Leitsatz (amtlich)
Die Zusatzsterbegeldversicherung eines Rentners besteht nach Inkrafttreten des KVdRG (1956-08-01) nur fort, wenn der Rentner weiterhin der gesetzlichen Krankenversicherung - sei es als Pflichtmitglied, sei es als freiwilliges Mitglied - angehört.
Diese Regelung verstößt weder gegen GG Art 14 noch gegen den Grundsatz der Sozialstaatlichkeit GG Art 20, 28.
Normenkette
KVdRV § 13; KVdRG Art. 2 § 10; GG Art. 14 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 20 Abs. 3 Fassung: 1949-05-23, Art. 28 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1949-05-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Juni 1958 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. März 1958 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger war als Bezieher einer Angestelltenrente auf Grund des Leistungsverbesserungsgesetzes vom 24. Juli 1941 (RGBl I S. 443) in Verbindung mit der Verordnung über die Krankenversicherung der Rentner vom 4. November 1941 - VO 1941 - (RGBl I S. 689) bei der beklagten Krankenkasse versichert und ging bei dieser eine Zusatzsterbegeldversicherung (ZStV) nach § 13 der VO 1941 ein. Seit dem 1. August 1956, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über Krankenversicherung der Rentner - KVdR - vom 12. Juni 1956 (BGBl I S. 500), ist er mangels Erfüllung der Vorversicherungszeit (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO) nicht mehr kraft Gesetzes krankenversichert. Von dem Recht zur freiwilligen Krankenversicherung hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht, weil er seit Jahrzehnten bei einem Unternehmen der Privatversicherung gegen Krankheit versichert ist.
Die beklagte Krankenkasse eröffnete dem Kläger, daß seine ZStV am 31. Juli 1956 erloschen sei. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Bescheid vom 7. September 1956). Nach Auffassung der beklagten Krankenkasse setzt die ZStV ein Versicherungsverhältnis voraus.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf machte der Kläger geltend, die ZStV sei - anders als das allgemeine Versicherungsverhältnis der krankenversicherten Rentner - nicht kraft Gesetzes, sondern auf Grund eines zweiseitigen Vertrags zustande gekommen, der den Rentner zu Beiträgen, die Krankenkasse zur Versicherungsleistung verpflichte. Ein solches Vertragsverhältnis könne nicht einseitig aufgelöst werden. Eine Aufrechterhaltung seines Versicherungsverhältnisses bei der beklagten Krankenkasse - durch freiwillige Weiterversicherung - könne ihm nicht zugemutet werden, da er bereits durch seine private Krankenversicherung für den Fall der Krankheit ausreichend geschützt sei und somit bei Fortführung seines Versicherungsverhältnisses bei der Beklagten keine Gegenleistung für die auch an diese zu entrichtenden, verhältnismäßig hohen Beiträge zu erwarten hätte. Wenn die Beklagte ihm nicht die Fortsetzung seiner ZStV gestatte, so sei dies entschädigungslose Enteignung. Falls der beklagten Krankenkasse die Fortführung seiner ZStV nicht möglich sei, so müsse sie ihm zumindestens die Beiträge erstatten oder die von ihm eingegangene ZStV in eine beitragsfreie Versicherung umwandeln.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. März 1958). Gegen dieses Urteil hat der Kläger beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen Berufung eingelegt. Er hat beantragt,
unter Abänderung des Urteils des SG den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom. 12. März 1958 und den zugrunde liegenden Verwaltungsakt aufzuheben.
Das LSG hat dem Berufungsantrag entsprochen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 24. Juni 1958). Es ist der Auffassung, daß die ZStV des Klägers nicht mit dem Inkrafttreten des KVdR am 1. August 1956 erloschen sei. Die bis dahin abgeschlossenen ZStV en seien in ihrem Bestande nicht mehr von einem Grundversicherungsverhältnis abhängig. § 13 Abs. 3 Nr. 3 der VO 1941, wonach die ZStV mit der Beendigung der Rentner - KV erlösche, sei durch Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 KVdR aufgehoben; demnach könnten die vor dem Inkrafttreten des KVdR begründeten ZStV en nach diesem Zeitpunkt selbständig fortgeführt werden. Dem stehe nicht entgegen, daß Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 KVdR eine Anrechnung des erhöhten Pflichtsterbegeldes auf das Zusatzsterbegeld vorsehe und den nach dem KVdR zuständigen Träger der Krankenversicherung für die Weiterführung der bestehenden ZStV'en bestimme. Diese Regelungen setzten nicht notwendig das Bestehen einer Grundversicherung voraus. Auch die Begriffsprägung "Zusatzsterbegeldversicherung" erfordere nicht unbedingt eine Grundversicherung; die Beibehaltung dieses - nunmehr nicht mehr dem Wortsinne nach zutreffenden - Begriffs könne sich auch so erklären, daß damit nur das schon bisher bestehende Rechtsinstitut gekennzeichnet werden sollte. Auch die Entstehungsgeschichte des KVdR spreche dafür, daß die selbständige Fortführung der ZStV zulässig sei; angesichts der in den Beratungen zum Entwurf des Gesetzes geltend gemachten Bedenken gegen einen Wegfall der bestehenden ZStV'en sei man sich in den gesetzgebenden Gremien einig gewesen, daß diese ZStV'en - wenn auch unter günstigeren Bedingungen für die Krankenkassen - fortgeführt werden könnten. - Nur diese Auslegung des KVdR, wonach eine selbständige Fortführung der ZStV zulässig sei, entspreche dem Grundgesetz (GG). Dahinstehen könne, ob die Versagung der Möglichkeit, eine bestehende ZStV selbständig fortzuführen, eine entschädigungslose, im Widerspruch zu Art. 14 Abs. 3 GG stehende Enteignung darstelle. Jedenfalls erfordere der Grundsatz der Sozialstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1 GG) die allgemeine Besitzwahrung, die allein durch Beseitigung der strengen Abhängigkeit von einer Rentnerkrankenversicherung erreicht werden könnte.
Gegen dieses Urteil hat die beklagte Krankenkasse Revision eingelegt mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte räumt ein, daß § 13 Abs. 3 Nr. 3 der VO 1941 durch das KVdR aufgehoben worden sei, verweist demgegenüber aber auf ihre Satzung, in der - übereinstimmend mit allen Orts- und Landkrankenkassen gemäß dem Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 31. Juli 1942 (AN 1942 S. 451) - bestimmt sei, daß die ZStV beim Wegfall der auf Grund der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) bestehenden satzungsmäßigen Voraussetzungen für den Anspruch auf das Regelsterbegeld erlösche (§ 5 Abs. 4 Satz 1 des Anhangs der Satzung). Die in Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KVdR vorgesehene Anrechnung des erhöhten Pflichtsterbegeldes auf das Zusatzsterbegeld sei nur möglich, wenn die ZStV an eine Grundversicherung gekoppelt sei. Gewährte man auch nichtversicherten Rentnern das Zusatzsterbegeld, so würden diese gegenüber den versicherten Rentnern, die nur ein gekürztes Zusatzsterbegeld erhielten, begünstigt: Auch die Vorschrift des Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 KVdR, daß die ZStV'en bei dem nach diesem Gesetz zuständigen Träger der KV weitergeführt würden, spreche dagegen, daß die ZStV selbständig weitergeführt werden könne. Ein Zusatz-Sterbegeld setze begriffsnotwendig einen Sterbegeld-Grundbetrag voraus; hätte der Gesetzgeber die ZStV von der Grundversicherung lösen wollen, so hätte er sie anders benannt. - Die Versagung der Möglichkeit, die ZStV selbständig weiterzuführen, verstoße weder gegen Treu und Glauben, noch sei sie entschädigungslose Enteignung. Zwar sei nicht von der Hand zu weisen, daß die ZStV'en in gewisser Hinsicht private Vermögensrechte begründet haben könnten. Indessen hätten die zusatzversicherten Rentner, die nach dem 1. August 1956 nicht mehr krankenversicherungspflichtig gewesen seien, sich nach Art. 2 § 8 KVdR oder nach § 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO weiterversichern und damit auch ihre ZStV aufrechterhalten können. Der Rechtsverlust beruhe somit auf eigenem Entschluß des Klägers.
Die Revision ist begründet.
Zu Unrecht erblickt das LSG in der Außerkraftsetzung der VO 1941 (mit gewissen Ausnahmen) durch Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 KVdR den entscheidenden Ansatzpunkt für die Beantwortung der Frage, ob die ZStV nach Inkrafttreten des KVdR selbständig, d.h. unabhängig von einer Grundversicherung, fortgeführt werden könne. Wie wenig aus der förmlichen Aufhebung der VO 1941 einschließlich ihres § 13 für die Frage entnommen werden kann, welche Gründe das Erlöschen der ZStV nach neuem Recht zur Folge haben, geht schon daraus hervor, daß Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 KVdR auch die Nummern 1 und 2 des § 13 Abs. 3 der VO 1941 außer Kraft gesetzt hat, obwohl kein Zweifel daran bestehen kann, daß die hier genannten Erlöschensgründe - Abmeldung und Beitragszahlungsverzug - nach wie vor Geltung haben. Somit besagt die förmliche Außerkraftsetzung der VO 1941 durch Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 KVdR nur, daß die Krankenversicherung der Rentner durch die umfassende Regelung des KVdR auf eine neue Grundlage gestellt und die VO 1941 damit - bis auf einige Ausnahmen - gegenstandslos geworden ist. Diese Globalaufhebung des alten Rechts schließt aber nicht aus, daß einzelne Bestimmungen des bisherigen Rechts wegen ihres Sachzusammenhangs mit Vorschriften des neuen Rechts aufrechterhalten bleiben, nämlich dann, wenn das neue Recht ihre Weitergeltung erkennbar voraussetzt. So verhält es sich mit der Regelung der ZStV'en . Einerseits schreibt Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 KVdR ausdrücklich vor, daß bestehende ZStV'en - unter bestimmten Voraussetzungen - weitergeführt werden können. Da andererseits aber diese Neuregelung nur Vorschriften darüber enthält, was sich gegenüber dem bisherigen Recht ändert ("Die bestehenden Zusatzsterbegeldversicherungen werden .... nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weitergeführt"), so ist notwendigerweise mit der Überleitung der bestehenden ZStV'en auf den neuen Rechtszustand auch die Übernahme von Grundsätzen des bisherigen Rechts verbunden, die für diese Art Versicherung wesentlich oder nach dem in der Neuregelung zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzes als vorausgesetzt gelten müssen. So gilt, wie schon erwähnt, die bisherige Regelung über das Erlöschen der ZStV durch Abmeldung (§ 13 Abs. 3 Nr. 1 VO 1941) oder durch qualifizierten Beitragszahlungsverzug (§ 13 Abs. 3 Nr. 2 VO 1941) weiter; denn diese Erlöschensgründe gehören zu den Wesensmerkmalen der freiwilligen, auf Sonderbeiträgen beruhenden ZStV. So wird aber auch nach neuem Recht die Weitergeltung des Grundsatzes vorausgesetzt, daß die ZStV nur in Verbindung mit einem Grundversicherungsverhältnis zulässig ist, wie ihn § 13 Abs. 3 Nr. 3 VO 1941 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 der alten Mustersatzung (abgedruckt bei Maunz/Schraft, Das Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, Bd. 6 Teil F l a Bl 13) zum Ausdruck brachte.
Für die akzessorische Natur dieser Zusatzversicherung spricht schon die Beibehaltung des Ausdrucks "Zusatzsterbegeldversicherung", wie auch das LSG nicht übersehen hat. Wenn der Gesetzgeber die Weiterführung früherer Zusatzsterbegeldversicherungen in Gestalt selbständiger Sterbegeldversicherungen ins Auge gefaßt hätte, so hätte es nahe gelegen, eine solche einschneidende Veränderung des Wesens der ZStV auch in der Begriffsprägung zum Ausdruck zu bringen.
Ebenso spricht gegen die Selbständigkeit der ZStV die Regelung des Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KVdR, wonach auf das Zusatzsterbegeld der Betrag anzurechnen ist, um den sich das Pflichtsterbegeld nach den §§ 201 und 205 b RVO gegenüber dem vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu zahlenden Pflichtsterbegeld erhöht hat. Damit ist das "streng akzessorische" Verhältnis der ZStV zum Grundversicherungsverhältnis (vgl. BVerfG in BVerfGE Bd. 11 S. 221, 228) bestätigt worden, wie es sich schon nach bisherigem Recht darin ausdrückte, daß der Beginn der ZStV - und damit auch die Beitragspflicht - sich mit dem Beginn der Rentnerkrankenversicherung deckte (Grunds. Entsch. des RVA Nr. 5482 in AN 1942 S. 370) und für Pflichtsterbegeld und Zusatzsterbegeld ein gemeinsamer Höchstbetrag bestimmt war (§ 13 Abs. 1 Satz 1 der VO 1941). Diesem Gedanken, daß das Zusatzsterbegeld immer nur Teil eines "Gesamtsterbegelds" ist (so der zutreffende Ausdruck in § 2 Abs. 1 des - der Mustersatzung entsprechenden - Anhangs der Satzung der beklagten Krankenkasse), für das ein Höchstbetrag gilt, entspricht die Regelung des Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KVdR, die die Anrechnung des erhöhten Pflichtsterbegeldes auf das Zusatzsterbegeld vorsieht. Auf diese Weise ist sichergestellt, daß der im bisherigen Recht vorgeschriebene Höchstbetrag für das Gesamtsterbegeld auch nach der Neuregelung nicht überschritten wird. Damit wird aber auch deutlich, daß die der ZStV zugedachte Funktion einer Ergänzung des Pflichtsterbegeldes beibehalten ist und eine ZStV ohne ein - den Anspruch auf Pflichtsterbegeld begründendes - Versicherungsverhältnis nicht bestehen kann.
Unterstützt wird diese Auffassung auch durch die in Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 1 KVdR getroffene Zuständigkeitsregelung, wonach die bestehenden ZStV'en bei dem nach diesem Gesetz zuständigen Träger der KV weitergeführt werden. Nach Auffassung des LSG wird dieser Zuständigkeitsvorschrift für den Fall, daß eine KV nicht besteht, dadurch genügt, daß die ZStV bei der Krankenkasse weitergeführt wird, bei der die KV fortgeführt werden müßte, falls sie bestände. Eine solche auf einer hypothetischen Annahme beruhende Zuständigkeitsregelung wäre allenfalls denkbar, wenn das Gesetz nur eine Krankenkasse für die Durchführung der KVdR zuließe. Das ist aber nicht der Fall. Art. 2 § 1 Abs. 1 KVdR gibt dem Rentner in bestimmten Fällen ein Wahlrecht zwischen der bisher für seine KV zuständigen Kasse und der Kasse, der er während der letzten fünf Jahre vor Stellung des Rentenantrags mindestens 52 Wochen angehört hat. Welche dieser beiden Kassen "zuständiger Träger der Krankenversicherung" i.S. des Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 KVdR ist, steht somit erst fest, wenn der Rentner den Antrag auf Erwerb der Mitgliedschaft bei einer anderen als der bisher zuständigen Kasse fristgemäß gestellt hat (Art. 2 § 1 KVdR) oder nicht gestellt hat (Art. 2 § 2 aaO). Gleichermaßen ist die Frage der Zuständigkeit der Krankenkasse bei dem nichtversicherungspflichtigen Rentner offen, der entweder die Versicherung bei seiner bisherigen Kasse freiwillig fortsetzen (Art. 2 § 8 Abs. 1 KVdR) oder der Krankenkasse, bei der er während des letzten Beschäftigungsverhältnisses vor Stellung des Rentenantrags versichert war, freiwillig beitreten kann (§ 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 RVO); beide Möglichkeiten stehen nebeneinander (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 16. Aufl. § 176 RVO Anm. 5 S. 100). Je nachdem, welche dieser beiden Möglichkeiten der Rentner wahrnimmt, ist die eine oder die andere Krankenkasse der nach dem KVdR zuständige Träger der KV i.S. des Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 RVO, bei dem die ZStV weitergeführt wird. Ohne ein effektiv vorhandenes Grundversicherungsverhältnis ließe sich daher nicht eindeutig bestimmen, bei welcher Krankenkasse eine bestehende ZStV weiterzuführen ist.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß eine ZStV nach Inkrafttreten des KVdR nur weitergeführt werden kann, wenn ein Grundversicherungsverhältnis - als Pflicht- oder als freiwillige Krankenversicherung - besteht, wie es die Mustersatzung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 9. November 1956 (abgedruckt bei Maunz/Schraft, Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, Bd. 6 F 1, Allg. Ortskrankenkassen, Bl. 15) in § 3 Abs. 1 Buchst. c und § 4. Abs. 1 Satz 1 zutreffend zum Ausdruck bringt (im Ergebnis ebenso BAM im Schreiben vom 25. Januar 1957 [abgedruckt in BKK 1957 Sp. 98]; BayLSG im Urteil vom 22. Oktober 1958 [Breith. 1959 S. 205]; Schmatz-Pöhler, Krankenversicherung der Rentner, Art. 2 § 8 Anm. V S. 117 f; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand; Februar 1961 S. 456 f; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, 16. Aufl. § 201 RVO Anm. 4 S. 221; Feld/Fröhlingsdorf in Maunz/Schraft, aaO, Bd. 8 F 2a, Innungskrankenkassen Satzung - III. Anhang - (Erl.) § 3 Anm. 4).
Die Versagung der Möglichkeit, eine bestehende ZStV selbständig weiterzuführen, verstößt - entgegen der Annahme des LSG - nicht gegen das GG. Weder liegt darin eine Enteignung i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG noch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Sozialstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG).
Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 20. Juni 1960 (BVerfG Bd. 11 S. 221) die Verfassungsmäßigkeit des Art. 2 § 10 Abs. 1 Satz 2 KVdR unter dem Gesichtspunkt der Enteignung geprüft. Diese Vorschrift war von dem vorlegenden Gericht insofern als verfassungswidrig angesehen worden, als sie dem Rentner die Fortführung seiner ZStV nur zu ungünstigeren Bedingungen als nach dem bisherigen Recht gestattete. Das BVerfG hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen, sondern die in der erwähnten Regelung festgelegte Veränderung von Beiträgen und Leistungen - vorausgesetzt, daß man die Anwartschaften aus laufenden Versicherungen überhaupt als Eigentum i.S. des Art. 14 GG auffassen könne - nur als Inhaltsänderung (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), nicht aber als Enteignung (Art. 14 Abs. 3 GG) angesehen. Wenn diese Entscheidung auch nicht unmittelbar die im vorliegenden Rechts - streit wesentliche Frage betrifft, ob die Koppelung der ZStV mit einer Grundversicherung verfassungsmäßig ist, so haben doch die tragenden Gedanken der Entscheidung des BVerfG auch im vorliegenden Fall Geltung. Mit Recht weist das BVerfG (aaO S. 226 ff) darauf hin, daß das auf Dauer angelegte Versicherungsverhältnis in der sozialen KV der Dynamik der gesellschaftlichen Entwicklung unterliegt, die ein starres Festhalten an den jeweils durch Gesetz oder Satzung festgelegten Beiträgen und Leistungen nicht zuläßt. Insbesondere läßt dieser Prozeß der ständigen Anpassung des Rechts der KV an neue Sachverhalte und Erkenntnisse es nicht zu, daß einzelne versicherungsrechtliche Positionen für sich losgelöst aus ihrem Zusammenhang unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes beurteilt werden. Nur eine Gesamtwürdigung, die unter Umständen sogar Rechtsveränderungen außerhalb des Versicherungsverhältnisses in die Prüfung einbezieht (vgl. dazu die Entscheidungen des ersten und des erkennenden Senats in BSG Bs. 3 S. 77, 81; Db. 9 S. 127, 130), kann darüber Aufschluß geben, ob der Verlust der Anwartschaft auf eine bestimmte Leistung Enteignung i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG darstellt.
Nach diesen Grundsätzen beurteilt, verstößt die Rechtsänderung, die das KVdR für die Anwartschaft des Klägers auf sein Zusatzsterbegeld mit sich brachte, nicht gegen das Eigentumsgrundrecht. Wie bereits dargelegt, gehört es zum Wesen der ZStV, daß sie dem versicherten Rentner einen Zusatzanspruch neben dem auf das Pflichtsterbegeld einräumt und dergestalt ein Gesamtsterbegeld sichert. Von vornherein war diesem Wesenszug einer das Pflichtsterbegeld nur ergänzenden Leistung für den Fall Rechnung getragen, daß die KV des Rentners - ursprünglich immer eine Pflichtversicherung (§ 4 des Leistungsverbesserungsgesetzes) - endete. Dann erlosch auch die ZStV (§ 13 Abs. 3 Nr. 3 der VO 1941). Nur wer in diesem Falle von dem Recht zur freiwilligen Fortsetzung der Versicherung (§ 4 der VO 1941) Gebrauch machte, konnte eine bestehende ZStV fortsetzen (§ 7 Abs. 1 der Mustersatzung lt. Erlaß des RAM vom 31. Juli 1942 - AN 1942 S. 451). Im Grundsatz hat das KVdR an diesem Rechtszustand nichts geändert. Der Fall des Erlöschens der Pflicht- KV der Rentner ist nur häufiger eingetreten, weil das neue Recht das Verbleiben in der Pflichtversicherung von der Erfüllung der neu eingeführten Voraussetzung einer bestimmten Vorversicherungszeit (vgl. § 165 Abs. 1 Nr. 3 und 4 RVO) abhängig gemacht hat. Aber gerade in diesem Fall wurde dem Rentner die freiwillige Aufrechterhaltung seiner KV dadurch besonders leicht gemacht, daß die Rentenversicherung eine Beitragshilfe gewährt, die ihm im allgemeinen die Beitragszahlung ermöglicht (§ 381 Abs. 4 Satz 1 RVO). Während in dem vom bisherigen Recht allein geregelten Fall des Erlöschens der Pflicht-KV infolge Wegfalls der Rentenberechtigung die ZStV nur um den Preis einer auf Kosten des Versicherten durchzuführenden freiwilligen KV aufrechterhalten werden konnte und aufrechterhalten werden kann, wird die finanzielle Last einer freiwilligen Versicherung, die infolge Fehlens der Vorversicherungszeit und des damit verbundenen Erlöschens der Pflicht-KV ratsam geworden ist, dem Rentner im wesentlichen durch die Beitragshilfe des Trägers der Rentenversicherung (§ 381 Abs. 4 RVO) abgenommen. Demnach ist die wirtschaftliche Situation des Klägers, der nach altem Recht zu Lasten der Rentenversicherung bei der beklagten Krankenkasse pflichtversichert war, durch das Inkrafttreten des KVdR kaum verändert; er konnte sich den gleichen Versicherungsschutz - wiederum im wesentlichen auf Kosten der Rentenversicherung - durch freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung verschaffen und damit auch seine ZStV fortsetzen. Führen aber aufeinander abgestimmte Rechtsänderungen nur zu einer Veränderung des rechtlichen Erscheinungsbildes ohne Verschiebung der wirtschaftlichen Gesamtlage, so entfällt grundsätzlich ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG (vgl. BSG Bd. 9 S. 127, 130).
Ebensowenig läßt die dargelegte Rechtslage eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1 Art. 28 Abs. 1 GG) erkennen. Dieses Bekenntnis des GG zum Sozialstaat ist zwar nicht nur als bloße Proklamierung eines allgemeinen Staatsziels anzusehen (vgl. v. Mangoldt-Klein, Bonner GG 2. Aufl. Art. 20 Anm. VIIa), sondern als unmittelbar verbindliches Verfassungsrecht zu verstehen (vgl. Bachof, Veröffentl. deutscher Staatsrechtslehrer Heft 12 (1954) S. 37; E.R. Huber, DÖV 1956, 200; Bogs, Verhandlungen der sozialrechtl . Arbeitsgemeinschaft des 43. Deutschen Juristentages 1960 S. 11). Indessen kann aus der Sozialstaatsklausel als "Grundsatznorm" des GG (vgl. BVerfG Bd. 6 S. 55, 71), wie immer auch die Grenze zu ziehen ist, die durch das Gebot sozialstaatlichen Handelns dem Gesetzgeber vorgezeichnet ist, nicht eine Verpflichtung zur allgemeinen Besitzstandswahrung sozialer Rechteabgeleitet werden, wie das LSG meint. Wollte man schon in jeder Verschlechterung des Besitzstandes einen Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip erblicken, so könnte der Gesetzgeber solche Positionen in Zukunft nur noch verbessern. Die Sozialstaats-Klausel würde - wie ein ähnlich verstandenes Eigentumsgrundrecht (vgl. BVerfG Bd. 2 S. 380, 402) - die einfache Gesetzgebung weitgehend blockieren und eine Anpassung des Rechts an die Veränderung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse hintanhalten. Einer näheren Stellungnahme zu den mannigfachen Zweifelsfragen, die sich aus der Anwendung des Sozialstaatsgrundsatzes als verbindlichen Verfassungsrechts ergeben, ist der Senat jedoch enthoben, weil der Besitzstand des krankenversicherten Rentners, der eine ZStV abgeschlossen hatte, bei der Überleitung auf den neuen Rechtszustand nach dem KVdR weitgehend gewahrt wurde. Sein durch die ZStV begründetes Recht war von vornherein, wie bereits dargelegt, vom Bestand einer Grundversicherung - sei es der Pflichtversicherung (§ 13 Abs. 3 Nr. 3 der VO 1941), sei es einer freiwillig fortgesetzten KV (§ 7 Abs. 1 der Mustersatzung) - abhängig. Daß die Pflichtversicherung nach neuem Recht auch bei fehlender Vorversicherungszeit erlosch, hatte nicht notwendig das Erlöschen der ZStV zur Folge; denn der Gesetzgeber bot in diesem Falle aus dem auch von ihm für wichtig erachteten Gedanken der Besitzstandswahrung (vgl. Schriftl. Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik, Abs. IV 4 zu Bundestags-Drucks. 2256, 2. Wahlp. 1953 und Bericht des Berichterstatters in der 141. Sitzung des Bundestags vom 19. April 1956, Verhandl. d. Deutsch. Bundestags, S. 7269) für den Wegfall der zur ZStV berechtigenden Pflichtversicherung ein Äquivalent durch die Möglichkeit, zu Lasten der Rentenversicherung (§ 381 Abs. 4 Satz 1 RVO) entweder die Versicherung bei der bisher zuständigen Krankenkasse fortzusetzen (Art. 2 § 8 KVdR) oder der Versicherung freiwillig beizutreten (§ 176 Abs. 1 Nr. 4 RVO) und dergestalt eine bestehende ZStV weiterzuführen. Damit war einerseits der Wesenszug der ZStV, daß sie immer nur Ergänzung eines Pflichtsterbegeldes ist; erhalten geblieben, andererseits aber auch die Anpassung an das veränderte Recht in einer den Interessen der versicherten Rentner Rechnung tragenden Weise durchgeführt worden.
Läßt der Rentner die ihm gebotenen Möglichkeiten zur freiwilligen KV ungenutzt, so muß er sich allerdings damit abfinden, daß seine ZStV erlischt, ohne daß ihm Beiträge erstattet werden. Zu Unrecht sieht der Kläger in der ZStV einen Parallelfall zu einer Versicherung auf den Todesfall bei einem privaten Versicherungsunternehmen, bei der für jede Versicherung ein "Rückkaufswert" aus den Beiträgen angesammelt wird, der unter bestimmten Voraussetzungen bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrages eine teilweise Erstattung der Beiträge - der "Prämienreserve" (§ 176 des Versicherungsvertragsgesetzes) - oder eine Umwandlung des Versicherungsverhältnisses in eine prämienfreie Versicherung (§ 174 des Versicherungsvertragsgesetzes) ermöglicht. Die gesetzliche KV bildet - ebenso wie eine reine Risikoversicherung - keinen Deckungsstock für Leistungsanwartschaften; die beiderseitigen Rechte und Pflichten erlöschen - von vereinzelten Nachwirkungen abgesehen - bei Beendigung des Versicherungsverhältnisses. Eine Beitragsrückgewähr wegen nicht in Anspruch genommener Gegenleistung ist daher ausgeschlossen. Wenn auch für die ZStV besondere Beiträge erhoben werden - die im übrigen keineswegs den nach versicherungsmathematischen Grundsätzen kalkulierten Beiträgen einer privaten Versicherung auf den Todesfall entsprechen -, so ist die ZStV doch Teil des öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungssystems (BVerfG Bd. 11 S. 226); sie begründet daher auch nur der Eigenart der gesetzlichen KV gemäße Berechtigungen. Ist der Versicherungsfall während des Bestehens des Versicherungsverhältnisses nicht eingetreten, so hat es sein Bewenden damit, daß der Versicherungsträger das Risiko während dieser Zeit getragen hat; die Gefahrtragung allein ist schon Leistung. Somit ist bei der ZStV - seit ihrer Einführung - eine Beitragsrückgewähr wegen ihres Erlöschens ohne Eintritt des Versicherungsfalls ebenso ausgeschlossen wie ein geldlicher Ausgleich zwischen den beteiligten Krankenkassen im Falle des Kassenwechsels.
Demnach ist die Revision in vollem Umfang begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen