Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Februar 1978 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger bei seinem Unfall während der Arbeit infolge Alkoholgenusses in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war.
Der Kläger war am 12. Februar 1975 (Unfalltag) als Zugbegleiter und im Rangierdienst bei der Osthannoverschen Eisenbahn (OHE) eingesetzt. Ab 9.15 Uhr hatte er einen Güterzug von W.… nach P.… zu begleiten (Ankunft: 11.29 Uhr). In der daran anschließenden Pause suchte er die Bahnhofsgaststätte in P.… auf, trat 12.02 Uhr die Rückfahrt an und traf um 13.25 Uhr wieder in W.… ein.
Der Kläger hatte am Unfalltag morgens nicht gefrühstückt und auch nicht zu Mittag gegessen. In P.… hatte er ein Bier und auf der Rückfahrt nach W.… gegen 12.40 Uhr drei Boonekamp sowie eine kleine Schnapsflasche (0,1 l) ausgetrunken. Nach einer betriebsbedingten Pause, in der der Kläger aus seiner Thermosflasche (0,5 l) Tee mit Rum trank, erhielt er 14,20 Uhr einen weiteren Arbeitsauftrag. Er hatte zusammen mit dem Oberlokführer P.… einen bestehenden Zug aufzulösen und einen neuen Zug zu bilden, wofür normalerweise höchstens 40 Minuten aufzuwenden waren. P.… und der Kläger begannen mit den Rangierarbeiten etwa um 15.20 Uhr oder 15.30 Uhr. Sie führten mehrere Rangiervorgänge durch. Als die Lok bei einem weiteren Vorgang mit dem vorgespannten Packwagen, auf dessen rechten vorderen Trittbrett der Kläger stand und durch Rangierzeichen den Abstand zum abgestellten Fz-Wagen signalisierte, diesen fast erreicht hatte, sprang oder stürzte der Kläger auf die Gleise oder auf den Gleisen und wurde vom rechten vorderen Rad des Packwagens am linken Unterschenkel überfahren. Sodann stieß der Packwagen auf den Fz-Wagen, der etwa zwei Wagenlängen von der Rangiereinheit entfernt zum Stehen kam. Die Aufprallgeschwindigkeit wurde mit 1,58 m/sec. oder 5,7 Km/h als im Rangierdienst nicht ungewöhnlich, aber relativ hoch ermittelt. Der Busfahrer B.…, der den Vorgang aus einiger Entfernung beobachtet und dem Lokführer ein Zeichen gegeben hatte, begab sich mit diesem zu der Unfallstelle, wo der Kläger gerade unter dem Packwagen hervorkroch. Der herbeigerufene Arzt Dr. W.… stellte bei vorsichtiger Untersuchung ein Pendeln des linken Fußes fest; eine akut behandlungsbedürftige Blutung bestand nicht. Bei Einlieferung des Klägers in das Krankenhaus W.… um 16.20 Uhr wurde eine hochgradige Zertrümmerung des linken Unterschenkels festgestellt. Nach Schockbehandlung wurde etwa zwei Stunden später der linke Unterschenkel am Übergang vom oberen zum mittleren Drittel amputiert. Da der Kläger bei der Aufnahme stark nach Alkohol gerochen hatte, nach der Schockbekämpfung weitgehend verwirrt geblieben war und sprachlich typische Zeichen eines schwer Betrunkenen aufgewiesen hatte, wurde ihm eine Blutprobe entnommen, die original verschlossen an das Institut für Rechtsmedizin der Universität G.… gesandt wurde. Prof. Dr. B.… ermittelte für die Zeit der Blutentnahme (16.40 Uhr) eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 3,55 pro mille und errechnete für den Unfallzeitpunkt eine solche von 3,61 – 3,71. Im allgemeinen sei bei einer BAK von 3,55 pro mille, so führte er aus, mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit zu rechnen; allerdings seien derartige Wirkungen vom Grad der Alkoholgewöhnung abhängig. Bei hoher Alkoholtoleranz durch langjährigen reichlichen Alkoholgenuß müßten auffällige Trunkenheitszeichen (Bewußtseinsstörung oder Bewußtlosigkeit) nicht bemerkbar sein, wenn auch in solchen Fällen alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zu Unfällen führen könnten. Sichere Angaben zur Kausalität des Unfalles ließen sich im Hinblick auf die nicht sehr ergiebigen Ermittlungen über den Unfallhergang und den Alkoholeinfluß nicht machen. Wenn besondere Erschwernisse des Arbeitsablaufs auszuschließen seien, dürfte der Alkoholeinfluß wahrscheinlich die wesentliche Unfallursache gewesen sein. Eine Blutprobenverwechselung sei unwahrscheinlich. Wahrscheinlich sei vielmehr die Identität der Alkoholprobe mit dem Blut des Klägers.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 27. Januar 1976 eine Unfallentschädigung ab, da Trunkenheit die allein wesentliche Unfallursache gewesen sei. Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 22. September 1976; Urteil des Sozialgerichts -SG- Lüneburg vom 10. März 1977). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Bescheide dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger Verletztenrente zu bewilligen (Urteil vom 28. Februar 1978).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 548 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Unter Hinweis auf BSGE 12, 242 ff und das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. September 1977 – 8 RU 18/77 – (BG 1978, 495 = USK 77214) möchte sie ua den inneren Zusammenhang des Unfalles mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers verneinen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für richtig, erstrebt aber hilfsweise im Wege der Gegenrüge die Zurückverweisung der Sache an das LSG zur weiteren Sachaufklärung hinsichtlich der nach seiner Meinung unkorrekt entnommenen Blutprobe (Verwechslung) für den Fall, daß das Revisionsgericht eine ihm ungünstige materiell-rechtliche Auffassung vertreten sollte.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben. Die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dem Kläger für die Folgen seines Unfalls dem Grunde nach Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zuerkannt. Es hat den Kläger trotz der hohen BAK zur Zeit der Blutentnahme von 3,55 pro mille bei seiner Rangierarbeit im Unfallzeitpunkt für versichert und den ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem schädigenden Ereignis – haftungsbegründende Kausalität – durch die Trunkenheit des Klägers nicht für ausgeschlossen gehalten. Verneint hat es aber den Verlust des Versicherungsschutzes durch Vollrausch und durch eine selbstgeschaffene Gefahr. Dabei hat es allerdings nicht streng und deutlich genug unterschieden zwischen dem Versichertsein des Klägers während seiner Rangierarbeit und dem denkgesetzlich erst darauf aufbauenden ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem schädigenden Unfallereignis (haftungsbegründende Kausalität).
Die in § 547 RVO und § 22 SGB 1 im einzelnen aufgeführten Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung setzen einen Arbeitsunfall voraus. Hier kommt allein ein Arbeitsunfall nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO in Betracht. Nach § 548 Abs 1 Satz 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Dieser gesetzliche Begriff des Arbeitsunfalls, der freilich unscharf ist und sachlich zutreffender als “Unfall, den ein Versicherter infolge einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit erleidet und der zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode führt” zu definieren ist (vgl Bley, Sozialrecht, 2. Aufl, 1977, S. 136, der allerdings nicht zwischen Beschäftigung und Tätigkeit unterscheidet), verlangt als erstes Merkmal einen Unfall und sodann als zweites Merkmal, daß jemand in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist. Wer in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert ist, regeln im einzelnen die Vorschriften der §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO. Die dort genannten Personen sind im Rahmen ihrer gesetzlich umschriebenen Beschäftigungen und Tätigkeiten (vgl dazu allgemein §§ 7, 8, 12 SGB IV) in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Erst wenn diese beiden Merkmale festgestellt sind, haben im weiteren Prüfgang die Erfordernisse des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit als Ursache und dem schädigenden Ereignis (Unfall) als Wirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen dem schädigenden Ereignis (Unfall) als Ursache und dem Schaden als Wirkung (haftungsausfüllende Kausalität) ihren Platz.
Der Kläger war am Unfalltag als Rangierer beschäftigt und deshalb nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO versichert. Versichert ist indes nur derjenige, der seine Arbeit zumindest dem mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechend verrichtet (BSGE 5, 168, 171) und dessen Arbeit dem Unternehmen in irgendeiner Weise aus der Sicht des Arbeitenden noch dienen kann (BSGE 20, 215, 218). Wird diese untere Grenze von dem so Handelnden unterschritten, ist er nicht (mehr) versichert. Derjenige ist nicht (mehr) versichert, der sich durch sein Verhalten von der versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit löst, was herkömmlich mit dem Fehlen des inneren Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit umschrieben und begrifflich als “Lösung vom Betrieb” bezeichnet zu werden pflegt (vgl Bley, aaO, S. 137). Der Unversicherte hat keinen Versicherungsschutz. Dabei ist zu beachten, daß Versichertsein und Versicherungsschutz nicht wesensgleich sind, fehlt doch der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung auch dann, wenn sich eines der übrigen Merkmale des Begriffs des Arbeitsunfalls – Unfall, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität – nicht feststellen läßt. Ist jemand nicht versichert, ist kein Raum mehr für eine Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität.
Eine Arbeit ist insbesondere dann nicht oder nicht mehr dem Unternehmen förderlich, wenn jemand einen alkoholbedingten Vollrausch hat oder das unternehmensbezogene Risiko übermäßig durch eine selbstgeschaffene Gefahr erhöht, so daß es an einer zweckgerichteten Beschäftigung oder Tätigkeit mangelt. Hat der Alkoholgenuß die Folge eines qualitativen oder quantitativen Leistungsabfalls, nicht also des Leistungsausfalls, ist der Handelnde noch versichert. Es ist dann auf die Haftungsbegründende Kausalität einzugehen und zwischen unternehmens- und alkoholbedingten Ursachen im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätsnorm abzuwägen.
Zum Vollrausch und seinen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines unter Alkoholeinfluß stehenden Menschen am Arbeitsplatz hat die Rechtsmedizin, soweit ersichtlich, bisher keine allgemeingültigen und feststehenden Werte aufstellen können. Insbesondere hat sich eine BAK, bei der eine zweckgerichtete Arbeit keinesfalls mehr möglich ist, wissenschaftlich gesichert nicht festlegen lassen. Zwar werden die Stadien der Alkoholintoxikation und die Alkoholwirkungen beschrieben, wobei die Beurteilung der strafrechtlichen Zurechnungsfähigkeit im Vordergrund steht (vgl Schwerd, Kurzgefaßtes Lehrbuch der Rechtsmedizin, 2. überarbeitete Aufl 1976, S. 118; Ponsold, Lehrbuch der Gerichtlichen Medizin, 3. Aufl, 1967, S. 255 ff; Ottes, Dissertation, Mainz 1976, S. 119; Jarosch, Interpretation höherer Blutalkoholwerte, Blutalkohol 1975, S. 192). Danach besteht in der Regel bei einer BAK über 3,5 pro mille schwerste Trunkenheit = Vollrausch (Lebensgefahr, Bewußtseinstrübung, Atemlähmung). Andererseits sind aber auch Fälle ungewöhnlicher Alkoholtoleranz bekannt, die dazu führen, daß trotz hoher BAK nur geringe oder keine Trunkenheitssymptome erkennbar sind (Ottes, aaO). Eine lineare Zuordnung der Volltrunkenheit (Vollrausch) zu einer BAK verbietet sich deshalb auch weiterhin. Diese stellt nur eine chemische Bezugsgröße dar, die keine abschließende Aussage über die Auswirkungen eines Rauschzustandes zuläßt. So sind zwar im Bereich von 2,5 bis 4 pro mille Handlungsfähigkeit, Bewußtseinsstörungen unterschiedlichen Grades, aber auch Todesfälle möglich (Jarosch, aaO, S. 199). Padscheider (Hohe BAK im Straßenverkehr, Blutalkohol 1975, 291) fand bei 6121 BAK-Untersuchungen 163 Proben (2,6 %) mit Werten von 3,0 pro mille und darüber. Nur bei einem Teil dieser Fälle bestand klinisch der Eindruck von Trunkenheit. Dieses Phänomen kann letztlich nur mit einer außergewöhnlichen Alkoholverträglichkeit erklärt werden, die eine bereits länger bestehende Alkoholgewöhnung voraussetzt. Lediglich am Rande können auch Größe, Gewicht und körperliche Tätigkeit im Freien eine Rolle spielen. Zu ähnlichen, wenn auch zahlenmäßig weniger gravierenden Ergebnissen sind schon vorher Reh, Mallasch, Roessler und Ponsold (Blutalkohol 1965, 199; 1961, 161; Lehrbuch der Gerichtlichen Medizin, aaO, 207, 210) gekommen.
Auf dieser Grundlage konnte das LSG rechtsfehlerfrei aus der BAK von 3,55 pro mille im Zeitpunkt der Blutentnahme – ob dieser Zeitpunkt richtig gewählt ist, kann in diesem Zusammenhang offenbleiben – nicht auf einen Vollrausch des Klägers schließen. Ebenso rechtsfehlerfrei hat es, wie hier hinzuzufügen ist, keinen Anhalt für eine selbstgeschaffene Gefahr gesehen, ein Rechtsinstitut, das ohnehin nur mit größter Zurückhaltung anzuwenden ist (BSGE 6, 164, 169; 12, 242, 246; 14, 64, 67; 30, 14, 16; 37, 38, 41; BSG Breith. 1966, 834, 835).
Damit durfte es aber nicht sein Bewenden haben. Schon die rechtsmedizinischen Erörterungen zum Vollrausch zeigen, daß es auf individuelle Gegebenheiten des Betrunkenen ankommt, um – personengebunden und nicht allgemein – ein Handeln unter Vollrausch annehmen zu können. Dem individuellen Moment hat die ständige Rechtsprechung des BSG auch insofern Rechnung getragen, als sie bei Unfällen nach unternehmensfremdem Alkoholgenuß die Scheidelinie zwischen Versichert- und Unversichertsein stets vom Einzelfall her gezogen hat, wobei sie nur denjenigen als nicht (mehr) versichert behandelt hat, der derart betrunken ist, daß er zu keiner dem Unternehmen förderlichen Arbeit fähig ist (vgl ua Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 483w; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, § 548 Anm 70 – jeweils mit weiteren Nachweisen; BSGE 45, 176, 178). Dem Einzelfall läßt sich bei Trunkenheit während der Arbeit indes nur dann gerecht werden, wenn alle entscheidenden Einzelheiten in der Person des Handelnden und im Arbeitsvorgang berücksichtigt werden. Es gibt Arbeitsvorgänge, die in aufeinanderfolgenden Arbeitsabschnitten an das Leistungsvermögen des Handelnden unterschiedlich hohe Anforderungen stellen. Ist die Fähigkeit eines Menschen, seiner Beschäftigung oder Tätigkeit nachzukommen, zur Zeit des Unfalls so sehr beeinträchtigt, daß jederzeit mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, daß er die wesentlichen mit der Beschäftigung oder Tätigkeit verbundenen Arbeitsabschnitte nicht mehr werde leisten können, ist eine solche Person nicht versichert, weil auch sie letztlich außerstande ist, eine dem Unternehmen förderliche Arbeit zu leisten. Die bloße Anwesenheit am Arbeitsplatz reicht ohnehin nicht aus, um versichert zu sein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist jedenfalls dann damit zu rechnen, daß der unter Alkoholeinfluß Handelnde die wesentlichen mit der Beschäftigung oder Tätigkeit verbundenen Arbeitsabschnitte nicht mehr auszufüllen vermag, wenn bereits im ersten Arbeitsabschnitt von dem unter Alkoholeinfluß Handelnden überwiegend oder allein geistige Verrichtungen wie Merkfähigkeit, Unterscheidungsvermögen, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit gefordert werden, diese geistigen Vorgänge aber alkoholbedingt ganz oder teilweise ausfallen oder grob fehlerhaft oder verzögert abgewickelt werden. Notwendigerweise hat dies fehlerstiftende Auswirkungen auf die weiteren Arbeitsabschnitte.
So liegen die Dinge hier. Die Rangierarbeit des Klägers ist ihrem Wesen nach so gestaltet, daß zunächst von ihm vor allem Merk-, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit erwartet werden müssen. Hierhin gehört ua, daß der Rangierer die Geschwindigkeit des rollenden Waggons sowie die jeweilige Entfernung des rollenden Waggons zu dem stehenden Zugteil abzuschätzen und dementsprechend dem Lokführer Zeichen zu geben sowie im rechten Augenblick von dem rollenden Waggon abzuspringen hat. Verfehlt der Rangierer alkoholbedingt diesen maßgeblichen Teil seiner Arbeit, wird regelmäßig eine dem Eisenbahnunternehmen förderliche Leistung ausfallen.
Da insoweit Feststellungen fehlen, wird sie das LSG nachzuholen haben. Es wird sich vorab bemühen müssen, die dem Kläger obliegenden Arbeiten am Unfalltag, insbesondere den Unfallvorgang, in allen Einzelheiten festzustellen. Dazu bietet sich zunächst eine gründliche Anhörung des Klägers an, bei der seine Trinkgewohnheiten, seine früheren alkoholbedingten Dienstverstöße und sein Gesundheitszustand sowie sein Alkoholgenuß am Tage vor dem Unfall und am Tag des Unfalls zu klären sein werden. Zu alledem wird es ferner notwendig sein, die für den Kläger maßgeblichen Dienstvorschriften und die Personalakten einschließlich etwaiger Beihilfe- und Disziplinarakten des Klägers beizuziehen, Arbeitskollegen und Vorgesetzte des Klägers als Zeugen und zu den Rangiervorgängen einen geeigneten Sachverständigen zu vernehmen. Es dürfte sich empfehlen, zu der Anhörung des Klägers und der Beweisaufnahme gleichzeitig einen mit Alkoholauswirkungen hinreichend vertrauten medizinischen Sachverständigen hinzuzuziehen, damit dieser dem Kläger, den Zeugen und dem Eisenbahnsachverständigen, falls erforderlich, sachdienliche Fragen stellen kann. Sollte der Kläger darauf beharren, daß die Blutentnahme und die Ermittlung des BAK unkorrekt waren, wird der medizinische Sachverständige auch dazu zu hören sein. Insbesondere wird er aufgrund der Kenntnis der zum Unfall führenden Vorgänge sich dazu zu erklären haben, welche Merk-, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls (noch) besaß. Sollte das LSG die Beweise dahin würdigen, daß die Fähigkeit des Klägers, seiner Rangierarbeit nachzukommen, zur Zeit des Unfalls so sehr beeinträchtigt war, daß jederzeit mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen war, daß der Kläger den ersten, Merk-, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit erfordernden Arbeitsabschnitt nicht mehr werde leisten können, war der Kläger zur Zeit des Unfalls unversichert. Sollte sich dies hingegen nicht feststellen lassen, wird das LSG – ebenfalls mit Hilfe des medizinischen Sachverständigen – ferner zu prüfen haben, ob trotz des Alkoholgenusses der ursächliche Zusammenhang zwischen der dann als versichert anzunehmenden Beschäftigung des Klägers und dem Unfallereignis (haftungsbegründende Kausalität) bejaht werden kann.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen
BSGE, 224 |
Breith. 1980, 564 |