Leitsatz (amtlich)
1. Ärzte, die zur Tätigkeit für die RVO-Kassen zugelassen oder an der Ersatzkassenpraxis beteiligt sind, sind im Rahmen dieser Tätigkeit an die allgemein-ärztlichen Grundsätze über die Ausübung des Arztberufs gebunden.
2. BerufsO Ärzte RP § 33 vom 1937-11-05 und BerufsO Ärzte RP § 37, die bestimmen, daß Fachärzte sich grundsätzlich auf ihr Fachgebiet beschränken müssen, sind als Regelungen der Berufsausübung (GG Art 12 Abs 1 S 2) nicht verfassungswidrig.
3. Zum Fachgebiet der Fachärzte für Röntgenologie und Strahlenheilkunde gehört nicht die Anfertigung und Auswertung von Elektrokardiogrammen.
4. Überschreiten Fachärzte, denen es gestattet ist, Sozialversicherte zu behandeln, die Grenzen ihres Fachgebiets, so können sie grundsätzlich für diese ärztlichen Leistungen von der Kassenärztlichen Vereinigung kein Honorar beanspruchen.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1956-03-19; RVO § 368a Fassung: 1955-08-17, § 368g Fassung: 1955-08-17, § 368n Fassung: 1955-08-17; ÄBerufsO RP § 33 Fassung: 1937-11-05, § 29 Fassung: 1937-11-05, § 30 Fassung: 1960-01-16, § 37 Fassung: 1960-01-16
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Oktober 1964 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Der Kläger ist als Facharzt für Röntgenologie und Strahlenheilkunde zur Tätigkeit für die gesetzlichen Krankenkassen zugelassen und an den Ersatzkassen beteiligt. Er hat sich 1950 in Trier niedergelassen. Seit Anfang 1956 nimmt er elektrokardiographische (EKG) Untersuchungen an Kassenpatienten vor. Diese sind von der Beklagten vergütet worden.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 1958 gab die Beklagte dem Kläger den Beschluß der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Bezirksvereinigung Trier, vom 17. September 1958 bekannt, wonach EKG-Leistungen nicht in das Fachgebiet der Röntgenologie (§ 29 Abs. 2 der Facharztordnung für die Deutschen Ärzte vom 5. November 1937) gehörten.
Im Schreiben vom 4. November 1959 teilte sie dem Kläger folgendes mit der Bitte um entsprechende Beachtung mit: Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Trier habe am 23. September 1959 beschlossen, daß in Zukunft EKG-Leistungen auf die Fachgebiete innere Krankheiten und Kinderkrankheiten sowie auf die praktischen Ärzte beschränkt würden und die Honorierung durch die KÄV nur bei diesen Ärztegruppen erfolgen dürfe. Der Beschluß stütze sich auf eine Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Hamburg vom 6. März 1957, welches die Auffassung vertreten habe, daß nach der Facharztordnung der Facharzt sich auf sein Fachgebiet zu beschränken habe, sowie auf die Ansicht des Facharztausschusses der Bezirksvereinigung Trier. Dieser habe sich in seiner Sitzung vom 2. Juli 1959 der Meinung der "Ständigen Konferenz der Facharztausschußvorsitzenden" angeschlossen. Diese habe nach Anhörung der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin und der Deutschen Röntgengesellschaft in ihrer Sitzung vom 18. Februar 1959 festgestellt, daß die Ausführung von EKG-Untersuchungen nicht in das Fachgebiet des Röntgenologen gehöre, weil es abwegig sei, ein EKG allein und nicht unter Berücksichtigung der gesamten übrigen klinischen Befunde zu beurteilen.
Der Kläger führte auch weiterhin EKG-Leistungen bei Kassenpatienten aus und beanspruchte von der Beklagten deren Vergütung. Diese verwies in ihrem Schreiben vom 17. März 1960 auf ihr Schreiben vom 4. November 1959; sie erklärte sich ausnahmsweise bereit, die für das letzte Abrechnungsvierteljahr des Jahres 1959 abgerechneten EKG-Leistungen zu honorieren, lehnte jedoch die Vergütung dieser Art von Sachleistungen über diesen Zeitpunkt hinaus ab.
Gegen die Mitteilungen der Beklagten vom 4. November 1959 und 17. März 1960 wandte sich der Kläger mit seinen Schreiben vom 19. April und 29. Mai 1960, mit denen er "Rechtsmittel" bzw. "Beschwerde" erhob, weil er seit 1956 unbeanstandet EKG-Leistungen ausführe und diese im Rahmen seiner Praxis zweckmäßig und notwendig seien.
Die Beklagte half dem Begehren des Klägers nicht ab (Widerspruchsbescheid vom 12. September 1960, beschlossen in der Sitzung des Vorstandes der Beklagten vom 31. August 1960). Sie verwies auf § 4 Abs. 1 ihrer Satzung, wonach ihre ordentlichen Mitglieder unter Berücksichtigung der Berufs- und Facharztordnung an der kassenärztlichen Versorgung teilnähmen, und auf § 33 der Berufsordnung für die deutschen Ärzte vom 5. November 1937 sowie auf § 37 Abs. 2 der Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 1960, die bestimmten, daß Fachärzte sich grundsätzlich auf ihr Fachgebiet beschränken müßten. EKG-Untersuchungen gehörten nicht zum Fachgebiet des Röntgenologen. Der Umstand, daß der Kläger vier Jahre lang unbeanstandet EKG-Leistungen abgerechnet habe, gebe ihm keinen Anspruch auf künftige Vergütung solcher Leistungen, da ihm die Genehmigung zu deren Ausführung nicht ausdrücklich erteilt worden sei.
Aufgrund des Beschlusses ihrer Vertreterversammlung vom 23. September 1959 verweigerte die Beklagte die Honorierung der vom Kläger im ersten Abrechnungsvierteljahr des Jahres 1960 getätigten EKG-Leistungen in Höhe von 1.444,80 DM (RVO-Kassen) und 224,- DM (Ersatzkassen).
Mit seiner hierauf erhobenen Klage hat der Kläger u. a. geltend gemacht, daß er mit Schreiben vom 8. November 1954, das nicht erwidert worden sei, den Vorsitzenden des Vorstandes der Beklagten von seiner Absicht in Kenntnis gesetzt habe, sich eine EKG-Anlage anzuschaffen.
Das SG Speyer, Zweigstelle Mainz, hat durch Urteil vom 15. April 1964 die Klage abgewiesen, das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz die Berufung durch Urteil vom 30. Oktober 1964 zurückgewiesen.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Gegenstand des Rechtsstreits sei der Honoraranspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen der von ihm seit 1. Januar 1960 gefertigten EKG-Leistungen. Nach § 368 n der Reichsversicherungsordnung (RVO), § 4 Abs. 1 der Satzung der Beklagten sei diese dafür verantwortlich, daß ihre Mitglieder - somit auch der Kläger - nur im Rahmen ihrer Zulassung, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Berufs- und Facharztordnung an der kassenärztlichen Versorgung teilnähmen. § 33 der bis zum 31. Januar 1960 in Rheinland-Pfalz in Kraft gewesenen Berufsordnung für die deutschen Ärzte vom 5. November 1937 und § 37 Abs. 2 der an deren Stelle getretenen Berufsordnung für die Ärzte in Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 1960 bestimmten, daß Fachärzte sich grundsätzlich auf ihr Fachgebiet beschränken müßten. Hierin liege keine Einschränkung der verfassungsmäßig gewährleisteten freien Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 GG), denn es werde dem Facharzt nicht etwa die Ausübung einer in den Rahmen seines Fachgebietes fallenden Tätigkeit untersagt, sondern ihm aufgegeben, sich der ärztlichen Verrichtungen zu enthalten, die mit seinem Fachgebiet sachlich nichts zu tun hätten. Für diese Regelung, durch die die Gefahr einer Entfremdung des Facharztes von seinem Fachgebiet vermieden werde, seien durchschlagende Gründe des Gemeinwohls gegeben; sie schränke die Tätigkeit des Facharztes auch nicht unzumutbar ein. Der Kläger sei daher zur Ausführung und Auswertung von Elektrokardiogrammen nicht befugt. Die Beklagte habe sich bei der Beurteilung der ausgesprochen ärztlichen Fachfrage, ob EKG-Leistungen in das Fachgebiet des Röntgenologen gehörten, der Ansicht hierfür zuständiger besonderer Fachgremien angeschlossen. Ihre insoweit im Rahmen ihrer Selbstverwaltung getroffene Entscheidung lasse weder Sachwidrigkeit noch Willkür erkennen, so daß sie für ihre Mitglieder und für die Gerichte verbindlich sei. Wenn der Kläger trotzdem Elektrokardiogramme gefertigt habe, obwohl es sich hier um eine ärztliche Tätigkeit handele, die nicht in den Rahmen seiner Fachzulassung falle, könne er hierfür keine kassenärztliche Vergütung beanspruchen. Ein Anspruch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Herkommens (Observanz) sei schon deshalb zu verneinen, weil ihm nur vier Jahre lang EKG-Leistungen vergütet worden seien, von einer für die Bildung von Gewohnheitsrecht erforderlichen lange dauernden Übung somit keine Rede sein könne. Zudem habe ihm die Beklagte bereits 1958, also nicht ganz drei Jahre, nachdem er EKG-Leistungen abgerechnet habe, ihre seinem jetzigen Begehren entgegenstehende Rechtsmeinung bekanntgegeben. Seine Ankündigung vom 8. November 1954, daß er beabsichtige, eine EKG-Anlage anzuschaffen, und das Schweigen der Beklagten hierauf sowie der Umstand, daß sie EKG-Leistungen vier Jahre lang vergütet habe, stellten keinen rechtsbegründenden Tatbestand für den strittigen Anspruch dar. Dem Kläger sei zu keiner Zeit durch Verwaltungsakt oder sonstige verbindliche Erklärung seitens der Beklagten die Berechtigung erteilt worden, in seiner Kassenpraxis EKG-Untersuchungen auszuführen. Die Honorarzahlung sei ein rein tatsächlicher Vorgang und kein Verwaltungsakt. Hieraus lasse Sich jedenfalls kein Rechtsanspruch auf künftige Honorarzahlungen herleiten, auch wenn der Kläger dies erwartet habe. Da dem Kläger kein kassenärztlich begründetes Recht genommen worden sei, liege kein enteignungsgleicher Eingriff (Art. 14, 19 GG) darin, daß die Beklagte die Honorierung der EKG-Leistungen ab Jahresbeginn 1960 ablehne.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat zur Begründung seines Rechtsmittels durch seine Bevollmächtigten vortragen lassen: Die Verwaltungsakte der Beklagten verletzten Artikel 14 und 19 GG und seien daher verfassungswidrig. Der im Rahmen ihrer Selbstverwaltung von der Beklagten gefaßte Beschluß, auf den sich die angefochtenen Verwaltungsakte stützten, stehe im Widerspruch zu Artikel 12 GG. Die Facharztordnung besage nichts darüber, welcher Fachrichtung die Ausführung von EKG-Untersuchungen zuzurechnen sei; insoweit bestehe noch heute in der Bundesrepublik eine unterschiedliche Handhabung. Eine Regelung dieser Frage könne zur Vermeidung einer Rechtszersplitterung und Rechtsunsicherheit nicht durch einen Akt der Selbstverwaltung auf kleinerer Bezirksebene erfolgen, sondern müsse dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Die Berufsordnungen von 1937 und 1960 befaßten sich nicht mit der Frage, daß EKG-Untersuchungen nur bestimmten Facharztgruppen vorbehalten seien. Es möge im Interesse der Allgemeinheit liegen, daß der Facharzt sich bei der Heilbehandlung auf sein Fachgebiet beschränke. Das EKG sei jedoch eine Erkenntnisquelle, die jedem Arzt zugänglich sein müsse. Durch die Beschlüsse der Selbstverwaltungsgremien, auf die sich die Beklagte berufe, würden technische Hilfsmittel einem bestimmten Ärztekreis vorbehalten. Dies stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung dar. Abgesehen davon habe sich die neue ärztliche Erkenntnis, die in jenen Beschlüssen zum Ausdruck gekommen sei, erst zu einer Zeit durchgesetzt, als dem Kläger bereits jahrelang EKG-Leistungen honoriert worden seien. Für den Kläger stelle sich diese in seine Verhältnisse ändernd eingreifende Regelung als ein enteignungsgleicher Eingriff dar. Da die Beklagte eine Entschädigung nicht vorgesehen habe, seien jene Beschlüsse ihrer Selbstverwaltungsgremien nach Artikel 19 GG verfassungswidrig. Der Kläger habe sich überdies ein Anrecht auf Honorierung seiner EKG-Leistungen erworben, denn er habe sich die EKG-Anlage im Vertrauen darauf angeschafft, daß seine EKG-Leistungen honoriert würden. Durch die jahrelange Vergütung dieser Leistungen sei sein Vertrauen auch bestätigt worden; die Beklagte habe deren Honorierung zunächst selbst als rechtlich unbedenklich angesehen. Die nachträgliche Änderung ihrer Rechtsauffassung könne nicht dazu führen, dem Kläger künftig die Vergütung dieser Leistungen zu versagen.
Die Beklagte hält das Urteil des Vordergerichts für zutreffend.
Der Kläger hat beantragt,
die Entscheidung der Vorinstanzen sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. November 1959 und 17. März 1960 - diesen Bescheid allerdings nur, als in ihm die Honorierung der EKG-Leistungen des Klägers ab 1. Januar 1960 versagt worden sei -, ferner den Widerspruchsbescheid aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger EKG-Leistungen zu honorieren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die - durch Zulassung statthafte (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) - Revision ist nicht begründet.
Der Kläger ist der Meinung, daß die Beklagte ungeachtet des Beschlusses ihrer Vertreterversammlung vom 23. September 1959 nach wie vor verpflichtet sei, die im Rahmen seiner Kassenpraxis getätigten EKG-Leistungen zu honorieren. Er hält die Entscheidungen der Beklagten vom 4. November 1959, 17. März 1960 und 12. September 1960, die ihm sein behauptetes Recht, EKG-Leistungen abzurechnen, vorenthalten, für rechtswidrig, insbesondere für verfassungswidrig. Dies ist indessen nicht der Fall. Wie der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (BSG 2, 201, 215), handelt es sich bei der Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit um die Erfüllung einer besonderen öffentlich-rechtlichen Aufgabe im Rahmen des ärztlichen Berufs. Für die kassenärztliche Tätigkeit besteht somit eine Bindung an die allgemein-ärztlichen Grundsätze über die Ausübung des Arztberufs. Dies hat zur Folge, daß ein Arzt, der Versicherte der RVO- oder Ersatzkassen behandeln will, entsprechend dem allgemeinärztlichen Berufsrechts nur als praktischer Arzt oder als Facharzt eines der Fachgebiete, die in den ärztlichen Berufsordnungen genannt sind, zugelassen oder beteiligt werden kann.
Das ärztliche Berufsrecht ist in der Reichsärzteordnung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1433) sowie in der Berufsordnung für die deutschen Ärzte vom 5. November 1937 (Deutsches Ärzteblatt S. 1031) erstmals reichseinheitlich kodifiziert gewesen. Nach 1945 ist es in den im Gebiet der jetzigen Bundesrepublik gebildeten Ländern teilweise geändert worden. Aber auch soweit die Berufsordnung für die deutschen Ärzte aus dem Jahre 1937 zunächst unverändert weitergegolten hat wie in Rheinland-Pfalz, ist sie mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht etwa nach Artikel 125 GG Bundesrecht geworden, vielmehr Landesrecht geblieben. Die Zuständigkeit des Bundes zur konkurrierenden Gesetzgebung nach Artikel 74 Nr. 19 GG beschränkt sich nämlich auf die "Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen". Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BverfG 4, 74, 83) ist diese Verfassungsvorschrift wortgetreu auszulegen. Dies bedeutet, daß unter den Begriff "Zulassung zum ärztlichen Heilberuf" nur Bestimmungen über die Erteilung, die Zurücknahme und das Ruhen der ärztlichen Bestallung sowie über die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufes, ferner Strafvorschriften zum Schutz der ärztlichen Berufsausübung fallen. Mit der Regelung dieser Fragen hat sich die Bundesärzteordnung vom 2. Oktober 1961 (BGBl. I, 1857) im wesentlichen auch nur befaßt. Fragen der Berufsvertretung, der Berufspflichten und der Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte sind nach 1945 dagegen, teilweise abweichend von der Reichsärzteordnung, in den sogenannten Kammergesetzen der einzelnen Länder geregelt worden. Diese Gesetze stimmen allerdings inhaltlich insofern überein, als sie, wie schon § 14 der Reichsärzteordnung es den ärztlichen Berufsvertretungen überlassen haben, die ärztlichen Berufspflichten in Berufsordnungen (die Facharztordnungen jeweils mit einschließen) verbindlich zu regeln. Für das Land Rheinland-Pfalz ist dies durch § 8 Abs. 3 des Landesgesetzes über die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Apotheker und Tierärzte vom 1. April 1953 (GVBl. der Landesregierung Rheinland-Pfalz S. 33, 34) geschehen. Aufgrund dieser Vorschrift hat die Landesärztekammer von Rheinland-Pfalz am 16. Januar 1960 die Berufsordnung für die Ärzte in Rheinland-Pfalz erlassen; sie ist am 1. Februar 1960 in Kraft getreten. Die nach 1945 von den verschiedenen Landesärztekammern erlassenen Berufs- und Facharztordnungen sind in ihrem wesentlichen Inhalt einander angeglichen; sie lehnen sich nämlich weitgehend an das von der Bundesärztekammer empfohlene Muster einer Berufs- und Facharztordnung (vgl. Ä. M. 1956, 943; 1962, 2323) an.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß im Bereich der Beklagten, der nur einen Teil des Bundeslandes Rheinland-Pfalz umfaßt, bis zum 31. Januar 1960 die Berufsordnung für die deutschen Ärzte vom 5. November 1937 gegolten hat und seitdem die Berufsordnung für die Ärzte in Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 1960 rechtswirksam ist. In beiden Berufsordnungen ist die Bezeichnung des Facharztes für Röntgenologie und Strahlenheilkunde zugelassen (§ 29 Abs. 2 Nr. 14, § 30 Abs. 2 Nr. 15). § 33 der Berufsordnung für die deutschen Ärzte bestimmt, daß der Facharzt grundsätzlich - mit Ausnahme von Sonntags-, Nachts- und Bereitschaftsdienst sowie ehrenamtlicher Tätigkeit - von der Ausübung einer allgemein-ärztlichen Tätigkeit ausgeschlossen ist und er sich im wesentlichen auf sein Fachgebiet beschränken muß. Die grundsätzliche Beschränkung des Facharztes auf sein Fachgebiet normiert auch § 37 der Berufsordnung vom 16. Januar 1960. Diese Begrenzung der Facharzttätigkeit muß angesichts der Gebundenheit der kassenärztlichen Tätigkeit an die Normen des allgemein - ärztlichen Berufsrechts auch gelten, soweit der Facharzt in seiner Eigenschaft als Kassenarzt tätig wird. Zudem bestimmt die Satzung der Beklagten in § 4 Abs. 1 ausdrücklich, daß ihre ordentlichen Mitglieder "unter Berücksichtigung der Vorschriften der Berufs- und Facharztordnung" an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen.
Die beiden bereits genannten Berufsordnungen schränken -entgegen der Meinung des Klägers - die Berufsausübung des Facharztes nicht in verfassungswidriger Weise ein. Als Regelungen der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG), die die Freiheit der Berufswahl nicht beeinflussen, sind sie schon dann nicht verfassungswidrig, wenn vernünftige Gründe des Gemeinwohls für ihren Erlaß gegeben sind und sie für den von ihnen betroffenen Personenkreis zumutbar und nicht übermäßig belastend sind (BVerfG 7, 377, 406; 11, 30, 42; 13, 181, 187; 16, 286, 297, 299). Die grundsätzliche Beschränkung der Berufstätigkeit des Facharztes auf sein Fachgebiet liegt indessen im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege (vgl. Entscheidung des Bayer. Verfassungsgerichtshofs vom 4. Juli 1952 - BVerfGH 5, 161, 165). Sie dient sowohl den Belangen der sich in ihren ärztlichen Kenntnissen und Behandlungsmethoden auf ein bestimmtes Gebiet der Heilkunde konzentrierenden Ärzte als auch ihrer Patienten. Von einem Arzt, der die Öffentlichkeit durch Führung einer Facharztbezeichnung auf seine besonderen Fachkenntnisse hinweist, muß gefordert werden, daß er sich im besonderen Maße über die Fortschritte der ärztlichen Wissenschaft auf seinem Fachgebiet unterrichtet hält und in ihnen laufend gründliche Erfahrungen sammelt. Dieser Forderung kann der Facharzt aber nur dann in einem den Bedürfnissen seiner Kranken genügendem Maße gerecht werden, wenn er sich - wie die Facharztordnung dies vorschreibt - auf sein Fachgebiet beschränkt (vgl. Entscheidung des Bayer. Verfassungsgerichtshofs vom 6. Juli 1961 - ÄM 1961, 2359, 2361).
Zwar ist nach Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG die Berufsausübung durch "Gesetz" zu regeln (vgl, hierzu Weissauer-Poellinger: Ist eine Regelung der ärztlichen Berufspflichten durch Berufsordnungen der Ärztekammern mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar? Deutscher Ärzte-Verlag, Köln-Berlin, 1961). Soweit es sich - wie bei der Berufsordnung für die deutschen Ärzte - um vorkonstitutionelles Recht handelt, bedarf es keines formellen Gesetzes (BVerfG 9, 63, 70). Dies wird jedoch von Berufsausübungsregelungen verlangt, die nach Inkrafttreten des GG erlassen worden sind (v. Mangold-Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl., S. 386; Lerche, DVBl. 1958 S. 524 ff). Als Gesetz im Sinne des Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG reichen aber nach weit verbreiteter Meinung Ermächtigungsvorschriften aus, soweit sie den Anforderungen des Artikel 80 Abs. 1 GG genügen (BVerwG 10, 164; Hamann, Das Grundgesetz, S. 152; Bachof in "Die Grundrechte", herausgegeben von Bettermann-Nipperdey-Scheuner, Bd. III S. 211; noch weniger strenge Anforderungen stellt Menger, Verwaltungsarchiv, 1964 S. 73). Allerdings betrifft Artikel 80 Abs. 1 GG den Erlaß von Rechtsverordnungen durch Organe der Exekutive. § 8 Abs. 3 des bereits erwähnten Kammergesetzes von Rheinland-Pfalz räumt dagegen Körperschaften des öffentlichen Rechts die Befugnis ein, die Berufsausübung bestimmter freier Berufe durch eigene Rechtsetzung zu regeln. Es kann dahinstehen, ob aus Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 GG überhaupt Analogieschlüsse auf die Rechtsetzungsbefugnis einer autonomen Körperschaft des öffentlichen Rechts gezogen werden können (verneinend Maunz-Dürig, aaO, Anm. III zu Art. 80 GG mit der Begründung, daß mit dem Begriff der juristischen Person des öffentlichen Rechts deren Berechtigung zur Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten regelmäßig verbunden sei und bei deren Rechtsetzung die Gewaltentrennung nicht durchbrochen, sondern die Rechtsetzungsbefugnis innerhalb der Legislative nur auf andere demokratische Gremien verlagert werde). Selbst wenn bei Regelungen der Berufsausübung Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 GG auf die Rechtsetzungsbefugnisse öffentlich-rechtlicher Körperschaften im Hinblick darauf, daß nach Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG die Berufsausübung durch "Gesetz" zu regeln ist, entsprechend anzuwenden sein sollte, wird § 8 Abs. 3 des Kammergesetzes von Rheinland-Pfalz den nach dieser Verfassungsnorm an eine Ermächtigungsvorschrift zu stellenden Anforderungen gerecht. Die in dieser landesrechtlichen Vorschrift den Berufsvertretungen der Ärzte von Rheinland-Pfalz eingeräumte Ermächtigung, eine Berufs- und Facharztordnung zu erlassen, ist nach Inhalt, Zweck und Ausmaß ausreichend bestimmt (vgl. hierzu BVerfG 1, 14, 60; 2, 307, 334); nach herkömmlicher Ansicht umfaßt sie die Regelung der allgemeinen Rechte und Pflichten des Arztes sowie die besonderen des Facharztes. Darin erschöpft sich auch die Berufsordnung für die Ärzte von Rheinland-Pfalz. Jene Ermächtigungsvorschrift genügt daher den Anforderungen an ein "Gesetz", welches die Berufsausübung nach Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG regeln kann. Die in der Berufsordnung normierte, dem herkömmlichen Standesdenken der Ärzte entsprechende, im öffentlichen Interesse gebotene Beschränkung des Facharztes auf sein Fachgebiet hat überdies keine Auswirkungen auf die verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheit der Berufswahl, Bedenken verfassungsrechtlicher Art bestehen gegen sie daher nicht.
Sowohl in der Berufsordnung für die deutschen Ärzte als auch in der für die Ärzte in Rheinland-Pfalz nunmehr geltenden Berufsordnung ist über Umfang und Grenzen der hier genannten ärztlichen Fachgebiete nichts näheres bestimmt. Im Streitfall haben daher die Gerichte den Begriff Fachgebiet auszulegen. Für das Fachgebiet "Röntgenologie und Strahlenheilkunde" ergibt sich dessen Umfang schon aus der Wortfindung. Wie das LSG Niedersachsen (zu vgl. Ä. M- 1964, 1415, 1416) zutreffend entschieden hat, handelt es sich bei der Röntgenologie und Strahlenheilkunde um die Anwendung von Röntgenstrahlen oder Strahlen anderer Art durch den Arzt zu diagnostischen oder Heilzwecken; die Elektrokardiographie stellt dagegen eine diagnostische Methode zur Aufzeichnung der Aktionsströme des Herzens unter Benutzung der Elektrizität dar. Für die "Ständige Konferenz der Facharztausschußvorsitzenden der Landesärztekammern" - das Expertengremium der Bundesärztekammer für das Facharztwesen in der alle Landesärztekammern vertreten sind - sind aus ärztlicher Sicht zur Frage, ob Röntgenfachärzte Elektrokardiogramme ausführen und auswerten dürfen, folgende Gesichtspunkte maßgeblich gewesen (vgl. die in den Akten der Beklagten befindliche Niederschrift über die Sitzung der ständigen Konferenz der Facharztausschußvorsitzenden der Landesärztekammern vom 20.4.1960)
Ein EKG könne nur im Zusammenhang mit dem Ergebnis klinischer Untersuchungen ausgewertet werden um zu einer umfassenden Diagnose zu gelangen. Die röntgenologische Darstellung des Herzens zusammen mit der im EKG aufgezeichneten Herzstromkurve könne keinesfalls als ausreichendes Diagnostikum eines in den vielfältigsten Formen auftretenden Bildes einer Erkrankung des Herzens angesehen werden. Die hierzu noch erforderlichen klinischen Untersuchungsmethoden gehörten jedoch eindeutig nicht zum Fachgebiet Röntgen- und Strahlenheilkunde. Ärzte dieses Fachgebietes seien daher aufgrund der Berufsordnung nicht berechtigt, Elektrokardiogramme zu erstellen und auszuwerten. Die Ständige Konferenz der Facharztausschußvorsitzenden hat bei ihrer Meinungsbildung die von ihr eingeholten Stellungnahmen der "Arbeitsgemeinschaft der Laboratoriumsärzte Deutschlands", der" Deutschen Röntgengesellschaft" und der "Deutschen Gesellschaft für innere Medizin" verwertet. Ihre Auffassung hat in der Ärzteschaft ganz überwiegend Zustimmung gefunden. Dies ergibt sich auch aus dem vom Kläger abschriftlich vorgelegten Urteil des SG Frankfurt vom 12. Juni 1963, in dem ein von diesem Gericht eingeholtes Gutachten des Leiters der Röntgenabteilung der Chirurgischen Universitätsklinik Frankfurt/Main vom 6. Februar 1963 inhaltlich wiedergegeben ist. Dieser Gutachter vertritt ebenfalls die Ansicht, daß die Verbindung von Röntgenologie und Elektrokardiographie veraltet ist. Der durch seine ehrenamtlichen Richter fachkundig zusammengesetzte Senat trägt keine Bedenken, sich dieser Meinung anzuschließen.
Schwierigkeiten bereitet, wie der Kläger zutreffend dargetan hat, allein noch die Frage, ob die Ärzte, die bereits EKG-Leistungen ausgeführt haben, bevor jene ärztliche Ansicht sich durchgesetzt hat, eine Art Besitzstand für sich beanspruchen können. Die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz hat für solche Fälle keine Übergangsregelung getroffen. Es ist zuzugeben, daß eine derartige Regelung, die nur genereller Art sein könnte, kaum jedem einzelnen Fall gerecht werden würde.
Aus der Fassung des § 37 Abs. 2 der Berufsordnung für die Ärzte in Rheinland-Pfalz, daß sich Fachärzte grundsätzlich auf ihr Fachgebiet beschränken müssen, kann nicht auf eine zwingende Verpflichtung der zuständigen ärztlichen Berufsvertretung geschlossen werden, eine Übergangsregelung für solche Fachärzte zu erlassen, die von einer erst nach einer geraumen Zeit eingetretene Festigung der allgemein-ärztlichen Anschauung, welchem Fachgebiet etwa eine neu eingeführte Sachleistung zuzurechnen ist, betroffen worden sind. Der - fachkundig besetzte - Senat legt das Wort "grundsätzlich" in jener Bestimmung dahin aus, daß angesichts der Vielgestaltigkeit der dem Arzt in seiner täglichen Praxis unterkommenden Behandlungsfälle eine starre Grenze zwischen den einzelnen ärztlichen Fachgebieten nicht gezogen werden kann, vielmehr aus Bedürfnissen der Praxis eine gewisse Toleranzbreite zugestanden werden muß. Eine fortdauernde fachärztliche Tätigkeit außerhalb der Grenzen des Fachgebietes ist jedoch nicht zulässig.
Was nun den Kläger betrifft, darf nicht übersehen werden, daß nicht nur allgemein, sondern gerade auch in der für ihn zuständigen Bezirksvereinigung Trier der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, die ebenso wie diese die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt (§ 4 Abs. 2, 5 des bereits erwähnten Landesgesetzes vom 1. April 1953), schon im Herbst 1958 - also 2 3/4 Jahre, nachdem der Kläger in seiner Praxis mit der Ausführung von EKG-Leistungen begonnen hatte, sich die Überzeugung gebildet hatte, daß diese Art von Leistungen nicht in das Fachgebiet der Röntgenologie gehört, ferner daß die Beklagte den Kläger hierauf und damit auf die Unzulässigkeit seiner Behandlungsweise ausdrücklich hingewiesen hat. Trotzdem hat die Beklagte die von ihm weiterhin ausgeführten und abgerechneten EKG-Leistungen noch mehr als ein Jahr lang honoriert. Die Zeitspanne von insgesamt vier Jahren wird im allgemeinen auch ausreichend sein, um die Anschaffungskosten einer EKG-Anlage im wesentlichen abzudecken. Mehr kann der Kläger aber billigerweise nicht verlangen.
Der Kläger überschreitet die Grenzen seines Fachgebietes, wenn er nach wie vor Elektrokardiogramme anfertigt und auswertet, obwohl diese Art von Sachleistungen nicht zu seinem Fachgebiet gehört. Da er als Facharzt für Röntgenologie und Strahlenheilkunde zugelassen und beteiligt ist, wirkt sich die Beschränkung seines Fachgebiets auf seine Tätigkeit für die RVO - und Ersatzkassen dahin aus, daß ärztliche Leistungen an Versicherte außerhalb seines Fachgebiets nicht als kassenärztliche bzw. vertragsgerechte Leistungen angesehen werden können, somit von der KÄV grundsätzlich nicht honoriert zu werden brauchen. Die Beklagte hat dem Kläger daher zu Recht - nach Ablauf einer angemessenen Übergangszeit - die ab 1. Januar 1960 begehrte weitere Honorierung seiner EKG-Leistungen versagt. Ob ihre Verwaltungsakte sich allerdings auf den Beschluß ihrer Vertreterversammlung vom 23. September 1959 stützen können, was zur Voraussetzung hätte, daß dieser Beschluß innerhalb des gesetzlichen Aufgabenbereichs der Beklagten ergangen ist, bedarf vorliegendenfalls keiner Entscheidung, da die Verwaltungsakte der Beklagten aus Gründen des allgemein-ärztlichen Berufsrechts als rechtmäßig anzusehen sind. Der Kläger kann gegen die Beklagte für seine nach dem 31. Dezember 1959 getätigten EKG-Leistungen auch nicht aus anderen Gründen rechtlicher Art Honoraransprüche geltend machen.
Entgegen seiner Meinung hat der Kläger dadurch, daß die Beklagte vier Jahre lang seine EKG-Leistungen honoriert hat, kein wohlerworbenes Recht auf Abrechnung und Vergütung dieser Art von Leistungen für alle Zukunft erlangt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BSG 5, 40, 45) genießt allerdings das durch Zulassung begründete Recht auf Ausübung der Kassenpraxis Eigentumsschutz nach Artikel 14 GG. Indessen muß der Kassenarzt, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat (BSG 20, 52, 57), grundsätzlich als Konkretisierung der Eigentumsbindung im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG Veränderungen seiner Rechte und Pflichten durch den Gesetzgeber hinnehmen, selbst wenn sie eine Schlechterstellung gegenüber seinem bisherigen Rechtsstand zur Folge haben, vorausgesetzt, daß das verbürgte Grundrecht in seinem Wesensgehalt nicht angetastet wird (Art. 19 Abs. 2 GG). Dies gilt angesichts der ausgeprägten Sozialpflichtigkeit des Status des Kassenarztes auch für möglicherweise eintretende Einbußen wirtschaftlicher Art wie sie beispielsweise durch einen Wandel der ärztlichen Auffassung über die Abgrenzung eines ärztlichen Fachgebiets bedingt sein können. Der Kassenarzt genießt insofern keinen Schutz seines Vertrauens in den unveränderten Bestand seines Rechts. Es ist daher grundsätzlich ohne rechtliche Bedeutung, daß er sich hierauf - etwa durch Anschaffung einer entsprechenden Apparatur - eingerichtet hat. Die Ausführungen der Revision über die Entschädigungspflicht der Beklagten wegen Vorliegens eines enteignungsgleichen Eingriffs (zu vgl. BGHZ 32, 208; Schack in JZ 1960, 625) sind somit unbehelflich.
Das Berufungsgericht hat ferner zutreffend ausgeführt, daß der Kläger kein Recht auf weitere Vergütung von EKG-Leistungen aus dem Rechtsgedanken des Herkommens hat. Voraussetzung hierfür wäre, daß sich eine langjährige Überzeugung herausgebildet hätte, die Ausführung und Auswertung von Elektrokardiogrammen durch Röntgenfachärzte sei rechtens. Gerade dies ist aber nicht der Fall gewesen.
Schließlich kann der Kläger auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes aufgrund vorangegangener Maßnahmen der Beklagten fernerhin die Abrechnung und Vergütung von EKG-Leistungen beanspruchen. Wie das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt hat, hat die Beklagte zu keiner Zeit durch Verwaltungsakt dem Kläger die Ausführung von EKG-Leistungen, was deren Vergütung seitens der Beklagten zwangsläufig in sich schließen würde, ausdrücklich gestattet. Es bedarf daher keiner Ausführungen darüber, ob der Ansicht des SG Schleswig (Breithaupt-Sammlung 1957, 103) zu folgen ist, daß eine einem Kassenarzt einmal erteilte Genehmigung zur Ausführung von EKG-Leistungen nur aus besonderen Gründen widerrufen werden kann. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger seine EKG-Anlage auch nicht etwa im Vertrauen auf eine ihm erteilte bindende Zusicherung der Beklagten, daß er zur Ausführung von EKG-Leistungen berechtigt sei, angeschafft. Bei seinem am 8. November 1954 an die Beklagte gerichteten Schreiben handelt es sich um einen Bericht, in dem der Kläger ausführlich die ersten vier Jahre des Aufbaues seiner Praxis geschildert und zum Ausdruck gebracht hat, daß er sich aus wirtschaftlichen Gründen eine EKG-Anlage noch nicht habe einrichten können. Das LSG hat sonach ohne Rechtsirrtum angenommen, daß der Zweck dieses Schreibens nicht der gewesen ist, von der Beklagten eine verbindliche Zusage zu erhalten, so daß das Schweigen der Beklagten auf dieses Schreiben des Klägers ohne rechtliche Bedeutung ist. Der Kläger hat sich seine EKG-Anlage vielmehr auf sein eigenes Risiko, wie es einem freien Beruf eigen ist, gekauft. Er mag zwar, nachdem die Beklagte zunächst einige Jahre lang seine EKG-Leistungen honoriert hatte, darauf vertraut haben, daß dies auch künftig der Fall sein werde, und gehofft haben, auf diese Weise die Anschaffungskosten der Anlage abdecken zu können. Ein - rechtliche Folgen nach sich ziehendes - schutzwürdiges Interesse des Klägers hätte aber nur dann vorgelegen, wenn der Kläger auf ein entsprechendes Verhalten der Beklagten sich die kostspielige EKG-Einrichtung gekauft hätte und diese am Jahresende 1959 noch nicht amortisiert gewesen wäre, dem Kläger somit durch Maßnahmen der Beklagten ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher Nachteil entstanden wäre und dem Kläger nicht zugemutet werden könnte, diesen Schaden selbst zu tragen. Diese Voraussetzungen sind indessen hier nicht gegeben. Der Kläger als ein mitten im Berufsleben stehender, dessen ständige Wandlungen nahezu täglich erfahrender Mann hat nicht damit rechnen können, daß die seinen wirtschaftlichen Interessen zunächst günstige Auffassung über die Grenzen des Fachgebiets Röntgen- und Strahlenheilkunde unwandelbar sein werde.
Somit war zu erkennen, wie geschehen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen