Leitsatz (redaktionell)
Beitragszuschuß (RVO § 381 Abs 4) für "mitversicherte" Rentner:
1. Die Postbeamtenkrankenkasse ist ein privates Versicherungsunternehmen iS von RVO § 381 Abs 4 S 2.
2. Der Beitragszuschuß nach RVO § 381 Abs 4 S 2 kann jedoch nur dann gewährt werden, wenn der Rentner selbst eine Versicherung im Rahmen eines gegenseitigen Versicherungsverhältnisses abgeschlossen hat, dh der Rentner muß selbst versicherungs- und anspruchsberechtigt sowie andererseits beitragspflichtig sein. Dies ist bei einer Mitversicherung als Familienangehöriger des Versicherten nicht der Fall.
Normenkette
RVO § 381 Abs. 4 S. 2 Fassung: 1956-06-12
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. November 1961 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Klägerin ist verheiratet. Ihr Ehemann ist der Postoberschaffner F K (Besoldungsgruppe A 3). Er ist seit 1944 Mitglied der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) in der Gruppe A. Die PBeaKK ist eine Wohlfahrtseinrichtung der Deutschen Bundespost (DBP) in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, der Postbedienstete beitreten können, soweit sie nicht nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) krankenversicherungspflichtig sind. F K hat seine Ehefrau zur Mitversicherung angemeldet, wodurch sich sein Beitrag zunächst um monatlich 1,80 DM steigerte. Später hat sich dieser Zuschlag noch erhöht.
Die Klägerin bezieht seit dem 1. Oktober 1959 von der beklagten Landesversicherungsanstalt (LVA) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Am 13. April 1960 beantragte sie, ihr einen Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 RVO zu gewähren. Mit Bescheid vom 14. Juli 1960 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei weder freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung (KrV), noch sei sie bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert. Sie erhalte Krankenversicherungsschutz als mitversicherte Angehörige aus der KrV ihres Ehemannes bei der PBeaKK. Die Mitversicherung in der KrV ihres Ehemannes könne nicht als freiwillige KrV des Rentenempfängers im Sinne des § 381 Abs. 4 RVO angesehen werden.
Hiergegen hat die Klägerin rechtzeitig Klage beim Sozialgericht (SG) Schleswig erhoben und zur Begründung geltend gemacht, ihrer Auffassung nach seien die Voraussetzungen des § 381 Abs. 4 RVO erfüllt. Sie beziehe eine Rente und sei freiwilliges Mitglied bei einem privaten Versicherungsunternehmen. Dies ergebe sich aus den §§ 6 und 7 der Satzung der PBeaKK, wonach die Familienzugehörigkeit allein keine Mitversicherung auslöse, sondern erst eine besondere Anmeldung und die damit verbundene erhöhte Beitragsleistung.
Das SG Schleswig hat durch Urteil vom 24. Mai 1961 antragsgemäß den Bescheid vom 14. Juli 1960 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 1. April 1960 den Ausgleichsbetrag für die KrV der Rentner nach § 381 Abs. 4 RVO zu gewähren. Das Gesetz (§ 381 Abs. 4 Satz 2 RVO) fordere entgegen der Auffassung der Beklagten nicht eine eigene freiwillige Mitgliedschaft bei einem privaten Versicherungsunternehmen, es genüge vielmehr, daß der Rentner, ohne selbst Ansprüche zu haben, überhaupt bei einem solchen Unternehmen gegen Krankheit versichert sei. Das sei bei der Klägerin der Fall; nach der Satzung der PBeaKK bedürfe es zu ihrer Mitversicherung einer besonderen Anmeldung und einer zusätzlichen Beitragsleistung. In solchen Fällen müsse der Rentenempfänger als Versicherter i. S. des § 381 Abs. 4 RVO angesehen werden.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es legt zunächst dar, daß die Klägerin zu dem in § 381 Abs. 4 RVO genannten Personenkreis gehört, weil sie seit dem 1. Oktober 1959 Rente bezieht und mangels ein-er Vorversicherungszeit in der gesetzlichen KrV nicht der Krankenversicherungspflicht nach § 165 Abs. 1 Nr. 3 oder 4 RVO unterliegt. Es führt sodann weiter aus, § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO komme deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht freiwillig der gesetzlichen KrV angehöre. Der Versicherungsschutz, den die Klägerin über die Mitversicherung durch ihren Ehemann bei der PBeaKK genieße, stelle sich vielmehr, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden habe, rechtlich gesehen als solcher bei einem privaten Versicherungsunternehmen i. S. des § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO dar (BSG 14, 116, 118). Gleichwohl sei die Klage nicht begründet. Als bei einem privaten Versicherungsunternehmen i. S. der genannten Vorschrift versichert könne nur derjenige angesehen werden, der aus eigener Mitgliedschaft und damit aus eigenem Recht Ansprüche gegen den Versicherer habe. Das sei im Falle der Klägerin ausschließlich ihr Ehemann, der nach der Satzung der PBeaKK allein Beitragsschuldner (§ 7) und Anspruchsberechtigter (§ 8) sei.
Dagegen hat die Klägerin die vom LSG zugelassene Revision eingelegt mit dem Antrag,
das Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 24. November 1961 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil SG Schleswig vom 24. Mai 1961 zurückzuweisen.
Gerügt wird unrichtige Anwendung des § 381 Abs. 4 RVO. Zwar habe sich das BSG inzwischen der Auffassung der Beklagten angeschlossen und ausgesprochen, die Mitversicherung einer Rentnerin als Familienangehörige bei der PBeaKK begründe keinen Anspruch auf einen Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO (BSG 20, 159). Dieser Entscheidung könne jedoch nicht gefolgt werden. Es müsse nochmals darauf hingewiesen werden, daß die Angehörigen der Postbediensteten in den Versicherungsschutz bei der PBeaKK nicht automatisch kraft Satzung einbezogen würden, sondern lediglich auf Antrag und gegen einen erhöhten Beitrag. Dabei könnten zudem bei mitversicherten Familienangehörigen Vorerkrankungen von der Leistungspflicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus könne die Versicherung der nachgeheirateten, über 50 Jahre alten Ehefrau von einem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis abhängig gemacht und je nach Befund sogar ganz abgelehnt werden. Die Mitversicherung bei der PBeaKK sei also wesentlich anders gestaltet als die Mitversicherung z. B. nach § 205 RVO. Ferner sei das Beitragssystem zwar nur auf dem Unterschied zwischen Mitgliedern mit und ohne mitversicherte Angehörige aufgebaut, dennoch sei die Feststellung in BSG 20, 159, 161 nicht richtig, daß bei der Mitversicherung von Familienangehörigen in der PBeaKK der Beitrag unabhängig von der Zahl der mitversicherten Familienangehörigen sei. Hierbei sei verkannt, daß durch das Hinzutreten von Familienangehörigen ein Vorteil zugunsten der Kasse eintrete. Er entstehe durch die Anhebung des beamtenrechtlichen Beihilfebemessungssatzes und die dadurch sich verringernden Leistungen der PBeaKK. Selbst die Beiträge der Mitglieder für ihre Angehörigen seien damit echte Gegenleistungen für die satzungsmäßigen Leistungen. Da die DBP den gesamten Personal- und Sachaufwand der PBeaKK trage, würden die Beitragseinnahmen ausschließlich zur Gewährung der satzungsgemäßen Leistungen verwandt. Dabei bringe es lediglich die besondere Ausgestaltung des Beitragssystems der PBeaKK mit sich, daß der Beitragsanteil für einen mitversicherten Angehörigen u. U. sehr gering sein könne. Die Ausgaben würden nach dem Gesichtspunkt des sozialen Ausgleichs durch die Beiträge aller Mitglieder gedeckt. Unter diesen Umständen sei die weitere Feststellung in BSG 20, 159, daß es sich bei dem geringen Beitragsanteil für die Mitversicherung nur um eine Art Anerkennungs- und Verwaltungsgebühr handele, ebenfalls nicht richtig. Nach alledem erfolge die Mitversicherung der Angehörigen in der PBeaKK durchaus im Rahmen eines gegenseitigen entgeltlichen Versicherungsverhältnisses.
Die beklagte LVA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie bringt zunächst vor, wegen der auf Grund des § 79 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) idF vom 1. Oktober 1961 (BGBl I 1801) geleisteten erheblichen Zuschüsse der DBP an die PBeaKK könne dieses nicht als privates Versicherungsunternehmen i. S. des § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO angesehen werden. Abgesehen hiervon werde die Mitversicherung der Angehörigen in der PBeaKK auch nicht versicherungsmäßig durchgeführt, es fehle insbesondere an leistungsgerechten Prämien, so daß eine echte Versicherung, wie sie sonst in der privaten Krankenversicherung üblich sei, nicht vorliege.
II.
Die Revision ist nicht begründet.
Allerdings kann das Klagebegehren nicht schon daran scheitern daß die PBeKK, wie die Beklagte meint, überhaupt kein privates Versicherungsunternehmen i. S. des § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO sei. In BSG 14, 116, 118 hat der Senat bereits ausgesprochen, daß das Wort "privat" hier nicht im Hinblick auf die Rechtsform des Versicherungsunternehmens zu verstehen ist, sondern allein als Unterscheidungsmerkmal gegenüber den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern. Zu den privaten Versicherungsunternehmen im Sinne der genannten Vorschrift sind daher sowohl die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (BSG aaO) als auch die PBeaKK zu rechnen. Unerheblich ist, daß die DBP an die in der Gruppe A der PBeaKK versicherten Postbediensteten in der Regel keine Beihilfen nach § 79 BBG i. V. mit den beamtenrechtlichen Beihilfevorschriften (BhV) vom 17. März 1959 idF vom 14. Januar 1964 (GMBl 1959, 168 und 1964,26) zahlt, sondern statt dessen für diese - ebenso wie die Deutsche Bundesbahn (DBB) allgemein - einen generellen Zuschuß an ihre Krankenversicherungseinrichtung leistet, der sich z. Z. sogar auf 55% der Gesamtaufwendungen der PBeaKK für diesen Mitgliederkreis beläuft (vgl. Schröder/Beckmann/Weber, Bundeskomm . zu den BhV, 5. Aufl. 1964, Anhang Nr. 17 S. 516). Nur auf diese Weise können die genannten öffentlichen Wohlfahrtseinrichtungen einen sehr hohen Versicherungsschutz gegen besonders günstige Tarife gewähren. Würde indes die Tatsache einer solchen Zuschußgewährung zur Versagung des Zuschlages nach § 381 Abs. 4 RVO führen müssen, so würden insbesondere alle rentenberechtigten Postbediensteten, die der PBeaKK angehören, allgemein den dort vorgesehenen Ausgleichsbetrag nicht erhalten können. Eine derartige Ausnahmestellung für diese Gruppe von Rentnern war vom Gesetzgeber sicherlich nicht beabsichtigt.
Wie der Senat in BSG 20, 159 bereits dargelegt hat, verlangt jedoch § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO für die Gewährung des Ausgleichsbetrages eine Versicherung des Rentners im Rahmen eines gegenseitigen, entgeltlichen Versicherungsverhältnisses. Hieran fehlt es bei einer Mitversicherung von Familienangehörigen bei der PBeaKK. Bedenken gegen die Annahme, daß die Angehörigen "gegen Krankheit versichert sind" können schon deshalb bestehen, weil nach der Satzung der PBeaKK ausdrücklich nur der Postbedienstete selbst versicherungs- und anspruchsberechtigt sowie andererseits beitragspflichtig ist. Entscheidend ist aber, daß für die Familienmitglieder keine am Risiko ausgerichteten Beiträge erhoben werden, da der Mehrbeitrag für die Mitversicherung von Angehörigen unabhängig von deren Zahl ist. An dieser Auffassung des Senats ist trotz der dagegen von der Klägerin erhobenen Einwendungen festzuhalten. Ihre Ausführungen über die Höhe der beamtenrechtlichen Beihilfen im Hinblick auf die Zahl der Angehörigen (die Beihilfen betragen grundsätzlich 50 v. H. der beihilfefähigen Aufwendungen, erhöhen sich indes für jeden Angehörigen um je 5 v. H., höchstens jedoch um 20 v. H., vgl. Nr. 12 BhV) und ihre Ausführungen über die Leistungspflicht der PBeaKK (erstattet werden in der Mitgliedsgruppe B nur die durch die Beihilfen nicht gedeckten Restbeträge) sind im vorliegenden Rechtsstreit schon deswegen unbeachtlich, weil sie sich nur auf Mitglieder der Gruppe B der PBeaKK beziehen. Der Ehemann der Klägerin ist dagegen Mitglied der Gruppe A und hat damit im Ergebnis die gleiche Stellung wie ein in der gesetzlichen KrV Versicherter (vgl. Schröder/Beckmann/Weber, BhV Nr. 15 Anm. 7 S. 216), dessen rentenberechtigten Familienangehörigen, die Familienhilfe nach § 205 RVO erhalten, auch keinen Anspruch auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 RVO erlangen.
Somit war der Auffassung des LSG zuzustimmen und die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen