Leitsatz (amtlich)

Eine "besondere Härte" iS von § 89 BVG liegt für eine Versorgung nach dem SVG nicht darin, daß nach § 83 Abs 2 S 1 SVG der später als ein Jahr nach der Entlassung aus dem Wehrdienst gestellte Antrag nicht zurückwirkt; dies gilt auch dann, wenn der Versorgungsberechtigte von seinem wehrdienstbedingten Leiden erst nach Ablauf der Jahresfrist Kenntnis erlangt hat.

 

Leitsatz (redaktionell)

Änderung des SVG § 83 durch 3. NOG-KOV BVG § 89:

Die Änderung des SVG durch das 3. NOG-KOV, bei der nach den Gesetzesmaterialien auch der Fall verspäteten Erkennens der Wehrdienstbeschädigung bedacht worden ist, hat die Anspruchsvoraussetzungen verbessert und erübrigt in großem Umfang Härteregelungen.

Diese Gesetzesregelung kann nicht insoweit, als sie im Einzelfall für den Betroffenen ungünstiger ist als die Verwaltungsübung vor dem Inkrafttreten des 3. NOG-KOV (vgl Rdschr des BMA vom 1968-07-24 = BVBl 68, 124) als eine "besondere Härte" gewertet werden.

Der früheren Verwaltungsübung ist mit dem Inkrafttreten des 3. NOG-KOV der Boden entzogen worden.

 

Normenkette

BVG § 89; KOVNOG 3

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 9. November 1971 aufgehoben, soweit es den Bescheid vom 8. November 1971 betrifft; auch insoweit wird die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger leistete von Januar 1964 bis 30. Juni 1965 Bundeswehrdienst. Auf seinen Antrag vom August 1967 bewilligte ihm das Versorgungsamt mit vorläufigem Bescheid vom 4. Juli 1968 wegen "Lungentuberkulose" als Wehrdienstbeschädigung (WDB) i. S. der Verschlimmerung ab 1. August 1967 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v. H., lehnte aber den Antrag ab, dem Kläger bereits am 1. Juli 1965 Rente zu gewähren, weil damals eine meßbare MdE durch die Lungentuberkulose nicht vorgelegen habe. Während des Vorverfahrens erhielt der Kläger einen Ausgleich nach § 85 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) für Juni 1965 entsprechend einer MdE um 70 v. H.. Mit dem Widerspruch trug der Kläger vor, er sei bereits im Zeitpunkt der Entlassung aus dem Wehrdienst krank und erwerbsunfähig gewesen. Erst 1967 habe er erfahren, daß er an einer Tuberkulose leide, die bereits während des Wehrdienstes bestanden habe, und habe daher die verspätete Antragstellung nicht zu vertreten. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 19. November 1968).

Mit der Klage begehrte der Kläger eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand", weil die MdE bereits im Juni 1965 70 v. H. betragen habe.

Das Sozialgericht (SG) änderte den Bescheid vom 4. Juli 1968 und den inzwischen ergangenen Teil-Neufeststellungsbescheid vom 8. September 1969 ab, hob den Widerspruchsbescheid auf, stellte fest, daß der Vorbehalt im Bescheid vom 4. Juli 1968 nicht zu Recht bestehe, und verurteilte die Beklagte, weitere Wehrdienstbeschädigungen anzuerkennen und -auf den Hilfsantrag des Klägers - einen Verwaltungsakt über die Gewährung eines Ausgleichs an Stelle einer Beschädigtenrente für die Zeit vom 1. Juli 1965 bis 31. Juli 1967 zu Gunsten des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen; bezüglich eines Rechtsanspruchs auf Versorgung für die Vergangenheit wies es die Klage ab (Urteil vom 11. Dezember 1969). Nach der Begründung kann dem Kläger ein Ausgleich wegen einer sich durch das Gesetz ergebenden besonderen Härte nicht versagt werden. Mit Bescheid vom 8. November 1971 lehnte das Versorgungsamt auch die Gewährung von Versorgung im Wege des Härteausgleichs für die Zeit vom 1. Juli 1965 bis 31. Juli 1967 unter Hinweis auf § 83 Abs. 2 SVG i. d. F. des 3. NOG ab. Der Kläger nahm vor dem Landessozialgericht (LSG) ein Teilanerkenntnis der Beklagten über die Neuformulierung der WDB an und erklärte, daß er den Bescheid vom 23. Februar 1971, durch den sein Versorgungsanspruch ab 1. August 1967 endgültig festgestellt worden war, nicht anfechte.

Das LSG hob auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten, die sich vor allem gegen die Gewährung eines Härteausgleichs richtete, das Urteil des SG auf und wies die ursprüngliche Klage in vollem Umfang ab. Auf Antrag des Klägers hob es jedoch den Bescheid der Beklagten vom 8. November 1971 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger über die Bewilligung eines Härteausgleichs für die Zeit vom 1. Juli 1965 bis 31. Juli 1967 einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Das LSG führte aus: Die Berufung der Beklagten richte sich nur noch gegen die Verurteilung zum Erlaß eines Verwaltungsaktes über die Gewährung eines Härteausgleichs. Sie sei begründet, weil diese Klage mangels eines Verwaltungsaktes unzulässig gewesen sei. Da die Beklagte aber mit dem Bescheid vom 8. November 1971 die früheren Verwaltungsakte gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergänzt, d. h. abgeändert habe, sei dieser Bescheid Gegenstand des Verfahrens geworden und gelte als mit der Klage angefochten. Die Beklagte habe mit diesem Verwaltungsakt die Gewährung eines Härteausgleichs zu Unrecht abgelehnt. Aus dem in § 83 Abs. 2 SVG geregelten Versorgungsbeginn ergebe sich nicht, daß eine entsprechende Anwendung des § 89 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nicht möglich sei. Auch der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) habe im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Verteidigung (BMV) bis zum Inkrafttreten des 3. NOG im Rahmen des § 80 SVG der Gewährung von Härteausgleich nach § 89 BVG unter bestimmten Voraussetzungen in ständiger Verwaltungsübung zugestimmt (Rundschreiben vom 24. Juli 1968, BVBl 1968, 124). Das SVG habe insoweit die nach diesem Gesetz berechtigten Personen gegenüber den direkt unter das BVG fallenden Personen nicht schlechter stellen wollen. Nach der amtlichen Begründung zum 3. NOG solle die Neuregelung Härten vermeiden, die u. a. dann entstünden, wenn der ehemalige Soldat den Versorgungsantrag deshalb verspätet gestellt habe, weil eine WDB erst nach der Entlassung erkannt worden sei. Durch § 83 Abs. 2 Satz 1 SVG sei lediglich der Beginn der Versorgung günstiger als in § 60 Abs. 1 BVG geregelt, aber nicht die bisherige Härteausgleichspraxis beseitigt, soweit sie über die Neuregelung hinausgegangen sei, und nicht jegliche Versorgung für die Zeit vor dem Antrag ausgeschlossen. Die Ablehnung des begehrten Härteausgleichs mit der Begründung, ein solcher komme im Falle des Klägers grundsätzlich nicht in Betracht, stelle daher eine nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG rechtswidrige Entscheidung dar. Nach der gebotenen Aufhebung des Bescheides vom 8. November 1971 habe die Beklagte im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen, inwieweit die Voraussetzungen des § 89 BVG vorliegen, wozu das wirtschaftliche Bedürfnis und die Höhe der schädigungsbedingten MdE gehörten.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte sinngemäß die Verletzung der §§ 80, 83 Abs. 2 Satz 1 SVG und des § 89 BVG. Nach dem Rundschreiben des BMA vom 24. Juli 1968 sei Beschädigten Versorgung nach § 80 SVG in entsprechender Anwendung des BVG nur insoweit zu gewähren, als nach dem SVG keine abweichende Bestimmung geschaffen worden sei. Eine solche sei aber in § 83 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. dadurch gegeben, daß diese Vorschrift in Erweiterung des § 60 BVG den Antrag, der innerhalb eines Jahres nach Entlassung aus dem Wehrdienst gestellt wird, zurückwirken lasse. Diese Regelung schließe aus, § 89 Abs. 1 BVG über § 80 SVG heranzuziehen. Dementsprechend sei nach der Verwaltungsvorschrift Nr. 1 Abs. 2 zu § 80 SVG ein Härteausgleich nur dann zu gewähren, wenn sich eine besondere Härte aus der Anwendung des BVG ergebe. Eine solche Härte könne aber nicht entstehen, weil § 60 BVG durch die Spezialvorschrift des § 83 Abs. 2 Satz 1 SVG ausgeschlossen werde. Der Bescheid vom 8. November 1971 sei daher nicht rechtswidrig.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er führt aus: Er habe erstmals Anfang April 1967 von einem Tbc-Verdacht gehört und habe im August 1967 die Mitteilung erhalten, daß die Krankheit im ursächlichen Zusammenhang mit dem Wehrdienst stehe. Bis zum Rundschreiben des BMA vom 24. Juli 1968 sei allgemein nach der früheren Verwaltungspraxis verfahren worden. Der im August 1967 gestellte Antrag hätte in gleicher Weise beschieden werden müssen. Die Änderung des § 83 SVG schließe die Anwendung des § 89 BVG nicht aus. Zumindest müsse "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" gewährt werden, weil ihn kein Verschulden an der verspäteten Antragstellung treffe.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Im Ergebnis hält sie einen Härteausgleich entsprechend § 89 BVG über die Regelung des § 83 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. SVG hinaus für ausgeschlossen.

II

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision der Beklagten ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1, §§ 164 und 166 SGG). Sie ist auch sachlich begründet.

Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der Bescheid vom 8. November 1971 zum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Die Begründung für die Annahme, dieser Bescheid habe die vorher angefochtenen Verwaltungsakte "ergänzt, d. h. abgeändert", und sei deshalb nach § 96 SGG in das Berufungsverfahren einbezogen, ist allerdings nicht bedenkenfrei; denn die ursprünglich angefochtenen Bescheide vom 4. Juli 1968, 19. November 1968 und 8. September 1969 betrafen lediglich einen Rechtsanspruch, nicht aber einen Härteausgleich, d. h. eine Ermessenleistung (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27. Januar 1967 - 9 RV 796/64 - und BSG 15, 239, 241). Allenfalls kann vom Ergebnis her (BSG SozR Nr. 22 zu § 96 SGG) eine "Ersetzung" L. S. einer unter § 96 SGG fallenden "Bestätigung" angenommen werden (BSG, KOV 1968, 76). Der neue Verwaltungsakt bestätigte die Versagung von Versorgungsleistungen für die Zeit vor dem 1. August 1967 und betraf insoweit, als er Versorgung im Wege des Härteausgleich ablehnte, auch den Streitstoff des anhängigen Rechtsstreits, wie er durch die Anträge der Beteiligten im ersten Rechtszug bestimmt worden war (BSG 5, 13, 16; 10, 103, 107; 11, 146 147). Falls der Bescheid vom 8. November 1971 nicht nach § 96 SGG kraft Klage (BSG 18, 231) Gegenstand des Verfahrens geworden wäre, könnte das für eine selbständige Anfechtung zwingend vorgeschriebene Vorverfahren (§ 80 Nr. 1 SGG; BSG 3, 224, 227; 4, 246; 8, 3, 9), das noch während des Gerichtsverfahrens nachgeholt werden kann (BSG 16, 21, 23 f; 25, 66), als durchgeführt angesehen werden, weil das Landesversorgungsamt (Widerspruchsstelle) im Rechtsstreit als Vertretungsorgan der Beklagten (§ 71 Abs. 5 SGG) abgelehnt hat, den durch Klageergänzung oder -erweiterung (§ 99 Abs. 3 SGG) einbezogenen Verwaltungsakt abzuändern (BSG 20, 199, 200). Gegen die "Verkürzung" des Instanzenweges hat der Kläger im eigenen Interesse zwecks Erledigung des gesamten Streitstoffes auch keine Einwendungen erhoben.

Materiell-rechtlich ist nur noch streitig, ob das LSG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November 1971 hat verurteilen dürfen, dem Kläger über die Bewilligung eines Härteausgleichs für die Zeit vom 1. Juli 1965 bis 31. Juli 1967 einen neuen Bescheid zu erteilen. Das ist nicht der Fall, weil die Beklagte mit dem Bescheid vom 8. November 1971 nicht gegen § 89 BVG verstoßen hat.

Diese Vorschrift ist auch im Rahmen der Versorgung nach § 80 SVG entsprechend anwendbar, wie das LSG mit zutreffender Begründung angenommen hat und die Beigeladene ebenfalls für Rechtens hält. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung kann ein Ausgleich gewährt werden, sofern sich in einzelnen Fällen aus den Vorschriften dieses Gesetzes "besondere Härten" ergeben. Gleiches muß bei der entsprechenden Anwendung auf die Soldatenversorgung nach dem SVG dann gelten, wenn eine "besondere Härte" aus einer anzuwendenden versorgungsrechtlichen Vorschrift folgt. Das ist jedoch hier nicht der Fall.

§ 89 BVG enthält keine unbegrenzte Ermächtigung zur Gewährung von Versorgungsleistungen, sondern ermächtigt nur zu solchen Leistungen, die mit dem System des BVG und SVG vereinbar sind; d. h. ihre Gewährung als Rechtsanspruch, an dem die "besondere Härte" zu messen ist, darf nicht schlechthin ausgeschlossen sein und jedenfalls kein grundlegendes Problem betreffen, das wegen seiner Bedeutung vom Gesetzgeber zu ordnen wäre (BSG SozR Nrn. 3 und 6 zu § 89 BVG; BSG 27, 75, 77 ff; 27, 286, 287 f; 31, 83, 85, 86). Dementsprechend ist § 83 SVG nF mit anderen Vorschriften und mit Grundsätzen des Versorgungsrechts zu vergleichen. In diesem Rechtsgebiet und ganz allgemein im Recht der sozialen Sicherheit hat aber der Antrag grundsätzlich materiell- und verfahrensrechtliche Bedeutung für den Leistungsbeginn (vgl. BSG 7, 118 und Urteil vom 16. März 1973 - 7 RAr 36/72 mit weiteren Nachweisen). Sein Fehlen schließt einen Versorgungsanspruch aus (§ 1 Abs. 1, § 60 Abs. 1 BVG). Demnach fehlt es in den Fällen verspäteter Antragstellung in der Regel an einem Maßstab für eine "besondere Härte" bezüglich der Leistung für die Zeit vor dem Antrag. Insbesondere wäre es in den Fällen, in denen der Gesetzgeber in Übergangsbestimmungen besonderen Umständen Rechnung trägt und den Antrag zurückwirken läßt, mit dem System des Versorgungsrechts nicht vereinbar, eine "besondere Härte" in der Versagung einer weitergehenden Rückwirkung zu sehen. Der BMA hatte nach seinem Rundschreiben vom 24. Juli 1968 bis zum Inkrafttreten des 3. NOG einem Härteausgleich nach § 80 SVG allgemein für die Zeit vor dem Antragsmonat im Wege des Härteausgleichs nach § 89 Abs. 1 BVG zugestimmt, wenn der Soldat die gesundheitlichen Folgen einer WDB zunächst entweder überhaupt nicht oder nicht als solche erkennen konnte, deshalb an einer frühzeitigen Antragstellung gehindert war und innerhalb einer Überlegungsfrist von sechs Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes Versorgung beantragte. Danach hätte auch der Kläger, der alsbald Versorgung beantragte, nachdem ihm die Lungentuberkulose als WDB bekannt wurde, einen Härteausgleich bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen erhalten können. Die Grundlage dieser Verwaltungsübung wurde jedoch durch das 3. NOG beseitigt. Der Fall des Klägers (verspätetes Erkennen der WDB) wurde bei dieser Neuregelung bedacht. Nach der Entwurfsbegründung zum 3. NOG (Bundestagsdrucksache V 1012) sollten durch die Neufassung des § 83 Abs. 2 Satz 1 SVG Härten vermieden werden, die vor allem dadurch entstanden waren, daß der Beschädigte wegen der Gewährung eines Ausgleichs (§ 85 SVG) oder der Einleitung eines WDB-Verfahrens der Meinung sein konnte, dieses Verfahren werde übergeleitet und ohne gesonderten Antrag fortgesetzt, oder weil die WDB als solche erst nach der Entlassung erkannt wurde. Ähnliche Motive legte auch der Ausschuß für Kriegs- und Verfolgungsschäden (7. Ausschuß) in seinem schriftlichen Bericht (Bundestagsdrucksache V 1216, S. 18; zu Drucksache V/1216, S. 13) seiner Stellungnahme zugrunde, als er vorschlug, zur Vermeidung von Härten eine Regelung entsprechend der Vorschrift des § 61 Buchst. a BVG zu schaffen. Durch § 83 Abs. 2 Satz 1 SVG, der in etwa dem § 61 a BVG entspricht, ist für Fälle dieser Art ein Rechtsanspruch an Stelle des Härteausgleichs eingeräumt worden, allerdings mit einer zeitlichen Beschränkung gegenüber der vorhergehenden Verwaltungspraxis; die Leistung für eine zurückliegende Zeit wird von einem Antrag innerhalb eines Jahres ab Entlassung aus dem Wehrdienst abhängig gemacht. Ungeachtet der vielschichtigen Motive des Gesetzgebers für die Neufassung des § 83 Abs. 2 SVG besteht in Zukunft nach dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) bei Berechtigten nach dem SVG kein hinreichender Grund für die Annahme einer "besonderen Härte" über die gesetzliche Regelung hinaus. Der Umstand, daß § 60 Abs. 1 BVG mit der Maßgabe der günstigeren Ausnahmeregelung des § 83 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. SVG auch weiterhin gilt, rechtfertigt es nicht, die Verwaltungsübung, die vor dem Inkrafttreten des 3. NOG hinsichtlich der Gewährung von Härteausgleich bei der Soldatenversorgung bestand, fortzusetzen. Die Gesetzesänderung, die die Anspruchsvoraussetzungen verbessert und Härteregelungen in großem Umfang erübrigt hat, kann nicht insoweit, als sie im Einzelfall für den Betroffenen ungünstiger als die frühere Verwaltungsübung sein mag, als eine "besondere Härte" i. S. von § 89 BVG gewertet werden. Nicht jede einzelne Ausgestaltung einer sozialstaatlichen Leistung ist vor einer ungünstigeren inhaltlichen Regelung geschützt (BSG 15, 71, 74 f); dies gilt um so mehr dann, wenn eine einschränkende gesetzliche Regelung an die Stelle einer weitergehenden Verwaltungsübung tritt. Damit stellt die Ablehnung einer Leistung durch die Beklagte für die Zeit von 1965 bis Ende Juli 1967 keine "besondere Härte" dar, so daß der noch angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig ist.

Bei dieser Rechtslage kommt dem neuen Tatsachenvorbringen der Beklagten, der Kläger erfülle auch die Voraussetzungen für einen Härteausgleich deshalb nicht, weil er bereits im November 1966 durch Dr. N Kenntnis von der Tuberkulose erlangt und erst im August 1967 Versorgungsantrag gestellt habe - was überdies in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann -, keine Bedeutung zu.

Da die Beklagte mit Recht dem Kläger einen Härteausgleich nach § 89 BVG versagt hat, mußte das Urteil des LSG aufgehoben werden, soweit es mit der Revision angefochten ist; die Klage ist auch bezüglich des Bescheides vom 8. November 1971 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 87

NJW 1973, 1998

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