Leitsatz (redaktionell)
Unfallversicherungsschutz und Unternehmereigenschaft bei Kleinstlandwirtin, deren Sohn das gemeinsame Haus zu eigenen Wohnzwecken erweitert.
Normenkette
RVO § 629 Abs. 1 Fassung: 1924-12-15, § 783 Abs. 1 Fassung: 1949-12-15, § 916 Abs. 2 Fassung: 1942-03-09, § 537 Nr. 10 Fassung: 1942-03-09
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Oktober 1960 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Beigeladenen ... die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Die beteiligten Versicherungsträger streiten über die Zuständigkeit für die Entschädigung aus Anlaß des Unfalls, den der 1918 geborene Hilfspolier Johann M (M) am 2. Oktober 1952 erlitt. Der Unfall ereignete sich beim Aufsetzen des Daches auf einen Anbau, wobei M abstürzte und sich eine Wirbelsäulenverletzung zuzog. Darüber, wie es zur Errichtung des Anbaues kam, hat das Landessozialgericht (LSG) folgendes festgestellt:
"Die Mutter des Verunglückten ist Witwe. Ihr Ehemann war Arbeiter im Straßenbau und ist 1951 verstorben. Sie bezieht nach ihrem Ehemann eine Invalidenrente, die zur Zeit des Unfalls etwa 47,- DM betrug. Außerdem wird sie von ihren Söhnen Johann und Josef M mit etwa 20,- DM monatlich unterstützt. In Oberhausen-Sterkrade betrieb sie eine ihr gehörige, von ihrem Ehemann ererbte Landwirtschaft von 54 ar. Aufgrund eines Erbvertrages sind M und sein Bruder Josef Alleinerben des Anwesens nach ihrer Mutter. Von dem Grund und Boden wurden z. Zt. des Unfalles 20 ar als Acker- und 9 ar als Gartenland bearbeitet. Es wurden an Vieh 5 Hühner gehalten. Seit dem Tode des Vaters haben nur der Verunglückte und sein Bruder Josef während ihrer Freizeit in der Landwirtschaft der Mutter geholfen. Von dem Ackerland wurden Heu, etwa 50 Zentner Kartoffeln, ca. 8-9 Zentner Roggen und Gemüse für den täglichen Bedarf geerntet. Heu und Roggen wurden verkauft; der Reinertrag hieraus betrug etwa 100,- bis 120,- DM im Jahr. Diesen Betrag erhielt die Mutter.
M ist verheiratet und hat ein Kind. Er war als Maurer bei einer Baufirma beschäftigt. Mit seiner Familie bewohnte er in dem Wohnhaus des landwirtschaftlichen Anwesens seiner Mutter ein Zimmer. Außer ihm wohnten dort neben seiner Mutter sein unverheirateter Bruder Josef und seine unverheiratete Schwester. An das Wohnhaus grenzte als Anbau ein Stall, in dem vor dem Kriege Vieh gehalten wurde, der aber im Kriege durch Bomben zerstört worden war.
Im Augenblick des Unfalls war M damit beschäftigt, anstelle des Stalles einen Anbau zu errichten, der eine Etage und insgesamt eine 2 1/2 Zimmer-Wohnung umfaßt. Diese Wohnung war für M und seine Familie bestimmt. Das eine Zimmer im Wohnhaus war nicht ausreichend. Außerdem sollte dort für die anderen Familienangehörigen Platz geschaffen werden. Der Dachboden des Anbaues sollte als Scheune dienen. Der Anbau war nicht unterkellert. Der Entwurf der Bauzeichnung war noch zu Lebzeiten des Vaters des M dem Bauamt vorgelegt und von diesem genehmigt worden. Als Bauherr war der Vater bezeichnet. Den Anbau hat M ebenfalls in seiner Freizeit aus seinen Ersparnissen mit Hilfe seines Bruders Josef errichtet, ohne öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen. Die Kosten betrugen etwa 2.700,- DM ohne den Wert der Arbeit des Verunglückten und seines Bruders. Die Bautätigkeit an dem Anbau hat M freiwillig durchgeführt, um eine Wohnung zu bekommen. Von seiner Mutter war er nicht dazu angehalten worden. Jedoch hatte die Mutter insofern ein Interesse an der Errichtung des Anbaues, als durch die Schaffung zusätzlichen Wohnraumes auch im Hauptbau Wohnraum frei wurde."
Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG), der die Mutter des M den Unfall als Arbeitsunfall anzeigte, hielt die Zuständigkeit der Bau-Berufsgenossenschaft (Bau-BG) gem. § 629 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF für gegeben. Auf ein entsprechendes Schreiben der LBG lehnte jedoch die Bau-BG ihre Zuständigkeit ab. Durch Bescheid vom 14. Juni 1954 gewährte die LBG dem M vorläufig Fürsorge; ferner erstattete sie der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Duisburg deren Aufwendungen im Betrage von 1.084,15 DM. Sodann erhob die LBG am 30. Juli 1954 beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage gegen die Bau-BG mit dem Antrag auf Feststellung, daß die Bau-BG der für die Entschädigung des Unfalls zuständige Versicherungsträger sei.
Das SG hat durch Urteil vom 18. Mai 1956 die Klage abgewiesen: Die Bauarbeiten, bei denen M verunglückte, hätten dem landwirtschaftlichen Unternehmen der Mutter gedient und noch völlig im Rahmen des § 916 Abs. 2 RVO aF gelegen.
Im Verfahren über die Berufung der Klägerin hat das LSG Nordrhein-Westfalen am 21. Mai 1957 den M als Zeugen gehört. Durch Beschluß vom 26. September 1960 hat das LSG M und die AOK Duisburg zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene M ist nochmals gehört worden in der Verhandlung am 11. Oktober 1960, in der das LSG das erstinstanzliche Urteil geändert und festgestellt hat, daß die Beklagte aus dem Arbeitsunfall des Beigeladenen M vom 2. Oktober 1952 entschädigungspflichtig ist: Die Zulässigkeit der Klage folge aus § 1735 RVO i. V. m. § 55 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Es habe sich nicht um einen landwirtschaftlichen Arbeitsunfall gem. §§ 915, 916 RVO aF gehandelt. M habe vielmehr zur Zeit des Unfalls nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten verrichtet, die seine Mutter als Unternehmerin ausführen ließ. Bei Verrichtung dieser Arbeiten sei er wie ein nach § 537 Nr. 1 RVO aF Versicherter tätig und gem. § 537 Nr. 10 i. V. m. § 783 Abs. 1 RVO aF bei der Zweiganstalt der Bau-BG versichert gewesen.
Die Anwendbarkeit des § 916 Abs. 2 RVO aF setze voraus, daß die Bauarbeiten ein für das landwirtschaftliche Unternehmen bestimmtes Gebäude beträfen und sich im Rahmen des landwirtschaftlichen Unternehmens hielten. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Zwar habe die Mutter des M zur Zeit des Unfalles einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten. Dieser Kleinstbetrieb mit sehr geringen Erträgen sei jedoch für den Haushalt der Mutter und der Söhne nicht von Bedeutung gewesen. Da somit die Haushaltung nicht wesentlich dem landwirtschaftlichen Unternehmen gedient habe, sei das Hauptwohnhaus mit den Haushaltungen der Mutter und der Söhne nicht als ein dem Betrieb der Landwirtschaft dienendes Gebäude anzusehen. Dieses Merkmal treffe vor allem auch nicht für den zur Zeit des Unfalls errichteten Anbau zu, denn dieser sei für Wohnzwecke gedacht gewesen; die geplante Verwendung des Dachbodens als Scheune sei unerheblich gewesen, weil diese Absicht nur einen unwesentlichen Teil betroffen habe und der Dachboden hernach für diesen Zweck niemals genutzt worden sei. Der Rahmen des laufenden landwirtschaftlichen Betriebes werde überschritten, wenn - wie hier - Bauarbeiten nach Art und Umfang, insbesondere nach den für sie aufgewandten Kosten aus dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht gedeckt und deshalb bei vernünftiger Abwägung zum landwirtschaftlichen Unternehmen in keine Beziehung mehr gebracht werden könnten. Gemessen an Umfang und Erträgnissen des von der Mutter des M zur Zeit des Unfalls noch betriebenen landwirtschaftlichen Kleinstunternehmens hätten die Errichtung eines weiteren Wohnhausteiles und der Kostenaufwand von 2.700,- DM hierfür sich nicht mehr im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs gehalten. Im übrigen habe es sich bei der Errichtung des Anbaues auch nicht um laufende Ausbesserungen im Sinne des § 916 Abs. 2 RVO aF gehandelt, die der ordnungsmäßigen Instandhaltung landwirtschaftlicher Gebäude dienten.
Unternehmer der somit nach § 783 Abs. 1 RVO aF versicherten, nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten, sei allein die Mutter des M gewesen. M selbst sei hierbei auch nicht als Mitunternehmer neben seiner Mutter und seinem Bruder beteiligt gewesen. Zwar habe M die gesamten Materialkosten allein getragen, beide Söhne hätten die erforderlichen Arbeiten allein verrichtet, sie sollten als Alleinerben auf Grund Erbvertrages nach ihrer Mutter das Anwesen übernehmen, und schließlich habe den Anlaß für die Errichtung des Wohnhausanbaues die Absicht gegeben, für M im Anbau und für den Bruder im Hauptgebäude ausreichenden Wohnraum zu schaffen; diese Umstände ließen wohl ein starkes Eigeninteresse des M bzw. beider Brüder an dem Bauvorhaben erkennen, rechtfertigten es jedoch nicht, M allein oder beide Söhne als Unternehmer oder neben der Mutter als Mitunternehmer zu betrachten. Denn das gesamte landwirtschaftliche Anwesen mit dem Grundstück, auf dem der Anbau errichtet wurde, und das durch denselben erweiterte Hauptwohnhaus habe zur Zeit des Unfalls im Alleineigentum der Mutter gestanden. Diese habe nach bürgerlichem Recht auch allein das Eigentum an dem Anbau erworben. Der Erbvertrag habe für die Söhne lediglich eine Aussicht auf späteren Eigentumserwerb nach dem Tode der Mutter begründet. Bauherr sei ursprünglich der Vater gewesen, an dessen Stelle als Alleinerbin die Mutter getreten sei. Diese habe mit dem Anbau auch eigene wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Rechtlich und wirtschaftlich sei das Ergebnis der Bauarbeiten der Mutter zugute gekommen, die zu ihren Lebzeiten über die Bauausführung und die Verwendung des Bauwerks das uneingeschränkte Verfügungsrecht besessen habe. Dem M. sei trotz seiner erheblichen Aufwendungen nur ein Nutzungsrecht eingeräumt worden. Daß die Mutter zu den Baukosten nichts beigetragen habe, werde wirtschaftlich dadurch ausgeglichen, daß die Söhne im Wohnhaus und im Anbau unentgeltlich wohnten und die Mutter geldlich unterstützten. Da der Wert des errichteten Anbaues zunächst allein der Mutter zugekommen sei und später auf Grund des Erbvertrages den Söhnen zufließen sollte, sei es wirtschaftlich so anzusehen, daß M die Materialkosten für die Mutter vorgelegt und diesen Betrag durch die ihm eingeräumte unentgeltliche Nutzung der Anbauwohnung im Laufe der Zeit zurückerhalten habe, so daß letztlich auch die Baustoffkosten von der Mutter getragen worden seien.
M sei bei seiner Bautätigkeit wie ein nach § 537 Nr. 1 RVO aF Versicherter tätig und gem. § 537 Nr. 10 RVO aF versichert gewesen. Er habe zur Mutter nicht in einem Beschäftigungsverhältnis mit persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gestanden. Er sei jedoch bei einer ernstlichen, dem Unternehmen zur Durchführung der nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten dienenden Tätigkeit verunglückt, welche dem Willen der Mutter als Unternehmerin entsprochen und einer Arbeitsleistung auf Grund eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 537 Nr. 1 RVO aF geähnelt habe. Für den nach § 542 RVO aF als Arbeitsunfall zu beurteilenden Unfall sei die Beklagte der zuständige Versicherungsträger.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen das am 5. Januar 1961 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 3. Februar 1961 Revision eingelegt und sie zugleich wie folgt begründet: Das LSG habe § 916 Abs. 2 RVO aF falsch angewandt. Diese Vorschrift sei auf den hier gegebenen Sachverhalt anwendbar. Es sei nicht erforderlich, daß das zu errichtende Gebäude ausschließlich oder überwiegend dem landwirtschaftlichen Betrieb diene und daß die Landwirtschaft die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Unternehmers und seiner Familie bilde. Entscheidend komme es nur darauf an, daß der hier errichtete Anbau dem landwirtschaftlichen Betrieb wesentlich gedient habe, weil der Dachboden als Scheune zur Lagerung von Heu und eines Teils der Ernte benutzt werden sollte. Unerheblich sei dabei, daß es sich um einen landwirtschaftlichen Kleinbetrieb gehandelt habe; es genüge, wenn die Landwirtschaft durch ihren Ertrag zu einem erheblichen Teil zum Lebensunterhalt der Familie beitrage. Der Anbau insgesamt habe - entgegen der Auffassung des LSG - eine wesentliche Stütze des Wirtschaftsbetriebes bedeutet.
Im übrigen habe das LSG auch § 633 RVO aF falsch angewandt. Die Mutter des M sei nicht die alleinige Unternehmerin des Bauvorhabens gewesen. Zu Unrecht habe es das LSG darauf abgestellt, daß der Vater des M zu Lebzeiten die Bauzeichnung unterschrieben und dem Bauamt eingereicht habe, daß die Mutter Alleinerbin des Grundstücks sei und deshalb auch an dem wiederaufgebauten Anbau das Alleineigentum erworben habe. Die privatrechtliche Gestaltung des Falles habe hinter der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zurückzutreten. Die Voraussetzung, daß der Unternehmer zur Risikotragung imstande sein, unmittelbar am wirtschaftlichen Ergebnis des Betriebs beteiligt sein und eine weitgehende Einwirkung auf die Leistung des Unternehmens haben müsse, träfen nur auf M selbst, nicht dagegen auf seine Mutter zu. Der Erbvertrag habe für die Söhne nicht bloß eine Aussicht auf späteren Eigentumserwerb, sondern eine rechtliche Anwartschaft und damit einen in alle Zukunft gerichteten wirtschaftlichen und rechtlichen Vorteil begründet. Selbst wenn man in der Errichtung des Anbaues einen wirtschaftlichen Vorteil auch für die Mutter sehen wollte - bessere Wohnverhältnisse, Platz für die Lagerung landwirtschaftlicher Erzeugnisse - wäre sie wegen dieser ihr zufallenden mittelbaren Erfolge allenfalls als Mitunternehmerin anzusehen, während das unmittelbare wirtschaftliche Ergebnis dem M zugute gekommen sei. Unhaltbar sei die Konstruktion des LSG, daß die Mutter des M letztlich doch die Kosten des Anbaues dadurch getragen habe, daß M die Materialkosten vorlegte und diesen Betrag durch die Wohnungsnutzung im Laufe der Zeit zurückerhielt; hierbei habe das LSG verkannt, daß die Söhne schon vor Errichtung des Anbaues im Hauptgebäude unentgeltlich gewohnt und die Mutter mit kleinen Geldbeträgen unterstützt hätten.
Falls es entscheidend auf die Eigentumsverhältnisse ankommen sollte, werde unzureichende Sachaufklärung gerügt. M habe bei seinen Bekundungen vor dem LSG erklärt, die Mutter sei Hofeigentümerin auf Grund eines Testaments des Vaters, die Söhne seien Alleinerben auf Grund eines Erbvertrags hinter der Mutter. Das LSG hätte wegen dieser sich rechtlich widersprechenden und ungenauen Bekundungen Nachforschungen anstellen müssen, wie die Eigentumsverhältnisse am Anwesen wirklich gestaltet waren, insbesondere hätte es sich das Testament, den Erbvertrag oder den Erbschein vorlegen lassen müssen. Nach den Erklärungen des M bestehe die Möglichkeit, daß er jetzt schon Miteigentümer oder Nacherbe, seine Mutter alleinige Eigentümerin, befreite oder nicht befreite Vorerbin sei.
Als Unternehmer von nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten sei M bei der Zweiganstalt der Beklagten freiwillig nicht versichert gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und gibt eine ausführliche Darstellung zur Entstehungsgeschichte des § 916 Abs. 2 RVO aF.
Die beigeladene AOK beantragt gleichfalls Zurückweisung der Revision. Der Beigeladene M, der im Revisionsverfahren nicht vertreten wird, hat sich nicht geäußert.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 SGG).
II
Die Revision ist statthaft durch Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, daher zulässig. Sie hatte jedoch keinen Erfolg.
Mit Recht haben die Vorinstanzen die Klage als zulässig gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 SGG angesehen. Allerdings ist die Frage, ob der Unfall des M einen zu entschädigenden Arbeitsunfall darstellt, zwischen den beteiligten BGen nicht außer Streit; vielmehr erachtet die Beklagte einen Arbeitsunfall nicht als vorliegend, wogegen die Klägerin den Standpunkt vertritt, es handele sich zwar um einen Arbeitsunfall, die Entschädigung sei jedoch von der Beklagten zu gewähren. Dieser Umstand, der nach dem vor Inkrafttreten des SGG geltenden Recht (§§ 1735 ff. RVO) einem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Versicherungsträgers entgegenstand, hat jedoch nunmehr für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage des die vorläufige Fürsorge gewährenden Versicherungsträgers keine Bedeutung mehr (vgl. BSG 15, 52, 54).
In der Sache selbst ist der Auffassung des LSG beizupflichten, für die zum Unfall führende Tätigkeit des Beigeladenen M habe ein Versicherungsschutz bei der Klägerin auf Grund des § 916 RVO aF nicht bestanden. Übereinstimmend mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BSG 17, 148) ist das LSG davon ausgegangen, daß unter "Bauarbeiten für den Wirtschaftsbetrieb" im Sinne des § 916 Abs. 2 RVO aF solche Arbeiten zu verstehen sind, die dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht nur nebensächlich, sondern in einem rechtlich wesentlichen Ausmaß dienen und außerdem sich im Rahmen dieses Betriebs halten. Die umfangmäßige Beschränkung, die dem Begriff der Bauarbeiten für den Landwirtschaftsbetrieb innewohnt, hat der erkennende Senat dahin gekennzeichnet, es komme darauf an, ob eine Hilfstätigkeit vorliege, die ein landwirtschaftlicher Unternehmer mit Kräften oder Mitteln seines Betriebs durchführen könne, oder ob es sich um umfangreiche Bauarbeiten handele, deren Arbeitsaufwand die Arbeitskapazität des landwirtschaftlichen Betriebs übersteige (aaO S. 151). Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann die Errichtung des Anbaues, der hauptsächlich für Wohnzwecke und nur nebenher als Vorratsraum für Erzeugnisse des landwirtschaftlichen Kleinunternehmens geplant war, nicht als eine Bauarbeit für den landwirtschaftlichen Betrieb angesehen werden. Allein der Arbeitsaufwand hierfür hält sich nicht in dem - hier zweifelsfrei sehr engen - Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs. Dabei ist es für die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung unerheblich, daß das LSG bei seiner Abwägung auch die Materialkosten in Höhe von 2.700,- DM berücksichtigt und geprüft hat, ob dieser Kostenaufwand aus dem laufenden Ertrag der Landwirtschaft herausgewirtschaftet werden könne. Auch wenn man diese - vom erkennenden Senat (aaO S. 152) nicht gebilligte - Betrachtungsweise bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts beiseite läßt, gelangt man zu dem Ergebnis, daß auf jeden Fall der von M. und seinem Bruder geleistete Arbeitsaufwand im Hinblick auf spätere Erträge der kleinen Landwirtschaft nicht als wirtschaftlich vertretbar erscheinen konnte. Bedenkenfrei hat das LSG ferner angenommen, daß es sich bei der Errichtung des Anbaues zum Wohngebäude auch nicht um "laufende Ausbesserungen an Gebäuden, die zum Betrieb der Landwirtschaft dienen", gehandelt hat.
Für die Begründetheit der Feststellungsklage kommt es somit nur noch darauf an, wer als Unternehmer der "nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten" (§§ 629 Abs. 1, 783 RVO aF), die in den Zuständigkeitsbereich der bei der Beklagten errichteten Zweiganstalt fallen, anzusehen ist. Auch insoweit teilt der erkennende Senat jedenfalls im Ergebnis die Auffassung des LSG, daß der Beigeladene M nicht der Unternehmer dieser Bauarbeiten gewesen ist. Zwar erscheinen nicht alle Gesichtspunkte, mit denen das LSG diese Auffassung begründet hat, gleichermaßen überzeugend; so vermag der Senat dem Gedankengang nicht zu folgen, auf dem das LSG zu dem Schluß gelangt ist, letztlich seien auch die Kosten der Baustoffe von der Mutter des M getragen worden. Dies beeinträchtigt das angefochtene Urteil jedoch nicht entscheidend.
Die von der Revision mit Recht für erforderlich gehaltene wirtschaftliche Betrachtungsweise darf die Eigentumsverhältnisse auf dem Anwesen, wo die zum Unfall führende Arbeit verrichtet wurde, nicht außer acht lassen. In dieser Beziehung hat das LSG festgestellt, die Mutter des M sei als Alleinerbin Eigentümerin des Anwesens mit dem durch den Anbau erweiterten Wohnhaus gewesen; für die Söhne habe auf Grund eines Erbvertrages lediglich eine Aussicht auf späteren Eigentumserwerb nach dem Tode der Mutter bestanden. Die von der Revision hiergegen vorgetragene Rüge unzureichender Sachaufklärung ist unbegründet; es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Bekundungen des M bei seiner Anhörung durch das LSG als widersprüchlich oder ungenau anzusehen sein sollten. Ist sonach mit dem LSG davon auszugehen, daß der Mutter als der alleinigen Eigentümerin des gesamten Anwesens auch das Eigentum und damit der wirtschaftliche Wert des von M errichteten Anbaues zufiel, so erscheint die Schlußfolgerung gerechtfertigt, daß zunächst jedenfalls der Mutter allein in rechtlicher wie in wirtschaftlicher Hinsicht das Ergebnis der Bauarbeiten zugute gekommen ist; M und sein Bruder hingegen, deren eigenes Interesse an der Schaffung erweiterten Wohnraums allerdings nicht zu verkennen ist, konnten diesen wirtschaftlichen Erfolg nicht unmittelbar für sich selbst erzielen; denn die Nutzung der vergrößerten Wohnstätte stand nicht in ihrem Belieben, sondern hing - mangels näherer Vereinbarungen - vom Einverständnis der Grundstückseigentümerin ab. Angesichts dieser Verhältnisse treten die Umstände, die für eine Unternehmerstellung des M sprechen könnten - insbesondere die Tatsache, daß er selbst die gesamten Materialkosten aufgebracht hat - so erheblich an Bedeutung zurück, daß die Annahme des LSG, alleinige Unternehmerin der Bauarbeiten sei die Mutter des M gewesen, letztlich frei von rechtlichen Bedenken ist. M selbst stand bei diesen Bauarbeiten unter dem Versicherungsschutz nach § 537 Nr. 10 RVO aF und hat einen Entschädigungsanspruch gegen die gemäß § 783 Abs. 1 RVO aF zuständige Zweiganstalt der Beklagten.
Demgemäß erweist sich das angefochtene Urteil im Ergebnis als zutreffend. Die Revision ist mithin zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen