälert; insbesondere ist entgegen der Ansicht der Revisionsklägerin das Zusatzsterbegeld im Rahmen von § 202 RVO nicht anzurechnen. Insoweit handelt es sich wie schon der Name sagt, um eine "zusätzliche" Leistung, die sich der Rentner auf besonderen Antrag durch Abschluß einer "Zusatzversicherung" gegen Zahlung von "Zusatzbeiträgen" neben dem Regelsterbegeld sichern kann (§ 13 der VO über KVdR.). Es würde dem Sinne einer solchen zusätzlichen Leistung widersprechen, sie auf sonstige Ansprüche der Hinterbliebenen anzurechnen. Der Anspruch der Klägerin auf Sterbegeld nach § 202 RVO ist daher gerechtfertigt, er mindert sich aber um den Betrag, den sie als Regelsterbegeld aus der Rentnerkrankenversicherung bereits erhalten hat. Die Revision der Beklagten ist daher mit der aus der Urteilsformel ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

NJW 1957, 520

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