Leitsatz (amtlich)

Verunglückt ein Angehöriger der Feuerwehr bei Feuerlöscharbeiten, die er auf Anordnung des Einsatzleiters in seinem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb durchführt, so ist nicht die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft, sondern der für Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen (RVO § 539 Abs 1 Nr 8) zuständige Versicherungsträger (hier: Feuerwehr-Unfallkasse) entschädigungspflichtig.

 

Normenkette

RVO § 539 Abs. 1 Nr. 5 Fassung: 1963-04-30, Nr. 8 Fassung: 1963-04-30

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 17.09.1974; Aktenzeichen L 6 U 240/74)

SG Hannover (Entscheidung vom 13.05.1974; Aktenzeichen S 9 U 29/73)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 17. September 1974 wird, soweit sie auf die Verteilung der Entschädigungslast gerichtet ist, als unzulässig verworfen, im übrigen zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin - landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (BG) - oder die beklagte Feuerwehr-Unfallkasse für die Entschädigung des Beigeladenen zuständig ist.

Der Beigeladene ist Eigentümer eines etwa 40 ha großen landwirtschaftlichen Betriebes, in dem er rund 70 Stück Rindvieh und 350 Schweine hielt; er gehört seit 1965 der freiwilligen Feuerwehr T, Löschzug M, an. Am 18. Juni 1971 brach gegen 2.20 Uhr in dem zu seinem Betrieb gehörenden Wirtschaftsgebäude ein Feuer aus. Der Beigeladene versuchte zunächst, mit Hilfe von Nachbarn und Bekannten Maschinen aus dem brennenden Gebäude zu bringen. Kurze Zeit später trafen Angehörige der freiwilligen Feuerwehr mit einem Löschfahrzeug an der Brandstelle ein und begannen mit Löscharbeiten. Etwa 10 Minuten später erschien der Gemeindebrandmeister S (S.) an der Brandstelle und erteilte dem Beigeladenen den Auftrag, sich auf den Boden des an das Wirtschaftsgebäude grenzenden Schweinestalles zu begeben und zu prüfen, ob die zwischen beiden Gebäuden befindliche Brandmauer standhielt. Der Beigeladene stieg über eine Feuerwehrleiter, die dem Löschfahrzeug entnommen worden war, auf den Boden des Stalles. Als er nach einiger Zeit den Boden des Stallgebäudes über die Feuerwehrleiter wieder hinabstieg, brach ein Holm dieser Leiter. Der Beigeladene stürzte auf den Boden und zog sich dabei Verletzungen zu. Bis zum 7. August 1971 wurde er - mit einer Unterbrechung - stationär behandelt; bis zum 10. Oktober 1971 war er arbeitsunfähig. Die Klägerin gewährte ihm Verletztengeld, erteilte jedoch keinen Bescheid über die Gewährung oder die Versagung von Verletztenrente. Sie hält die Beklagte für den zuständigen Versicherungsträger. Die Beklagte bestreitet ihre Zuständigkeit.

Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß die Beklagte für die Entschädigung des Beigeladenen zuständig sei, weil dieser den Unfall bei einem Einsatz als Feuerwehrmann erlitten habe. Es müsse außer Betracht bleiben, daß der Einsatz für die freiwillige Feuerwehr zufällig den eigenen Interessen des Beigeladenen als landwirtschaftlicher Unternehmer gedient habe. Die Beklagte ist der Auffassung, der Beigeladene sei zur Zeit des Unfalls in erster Linie tätig geworden, um sein Eigentum zu erhalten oder es vor noch größerem Schaden zu bewahren. Daraus ergebe sich die Zuständigkeit der Klägerin. Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 13. Mai 1974 festgestellt, daß die beklagte Feuerwehr-Unfallkasse der für die Entschädigung des Beigeladenen anläßlich des Unfalls vom 18. Juni 1971 zuständige Versicherungsträger ist.

Die Berufung der Beklagten mit dem Antrag, festzustellen, daß die Klägerin zuständig sei, hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 17. September 1974 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Feststellungsklage sei zulässig (§ 55 Abs 1 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Die Klägerin habe ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, da sie ihre Leistungen an den Beigeladenen zwar nicht als vorläufige Fürsorge im Sinne des § 1735 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bezeichnet, aber auch weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber dem Beigeladenen ihre Zuständigkeit ausdrücklich anerkannt habe. Die Möglichkeit, eine Leistungsklage auf Ersatz der im Oktober 1972 mit 4.798,35 DM bezifferten Aufwendungen zu erheben, stehe der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen, da einige Rechnungen noch nicht bezahlt seien und weitere Heilbehandlungskosten entstehen könnten. Die Klage sei begründet. Der Beigeladene habe sowohl nach § 539 Abs 1 Nr 5 RVO (landwirtschaftlicher Unternehmer) als auch nach Nr 8 dieser Vorschrift (helfender Feuerwehrmann bei Unglücksfällen) unter Versicherungsschutz gestanden. Ihm gegenüber sei jedoch nur einer der beiden für die jeweiligen Unternehmen zuständigen Versicherungsträger zur Leistung verpflichtet. Dies sei die Beklagte. Bei der Konkurrenz der Nr 5 und der Nr 8 des § 539 Abs 1 RVO komme es für die Zuständigkeit des Versicherungsträgers auf die Art und den Anlaß der unfallbringenden Tätigkeit des Landwirts beim Brand eines zu seinem Betrieb gehörenden Gebäudes an. Verunglücke ein Landwirt, der zugleich Feuerwehrmann sei, bei der Bergung von Vieh oder Gerät, werde er in der Regel im Rahmen seines landwirtschaftlichen Unternehmens tätig. Werde ein Landwirt jedoch nach dem Eintreffen des Einsatzleiters der Feuerwehr bei einem typischen Feuerwehreinsatz tätig, sei in der Regel ein Übertritt in das Unternehmen der Feuerwehr anzunehmen. So lägen die Verhältnisse auch hier. Der Beigeladene habe sich bei einer Tätigkeit verletzt, die er auf ausdrückliche Anordnung des Brandmeisters S. verrichtet habe. Sein Einsatz gehe über das hinaus, was von einem landwirtschaftlichen Unternehmer zu erwarten sei. Das Beobachten des Feuers vom Nachbargebäude aus und die Prüfung der Standfestigkeit der Brandmauer zu diesem Gebäude erforderten spezielle Erfahrungen und Kenntnisse, die in der Regel nur ein ausgebildeter Feuerwehrmann besitze. Daraus ergebe sich die Zuständigkeit der Beklagten.

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie trägt vor: Der Beigeladene sei nicht nach § 539 Abs 1 Nr 8 RVO versichert gewesen, weil ein Tätigwerden "in einem Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen" eine Hilfeleistung gegenüber einem Dritten voraussetze. Eigenhilfe sei keine Leistung im Sinne dieser Vorschrift. Dies habe das Hessische LSG zu § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO ("Hilfe bei Unglücksfällen") entschieden (Breithaupt 1971, 989) und damit die Rechtsprechung zur Auslegung des § 539 Abs 1 Nr 8 RVO bestätigt (RVA in EuM Bd 34 S 2). Der Begriff "Hilfe" dürfe für § 539 Abs 1 Nr 8 und Nr 9 Buchst a RVO nicht unterschiedlich bestimmt werden. Es sei unerheblich, daß der Beigeladene beim Einsatz zum Schutz seines landwirtschaftlichen Anwesens infolge des Brandes Gefahren ausgesetzt gewesen sei, die ihm bei der täglichen Arbeit als Landwirt im allgemeinen nicht begegneten, da auch sonst bei atypischen Tätigkeiten eines Versicherten kein Wechsel in der Zuständigkeit des Versicherungsträgers ("Stamm-BG") eintrete. Folge man der Rechtsauffassung des LSG, müßten Rettungsmaßnahmen zugunsten des Eigentums immer der öffentlichen Hand angelastet werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Retter Mitglied einer Hilfeleistungsorganisation sei, ob diese Organisation bereits an der Gefahrenstelle eingetroffen sei und der Einsatzleiter einen ausdrücklichen Auftrag erteilt habe.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, daß die Klägerin der für die Entschädigung des Unfalls des Beigeladenen vom 18. Juni 1971 zuständige Versicherungsträger ist.

Im Schriftsatz vom 17. Dezember 1974 - nach Ablauf der Revisionsfrist - hat sie hilfsweise beantragt,

festzustellen, ob grundsätzlich eine Verteilung der Entschädigungslast vorzunehmen ist.

Die Klägerin beantragt,

die Revision gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen

und die Revision als unzulässig zu verwerfen, soweit beantragt wird, festzustellen, ob grundsätzlich eine Verteilung der Entschädigungslast vorzunehmen ist.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Nach ihrer Ansicht ist es für die Anwendung des § 539 Abs 1 Nr 8 RVO entscheidend, ob ein Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen bestanden hat, in dem der Verletzte tätig geworden ist. Anders als nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO komme es nicht darauf an, ob eine bestimmte Person einem anderen im konkreten Fall Hilfe leiste. Der Beigeladene sei zwar als Unternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebes nach § 539 Abs 1 Nr 5 RVO versichert und als Eigentümer an der Brandbekämpfung in besonderem Maße interessiert gewesen. Für seinen Unfall sei jedoch nicht eine landwirtschaftliche Verrichtung, sondern das Tätigwerden als Feuerwehrmann wesentlich gewesen. Daraus ergebe sich die Zuständigkeit der Beklagten. Der erst nach Ablauf der Revisionsfrist gestellte Hilfsantrag sei unzulässig. Das Verteilungsverfahren nach § 1739 RVO sei bisher nicht Gegenstand des Rechtsstreits gewesen, in dem Vorbringen liege eine unzulässige Klageänderung.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Mit Einverständnis der Beteiligten hat der Senat ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs 2 SGG). Die Revision der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Feststellung ihrer Zuständigkeit richtet, zwar zulässig, aber nicht begründet; im übrigen ist sie unzulässig.

Das LSG hat in Übereinstimmung mit dem SG zu Recht entschieden, daß die Beklagte der für die Entschädigung des Beigeladenen zuständige Versicherungsträger ist.

Die Klage ist unabhängig davon zulässig, ob die von der Klägerin begehrte Feststellung, daß die Beklagte zuständiger Versicherungsträger ist, als Feststellungsklage nach Nr 1 oder Nr 2 des § 55 Abs 1 SGG angesehen wird (vgl BSG in SozR Nr 26 zu § 55 SGG einerseits; BSGE 15, 52, 55 = SozR Nr 28 zu § 55 SGG sowie Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 8. Aufl, Bd I/2 S 240 II andererseits). Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung (§ 55 Abs 1 letzter Halbs). Da die dem Beigeladenen zustehenden Ansprüche im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG insbesondere der Höhe nach noch nicht endgültig feststanden, konnte die Klägerin nicht eine alle Aufwendungen umfassende Leistungsklage erheben. Als der vom Verletzten in Anspruch genommene Versicherungsträger hat die Klägerin einen Teil der Behandlungskosten übernommen und dem Verletzten (Beigeladenen) Verletztengeld gezahlt. Ihre Leistungen hat sie zwar nicht ausdrücklich als vorläufige Fürsorge iS des § 1735 RVO (idF bis zum 31. Dezember 1975, vgl Art II § 4 SGB I vom 11. Dezember 1975 - BGBl I 3015 -) bezeichnet. Sie hat aber auch nicht durch einen Bescheid gegenüber dem Verletzten oder auf andere Weise gegenüber einem als leistungspflichtig in Betracht kommenden Unfallversicherungsträger ihre endgültige Zuständigkeit anerkannt. Zu Recht hat das LSG hiernach unter Berücksichtigung der Interessenlage der Klägerin die Klage auf Feststellung des letztlich leistungspflichtigen Versicherungsträgers als zulässig angesehen. Zulässig ist damit auch die Widerklage, mit der die Beklagte die Feststellung der endgültigen Zuständigkeit der Klägerin begehrt.

Der Beigeladene war landwirtschaftlicher Unternehmer und Angehöriger der freiwilligen Feuerwehr. Zur Unfallzeit war er bei der Bekämpfung eines auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen ausgebrochenen Brandes eingesetzt. Sofern sein Einsatz, bei dem er von dem Unfall betroffen wurde, in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen stand und zugleich eine Tätigkeit im Unternehmen der Feuerwehr - einem Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen iS des § 539 Abs 1 Nr 8 RVO - darstellte, kommt für ihn ein Unfallversicherungsschutz sowohl nach Nr 5 als auch nach Nr 8 des § 539 Abs 1 RVO in Betracht. Für einen dem landwirtschaftlichen Unternehmen zuzurechnenden Unfall ist die Klägerin, für einen der Feuerwehr zuzurechnenden Unfall die Beklagte der zuständige Versicherungsträger. In einem solchen Fall, in dem die Tätigkeit, bei der sich ein Unfall ereignet, für mehrere Unternehmen oder Tätigkeiten stattgefunden hat, bei denen bei verschiedenen Versicherungsträgern Versicherungsschutz besteht, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dem Verletzten gegenüber immer nur ein einziger Unfallversicherungsträger zur Leistung verpflichtet, da aufgrund desselben Tatbestandes grundsätzlich nicht mehrere Versicherungsverhältnisse nebeneinander bestehen können (vgl BSGE 5, 168, 175; 12, 65, 68; 24, 216, 218; 27, 233, 236; SozR 2200 § 671 Nr 1; s. auch Brackmann, aaO, S. 500 b; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, Anm 2 zu § 648). Es ist deshalb zu prüfen, aufgrund welcher Vorschrift im vorliegenden Fall Versicherungsschutz besteht und welchem Unternehmen die unfallbringende Tätigkeit versicherungsrechtlich zuzurechnen ist.

Der Unfall ereignete sich, als der Beigeladene über eine Feuerwehrleiter vom Boden des Stallgebäudes wieder hinabsteigen wollte, Nachdem er auf Anweisung seines Vorgesetzten, des Brandmeisters S., ua die Standfestigkeit der Brandmauer zum angrenzenden Gebäude geprüft und durch eine Dachluke das Feuer beobachtet hatte. Der Beigeladene war hierbei als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr T, die mit einem Löschfahrzeug bei der Bekämpfung des Brandes eingesetzt war, in einem Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen tätig und somit nach § 539 Abs 1 Nr 8 RVO gegen Arbeitsunfall versichert.

Die Beklagte ist allerdings der Ansicht, die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht gegeben, weil der Kläger sein eigenes Anwesen vor Schaden habe schützen wollen, Hilfe bei einem Unglücksfall aber nur einem anderen geleistet werden könne. Es kann dahingestellt bleiben, ob in tatsächlicher Hinsicht der Einsatz des Beigeladenen nur der Rettung seines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes oder darüber hinaus wesentlich auch der Abwehr drohender Gefahren von Nachbarn und deren Sachgütern diente. Jedenfalls ist die Anwendung des § 539 Abs 1 Nr 8 RVO nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beigeladene im Rahmen seines Einsatzes als Feuerwehrmann bei der Brandbekämpfung auf seinem eigenen Anwesen tätig geworden ist. Nach § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO sind ua Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die bei Unglücksfällen Hilfe leisten. Als Voraussetzung einer Hilfeleistung im Sinne dieser Vorschrift wird zwar ein aktives Handeln zugunsten eines Dritten angesehen (vgl Bayer. LSG in Breithaupt 1957, 504; Hess. LSG in Breithaupt 1971, 989; Brackmann, aaO, S 474 b; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, Anm 58 c zu § 539). Für den Versicherungsschutz nach § 539 Nr 8 RVO kommt es jedoch nicht auf die konkrete Handlung des Verletzten bei einem Unglücksfall, sondern darauf an, daß es sich bei dem Unternehmen, in dem der Verletzte tätig geworden ist, wie hier, um ein Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen handelt. Entgegen dem Revisionsvorbringen läßt sich deshalb auch aus dem Begriff der Hilfeleistung im Sinne des § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst a RVO nicht herleiten, der Versicherungsschutz nach Nr 8 dieser Vorschrift sei ausgeschlossen, weil der Feuerwehreinsatz, bei dem der Beigeladene mitgewirkt hat, zumindest auch dem Schutz seines landwirtschaftlichen Anwesens gegolten hat.

Da die Rettungsarbeiten des Beigeladenen seinem landwirtschaftlichen Unternehmen dienten, kommt auch ein Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 5 RVO in Betracht. Es muß deshalb abgewogen werden, welcher Vorschrift hier versicherungsrechtlich das entscheidende Gewicht beizumessen ist. Aus Anlaß dieses Falles bedarf es jedoch keiner Entscheidung, in welchem Verhältnis grundsätzlich die Nr 5 zur Nr 8 des § 539 Abs 1 RVO steht, insbesondere, ob eine dieser Vorschriften gegenüber der anderen Vorrang hat.

Nach Ausbruch des Brandes auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen hatte der Beigeladene zunächst unter Mithilfe von Nachbarn und Bekannten versucht, Maschinen aus den vom Feuer bedrohten Gebäuden zu retten. Im Unfallzeitpunkt hatte er diese Tätigkeit jedoch bereits beendet und sich nach dem Eintreffen des Löschzuges der bei der fachgerechten Brandbekämpfung eingesetzten Feuerwehreinheit angeschlossen. Auf Anordnung des Brandmeisters hatte er auf dem Boden des Stallgebäudes die Brandmauer auf ihre Festigkeit geprüft und durch eine Dachluke den Brandherd beobachtet. Der Übergang zu den auf ausdrückliche Weisung übernommenen Aufgaben eines Feuerwehrmannes zur Bekämpfung des Brandes bildete eine deutliche Zäsur in der Tätigkeit des Beigeladenen. Mit der Ausführung des Auftrages ging er zu einer Tätigkeit über, die für einen Feuerwehrmann typisch ist, die spezielle Kenntnisse und Erfahrungen eines ausgebildeten Feuerwehrmannes erfordert und ihrer Art nach nicht zu den von einem selbständigen Landwirt zu verrichtenden Arbeiten gehört. Hinzu kommt, daß auch die Unfallursache - ein Defekt an der feuerwehreigenen Leiter - im Bereich des Unternehmens der Feuerwehr gelegen hat. Nach dieser Lage des vorliegenden Falles hatte die den Unfall herbeiführende Tätigkeit des Beigeladenen als Feuerwehrmann versicherungsrechtlich ein so überragendes Gewicht, daß demgegenüber der Umstand, daß der Feuerwehreinsatz - zumindest auch - der Erhaltung seines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes galt, als rechtlich nicht wesentlich in den Hintergrund gedrängt worden ist. Ein Versicherungsschutz des Beigeladenen im Unfallzeitpunkt bestand somit nach § 539 Abs 1 Nr 8 RVO, so daß die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger ist.

Die Ausführungen des Reichsversicherungsamts (RVA) in der von der Beklagten angeführten Entscheidung (EuM Bd 34, 2) stehen zu dieser Auffassung des Senats nicht in Widerspruch. Auch das RVA hat die Lage des Einzelfalles als entscheidend für die Beurteilung der Zuständigkeit des Versicherungsträgers erachtet. Der in den Entscheidungsgründen vertretenen Ansicht, ein landwirtschaftlicher Unternehmer, der alsbald nach Ausbruch eines Brandes in seinem landwirtschaftlichen Anwesen das Vieh zu retten unternehme und dabei einen Unfall erleide, sei im Rahmen seines landwirtschaftlichen Unternehmens tätig geworden, selbst wenn er der Feuerwehr angehöre, liegt ein anderer als der hier vorliegende Sachverhalt zugrunde.

Die Frage, ob die Entschädigungslast unter den beteiligten Versicherungsträgern zu verteilen ist (§ 1739 RVO) war nicht Gegenstand der Klage und der Widerklage. Die Revision der Beklagten, mit der sie hilfsweise die Feststellung begehrt, ob grundsätzlich eine Verteilung der Entschädigungslast vorzunehmen ist, muß als unzulässig verworfen werden, weil der darauf zielende Antrag erst nach dem Ablauf der Revisionsfrist gestellt worden ist. Denn nach § 164 Abs 2 Satz 1 SGG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 30. Juli 1974 (BGBl I 1625) am 1. Januar 1975 mußte schon die binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegende Revision einen bestimmten Antrag enthalten (vgl BSGE 1, 47).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1653596

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