Leitsatz (amtlich)
1. Betrifft die Berufung den Anspruch auf Rente nach RVO § 1268 Abs 5, so ist sie nach SGG § 144 Abs 1 Nr 2 nicht statthaft. Dies gilt auch dann, wenn sie außerdem noch den Anspruch auf die anschließend zu gewährende Witwenrente betrifft.
2. Zur Frage, welche Bedeutung eine Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts, in der die Berufung zu Unrecht als - kraft Gesetzes - statthaft bezeichnet worden ist, auf die Eröffnung der Berufungsinstanz hat.
3. Bei der Bestimmung der Sechszehntelgrenze für das Ruhen der Witwenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter nach RVO § 1279 Abs 1 ist diejenige Erwerbsunfähigkeitsrente des Versicherten aus der Rentenversicherung der Arbeiter zugrundezulegen, die diesem unter Anwendung der Ruhensvorschrift des RVO § 1278 zugestanden hätte, wenn er erwerbsunfähig gewesen wäre.
Leitsatz (redaktionell)
Die in § 1279 RVO festgelegten Höchstgrenzen sind unter Berücksichtigung der für Versichertenrenten geltenden Ruhensvorschrift des § 1278 RVO zu berechnen.
Normenkette
SGG § 144 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, § 150 Fassung: 1953-09-03; RVO § 1268 Abs. 5 Fassung: 1957-02-23, § 1278 Fassung: 1957-02-23, § 1279 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 24. November 1960 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Klägerin beantragte im Januar 1959 bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente aus der Rentenversicherung ihres am 27. Dezember 1958 an den Folgen eines am 11. Dezember 1958 erlittenen Arbeitsunfalls verstorbenen Ehemannes. Wegen dieses Arbeitsunfalls bewilligte die Bau-Berufsgenossenschaft Hannover der Klägerin Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von 2/5 des anrechnungsfähigen Jahresarbeitsverdienstes des Versicherten in Höhe von 5.224,50 DM. Diese Rente wurde erstmalig im Mai 1959 an die Klägerin ausgezahlt; sie betrug seit dem 1. Juni 1959 174,10 DM monatlich. Die Beklagte gewährte der Klägerin durch Bescheid vom 29. Juni 1959 Witwenrente aus der Rentenversicherung des verstorbenen Ehemannes. Die Rente wurde gemäß Art. 3 § 6 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) nach den vor dem 1. Januar 1957 geltenden Vorschriften berechnet, nach Art. 2 § 33 ArVNG umgestellt und nach dem Ersten Rentenanpassungsgesetz (1. RAG) angepaßt. Die Rente betrug für die Zeit vom 1. Dezember 1958 bis zum 28. Februar 1959 259,90 DM monatlich, für die Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai 1959 190,20 DM monatlich und seit dem 1. Juni 1959 50,90 DM monatlich. In einem Deckblatt zu dem Rentenbescheid wies die Beklagte darauf hin, daß die Witwenrente aus der Rentenversicherung wegen Zusammentreffens mit der Witwenrente aus der Unfallversicherung teilweise ruhe (§ 1279 Abs. 5 der Reichsversicherungsordnung - RVO - in Verbindung mit § 1278 Abs. 4 RVO) und die Ruhensberechnung eine monatliche Rente von 47,90 DM für die Zeit vom 1. Juni 1959 ergebe, die nach dem 1. RAG auf 50,90 DM erhöht und gezahlt werde.
Mit der hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Monat Dezember 1958 begehrt, weil ihr Ehemann infolge seines Arbeitsunfalls im Dezember 1958 erwerbsunfähig gewesen sei. Wenn ihr Ehemann diese Rente auch selbst nicht mehr beantragt habe, so habe sie, als sie ihre Ansprüche bei der Beklagten angemeldet habe, alles beanspruchen wollen, was ihr an Rentenleistungen aus dem Arbeitsunfall und seinen Folgen zustehe. Die Rente nach § 1268 Abs. 5 RVO stehe ihr, wenn ihr für Dezember 1958 noch die Versichertenrente zu gewähren sei, für die Monate Januar bis März 1959 in Höhe von je 259,90 DM monatlich zu. Für die Zeit vom 1. April 1959 an sei die Witwenrente nur nach § 1279 RVO zu errechnen; § 1278 Abs. 1 RVO sei nicht anwendbar. Die Witwenrente sei daher seit dem 1. April 1959 in Höhe von 165,60 DM zu zahlen und vom 1. Januar 1960 an nach dem Zweiten RAG auf 175,50 DM zu erhöhen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen, weil ein Anspruch der Klägerin auf Versichertenrente für den verstorbenen Ehemann nach den §§ 1247, 1288 RVO nicht bestehe und die Witwenbezüge unter Anwendung der §§ 1278, 1279 RVO richtig berechnet worden seien. Die Rechtsmittelbelehrung in dem Urteil des SG lautet: "Gegen dieses Urteil ist die Berufung zulässig (§ 143 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -)."
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 24. November 1960 entschieden:
"Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 1960 wird, soweit sie die Versichertenrente des verstorbenen Ehemannes der Klägerin für den Monat Dezember 1958 und die Bezüge der Klägerin nach § 1268 Abs. 5 der Reichsversicherungsordnung für die Zeit vom 1. Januar 1959 bis 31. März 1959 betrifft, als unzulässig verworfen.
Auf die weitere Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. März 1960, der Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 1959 und deren Mitteilung über die Rentenanpassung auf Grund des Zweiten Rentenanpassungsgesetzes abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom 1. Juni 1959 an dadurch eine höhere Witwenrente zu gewähren, daß als Anpassungsbetrag im Sinne des Ersten Anpassungsgesetzes 190,20 DM und als Anpassungsbetrag im Sinne des Zweiten Anpassungsgesetzes der sich dann für den Monat Januar 1960 ergebende Rentenzahlbetrag zugrunde gelegt wird.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen."
Das LSG hat dazu im wesentlichen ausgeführt: Die Berufung der Klägerin betreffe sowohl wegen der für Dezember 1958 begehrten Versichertenrente als auch wegen der für März 1959 anstelle der gewährten Witwenrente begehrten Rente nach § 1268 Abs. 5 RVO nur Rente für Zeiträume, die beim Einlegen der Berufung bereits abgelaufen gewesen seien. Diese sei, da sie insoweit selbständige Ansprüche betreffe, nach § 146 SGG unzulässig. Bei der Versichertenrente für Dezember 1958 handle es sich um einen selbständigen Anspruch, den die Klägerin nicht aus eigenem Recht herleite, sondern als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes geltend mache. Aber auch bei dem für März 1959 begehrten Rentenbetrag handle es sich nicht um die laufende Witwenrente, sondern um einen Anspruch eigener Art, der "an die Stelle" der Witwenrente trete. - Die Rechtsmittelbelehrung des Urteils des SG enthalte keine Zulassung der Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG. Durch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung, daß die Berufung zulässig sei, werde eine nach § 146 SGG ausgeschlossene Berufung nicht statthaft. Die Entscheidung des SG über die Zulassung oder Nichtzulassung der Berufung stelle eine das weitere Verfahren gestaltende Nebenentscheidung dar, die vom Berufungsgericht nicht auf ihre Richtigkeit hin nachgeprüft werden könne. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens des SG sei nicht gerügt worden und auch nicht erkennbar. - In übrigen sei die Berufung zulässig, aber nur teilweise begründet. Auf die Witwenrente der Klägerin sei, da auch Beiträge zur einheitlichen Rentenversicherung an die Beklagte entrichtet worden seien, das Berliner Rentenversicherungsüberleitungsgesetz - RVÜG - vom 10. Juli 1952 (GVBl S. 588) anzuwenden. Somit seien die Beklagte und das SG zu Recht davon ausgegangen, daß die Witwenrente der Klägerin zunächst nach dem RVÜG zu berechnen und dann nach den Vorschriften des ArVNG umzustellen sei (Art. 3 § 6 Abs. 3 ArVNG). Ohne Rechtsirrtum hätten die Beklagte und das SG gemäß Art. 2 §§ 32, 33 ArVNG bei der Berechnung der wegen Zusammentreffens mit einer Witwenrente aus der Unfallversicherung für die Zeit vom 1. Juni 1959 an gekürzten Witwenrente § 2 der auf Grund der Ermächtigung in Art. 2 § 37 Abs. 3 ArVNG erlassenen Verordnung vom 9. Juli 1957 (BGBl I, 704) zugrunde gelegt. Das von der Beklagten der Klägerin mitgeteilte Berechnungsschema, dessen Einzelposten sich aus den in den Rentenakten befindlichen Unterlagen ergäben, entspreche in seinem Aufbau dem hinter der Begründung zu § 2 der Verordnung vom 9. Juli 1957 angeführten Beispiel für die Anwendung der Ruhensvorschriften des § 1279 RVO. Wenn bei dieser Berechnungsart die Rente des Versicherten aus der Rentenversicherung mit dem nach § 1278 RVO gekürzten Betrag berücksichtigt werde, so beruhe dies auf dem in § 1279 RVO verankerten Grundgedanken, daß die Hinterbliebenenrenten nach Voraussetzung und Höhe von der Rente der Versicherten abgeleitet seien, auf die beim Zusammentreffen mit einer Rente aus der Unfallversicherung ebenfalls die Rentenvorschriften anzuwenden gewesen wären. Die von der Klägerin gegen die Berechnung des vom 1. Juni 1959 an ruhenden Betrages der Witwenrente erhobenen Einwendungen seien daher nicht begründet. Unrichtig sei nur die Rentenanpassung nach dem 1. und 2. RAG. Sie müsse von der Beklagten - nach Maßgabe der im einzelnen näher ausgeführten Gründe - geändert werden.
Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Revision rügt die Klägerin zunächst, das Berufungsgericht habe die Berufung zu Unrecht nach § 146 SGG teilweise als unzulässig verworfen. Die Rechtsmittelbelehrung in dem Urteil des SG sei zumindest unklar und zweideutig. Sie hätte besagen müssen, die Berufung sei teilweise nach § 146 SGG ausgeschlossen, im übrigen aber nach § 143 SGG zulässig. Offensichtlich sei aber das SG der Ansicht gewesen, es handle sich um einen unteilbaren Anspruch der Klägerin, der auch durch die Rechtsmittelbelehrung als solcher zu kennzeichnen sei und für den im ganzen die Berufung zulässig sei. Anders könnte die Rechtsmittelbelehrung nicht verstanden werden. Das Berufungsgericht selbst habe die Revision zugelassen, ohne auf die grundsätzlichen Rechtsfragen im einzelnen hinzuweisen. Eine mehrdeutige Rechtsmittelbelehrung wie die vorliegende könne niemals zu Lasten des Beschwerten gehen. Es sei in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß gegen inkorrekte Entscheidungen jedes möglicherweise in Betracht kommende Rechtsmittel gegeben sei. Im übrigen sei die Berufung auch nicht nach § 146 SGG ausgeschlossen. Es handle sich hier praktisch um einen zusammengehörigen, unteilbaren Anspruch aus der Rentenversicherung des Versicherten, der auch einheitlich zu beurteilen und im Verfahren als unteilbar zu behandeln sei. Der Anspruch auf Witwenrente könne nicht in zwei verschiedene Ansprüche, in den aus § 1268 Abs. 5 RVO und den nach Abs. 1 und 2 dieser Vorschrift, aufgeteilt werden. Es handle sich um den Witwenrentenanspruch schlechthin, der unteilbar und dem Grunde nach strittig sei. Die Unteilbarkeit des Anspruchs ergebe sich zwingend aus § 1268 Abs. 1, 2 und 5 RVO. Die Worte in § 1268 Abs. 5 RVO "an Stelle der Rente nach den Abs. 1 bis 4" bedeuteten nicht, daß die Witwenrente erst nach Ablauf dieser drei Monate beginne; die Witwenrente beginne vielmehr nach § 1264 RVO nach dem Tode des Versicherten und nach § 1290 Abs. 1 RVO mit dem Ablauf des Sterbemonats.
Die Klägerin rügt ferner Verletzung der §§ 1247, 1290 Abs. 1 und 2 RVO und der §§ 1278, 1279 RVO sowie des Art. 2 § 37 Abs. 3 ArVNG und § 2 der Verordnung vom 9. Juli 1957. Sie meint, der Anspruch auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit stehe ihr für den Monat Dezember 1958 zu, weil ihr Ehemann infolge seines Arbeitsunfalls am 11. Dezember 1958 bis zu seinem Tode erwerbsunfähig gewesen sei. Der Anspruch habe vom Versicherten selbst vor seinem Tode nicht mehr geltend gemacht werden können, er habe jedoch für die Geltendmachung des Anspruchs drei Monate Zeit gehabt, ohne daß eine Verkürzung des Anspruchs eingetreten wäre. Sein Anspruch sei auf die Klägerin als alleinige Erbin übergegangen; er sei von ihr auch rechtzeitig angemeldet worden. Der Anspruch sei durch § 1288 RVO nicht ausgeschlossen. Da ihr für Dezember 1958 noch die Versichertenrente ihres Ehemannes zu gewähren sei, beginne die Witwenrente nach § 1268 Abs. 5 RVO erst mit dem Monat Januar 1959 und sei für die ersten drei Monate des Jahres 1959 zu zahlen. Die Höhe der Witwenrente von April 1959 an werde wegen des Zusammentreffens mit der Witwenrente aus der Unfallversicherung nur durch § 1279 RVO bestimmt. Neben dieser Vorschrift gebe es keine weitere, die die Höhe der Witwenrente beeinflussen könne. § 2 der Verordnung vom 9. Juli 1957 über die Ruhensberechnung bei umgestellten Renten sei rechtlich unhaltbar, weil die Ruhensberechnung endgültig und ausschließlich in § 1279 RVO geregelt sei und eine weitere Einengung dieser gesetzlichen Regelung durch eine Rechtsverordnung unzulässig sei. Art. 2 § 37 Abs. 3 ArVNG könne nicht für Renten gelten, die durch § 1279 RVO abschließend geregelt seien.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und das Urteil des SG vom 14. März 1960 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Juni 1959 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
a) ihr für Dezember 1958 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 259,90 DM,
b) vom 1. Januar bis 31. März 1959 Witwenrente in Höhe von 259,90 DM monatlich,
c) vom 1. Juni 1959 an Witwenrente in Höhe von 165,60 DM monatlich,
d) vom 1. Januar 1960 an eine solche in Höhe von 175,50 DM monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zum Teil Erfolg gehabt, insofern nämlich das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt hat, ihr für die Zeit vom 1. Juni 1959 an auf Grund des 1. RAG eine höhere Witwenrente zu gewähren. Insoweit ist, da die Beklagte Revision nicht eingelegt hat, das angefochtene Urteil rechtskräftig geworden. Der Streit ging aber noch darum, ob das Berufungsgericht mit Recht die Berufung der Klägerin zum Teil als unzulässig verworfen hat, und sodann darum, ob der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni 1959 an eine noch höhere Witwenrente zusteht, als das Berufungsgericht ihr zugesprochen hat.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin, soweit sie den Anspruch auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit und den Anspruch auf Rente nach § 1268 Abs. 5 RVO betrifft, zu Recht als unzulässig verworfen. Die Statthaftigkeit der Berufung war für jeden Anspruch gesondert zu prüfen, weil die Klägerin mit der Berufung mehrere in einer Klage verbundene selbständige Ansprüche geltend gemacht hat (BSG 10, 264, 266). Daß der Anspruch der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres Mannes auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Monat Dezember 1958 ein selbständiger Anspruch ist, unabhängig von den übrigen Ansprüchen der Klägerin, die sie als Witwe erhebt, liegt auf der Hand. Aber auch der Anspruch auf Rente nach § 1268 Abs. 5 RVO ist als selbständiger Anspruch anzusehen. Dafür spricht schon der Wortlaut der Vorschrift, wonach die Rente für die ersten drei Monate - das Sterbevierteljahr - "an Stelle" der Rente nach § 1268 Abs. 1 bis 4 RVO gewährt wird. Dafür spricht ferner der Umstand, daß die gemäß § 1268 Abs. 5 RVO gewährte Rente nach anderen Vorschriften zu berechnen ist als die eigentliche Witwenrente. Als Rente gemäß § 1268 Abs. 5 RVO wird der Witwe die Rente ohne Kinderzuschuß gewährt, die dem Versicherten im Zeitpunkt seines Todes zustand oder, wenn der Versicherte zu diesem Zeitpunkt nicht rentenberechtigt war, die Rente des Versicherten ohne Kinderzuschuß, aus der die Witwenrente nach § 1268 Abs. 1 bis 3 RVO zu berechnen ist. Nach § 1279 Abs. 3 RVO finden die Ruhensvorschriften der §§ 1278, 1279 Abs. 1 RVO auf die Rente für das Sterbevierteljahr keine Anwendung. Die Vorschrift des § 1268 Abs. 5 RVO ist durch das ArVNG in Anlehnung an das damals geltende Beamtenrecht geschaffen worden (vgl. Jantz/Zweng, § 1268 RVO, Anm. IV; Gesamtkomm. RVO, § 1268, Anm. 4 Abs. 1). Im Beamtenrecht (§ 122 des Bundesbeamtengesetzes - BBG - aF) waren die Sterbevierteljahresbezüge als selbständige Versorgungsleistung geregelt. Auch daraus ist zu schließen, daß die Rechtsnatur der Rente für das Sterbevierteljahr in der Rentenversicherung nicht anders zu beurteilen ist; sie ist ebenfalls als Rentenleistung eigener Art für die Hinterbliebenen anzusehen. Die Berufung war daher insoweit nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, weil jeder der beiden Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen für Zeiträume bis zu dreizehn Wochen (drei Monaten) gerichtet ist.
Die Berufung wäre also nur statthaft gewesen, wenn das SG sie nach § 150 Nr. 1 SGG zugelassen hätte oder wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens des SG mit Erfolg gerügt worden wäre. Beides ist nicht der Fall. Weder der Tenor noch die Gründe des Urteils des SG enthalten einen Ausspruch über die Zulassung der Berufung. Der Ausspruch in den Urteilsgründen "Gegen dieses Urteil ist die Berufung zulässig (§ 143 SGG)" stellt keine Zulassung der Berufung im Sinne des § 150 Nr. 1 SGG, sondern lediglich eine Rechtsmittelbelehrung dar (vgl. dazu BSG 2, 121, 125; 4, 261, 263). Wenn das SG damit auch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat, wie die Revision zu Recht rügt, bewirkt diese nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) doch keine Eröffnung der Berufungsinstanz (BSG 5, 92, 95; SozR SGG § 150 Bl. Da 3 Nr. 10). Es kann schließlich dahingestellt bleiben, ob ein wesentlicher Mangel des sozialgerichtlichen Verfahrens darin zu erblicken ist, daß das SG es unterlassen hat, einen Beschluß darüber zu fassen, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, obwohl es dazu verpflichtet gewesen wäre; denn auch wenn man in dem Fehlen dieser vorgeschriebenen Prozeßhandlung einen Mangel des Verfahrens erblicken würde, fehlte es insoweit doch an einer nach § 150 Nr. 2 SGG erforderlichen Verfahrensrüge vor dem Berufungsgericht.
Im übrigen dagegen hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin zu Recht nach § 143 SGG für statthaft erachtet und durch Sachurteil entschieden. Wenn es dabei zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der Klägerin ein Anspruch auf höhere Witwenrente für die Zeit vom 1. Juni 1959 an - abgesehen von der Rentenanpassung - nicht zusteht, so ist das ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Witwenrente der Klägerin aus der Rentenversicherung ihres Ehemannes ruht nach § 1279 Abs. 1 und 5 RVO in Verbindung mit § 1278 Abs. 4 RVO seit dem 1. Juni 1959 teilweise, weil die Klägerin außerdem noch Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht, die erstmalig im Mai 1959 ausgezahlt worden ist. Die genannten Ruhensvorschriften sind nach Art. 2 §§ 33, 32 Abs. 4 ArVNG auf die nach altem Recht berechnete und umgestellte Witwenrente der Klägerin anzuwenden. Nach § 1279 Abs. 1 RVO hat die Witwenrente aus der Rentenversicherung insoweit zu ruhen, als sie zusammen mit der Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sechs Zehntel der Rentenbezüge übersteigt, die dem Versicherten zur Zeit seines Todes als Vollrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung und als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der Rentenversicherung der Arbeiter ohne Kinderzulage und ohne Kinderzuschuß zugestanden hätten, wenn er zu diesem Zeitpunkt erwerbsunfähig gewesen wäre. Diese Vorschrift ist dahin zu verstehen, daß bei Bestimmung der Sechszehntel-Grenze diejenige Erwerbsunfähigkeitsrente des Versicherten aus der Rentenversicherung der Arbeiter zugrunde zu legen ist, die ihm, falls er außerdem noch eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezogen hätte, unter Anwendung der Ruhensvorschrift des § 1278 RVO zugestanden hätte. In diesen Fällen des Bezugs einer Unfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung und einer Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter hätte dem Versicherten aber nur eine nach § 1278 RVO zum Teil ruhende Rente zugestanden. Dieses Ergebnis folgt auch aus dem Sinn und Zweck des § 1279 Abs. 1 RVO. Wenn auch die Witwe des infolge eines Arbeitsunfalls verstorbenen Versicherten Rente aus beiden Versicherungszweigen erhält, so sollen doch die zu gewährenden Witwenrenten, da sie von den entsprechenden Versichertenrenten abgeleitet sind, insgesamt nur einen gewissen Teil dieser Versichertenrente betragen. Richtig ist, daß bei der Unfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung die Vollrente als maßgebend zugrunde gelegt wird. Daraus ist aber für die hier zu entscheidende Frage nichts zu entnehmen, denn es ist auch für die Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter nicht etwa bloß die Berufsunfähigkeitsrente, sondern es ist die Erwerbsunfähigkeitsrente für maßgebend erklärt worden. Beides hat aber nur die Bedeutung, daß, da durch den Tod des Versicherten die Erwerbsfähigkeit voll entfallen ist, diejenigen Versichertenrenten als maßgebend angesehen werden sollen, die der vollen Erwerbsunfähigkeit des Versicherten entsprechen. Damit ist aber darüberhinaus nicht etwa bestimmt, daß als maßgebende Versichertenrenten diejenigen angesehen werden sollten, die dem Versicherten selbst bei voller Erwerbsunfähigkeit nicht zugestanden hätten, also z.B. die Erwerbsunfähigkeitsrente ohne Anwendung der Ruhensvorschrift des § 1278 RVO. Zugrunde zu legen sind also hier die Vollrente des Versicherten aus der gesetzlichen Unfallversicherung zuzüglich der nach § 1278 RVO teilweise zum Ruhen gebrachten Erwerbsunfähigkeitsrente des Versicherten aus der Rentenversicherung der Arbeiter; die Witwenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter ruht somit, soweit sie zusammen mit der Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sechs Zehntel der Summe dieser beiden so berechneten Versichertenrenten übersteigt.
Es war hier mithin zu prüfen, ob und inwieweit die Rente des Versicherten wegen Erwerbsunfähigkeit aus der Rentenversicherung der Arbeiter nach § 1278 RVO zu ruhen hätte, da davon das Ruhen der Witwenrente der Klägerin nach § 1279 Abs. 1 RVO abhängt. Die Versichertenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter würde insoweit ruhen, als sie zusammen mit der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sowohl 85 v.H. des Jahresarbeitsverdienstes als auch 85 v.H. der Rentenbemessungsgrundlage übersteigt. Die für diese Berechnung u.a. erforderlichen Bezugsgrößen - 85 v.H. der für die Berechnung der Rente maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage und der Jahresbetrag der zugrunde zu legenden Erwerbsunfähigkeitsrente des Versicherten - hat die Beklagte zu Recht nach § 2 der Verordnung über die Anwendung der Ruhensvorschriften der RVO und des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) auf umzustellende Renten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 9. Juli 1957 (BGBl I, 704) errechnet. Die Witwenrente der Klägerin aus der Rentenversicherung der Arbeiter enthält diese Bezugsgrößen nicht, da sie nach altem Recht berechnet und nach Art. 2 §§ 31 ff ArVNG umgestellt worden ist. Umgestellte Renten beruhen nicht auf diesen Bezugsgrößen. Um die Ruhensberechnung für umgestellte Renten zu ermöglichen, bedurfte es einer besonderen Regelung darüber, wie die den Bezugsgrößen entsprechenden Werte bei umgestellten Renten zu ermitteln sind. Dies ist - auf Grund der Ermächtigung in Art. 2 § 37 Abs. 3 ArVNG - durch die genannte Verordnung vom 9. Juli 1957 geschehen. Die Beklagte hat die hier den Bezugsgrößen entsprechenden Werte nach § 2 der Verordnung vom 9. Juli 1957 fehlerfrei errechnet. Sie hat auch alle übrigen Bezugsgrößen zutreffend berücksichtigt. Die Witwenrente der Klägerin aus der Rentenversicherung des Ehemannes ist somit in richtiger Höhe festgestellt worden. Der angefochtene Bescheid ist daher insoweit nicht zu beanstanden.
Von dieser Entscheidung des Senats bleibt unberührt, ob die Witwenrente der Klägerin nach Art. 6 § 17 Abs. 1 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes vom 25. Februar 1960 (FANG) neu festzustellen ist. Dies wird die Beklagte noch unabhängig von dieser Entscheidung zu prüfen haben.
Da das angefochtene Urteil zutreffend ist, mußte die Revision der Klägerin mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge zurückgewiesen werden.
Fundstellen